Titel: | Geschoßwirkung durch fortgepflanzten Wasserdruck. |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. C., S. 422 |
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C.
Geschoßwirkung durch fortgepflanzten
Wasserdruck.
Geschoßwirkung durch fortgepflanzten Wasserdruck.
Im Bulletin de la Société d'Encouragement,
October 1865, ist S. 638 aus den Comptes rendus de
l'Académie des sciences ein Aufsatz des Hrn. Baron Séguier mitgetheilt, worin derselbe anknüpfend an
seine mit Windbüchsen von 40 Atmosphären Druck und mit gemischten Ladungen
angestellten Versuche (worüber S. 190 in diesem Bande des
polytechn. Journals berichtet wurde), die Wichtigkeit der Rolle bespricht, die der
Plötzlichkeit irgend einer Kraftentwickelung in Bezug
auf die Gefäßwände, innerhalb deren dieselbe vor sich geht, zufällt und zu dem Ende
die Erfolge nebeneinander stellt, welche stattfinden, wenn man eine Flintenkugel das
eine Mal senkrecht gegen eine in der Luft hängende Glasscheibe und das andere Mal in
der Achsenrichtung eines in's Wasser getauchten hohlen Glascylinders abfeuert.
Während im ersteren Falle bekanntlich die Glasscheibe einfach von der Kugel
durchbohrt wird, sonst aber ganz bleibt, weil die vom Anschlage des Projectiles
getroffenen Theilchen, wegen der Raschheit des ihnen gewordenen Bewegungsimpulses,
denselben nicht weiter mitzutheilen vermögen, wird ein in Wasser suspendirter hohler
Glascylinder, nach den von Baron Séguier gemachten
Versuchen, wie ein Faß dessen Reifen plötzlich gelöst werden, in Längenstreifen
seiner Wandmasse zerlegt, sobald eine abgeschossene Flintenkugel längs seiner
Achsenrichtung durch das Wasser hindurchfährt, und ist ein solcher hohler
Glascylinder nur theilweise in's Wasser eingetaucht und man schießt dann eine
Flintenkugel längs seiner Achsenrichtung hindurch, so bleibt der über dem Wasser
hervorstehende Theil desselben ganz unversehrt, während sein unter Wasser
befindlicher Theil dadurch gewissermaßen in Faßdauben zerlegt wird, die Grenze
beider Erfolge sich an der Wasseroberfläche dann aber wie durch eine mit dem Diamant
eingeschnittene Linie abzeichnet.
Indem Baron Séguier die Erklärung der
Erfolgverschiedenheit, welche dadurch entsteht, daß eine abgeschossene Flintenkugel
entweder durch das Medium der elastischen atmosphärischen Luft oder vermittelst
unzusammendrückbaren Wassers auf Gefäßwandungen einwirkt, der Akademie überließ, hat
er noch zwei mit Wasser gefüllte Vasen im Demonstrationsversuche dadurch gesprengt,
daß er in ihnen sogenannte Glasthränen (rasch in kaltem Wasser abgekühlte Tropfen
geschmolzenen Glases) durch plötzliche Aufhebung des Zusammenhanges ihrer im
gespannten Zustande
befindlichen Theilchen (mittelst Abbrechens der Spitze) zum Zerfallen brachte.
General Morin wies dann in der Akademie auf die Analogie
dieser Versuchsresultate mit den bereits vor 30 Jahren an der Schießschule zu Metz
durch die HHrn. Piobert, Morin und Didion festgestellten Einwirkungen hin, welche bei der Durchfurchung von
in einem Bassin enthaltenem Wasser mit Kanonenkugeln, durch fortgepflanzten Druck
desselben auf seine Einschließungswände hervorgebracht werden, worüber im Memorial de l'Artillerie No. VII Näheres mitgetheilt
ist.
D......y, Major
im Generalstabe in Cassel.