Titel: | Druck-Ventilator von H. Ramay in Lyon. |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XXVII., S. 109 |
Download: | XML |
XXVII.
Druck-Ventilator von H. Ramay in
Lyon.
Aus Armengaud's Génie industriel, November 1865, S.
254.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Ramay's Druck-Ventilator.
Die für Eisenhütten zur Versorgung der Hohöfen bestimmten Blasemaschinen haben in der
letzten Zeit verschiedene Umänderungen erfahren, welche wir uns kurz in das
Gedächtniß zurückrufen wollen, um die jedem Systeme anhaftenden Mängel
hervorzuheben.
Die Gebläse mit Klappventilen, welche früher ausschließlich angewendet wurden,
besitzen wohlbekannte Nachtheile, die außer dem von den Organen selbst herrührenden
Verlust an Nutzeffect hauptsächlich darin bestehen, daß ihre Instandhaltung in Folge
der häufigen Reparaturen, welche die Klappventile erfordern, eine kostspielige ist.
Das einzige wirksame Mittel zur Beseitigung dieses Uebelstandes besteht darin, die
Stöße abzuschwächen, indem man den Gebläsekolben eine geringere Geschwindigkeit
gibt; aber dieses Mittel ist der directen Einwirkung des Dampfmotors auf die Kolben
sehr ungünstig, weil man dadurch genöthigt wird, Apparate von sehr großen
Dimensionen anzuwenden, um die zur Versorgung der großen Hohöfen erforderliche
Luftmenge beschaffen zu können; hierdurch werden die Kosten der Anschaffung und
Aufstellung dieser Apparate groß und sie üben gegenwärtig einen sehr ungünstigen
Einfluß auf den Durchschnittspreis des Roheisens aus.
Zur Beseitigung dieser Nachtheile hat man viele Versuche angestellt; so nahm man, um
eine entsprechende Geschwindigkeit des Treibkolbens mit der für den blasenden Kolben
erforderlichen langsamen Bewegung zu vereinigen, seine Zuflucht zu zwei gekuppelten
Dampfmaschinen, welche die Bewegung mittelst Zahnrädern so übertragen, daß die
Geschwindigkeit der blasenden Kolben verzögert wird. Diese Combinationen haben zu
einem Apparate geführt, welcher an sich zwar compact genug ist, aber ein sehr
starkes Fundament-Mauerwerk erfordert, um ihn aufzunehmen und einen großen
Wind-Regulator anwenden zu können.
Durch Anwendung von Schiebergebläsen mit großer Geschwindigkeit und directer Wirkung
hat man eine Zeit lang die Aufgabe, nämlich daß sich die Maschine ohne Stöße, mit
einer passenden Geschwindigkeit und ohne Regulator oder wenigstens mit Regulatoren
von kleinen Dimensionen bewege, lösen zu können gehofft; aber um diesen letzteren
Zweck zu erreichen, mußte die Maschine eine größere Geschwindigkeit annehmen als man
vorgesehen hatte und dadurch kamen dann theilweise wieder die Nachtheile der
alternirenden Bewegungen zum Vorschein. Man sah ein, daß das Hauptorgan des neuen
Systems, der Schieber, in Bezug auf Dauer und besonders auf den Nutzeffect viel zu
wünschen übrig ließ, kurz gesagt, daß die Instandhaltung und die Reparaturen der
Schiebergebläse vielleicht ebenso kostspielig seyen, als bei den Gebläsemaschinen
mit Klappventilen, so daß letztere trotz ihrer Nachtheile noch auf vielen
Eisenhütten etc. den Schiebergebläsen vorgezogen werden.
Hr. Ramay, welcher mehrere Hohöfen-Etablissements
gründete, suchte die erwähnten Nachtheile der Gebläse mit Klappventilen
(Cylindergebläse) und den Apparat mit Vertheilungsschiebern (Schiebergebläse)
dadurch zu vermeiden, daß er einen Druck-Ventilator construirte. Dieser neue Apparat besteht aus einer
Trommel, in welcher zwei Flügel in eine rotirende Bewegung versetzt werden.
Concentrisch mit dieser Trommel saugen abwechselnd diese beiden Flügel die Luft an
und treiben sie jeder seinerseits wieder aus; aber die Bewegung ist so combinirt,
daß der eine von den beiden Flügeln sich geschwind dreht, während sich der andere
nur langsam bewegt, so daß die zwischen den beiden Flügeln comprimirte Luft einen
mit der Geschwindigkeit der Umdrehung in Verhältniß stehenden Dichtigkeitsgrad
erlangt. Jeder Flügel verrichtet bei seiner Umdrehung denselben Dienst und zwar ohne
Unterbrechung.
