Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. , S. 400 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber die Verwendung von Straßen-Locomotiven für große
Transporte zwischen Pirmasenz und Bergzabern in der bayerischen Pfalz.
Nach mehrfach von ihm öffentlich ausgesprochenen UrtheilenMan s. polytechn. Journal Bd. CLXIII S.
2 (1862) und Bd. CLXVII S. 392 (1863). über die Zukunft der Straßen-Locomotiven für allgemeine Verkehrszwecke, dahin gehend, daß dieser Transportmethode nur
ein schlechtes Prognostikon gestellt werden könne, veröffentlicht Hr. Prof. Rühlmann in den „Mittheilungen des
hannoverschen Gewerbevereins“, 1865 S. 261, die Resultate des viel
besprochenen Unternehmens, eine Straßen-Locomotive für große Transporte zwischen
Pirmasenz und Bergzabern anzuwenden. Dasselbe ist vollständig mißglückt, der Betrieb
ist aufgegeben und die Maschine (von Tuxford und Sohn in Boston) versteigert worden.
Bei ebener, fest und gut gebauter und sorgfältig unterhaltener breiter Straße auf
kurze Distanzen, bei besonders günstigen Verladungsverhältnissen, bei sehr hohen
Futter- und Gespannspreisen würde die Straßen-Locomotive vielleicht
mit einigem Vortheil zu verwenden seyn; bei nasser und schmieriger Straße aber,
nicht sehr gut gebundenem Material, bei überfrorener Straße mit etwas Schnee
leistete sie nur sehr wenig. Auf einer Steigung von 6 1/2 bis 7 Proc., wobei die
Tags vorher nasse Straße überfroren und mit einem Anflug von Schnee gedeckt war,
blieb sie stehen, indem sich das Rad drehte, ohne weiter zu kommen. Es mußte
Kiessand aufgestreut werden, um die Locomotive, obgleich sie außer der eigenen Last
nur den Transportwagen, mit circa 100 Ctrn. Kohle
beladen schleppte, wieder in Gang zu bringen. Ein großer Uebelstand war auch der
starke Wasserverbrauch, bei einiger Leistung circa 1000
Liter alle 1 1/2 Stunden. Nach einigen sehr wenig entsprechenden Fahrversuchen auf
größere Entfernungen und nachdem sie circa 7 Wochen
wegen gebrochener Achse des großen Rades und ausgebrochener Zähne eines der
Stirnräder in Reparatur gestanden hatte, wurde sie schließlich verwendet,
Straßenvorrathsmaterial auf eine Districtstraße in ziemlich ebener Lage in einer
Ausdehnung von 2–3 St. Länge aufzufahren, wobei sie jedesmal auf dem
angehängten Transportwagen circa 300 Ctr. Granit geladen
hatte. So war sie 77 Tage, jedoch mit Unterbrechungen für Reparaturen, in Betrieb
und betrug der Werth ihrer Arbeit während dieser Zeit 882 fl., wobei jedoch
möglichst hohe Transportkosten angenommen und die beim Auf- und Abladen
verwendeten Straßenwärter nicht in Rechnung gebracht scheinen. Die Betriebskosten an
Kohlen, Wasserbeschaffung, Führer- und Heizerlöhnen betrugen täglich circa 12 fl. Der Anschaffungspreis der Locomotive betrug
9596 fl., die Reparaturen rund 960 fl.; mit Sicherheit kann angenommen werden, daß
nach höchstens 4 Jahren regelmäßigen Betriebes die ganze Locomotive unbrauchbar
geworden wäre. Nach Allem wird, wenn nicht ganz besonders günstige Verhältnisse
obwalten, der Transport mit Pferden in jeder Beziehung billiger und vortheilhafter
seyn, selbst wenn man von der jedenfalls mehr Sorgfalt und Kosten erfordernden
Unterhaltung der Straßen und der nothwendigen Verstärkung von Brücken und
Durchlässen absieht.
Stehbolzen der Locomotiv-Feuerkästen.
