Titel: | Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. Joh. Carl Lermer, Brau-Techniker. |
Autor: | Johann Karl Lermer [GND] |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. LXXIX., S. 317 |
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LXXIX.
Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. Joh. Carl Lermer,
Brau-Techniker.
(Schluß von S. 237 des vorhergehenden
Heftes.)
Lermer, zymotechnische Miscellaneen.
IV. Aschen-Analyse des
Kühlgelägers.
Anknüpfend an die zuletzt gemachte Bemerkung über den Kupfergehalt der verschiedenen
im Verlaufe des Brauprocesses erfolgenden Ausscheidungen und im Zusammenhange mit
meiner früheren Untersuchung über das Kühlgeläger (Kunst- und Gewerbeblatt
des polytechnischen Vereins für das Königreich Bayern, Februarheft 1863) will ich
hier noch die Analyse der gleichfalls durch einen auffallend hohen Kupfergehalt
ausgezeichneten Asche des Kühlgelägers anfügen.
Dieselbe zeigte folgende Zusammensetzung in 100 Theilen:
Kali
4,64
Natron
6,69
Kalk
7,55
Magnesia
7,07
Eisenoxyd
13,72
Kupferoxyd
1,80
Phosphorsäure
13,00
Schwefelsäure
3,23
Kieselsäure, in Kali löslich
20,00
deßgl. unlöslich, und Sand
23,50
––––––––
101,20
Ein 1,80 Procent der Asche betragender Kupferoxydgehalt charakterisirt dieses
Kühlgeläger, wenigstens dem Materiale nach, welches ich untersuchte, gewiß
augenfällig.
Außerdem zeichnet sich dasselbe durch einen hohen Gesammtgehalt an Kieselsäure, der
40 Proc. übersteigt, sowie durch eine beträchtliche Menge Phosphorsäure und
Eisenoxyd aus, beide letztere in einem Verhältniß, daß fast sämmtliche Phosphorsäure
als phosphorsaures Eisenoxyd bei der Analyse durch essigsaures Natron aus der
salzsauren Lösung geschieden wurde, und im Filtrate sich nur noch 0,82 Proc. nicht
als phosphorsaures Eisen (Fe²O³, PO⁵) niedergefallene
Phosphorsäure befanden. Der gegenüber dem Bierstein verhältnißmäßig hohe
Magnesiagehalt dürfte gleichfalls von Interesse seyn.
Der Bierstein ist offenbar eine Ausscheidung des Kühlgelägers; daß er indeß mit
demselben durchaus nicht ein und dasselbe, so zu sagen nur dichter und cementartig
gewordenes Kühlgeläger sey, beweist schon ein vergleichender Blick auf die
unorganischen Bestandtheile beider Substanzen. Berechnen wir für diesen Zweck die
Zusammensetzung der Asche des Biersteins ebenfalls auf 100 Theile und stellen das
Ergebniß neben die procentische Zusammensetzung der Kühlgeläger-Asche, so
erhalten wir
A.
Kühlgeläger-Asche.
B. Asche des
Biersteins.
Kali
4,64
–
Natron
6,69
–
Kalk
7,55
87,265
Magnesia
7,07
0,479
Eisenoxyd
13,72
3,180
Kupferoxyd
1,80
0,212
Phosphorsäure
13,00
0,746
Schwefelsäure
3,23
–
Kieselsäure
43,50
8,118
––––––
––––––––––
101,20
100,00
Während sich die Kühlgeläger-Asche also wesentlich durch einen hohen
Kieselsäure- und Eisenoxydgehalt neben viel Phosphorsäure auszeichnete,
herrschte im Bierstein in noch viel größerem Maaß der Kalkgehalt vor, und Eisenoxyd nebst Phosphorsäure treten darin, zumal
letztere fast gänzlich, zurück. In dieser Zusammenstellung fällt auch der
beträchtliche Unterschied im Magnesiagehalte beider Aschen deutlich in die Augen.
Alle diese Abweichungen stehen offenbar mit Verschiedenheiten auch der organischen
Constituenten des Kühlgelägers und des Biersteins, denen die Aschenbestandtheile zur
Grundlage dienen, im Zusammenhange und deuten auf eine sehr verschiedene
Constitution der beiden verglichenen Substanzen, für deren genaue Feststellung,
wenigstens was die organischen Bestandtheile betrifft, wir leider, so interessant
die Frage auch wäre, vorläufig noch nicht die hinlänglichen Mittel Besitzen.
V. Fällung des Bieres durch
Eisenchlorid.
Das Verhalten des Bieres zu Reagentien ist sowohl für die Untersuchung im anormalen
Zustande wie im Allgemeinen wegen der mangelhaften Kenntniß, die wir über die Natur
der in geringerer Menge in demselben enthaltenen organischen Verbindungen Besitzen,
von Interesse. Aber die Bestrebungen, das Bier nach seinem Verhalten zu Reagentien,
namentlich was Metallsalzlösungen anbelangt, zu charakterisiren, haben bis jetzt nur
geringen Erfolg gehabt, und ist über die eigentliche Natur dieser Niederschläge noch
wenig bekannt. Man weiß z.B., daß essigsaures Bleioxyd eine reichliche,
Kupfervitriol eine geringe, Sublimatlösung eine stark flockige Fällung geben u.s.w.; woraus aber
diese Niederschläge eigentlich bestehen, ist durchaus nicht untersucht.
