Titel: | Die Bleihütte der Irish Mining Company zu Ballycorus; von Dr. Georg Lunge. |
Autor: | Georg Lunge [GND] |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. CVII., S. 444 |
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CVII.
Die Bleihütte der Irish Mining Company zu
Ballycorus; von Dr. Georg
Lunge.
Mit einer Abbildung.
Lunge, über die Bleihütte zu Ballycorus in Irland.
Eine der am meisten prosperirenden Bergbaugesellschaften Europa's dürfte wohl die in
der Ueberschrift genannte seyn, welche im Jahre 1864 drei und zwanzig Procent
Dividende gezahlt hat. Sie besitzt Hüttenwerke in allen Theilen Irlands, das
bedeutendste davon zu Ballycorus, südlich von Dublin, in welchem letzteren, außer
der Herstellung von Muldenblei, ausgedehnte Arbeit auf Silber, und die Fabrication
von Walzblei, Bleiröhren, Schrot, Glätte und Mennige betrieben wird.
Das Bleierz (Bleiglanz) wird von den Gruben im gepochten Zustande hingeliefert und in
den Reductionsflammöfen ohne weiteren Zusatz, außer einer sehr kleinen Menge Kalk,
verschmolzen; der Bleiregulus wird dreimal in 24 Stunden abgestochen. Der Kalkzusatz
bezweckt, mit der Kieselsäure der Gangart eine Schlacke zu bilden, welche natürlich
immer noch viel Blei enthält. Die Beschickung des Ofens geschieht durch einen auf
seinem Gewölbe ruhenden Fülltrichter. Die Hitze in diesen Oefen ist nicht so groß,
wie in den Silberreductionsöfen, in welchen das fein gepulverte Silbererz mit den
eben erwähnten bleihaltigen Schlacken von den Bleiöfen, so wie mit anderen
bleiischen Abfällen gemengt, verschmolzen wird; hier wird auch der später zu
erwähnende Flugstaub verwendet. Außerdem wird noch etwas Flußspath als Flußmittel
zugesetzt. Die Sohle der Oefen ist vertieft, und senkt sich außerdem nach der Mitte
einer Langseite hin ab; an diesem Punkte wird alle acht Stunden ein Abstich gemacht.
Vor dem Stichloche ist ein eiserner Tiegel in den Boden versenkt, in welchen die
Schmelze einfließt. Am Boden desselben sammelt sich der Metallregulus an; zunächst
darüber die schwere, bleihaltige Schlacke, für welche an der einen Seite ein
Abflußrohr angebracht ist; die leichte, aus Flußspath etc. bestehende Schlacke,
welche sich zu oberst sammelt, läuft auf der anderen Seite des Tiegels über und wird
als werthlos entfernt. Interessant ist die Art, wie der erforderliche starke Zug in
diesen Oefen hervorgebracht wird. Die Flamme aller Oefen vereinigt sich in einem
unterirdischen Canale, welcher dann an die Erdoberfläche steigt und einen Hügel
hinaufläuft, neben dem Wagenwege her, der auf die Spitze des Hügels führt. Oben
mündet der Zugcanal dann
in einen gewöhnlichen Schornstein von 100 Fuß Höhe; die im Ganzen gewonnene Zughöhe
ist aber 360 Fuß. Der erwähnte Canal ist eine englische Meile lang und 6 Fuß hoch,
so daß ein Mann darin gehen und arbeiten kann. Sein Nutzen ist nicht nur der, einen
ungewöhnlich hohen Schornstein zu ersparen, sondern auch den blei- und
silberhaltigen Flugstaub so vollständig zu sammeln, wie es bei bei einer anderen
Einrichtung kaum möglich ist; zugleich wird dadurch auch eine Belästigung der
Nachbarschaft durch Bleirauch vollkommen vermieden. Von Zeit zu Zeit wird der
Flugstaub ausgeräumt vermittelst Einfahrthüren, welche alle 50 Yards angebracht
sind, und, wie oben erwähnt, mit dem Silbererz verschmolzen. Sein Werth soll in
Kurzem die ganze Anlage bezahlt gemacht haben.