Der bekannte Uebelstand, daß die Stehbolzen, auf denen die Sicherheit eines Theiles
von Kessel und Feuerwand der Locomotiven beruht, zuweilen abreißen, ist um so
unangenehmer, als die bisher versuchten Mittel zur Entdeckung von Brüchen keineswegs
zuverlässig sind. Die französ. Nordbahn hatte nun vor einiger Zeit vorgeschlagen,
die Stehbolzen fein zu durchbohren, um entstehende Brüche durch das ausströmende
Wasser sicher erkennen zu können. Da dieses Mittel als ganz zuverlässig erscheint
und außerdem den Vortheil hat, die Stehbolzen noch etwas biegsamer zu machen, so daß
sie weniger leicht brechen werden, so ließ die Cöln-Mindener Bahn im vorigen
Jahre die zur Erneuerung kommenden Stehbolzen durchbohren und schrieb bei den
Locomotivbestellungen durchbohrte Stehbolzen vor. Die Ausführung machte anfänglich
etwas Schwierigkeit, da die Löcher im Verhältniß zum Durchmesser (einstweilen zu 5
bis 6 Millimeter angenommen) sehr lang werden. Die Schwierigkeiten sind aber in der
Hauptsache überwunden und eigentliche Unzuträglichkeiten beim Einziehen etc. haben
sich bis jetzt in keiner Weise gezeigt. Die Oeffnung im Feuerkasten wird dort bis
auf Weiteres geschlossen, um Zusetzen durch Asche, Schlacke etc. zu verhindern. Die
äußere Oeffnung ist zwar größtentheils durch die Bekleidung überdeckt, doch ist
anzunehmen, daß bei etwaigem Bruche eines Stehbolzens das ausströmende Wasser
dennoch hinreichend bemerkbar werden wird, und jedenfalls dürfte das Resultat der
speciellen Revisionen als ganz gesichert zu betrachten seyn. (Deutsche
Industriezeitung, 1866, Nr. 6.)
Ueber Speisung der Dampfkessel mit fetthaltigem
Condensationswasser.
Gegenüber den Untersuchungen neueren Datums über Dampfkessel-Explosionen
(1861, 1865 u.s.w.), zu welchen u.a. als Ursache Fett und kohlensauren Kalk
enthaltendes Condensationswasser angegeben wird, das zur Speisung der Dampfkessel
angewendet wurde,Man s. die Beobachtungen auf den Borsig'schen
Werten in Oberschlesien, S. 161 in diesem Bande
des polytechn. Journals. ist auf die Untersuchungen von Dr.
Renner in Hamburg aufmerksam zu machen, welcher schon i.
J. 1857 (s. polytechn. Journal Bd. CXLVI S.
221) Gelegenheit hatte, oben erwähnte Erscheinungen zu studiren. In seiner
angeführten Arbeit wird auf die Bildung von fettsaurem Kalk, d. i. einer
Kalk-Eisenoxydul-Seife, hingewiesen und diese als die Ursache des
Durchbrennens der Kesselwände bezeichnet.
Es ist von Interesse, die Erklärung des in neuerer Zeit vielbesprochenen Themas schon
in einer älteren Arbeit zu finden, welcher, wie uns dünkt, seiner Zeit nicht die
Aufmerksamkeit geschenkt wurde, die sie, wie die Folge lehrte, jedenfalls
verdient.
Zur näheren Kenntniß des Nobel'schen Sprengöls; von Dr. C. List in Hagen.
Von dem Sprengöl, welches im vorigen Sommer in Haspe zu
Sprengversuchen benutzt wurde, waren einige Proben zurückbehalten. Eine derselben,
etwa 3 Loth betragend, hatte Hr. G. L. daselbst in einem Glasfläschchen in einem
feuerfesten Schranke verwahrt. Vor einigen Tagen fand derselbe beim Oeffnen des
Schrankes das Gläschen zertrümmert, unzählige Splitter in dem Raum ausgestreut, die
darin befindlichen Papiere mit einer gelblichen Flüssigkeit befleckt und einzelne
Tröpfchen an den Wänden haftend. Leider sind die Reste der Flüssigkeit zu Versuchen
verbraucht worden, die nicht mit hinreichender Umsicht angestellt wurden, um zur
Beantwortung der wichtigen Frage führen zu können, ob das Nitroglycerin von selbst explodirt war, und nur der Umstand, daß, wenn
die vorhandene Menge wirklich zur Explosion gelangt wäre, die Wirkung sich ohne
Zweifel nicht auf die Zertrümmerung des Fläschchens beschränkt hätte, sprach dafür,
daß der Vorfall auf andere Weise erklärt werden müsse. Ich hielt, als ich Kunde von
dem Geschehenen bekam, sogleich für das Wahrscheinlichste, daß in der Flüssigkeit
der Beginn einer Zersetzung eingetreten sey, wie sie ja auch von der Schießbaumwolle bei längerer Aufbewahrung bekannt ist;
die in reichlicher Menge sich entwickelnde salpetrige Säure mußte in dem Raum
zwischen der Flüssigkeit und dem Stopfen eine so hohe Spannung annehmen, daß die
Wände des Gefäßes zersprengt wurden. In dieser Annahme
wurde ich noch dadurch bestärkt, daß der Korkstopfen nach Innen stark angefressen
und fest von den Resten des Halses umschlossen aufgefunden war; den Beweis aber für
die Richtigkeit dieser Ansicht haben mir zwei andere
Proben desselben Spengöls geliefert. Die eine von diesen war der hiesigen
Realschule, die andere der Provincial-Gewerbeschule von Hrn. G. L. bald nach
den Sprengversuchen in der Haspe zum Geschenk gemacht worden. Ueber erstere theilt
mir Hr. Hetzer mit, daß er vor Kurzem einen Sprung am
Boden bemerkt habe, aus welchem ein Theil der Flüssigkeit herausgedrungen war; beim
Oeffnen des Stopfens war eine stürmische Entwickelung von salpetriger Säure
eingetreten; der Rest der Flüssigkeit aber verhielt sich, nachdem er durch Waschen
mit Wasser von Säure (Oxalsäure) befreit war, wie unverändertes Nitroglycerin.