Oftmals sind außerdem die Erscheinungen, welche die Reagentien hervorrufen, von
Nebenumständen, wie relativer Menge der zugeführten Substanz u.s.w., abhängig und
wird ihre Anwendung dadurch noch besonders erschwert. Die Gegenwart organischer
Substanzen, wie sie eben das Bier constituiren, ist außerdem bekanntlich auf das
Eintreten von Niederschlägen der meisten Metallverbindungen von größtem Einfluß und
wird dasselbe nicht selten dadurch völlig verhindert.
Ich habe dießmal aus der Gruppe dieser Reagentien speciell das Eisenchlorid im Auge,
weil sich über sein Verhalten zum Bier, für welches es eins der charakteristischsten
Reagentien ist, mehrfach unrichtige und ungenaue Angaben finden, indem seine
Anwendung einige Subtilitäten voraussetzt, welche von den betreffenden Autoren bei
ihrer Aufgabe, das Bier im Allgemeinen in seinem Verhalten gegen derartige
Reagentien zu charakterisiren, nicht wohl weiter verfolgt werden konnten.
So theilte Leo (polytechn. Journal von 1832 Bd. XLVII S.
378; Mulder's Chemie des Bieres, deutsch von Chr. Grimm,
Leipzig 1858, S. 440) bei seiner Untersuchung des sogenannten Salvator- und
des Bock-Bieres, ersteres vom Zacherlbräu in München, letzteres vom königl.
Hofbräuhause daselbst, mit, daß das erstere mit Eisenchlorid und schwefelsaurem
Eisenoxyd bloß eine dunkle Färbung ohne Niederschlag gäbe.
Zu einem noch negativeren Resultate kam Wackenroder, der
gleichfalls (Erdmann's Journal für technische Chemie Bd.
XVIII S. 196; Mulder a. a. O.) das Verhalten
verschiedener Reagentien gegen Bier (Braunbier) mittheilte, und dabei bemerkte:
Eisenchlorid ist ohne Wirkung.
Das Entstehen einer Fällung durch Eisenchlorid im Biere hängt von der Menge des
zugefügten Reagens ab. Versetzt man Bier oder Bierwürze mit wenig oder ganz
allmählich mit Eisenchlorid, so entsteht eine nicht unbedeutende Fällung,
grünlich-grau und sich in Flocken aussondernd. Dieselbe ist jedoch in einem
Ueberschusse des Fällungsmittels wieder löslich. Man erhält daher gar keinen
Niederschlag, wenn man auf einmal einen Ueberschuß des Reagens zu dem Biere bringt.
Der Niederschlag setzt sich gut aus der Flüssigkeit ab, dagegen ist seine fast
schleimige Beschaffenheit dem Auswaschen im höchsten Grade hinderlich; dennoch
gestattet seine Unlöslichkeit in Wasser ein vollständiges Auswaschen, obgleich
dasselbe lange fortgesetzt werden muß.
Nach dem Trocknen stellte das so vorgerichtete Untersuchungsmaterial eine
grau-schwarze, spröde, amorphe Masse, von starkem Glanze auf den Bruchflächen dar. In einer unten
geschlossenen Glasröhre erhitzt, entwickelte dasselbe reichlich ammoniakalische
Dämpfe neben Wasser und brenzlichen Producten. An der Luft erhitzt, hinterblieb
endlich ein durch den Eisengehalt roth gefärbter Rückstand.
100 Theile des lufttrockenen Materials gaben beim Trocknen bei 110° C. noch 15
Gewichtstheile Wasser aus und hinterließen alsdann, bei ungehindertem Luftzutritt
geglüht, 58,43 Glührückstand, enthielten mithin 41,57 Proc. organische Substanz.
Zur Bestimmung des Stickstoffgehaltes und daraus abgeleitet des Gehaltes an
Proteinsubstanzen wurde eine andere Probe mit Natronkalk geglüht und dabei 2,405
Procent des lufttrockenen Materials an Stickstoff erhalten. Diese gaben an
Proteinsubstanz (wie oben mit 15,5 Proc. Stickstoff angenommen) 15,52 Proc. Es
verbleiben also für die nicht stickstoffhaltige organische Materie 26,05 Proc.
Der Glührückstand, durch anhaltende Digestion in Salzsäure gelöst und dann nach dem
Zufügen von Weinsäure in entsprechender Menge aus der ammoniakalisch gemachten
Lösung die Phosphorsäure als phosphorsaures Magnesia-Ammoniak
niedergeschlagen, ergab 15,52 Proc. Phosphorsäure und 27,79 Eisenoxyd.