Das erschmolzene Blei wird sämmtlich pattinsonirt in einer Batterie von acht Kesseln
von je vier Fuß Durchmesser. Auf dem Grunde derselben ruht ein durchlöcherter
Löffel, in welchem sich die Krystalle ansammeln; wenn er ganz gefüllt ist, wird er
durch einen kleinen Krahn heraufgezogen und nach kurzem Abtropfen in den nächsten
Kessel links übertragen, während der flüssige Antheil mit gewöhnlichen Löffeln in
den nächsten Kessel rechts hinübergeschöpft wird. Man erhält so einerseits fast ganz
reines Blei, andererseits wie gewöhnlich ein stark silberhaltiges. Dieses letztere
wird, ebenso wie der aus den Silberöfen kommende Regulus, in Oefen abgetrieben,
deren Gestalt von dem bekannten deutschen Treibherde sehr abweicht. Der Ofen hat
keine bewegliche Haube, sondern ist mit einem festen Gewölbe überspannt; dagegen ist
sein Boden beweglich, und besteht aus einer Cupelle, welche außerhalb des Ofens in
einem Eisenrahmen geformt, und wenn fertig, von unten in einen weiteren, in der
Herdhöhe des Ofens eingemauerten Eisenrahmen eingebracht wird, so daß sie eben dann
die Ofensohle bildet; sie wird durch mehrere zwischen den beiden Eisenrahmen
eingetriebene Keile festgehalten. Nach Beendigung der Operation wird sie durch
Losschlagen der Keile gelockert, entfernt, und sofort eine neue Cupelle eingesetzt,
welche inzwischen angefertigt worden ist; die Arbeit kann dann gleich wieder
beginnen. Es liegt auf der Hand, wie viel an Zeit und Feuerung auf diese Art erspart
wird, gegenüber dem Treibherde mit unbeweglicher Sohle und beweglicher Haube. Die
Luft zum Oxydiren des Bleies wird meist durch ein Wassergebläse geliefert; bei
Wassermangel wird aus einem sonst unbenutzten sehr kleinen Dampfkessel ein
Dampfstrahl eingeführt, welcher eine hinreichende Menge Luft mit sich reißt.
Textabbildung Bd. 179, S. 446
Die Verarbeitung des Bleies zu Röhren geschieht wie
gewöhnlich durch eine hydraulische Presse, und zwar eine aufwärts wirkende. Der
Kolben a ist hohl, da die gebildete Röhre b in ihn eintreten muß, und an einer Seite aufgeschlitzt
(c), um ihr den Austritt zu ermöglichen. Auf ihm
sitzt, fest mit ihm verbunden, ein schwerer Eisenklotz d
mit einer ausgebohrten Höhlung in der Mitte, welche das geschmolzene Blei en hält,
und in welche dann der Stempel e des Widerlagers
eindringt. Die Formen, verschieden je nach der gewünschten Dimension der Bleiöhre,
bestehend aus einem hohlen Stücke für die Außenfläche und einem Dorn für die
Innenseite der Röhre, werden in das eben beschriebene Bleigefäß (container) d eingesetzt, so
daß sie sich am Grunde desselben, und unmittelbar auf dem eigentlichen Preßkolben
befinden. Ueber der Presse, im Oberstocke, ist ein starker gußeiserner Ständer f angebracht, fest mit dem Balkenwerke verbolzt, von
welchem ein cylindrischer Stempel e senkrecht herabhängt
(einen Theil des Gußstückes bildend), welcher sich gerade über der Höhlung des container d befindet und genau in dieselbe paßt. Wenn
also der Preßkolben a und mit ihm der container d aufwärts bewegt wird, so dringt der Stempel
e in den letzteren ein, und drückt auf das in
demselben befindliche geschmolzene Blei, welches man vorher bis fast zum
Erstarrungspunkte hat abkühlen lassen. Das Blei hat keinen anderen Ausweg, als
abwärts zwischen der äußeren Röhrenform und dem Dorne, erstarrt aber augenblicklich,
sowie es diese verläßt, und tritt als fertige, endlose Röhre b in die Höhlung des Preßkolbens ein, um durch dessen Schlitz c wieder auszutreten. So wie die Röhre aus dem Schlitze
des Preßkolbens herauskommt, wird sie auf eine Trommel aufgewunden. Die Quantität
Blei, welche der container d
faßt, reicht nicht hin,
um sehr lange Röhrenstücke daraus zu pressen; aber man kann leicht beliebig lange
Röhren fertigen, indem man etwas Blei in dem container,
im Zusammenhange mit dem fertigen Röhrenstücke, zurückläßt, den Preßkolben
zurückgehen läßt, und wieder geschmolzenes Blei einfüllt; das zurückgebliebene wird
dadurch wieder erwärmt, vereinigt sich mit dem neuen Blei zu einer Masse und das
Spiel kann von Neuem beginnen.
Die eben beschriebene Einrichtung erlaubt es nicht, die Bleiröhren zu verzinnen; ich
werde in einem späteren Aufsatze eine hierfür geeignete Presse zu beschreiben haben.
Als Triebkraft für die Röhren-Presse sowohl als für das Walzwerk u.s.w. dient Wasser, welches gewöhnlich in reichlicher Menge
vorhanden ist. Die Walzen sind jede 100 Centner schwer und nach beiden Richtungen
hin beweglich; auf jeder Seite des Walzwerkes befindet sich eine hölzerne Bahn für
die Bleiplatte, welche die Walzen zu passiren hat, unterbrochen durch eine große
Anzahl hölzerner Rollen, deren Oberseite ein wenig über das Niveau der Bahn
hinausragt; dadurch wird der Transport der (häufig 100 Ctr. schweren) Bleiplatten
sehr erleichtert.