– Die dritte Probe fand ich in völlig unverdorbenem Zustand, sie explodirte
eben so heftig, wie früher, und zeigte keine Spur von saurer Reaction. – Die
Ursache des verschiedenen Verhaltens dieser drei, derselben Menge Sprengöl
entnommenen Proben wird in der verschiedenen Temperatur liegen, welcher sie
ausgesetzt waren: die beiden ersten befanden sich in Zimmern, welche den Tag
hindurch geheizt wurden, die dritte hatte ich in einem ungeheizten Raume
aufbewahrt.
Die mitgetheilten Beobachtungen lehren uns über die Natur des Nitroglycerins
zweierlei:
1) daß das Nitroglycerin einer freiwilligen Zersetzung
unterworfen ist, daß diese aber mit keiner Gefahr verbunden ist, wenn dafür gesorgt
wird, daß die sich entwickelnden Gase ungehindert entweichen können. Bei ruhigem
Stehen kann dieß durch losen Verschluß, beim Versenden durch leicht anzubringende
Sicherheitsventile geschehen. Weitere Untersuchungen müssen ergeben, ob, wie es aus
dem Obigen sich zu ergeben scheint, die Zersetzung durch Vermeidung von Erwärmung
verhindert werden kann;
2) daß das Nitroglycerin durch einen allmählich vermehrten
Druck nicht zum Explodiren veranlaßt wird, selbst wenn dieser zu einer sehr großen
Kraft anwächst. Wäre die Kraft, welche bei jenen beiden Proben das Glasgefäß
zersprengt hat, durch einen momentanen Stoß ausgeübt, so würde dieser unfehlbar eine
Explosion der ganzen Flüssigkeit bewirkt haben. (Berggeist, 1866, Nr. 10.)
Ueber freiwillige Zersetzung des Nitroglycerins; von Alfred
Nobel.
Der vorstehende Artikel von Dr.
List erwähnt eines Falles von freiwilliger Zersetzung des
Nitroglycerins; zur Ergänzung der darin gegebenen Aufklärung will ich Folgendes
hinzufügen.
Unter den organischen Verbindungen mit NO⁵ und NO⁴ gibt es einige
constante und viele selbstzersetzliche. Zu den ersteren gehören das reine
Nitroglycerin, das salpetersaure Ammoniak, das Nitromethyl u.a., zu den letzteren
eine Serie von Producten, von denen die Schießbaumwolle die bekannteste ist.
Eine Selbstzersetzung bedingt durchaus nicht eine Entzündung; wo solche eintritt, wie bei der Schießbaumwolle, wird sie auf
dieselben Ursachen zurückzuführen seyn, durch welche die gewöhnliche Baumwolle sich
von selbst entzündet. Es existirt schwerlich irgend eine Flüssigkeit, in welcher
durch langsame, organische Zersetzung die Temperatur der ganzen Masse bis auf
180° Cels. gesteigert werden könnte, und erst bei dieser hohen Temperatur
kann ein Körper mit den Eigenschaften des Nitroglycerins zur Explosion kommen.
Eine directe Bereitung von chemisch reinem Nitroglycerin ist, wenn nicht unmöglich,
doch mit sehr großen Kosten verbunden, da hierzu chemisch reine Salpetersäure und
chemisch reines Glycerin erforderlich ist. Ein solches Product ist aber für die
Industrie zu theuer. Es wird daher das Sprengöl aus rohem Glycerin und gewöhnlicher
Salpetersäure dargestellt, das hieraus gewonnene Product ist aber, da es andere
Nitroverbindungen enthält, welche sehr unconstant sind und demnach eine rasche
Zersetzung des Nitroglycerins einleiten, vollständig unbrauchbar. Um diese Körper zu
entfernen, wird in den von mir gegründeten und unter meiner Leitung arbeitenden
Fabriken das Sprengöl einer umständlichen Reinigungsprocedur unterworfen. Durch
diese wird das Fabricat beinahe vollständig chemisch rein und kann, ohne sich zu
zersetzen, beliebig lange aufbewahrt werden. Ich besitze eine Flasche mit Sprengöl,
welches 12 Jahre alt ist, vielfach einem Erwärmen in kochendem Wasser, bis auf
100°, der Sonnenwärme und den Sonnenstrahlen, auch prüfungsweise der
Einwirkung vieler chemischer Körper ausgesetzt gewesen, ohne eine Spur von
Zersetzung zu zeigen. Die Zersetzung einer kleinen Quantität Sprengöls von zweien im
Juli v. Js. vorgenommenen Sendungen, wovon die eine nach Haspe, die andere nach
Schlesien gegangen, und welche beide aus einer und derselben Operation herrühren,
kann ich lediglich einer mangelhaften Reinigung des Sprengöls zuschreiben; diese ist
aber, so viel mir bekannt, die einzige bis jetzt vorgekommene.