Figur 21 ist
ein Verticaldurchschnitt durch die Achse des neuen Ventilators;
Fig. 22 ist
eine Seitenansicht desselben, und zwar von der Seite wo sich die Riemscheibe
befindet;
Fig. 23 ist
ein Querdurchschnitt nach der Linie 1–2 der Fig. 21.
Die Construction dieses Apparates ist, wie man sieht, einfach; eine starke gußeiserne
Fundamentplatte A, welche mittelst Bolzen auf das
Grundmauerwerk B befestigt ist, trägt die beiden
gußeisernen Scheiben C, welche die Böden der Trommel C' bilden, die der Körper des Ventilators ist.
Auf dieselbe Fundamentplatte sind die beiden verticalen Ständer D befestigt, welche die Treibwelle E tragen; letztere ist mit der Riemscheibe P, welche die Bewegung des Motors aufnimmt und mit den
beiden elliptischen Rädern R und R' versehen,
die dazu bestimmt sind, diese Bewegung auf die Wellen a
und a' zu übertragen, auf welche die Flügel p und p' befestigt sind.
Die beiden Böden, sowie die den Mantel bildende Trommel bestehen aus zwei Stücken, um
das Montiren des Apparates zu erleichtern. An die Böden sind lange Büchsen oder
Hülsen c und c' (Fig. 21)
angegossen, welche mit bronzenen Lagerfuttern zur Aufnahme der Wellen a und a' versehen sind, die
auf der einen Seite mit ihren Enden an einander stoßen, an ihren äußeren Enden aber
elliptische Räder S und S'
mit hölzernen Stöcken tragen, welche in die Räder R und
R' mit gußeisernen Zähnen eingreifen. Letztere Räder
sind, wie wir gesehen haben, dergestalt auf die Treibwelle E befestigt, daß die dieser mitgetheilte ununterbrochen rotirende Bewegung
auf die beiden Wellen a und a' übertragen wird, aber mit veränderlicher, beziehungsweise umgekehrter
Geschwindigkeit, weil die beiden elliptischen Zahnräderpaare R, S und R', S' in entgegengesetzter Stellung
befestigt sind.
Jeder Windflügel p und p'
besteht aus einem gußeisernen Kasten von der Form eines Kreisausschnittes, mit einer
Nabe, welche sich über die des anderen schiebt, wie man in Fig. 21 sieht, und jeder
Flügel ist auf sein respectives Achsende so aufgekeilt, daß seine Bewegung
unabhängig stattfinden kann. Diese wesentliche Bedingung für ein solches
Bewegungssystem mittelst elliptischer Räder hat, wie wir schon gesagt haben, den
Zweck, nach dem Ansaugen eine schleunigere Bewegung des einen der beiden Windflügel
zu bewerkstelligen, und den zwischen beiden Flügeln befindlichen, mit Luft gefüllten
Raum zu verkleinern und folglich die Luft in diesem Raume zu comprimiren.
Das Ansaugen findet durch die Oeffnung O (Fig. 23) statt, welche in
dem äußeren Mantel C' angebracht ist, und das
Hinausdrücken durch das Rohr M.
Dieser Ventilator, welcher die Gebläsemaschinen zu ersetzen bestimmt ist, hat vor
letzteren schätzbare Vortheile voraus: er ist nämlich nicht kostspielig im Ankaufe,
und auch leicht anzubringen, weil er wenig Raum einnimmt; ferner hat er einen
sicheren Gang, erfordert nur wenig Aufsicht und Unterhaltungskosten, und erheischt
auch nur eine verhältnißmäßig geringe Betriebskraft.
Eine Prüfung dieses Ventilators wurde in Gegenwart mehrerer Ingenieure und
Eisenhüttenbesitzer angestellt und die guten Resultate fanden deren volle
Anerkennung. Die Resultate des Versuches waren:
Die erhaltene Pressung entsprach einer Quecksilbersäule von 0,17 Meter bei einer
Windaustrittsöffnung von 0,06 Meter Durchmesser; der Ventilator hatte einen
Durchmesser von 1,09 Meter, eine Breite von 0,40 Meter und machte in der Minute 77
Umdrehungen.