Zum Gießen von Schrot dient ein Thurm von 100 Fuß Höhe,
nach unten verlängert durch einen Schacht von 120 Fuß Tiefe; abgerechnet die Galerie
oben für das Schmelzen des Bleies, bleibt noch eine Fallhöhe von 200 Fuß übrig. Das
Blei wird wie gewöhnlich durch Siebe von verschiedener Feinheit gegossen, und in
Wasserbottichen aufgefangen, welche je nach Bedarf entweder ganz unten oder an zwei
höher liegenden Absätzen aufgestellt werden. Das aus dem Wasser genommene Schrot
wird auf einer von unten geheizten Eisenplatte getrocknet, wobei es eine gelbe Farbe
annimmt; dann wird es in einer rotirenden Trommel durch Zusatz von Graphit
geschwärzt, und fällt beim Oeffnen derselben in einen eisernen Kasten, an dessen
einer Seite eine Auslaßöffnung mit durch Schrauben verstellbarer Schütze sich
befindet. Die Schütze wird nur so weit geöffnet, daß ein langsamer Strom von
Schrotkörnern herausrollt. Sie fallen auf eine schiefe Ebene von etwa vier Fuß
Länge, von dieser auf eine andere ähnliche, aber etwa zwei Zoll tiefer liegende und
etwas abstehende, und dann noch einmal in derselben Weise auf eine dritte. Die ganz
runden Körner rollen mit viel größerer Geschwindigkeit als die etwas unregelmäßigen,
und überspringen daher die Zwischenräume zwischen den drei Ebenen, so daß sie
sämmtlich am Ende derselben ankommen; die langsamer rollenden, unrunden Körner
dagegen fallen in den Zwischenräumen durch, werden unten in einem Kasten gesammelt
und wieder verschmolzen. Die runden Körner passiren dann drei Cylindersiebe von je sechs
Abtheilungen, wodurch sie in 18 verschiedene Nummern sortirt werden.
Endlich wird noch Mennige auf dieser Hütte dargestellt.
Zunächst wird zu diesem Zwecke Blei durch Erhitzen bei Luftzutritt in Oxyd (Glätte)
verwandelt. Der dazu dienende Ofen zeigt an seiner Vorderseite zwei Feuerthüren und
zwischen denselben die Arbeitsthür, welche gewöhnlich ganz offen steht. Die Flamme
schlägt von den beiden seitlichen Feuerplätzen über niedrige Mauern hinweg in den
Arbeitsraum, dessen Sohle zur Aufnahme des geschmolzenen Bleies vertieft ist; dann
zieht sie durch eine Oeffnung im Gewölbe dicht hinter der Arbeitsthür nach oben hin
ab und geht in den Schornstein. Ein flaches Gewölbe überspannt sowohl die Feuerungen
als den dazwischen liegenden Arbeitsherd. Die Oxydation wird durch häufiges Umrühren
des geschmolzenen Bleies befördert. Die gebildete Glätte wird zweimal mit Wasser
gemahlen, auf Mahlgängen von der Einrichtung gewöhnlicher Getreidemühlen. Der
Schlamm von Wasser und Glätte fließt von der ersten Mühle auf die unmittelbar davor
stehende, tiefer angebrachte zweite Mühle, und fällt nach dem abermaligen
Durchmahlen in einen kreisförmigen Trog, in welchem eine mit Ketten versehene
Rührwelle rotirt, während zugleich ein Wasserstrahl fortwährend einfließt. Die
gröberen Theile bleiben am Boden und werden von Zeit zu Zeit ausgeräumt, um wieder
vermahlen zu werden; die aufgeschlämmten feineren Theile fließen mit dem
Schlämmwasser ununterbrochen durch ein Seitenrohr ab in einen flachen Trog, in
welchem sie sich schnell absetzen und nach Abheberung des Wassers ausgestochen
werden können. Die Glätte kommt von da in den Mennige-Ofen, dessen
Einrichtung mit der so eben beschriebenen des Glätte-Ofens vollständig
übereinstimmt; nur muß natürlich in dem ersteren die Hitze sehr sorgfältig regulirt
werden. Auch seine (große zweiflügelige) Arbeitsthür steht in der Regel ganz offen.
Wenn die Mennige aus diesem Ofen herauskommt, hat sie körnige Structur, und keine
sehr schöne Farbe; sie wird deßhalb auf einer eisernen Platte vermittelst eines
eisernen Läufers ganz fein gemahlen, durch ein Cylindersieb gesiebt, und zeigt nun
eine viel feurigere Farbe, ohne jedes körnige Ansehen. Auf diese Weise wird übrigens
nur rothe Mennige erhalten; die orangefarbige Mennige wird durch Brennen von Bleiweiß dargestellt, woraus
sich ihr so sehr viel höherer Preis erklärt. Die ganze Einrichtung für Mennige
scheint vollständig mit der auf der Hütte zu Shrewsbury übereinzustimmen, welche von
Moissenet (polytechn. Journal Bd. CLXXI S. 207) ausführlich beschrieben
worden ist.