Das Zerspringen der Flasche in Haspe ist, wie von Hrn. Dr.
List ganz richtig nachgewiesen, nur dem gehäuften Druck
der Zersetzungsgase zuzuschreiben. (Berggeist, 1866, Nr. 14.)
In Wasser lösliches Anilinblau, nach Dr. Max Vogel.
Zur Prüfung der bereits bekannten Methoden, Anilinblau in Wasser löslich zu machen,
sowie um einen Weg aufzusuchen, das Blau vollständig in im Wasser löslichen
Farbstoff umzuwandeln, stellte Dr. Max Vogel („Die Entwickelung der
Anilin-Industrie“ S. 71–76) eine Reihe von Versuchen
an, bei denen er gleiche Mengen der mit concentrirter Schwefelsäure behandelten
Proben mit Wasser total auszog, die Extracte alle auf dieselbe Verdünnung brachte
und colorimetrisch untersuchte. Er erhielt dadurch allerdings nicht das absolute,
sondern nur das relative Verhältniß der löslich gewordenen Mengen und auch nur in
annähernder Genauigkeit, doch sind die Resultate für die Praxis vollständig
ausreichend. Wir stellen im Folgenden die Versuche und Resultate zusammen. Die nach
der ersten Methode erhaltene Lösung diente als Normallösung; von den Proben wurde
stets so viel genommen, daß immer das gleiche Gewicht Bleu de
Lyon darin war.
I.
10 Grm. Bleu de Lyon wurden vorsichtig in
einKölbchen eingetragen, worin sich 50 Grm.concentrirte
Schwefelsäure von 66°Bé. befanden;das Kölbchen wurde im
Oelbad eine Stunde auf150°C. erhitzt, dann eine Probe genommen
underkalten gelassen.
Normallösung.
II.
Ebenso; nur wurde 2 Stunden auf 150°C. erhitzt.
Enthielt 150 Proc. wenigerin Wasser lösliches
Blauals die Normallösung.
III.
„ „ 3
„
„
„
„ 200
Proc. „
IV.
„ „ 4
„
„
„
„ 650
Proc. „
V.
„ „ 5
„
„
„ undin der 6. Stunde auf 180°C.
erhitzt
„ 1500
Proc. „
VI.
Die Mischung 1 schnell auf 150°C. erhitztdann erkalten
gelassen
„ 50 Proc. mehr
VII.
Die Mischung 1 Stunde auf 130°C. erhalten
„ 50 Proc. mehr
VIII.
3–4 Stunden auf 130°C. erhitzt
„ „
IX.
Die nämliche Mischung auf 120°C. erhitzt, dannvom Feuer
„ 800 Proc. weniger
X.
Nr. IX auf 130°C. erhitzt, dann erkalten gelassen
„ 50 Proc. mehr
XI.
Nr. X einige Stunden auf 130°C. erhitzt
XII.
Das nämliche Gemisch auf 130°C. 8–9
Stundenerhitzt
„ „
XIII.
1 Th. Blau, 4 Th. Schwefelsäure von 66° Bé.auf
130°C. erhitzt
ebensoviel
XIV.
Ebenso, aber 1 1/2 Stunden lang auf
150°C.erhalten (Nicholson)
„ „
XV.
1 Th. Blau, 8 Th. Schwefelsäure von 66° Bé.circa 1 1/2 St. auf 130–140°C.
erhitzt(Gilbee)
„ 100
Proc. mehr
XVI.
1 Th. Blau, 8–10 Th. Schwefelsäure von 66°
Bé.10–15 Stunden auf 130°C. erhalten
„ „
XVII.
1 Th. Blau, 20 Th. Schwefelsäure von 66° Bé.1 Stunde
auf 130°C. erhitzt
„ „
XVIII.
1 Th. Blau, 8 Th. rauchende Schwefelsäurecirca 6 Stunden auf 130°C. erhitzt
„ 300 Proc.
mehr,das Blau war in Wasservollständig löslich.