Die Zusammensetzung des Eisenniederschlages, in welchem sich außerdem noch ein wenig
Kieselsäure gefunden hatte, war demnach folgende:
Proteïnsubstanz
15,52
stickstofffreie organische Substanz
26,05
Eisenoxyd
27,79
Phosphorsäure
15,52
Kieselsäure
0,11
Wasser
15,00
–––––––––
99,99
und berechnet auf die wasserfreie Substanz:
Proteïnkörper
18,26
stickstofffreie organische Substanz
30,65
Eisenoxyd
32,70
Phosphorsäure
18,26
Kieselsäure
0,13
–––––––––
100,00
Nach diesen Daten kommen auf 80,00 Aequivalent-Einheiten Eisenoxyd 44,68
Aequivalent-Einheiten Phosphorsäure. Ein einfaches Niederfallen von
phosphorsaurem Eisenoxyd (bekanntlich nach Formel Fe²O³, PO⁵),
das etwa die organischen Substanzen mit niedergerissen hätte, deren Menge dafür
indeß auch offenbar zu sehr vorwiegt, hatte also nicht stattgefunden, denn dieses
würde auf 80 Aequivalent-Einheiten Eisenoxyd 71 Aequivalent-Einheiten,
mithin über die Hälfte mehr an Phosphorsäure verlangen. Eben so wenig entspricht die
gefundene Phosphorsäuremenge in Bezug auf das Eisenoxyd einem einfachen Verhältnisse
nach Aequivalenten.
In einer anderen Bestimmung des Phosphorsäure- und Eisengehalts mit einem
Material von einer anderen Fällungsoperation, die nach Chancel's Methode (Comptes rendus, t. L p.
416; Kopp und Will's
Jahresbericht für 1860, S. 622) – durch Ausfällen der Phosphorsäure in Form
von phosphorsaurem Wismuthoxyd aus der salpetersauren und zuvor durch
Schwefelwasserstoff reducirten Flüssigkeit, nachdem der Ueberschuß von
Schwefelwasserstoff mittelst Kohlensäurestrom wieder entfernt war –
ausgeführt wurde, erhielt ich ein etwas von der ersten Bestimmung abweichendes
Resultat, das sich mehr einem einfachen Aequivalent-Verhältnisse näherte.
Es wurden nämlich 30,97 Proc. Phosphorsäure und 69,03 Proc. Eisenoxyd gefunden. Fragt
man nun wieder, wie viel Phosphorsäure hiernach auf ein Aequivalent Eisenoxyd kommt,
so ergibt die Rechnung dafür die Zahl der Aequivalent-Einheiten zu 35,89.
Dieses entspricht nahezu dem Verhältnisse von zwei Aequivalenten Eisenoxyd auf ein
Aequivalent Phosphorsäure, indem das Doppelte des gefundenen
Phosphorsäure-Gehaltes, nämlich 71,78 Aequivalent-Einheiten, fast mit
einem Aequivalent oder 71 Einheiten übereinstimmt. Dennoch wird man wenig geneigt
seyn, hier die Fällung einer selbstständigen Verbindung von der Formel 2
Fe²O³ + PO³, die also doppelt so viel Eisenoxyd als die
gewöhnliche enthielte, anzunehmen. Viel wahrscheinlicher ist es, daß außer dem
gewöhnlichen phosphorsauren Eisenoxyde noch eine Verbindung von Eisenoxyd mit der
organischen Substanz niederfiel, die indeß vielleicht eine Art von Doppelsalz mit
dem Eisenphosphat bildet.
Hiermit stimmt allerdings die Abweichung der ersteren Analyse eines derartigen
Niederschlages nicht völlig überein. Denn stellen wir die beiden Eisenphosphate,
welche nach dem Glühen der Verbindung hinterblieben, auf 100 berechnet neben
einander, nämlich:
Nr. I.
Nr. II.
Eisenoxyd
64,17
69,03
Phosphorsäure
35,83
30,97
––––––
––––––
100,00
100,00
so ergibt sich immerhin eine Abweichung im Eisenoxyd-
und Phosphorsäure-Gehalt in beiden Analysen von circa 5 Procent; wenn man indeß bedenkt, daß wir es im vorliegenden Falle
mit einer Fällung zu thun haben, von der die hier gegebenen dürftigen Mittheilungen
Alles sind, was wir bis
jetzt darüber wissen, so ist obige Vermuthung doch vielleicht einer weiteren Prüfung
werth.
Außerdem fiel auch die Bestimmung des Glührückstandes dieser Fällung des Bieres durch
Eisenchlorid nicht immer ganz gleich aus, was auf eine nicht völlige Reinheit der
Fällung deutet.
Uebrigens ist dieser Niederschlag noch insofern von Interesse, als er uns ein
einfaches Mittel an die Hand gibt, den vielfach in jüngerer Zeit besprochenen Gehalt
des Bieres an Proteïnsubstanzen in überzeugender Weise nachzuweisen und bis
zu einem gewissen Grade abzuscheiden.