Es ergibt sich daraus, daß bei längerem Erhitzen eines Gemisches von Bleu de Lyon und Schwefelsäure auf 150°C. die
Löslichkeit des Blaues in Wasser schnell abnimmt, wohl weil bei der hohen Temperatur
die immer concentrirter werdende Schwefelsäure störend einwirkt; denn der vom Wasser
gelassene Rückstand ist nicht mehr völlig in Alkohol löslich. Es ist gleichgültig,
ob man ein Gemisch von 1 Th. Bleu de Lyon und 5 Th.
Schwefelsäure schnell auf 150°C. erhitzt, dann erkalten läßt oder es momentan
bis auf 130°C. bringt oder längere Zeit auf letzterer Temperatur erhält. In
jedem Falle wird bei diesen Operationen mehr Farbstoff, circa 50 Proc. mehr, in Wasserblau verwandelt als durch das Experiment I. Wenn
man dasselbe Gemisch nur bis aus 120°C. erwärmt, so wandelt sich wenig oder
gar nichts in Wasserblau um; bei einer Concentration der angewendeten Schwefelsäure
von 66° Bé. beginnt also bei 130°C. erst die eigentliche
Reaction. Nicholson's Methode (XIV) ist nicht besser als
die Probe I, auch XIII ist nicht empfehlenswerth. Nr. XV (Vogel), XVI (Gilbee) und XVII (Bolley) kommen sich nahe gleich und übertreffen alle
anderen Methoden. Anwendung von mehr Schwefelsäure als 4–5 Th. befördert also
die Verwandlung. Rauchende Schwefelsäure, bei 130°C. in dem angegebenen
Verhältnisse angewendet, verwandelt alles Blau in Bleu
soluble. (Deutsche Industriezeitung, 1866, Nr. 6.)
Verwendung des Boraxes in der Färberei; von V. Kletzinsky.
Bereits früher (polytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
456) ist von mir der Borax als Menstruum im Wasser unlöslicher Farbstoffe,
somit als wahres Flottensalz für Porree, Krapp, Acaroid-Gummi,
Gummi-Kino, Sandelholz, Curcuma und Drachenblut empfohlen worden; in gleicher
Weise wirkt er vortrefflich für das indische Krappsurrogat der Morindawurzeln,
Soranjeé, für das rothe Pigment der Bignonia
chica, für das brasilianische Carajururoth, für das Orleangelb der Bixa orellana und die gelben Enziansamenkapseln des
Wongshy.
Außerdem ist der Borax in der Färberei als Fixirbad für unvollkommene Beizen, für
basische Salze, die sich in den Fasern der gebeizten Gewebe abgelagert haben, das
reinlichste und zweckmäßigste Agens, und in jeder Beziehung den Kuhkothbädern und
Kreidebädern vorzuziehen; er verwandelt die basischen Salze in neutrale Borate,
welche absolut unlöslich im Gewebe haften und eine gleiche, wenn nicht größere
Anziehung auf die Farbstoffe der Flotten äußern, als die freien Sesquioxydhydrate
der Beizen.
Endlich besitzt der Borax die Fähigkeit, die Fettsäuren theilweise zu verseifen und
die Fette in wässeriger Lösung zu emulsiren, in so ausgezeichnetem Grade, daß er zur
Herstellung aller sogenannten Weißbäder die zweckmäßigste Verwendung findet.
(Mittheilungen aus dem Gebiete der reinen und angewandten Chemie; von V. Kletzinsky, Professor der Chemie an der Wiedner
Communal-, Oberreal- und Gewerbeschule etc. Wien, 1865.)
Nachtblau (Bleu de nuit).
Indigoschwefelsaures Kupferoxyd (cörulinschwefelsaures Kupferoxyd) wird in passender
Menge der Appreturschlichte der Creppe- oder Tüllanglaisstoffe zugesetzt; die
mit dieser Flüssigkeit imprägnirten Gewebe behalten auch bei Gaslicht und anderer
künstlicher Beleuchtung ihre himmelblaue Färbung, ohne wie die anderen blauen Farben
in Grün oder Grauviolett zu wechseln.
Das indigoschwefelsaure Kupferoxyd wird bereitet, indem man ein Quentchen
bengalischen Indigos in fünf Loth rauchenden Nordhauseröls bei 20°C. durch
24stündige Digestion auflöst, die Masse mit 2 4/5 Pfd. Wasser vermischt, die Lösung
zur Abscheidung der ungelösten Phönicinschwefelsäure und der kohligen Reste der
zerstörten anderen Indigostoffe filtrirt; die klar filtrirte verdünnte Lösung von
Cörulinschwefelsäure oder Indigoblauschwefelsäure mit 5 Loth kohlensauren
Kupferoxyds vermischt, nach vollständiger Entwickelung der Kohlensäure und erfolgter
Sättigung vom Ueberschusse des kohlensauren Kupferoxyds abfiltrirt, und die
filtrirte Lösung von cörulinschwefelsaurem Kupferoxyd (Nachtblau) zur gewünschten
Concentration eindampft. V. Kletzinsky. (A. a. O.)
Flammenschutzmischung für Wäsche und Kleiderstoffe.
Da so häufig Unglücksfälle durch Entflammung der Kleider am Leibe vorkommen, so
erscheint es nicht überflüssig, auf eine Flammenschutzmischung billigster Art
aufmerksam zu machen, welche das kostspieligere am englischen Hofe übliche
wolframsaure Natron vollkommen zu ersetzen geeignet ist.
Man erhält ein solches Flammenschutzmittel zum Imprägniren der Stoffe, wenn man
gleiche Gewichtstheile käuflichen Zinkvitriol, Bittersalz und Salmiakblumen innig
zusammenreibt und das Gemenge mit seinem dreifachen Gewichte an käuflichem
Ammoniakalaun vermischt; das innig verriebene Gemenge der vier trockenen Salze
verwandelt sich in Folge der chemischen Umsetzung durch Freiwerden von
Krystallwasser in einen feuchten Brei, den man bei gelinder Wärme austrocknet. Setzt
man der zum Schlichtemachen bestimmten Stärke ihr halbes Gewicht von diesem
Flammenschutz zu, und appretirt man oder steift man die leicht entflammbaren Stoffe
mit solcher auf gewöhnliche Weise mittelst warmen Wassers bereiteter Schlichte, so
haben die Stoffe ohne sonstigen Nachtheil ihre feuergefährliche Entflammbarkeit
eingebüßt. V. Kletzinsky. (A. a. O)
Wasserdichtes Klebemittel von großer Zähigkeit.
Gemeiner oder venetianischer Terpenthin wird mit ungefähr 3 Proc. seines Gewichtes
englischer Schwefelsäure innig gemischt; nach etwa zwölfstündiger Einwirkung wird
die Masse in lauwarmem Wasser, welches 10 Proc. vom Gewichte des Terpenthins
käufliches Zinkweiß aufgeschlämmt enthält, erweicht und gut durchgeknetet, hierauf
aus dem Wasser genommen und getrocknet.
Leinöl wird bei gelinder Hitze auf sein halbes Volumen eingekocht, früher aber mit 20
Proc. seines Gewichtes Kautschuk versetzt, der vorher in seinem zwanzigfachen
Gewichte rohen Terpenthinöls gequollen ist.
Löst man das obige Terpenthinpräparat unter Erwärmung in diesem kautschukhaltigen
eingedickten Leinöl auf, so stellt die bis zur völligen Verflüchtigung des
Terpenthinöls erhitzte Masse nach dem Erkalten ein Klebemittel von absoluter
Wasserdichtheit und außerordentlicher Zähigkeit und Haftung dar, welches einer
ausgedehnten technischen Verwendung fähig ist. V. Kletzinsky. (A. a. O.)
Deckglaskitt für mikroskopische Objecte, sowie für anatomische
und pathologische Präparate.
Schmelzt man 3 Theile Canadabalsam bei gelinder Wärme und mischt den zerflossenen
Balsam innig mit 1 Theil frisch ausgeglühtem Zinkweiß, so erhält man eine
Composition (englischen Deckglaskitt für mikroskopische Objecte), welche sich bei
gelinder Wärme, im geschmolzenen Zustande leicht und reinlich auftragen läßt, und in
der Kälte allmählich ohne Sprödigkeit erhärtet; diese Substanz leistet beim
Aufkitten der dünnen Deckgläschen aus Mondglas auf das Objectglas mit dem
mikroskopischen Präparate die besten Dienste.
Um Deckscheiben von Glas auf die mit Spiritus gefüllten Präparatencylinder
anatomischer und pathologischer Sammlungen dicht aufzukitten, so daß die Verdampfung
des Spiritus aus den fertigen Präparaten verhindert wird, kann man sich entweder
eines Kittes aus 1 Pfund feinsten Braunsteinpulvers und 1/2 Pfd.
Natron-Wasserglas bedienen, oder man verwendet einen Kitt, welcher durch
innige Verreibung von 1/2 Pfd. Mennige in 1 Pfd. Leinöl und Aufkochen des Gemisches
unter stetem Rühren, bis zur Bräunung der Masse, bereitet wird.
Der erstere Kitt, von dem man sich immer nur sehr kleine Massen mengen darf, muß
rasch und in der Kälte aufgetragen werden, da er schnell und sehr bedeutend
erhärtet; er stellt einen dauernden Verschluß dar, welcher meistens ohne das Glas zu
zerbrechen, nicht mehr geöffnet werden kann; der andere Kitt muß bei mäßiger Wärme
aufgetragen und kann
nun auch wiederholt abgelöst werden, ohne das Glas zu gefährden; in Berührung mit
starkem Alkohol und dessen Dämpfen erweicht er zwar, aber ohne den dichten Verschluß
der in Ruhe aufgestellten Präparatengläser zu vereiteln. V. Kletzinsky. (A. a. O.)
Universalkitt.
Der im Droguenhandel jetzt häufig vorkommende Universalkitt ist zwar wirklich in
zahlreichen Fällen sehr verwendbar, aber in Anbetracht seiner einfachen
Zusammensetzung viel zu hoch im Preise; man kann sich denselben weit billiger
bereiten, wenn man 1 Theil feinsten gutgebrannten Alabastergypses mit 3–5
Theilen scharf getrockneten Senegal-Gummis verreibt und das Gemenge im
trockenen Verschlusse aufbewahrt. V. Kletzinsky. (A. a.
O.)
Ueber Verfälschung des Petroleums.
Das in Cöln erscheinende Amtsblatt enthält folgende Bekanntmachung der königl.
Regierung:
Das Petroleum wird in der jüngsten Zeit vielfach verfälscht, und zwar hauptsächlich
in der Weise, daß man die schweren, sonst nicht zur Beleuchtung verwendbaren
Paraffin-Oele durch Zumischung von Petroleum-Essenz(Naphta), welche
ein specifisches Gewicht von 0,750 hat, auf ein spec. Gewicht von etwa 0,800 bringt.
Solche Oele, welche sich der äußeren Erscheinung nach fast gar nicht von dem reinen
Petroleum unterscheiden, indem höchstens ein stärkerer Geruch bei demselben
vorwaltet, sind sehr leicht entzündlich und deßhalb im Gebrauch sehr gefährlich.
Wird nun Essenz zu einem schweren Oele von 0,830 spec. Gewicht gesetzt, so treten
beim Brennen von Lampen folgende Erscheinungen ein: Im Anfange kommt größtentheils
eine Auflösung von schwerem Oel in Essenz zur Verbrennung, indem durch die
Einwirkung der Wärme auf das Oel im Dochte ein Theil des schweren Oels im Dampfe der
Essenz gelöst zur Verbrennung kommt. Mit dem Consum der Essenz hört auch die
Verbrennung des schweren Oels auf; die Flamme geht zurück; es findet eine Verkohlung
des Dochtes und späterhin ein Rußen statt. Um dieses zu vermeiden, hat man gutes
Petroleum von 0,790–0,795 spec. Gewicht zugesetzt, oder aber die schweren
Oele von nur 0,820 spec. Gewicht genommen. Es wird hierdurch zwar ein größerer
Consum des schweren Oeles bedingt; es treten jedoch schließlich ebenfalls die
obengenannten Uebelstände beim Brennen der Lampen ein. In einem Falle wurde ein
solches verfälschtes Oel, welches ein spec. Gewicht von 0,800 hatte, näher
untersucht, wobei sich ergab, daß dasselbe in 100 Raumtheilen aus circa 25 Vol. Essenz von 0,750 spec. Gewichte, 20 Vol.
gutem Petroleum-Brennöl von 0,790 spec. Gewichte und 50 Vol. schwerem Oele,
sogenanntem Schmier- oder Paraffin-Oel von 0,830 spec. Gewichte
bestand. Zur Erkennung eines solchen Gemisches gibt es ein einfaches Mittel. Man
mischt nämlich in einem passenden Gefäße einen Raumtheil mit kaltem Wasser zusammen,
rührt das Gemisch gut um und gießt eine einen starken Strohhalm dicke Schicht des
fraglichen Oeles darauf. Ist dasselbe frei von Essenz, so kann es durch einen
brennenden Fidibus nicht entzündet werden. Uebersteigt aber der Essenzgehalt 12
Proc., so entzündet sich das Oel jedenfalls. Wir machen das Publicum hiermit auf
diese gefährliche Mischung aufmerksam und warnen vor dem Gebrauch derselben als
Beleuchtungsmaterial, da aus ihrer leichten Entzündlichkeit viele in der neuesten
Zeit durch Explosionen herbeigeführte Unglücksfälle entstanden sind.
Ueber das Vorkommen des Harnstoffes in der Milch der
grasfressenden Thiere; von J. Lefort.
Da der Harnstoff in der Milch der grasfressenden Thiere meines Wissens noch nicht
aufgesucht wurde, so habe ich in dieser Hinsicht einige Versuche angestellt, woraus
sich ergibt, daß der
Harnstoff zu den constituirenden und normalen Bestandtheilen der Milch gehört. Das
von mir eingeschlagene Verfahren war folgendes:
8 Liter Molken, von der Milch zweier vollkommen gesunden Kühe herrührend, wurden
etwas unter 100°C. abgedampft, wobei man von Zeit zu Zeit die käsigen und
eiweißartigen Stoffe, welche sich niederschlugen, durch Filtriren absonderte.
Die so zur Syrupsconsistenz gebrachte Flüssigkeit setzte nach ihrer Abkühlung eine
große Menge Milchzucker ab, imprägnirt mit einigen der unlöslichsten Salze der
Milch.
Der vom Absatz getrennte flüssige Theil wurde in Alkohol von 85 Volumprocenten
gegossen und dieses Gemisch dann im Wasserbade erhitzt, damit sich der Harnstoff in
dem wässerigen Alkohol vollständig auflösen konnte.
Die Lösung wurde filtrirt und im Sandbade bis zur Syrupsconsistenz abgedampft,
wornach man sie mit concentrirter reiner Salpetersäure in Berührung brachte. Nach 48
Stunden hatte sich ein reichlicher, gelb gefärbter, in Wasser leicht löslicher
Niederschlag gebildet, welcher außer salpetersaurem Harnstoff einen beträchtlichen
Antheil salpetersaures Kali enthielt. Die wässerige Lösung wurde mit kohlensaurem
Baryt versetzt und im Sandbade bis zur Consistenz eines weichen Extractes
abgedampft. Letzterer wurde in concentrirtem Alkohol aufgenommen, welcher eine gelb
gefärbte Lösung gab, die eine beträchtliche Menge in prismatischen Nadeln
krystallisirten Harnstoffes enthielt.
Ich konnte so von 8 Litern Molken, welche wenigstens 10 Liter reine Milch
repräsentirten, 1 1/2 Gramme salpetersauren Harnstoff gewinnen, welcher durch die
Form seiner Krystalle und durch seine unlösliche Verbindung mit salpetersaurem
Quecksilberoxyd leicht zu erkennen war. (Comptes rendus,
t. LXII p. 190; Januar 1866.)
Benutzung der Koprolithen zur Verwerthung der Dungstoffe in
Städten; von Boblique.
Die Benutzung der Koprolithen oder fossilen, aus Kalkerdephosphaten bestehenden
Excremente vorweltlicher Thiere, zu agronomischen Zwecken, als Dünger, ist eine
allgemein bekannte Thatsache. In England werden bereits
seit längerer Zeit alljährlich bedeutende Mengen dieser Substanz verbraucht, während
die Verwendung derselben zu dem gedachten Zwecke in Frankreich, wo sich zahlreiche Lagerstätten von Kalkphosphaten finden,
erst seit einigen Jahren Platz zu greifen beginnt. Allein die Verwerthung dieser so
nutzbringenden Koprolithen scheint sich auf die gedachte Verwendungsweise nicht
beschränken zu wollen. Ein französischer Chemiker, Boblique, hat kürzlich ein sinnreiches Verfahren erfunden, welches ihnen
vielleicht eilten noch bedeutenderen Verbrauch sichert als bisher der Ackerbau
erforderte.
Boblique verwandelt nämlich die Koprolithen, welche in
den Ardennen in großem Maaßstabe gewonnen werden, in Phosphoreisen, mit einem Phosphorgehalt von 14 bis 15 Proc. Zu diesem
Behufe benutzt er einen Hohofen, in welchem die Koprolithen zusammen mit Eisenerzen
aufgegeben werden. Das erblasene Phosphoreisen kommt nach Paris in Javel's Fabrik, und wird hier mit schwefelsaurem Natron behandelt, wodurch Schwefeleisen und phosphorsaures Natron entsteht, in welchem letzteren die
ganze Natronmenge zur Verwerthung kommt. Wird nun dieses Natronphosphat in Abtritten
mit einem gewissen Quantum von Magnesiasalzen zusammengebracht, so bildet sich phosphorsaure Ammoniak-Magnesia, in welchem Salze der ganze Gehalt des Urins und der
Fäcalsubstanzen an Ammoniak und Phosphorsäure fixirt ist.
Die Wichtigkeit des Boblique'schen Verfahrens liegt klar
vor; denn bei dieser in so glücklicher Weise gelösten Frage ist nicht allein die
öffentliche Gesundheitspflege, sondern es sind bei derselben auch die Besitzer der
Koprolithlagerstätten interessirt, welche in Folge dieser Erfindung dem Abbau der
ersteren eine weit bedeutendere Ausdehnung als bisher zu geben Veranlassung haben
werden. (Annales du Génie civil, December 1865,
S. 847.)