Titel: | Beschreibung einiger neueren englischen Apparate zum Ueberhitzen des Dampfes für Schiffsmaschinen. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. III., S. 12 |
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III.
Beschreibung einiger neueren englischen Apparate
zum Ueberhitzen des Dampfes für Schiffsmaschinen.
Aus John Bourne's Catechism of the Steam-engine: new edition.
London 1865.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Neuere englische Apparate zum Ueberhitzen des Dampfes.
Das Verfahren, den Dampf vor seinem Eintritte in die Maschine zu überhitzen, sagt Hr.
Bourne, wird jetzt sehr allgemein befolgt, besonders
bei Dampfschiffen, und diese Neuerung hat sich in Bezug
auf Ersparniß an Brennmaterial in vielen Fällen als sehr vortheilhaft erwiesen. Man
hat aber in der Praxis gefunden, daß wenn der Dampf auf eine 315° Fahr.
(159° C.) übersteigende Temperatur erhitzt wird, die Hanfpackungen der
Stopfbüchsen verbrannt, das bei der Maschine zu verwendende Oel oder der Talg
verkohlt und die Cylinder sowie Schieberventile in Folge der Hitze und Reibung der
sich bewegenden Theile abgenutzt und beschädigt werden. Bei Kesseln, welche bereits
trockenen Dampf erzeugen und eine hinlänglich große Heizfläche besitzen, kann die
Ersparniß an Kohlen, welche durch Ueberhitzen von gewöhnlichem
Niederdruck-Dampf erzielt wird, zu ungefähr 10 Procent angenommen werden, und
obgleich in manchen Fällen noch eine größere Ersparniß erreicht wurde, so muß diese
doch dem Vorhandenseyn einer größeren Heizfläche zugeschrieben werden, weil dann die
Wärme für das Trocknen des Dampfes, welche früher durch den Schornstein ausströmte,
besser ausgenutzt werden kann, als es der Fall ist, wenn eine gegebene Wärmemenge
zur Ueberhitzung von nicht bereits trockenem Dampfe verwendet wird. Im Ganzen
genommen wird die Ueberhitzung jetzt nicht mehr weit über den Punkt hinaus getrieben, welcher
zum Trocknen des Dampfes und dazu genügt, daß der Dampf in dem Cylinder weder in
Folge der äußeren Strahlung noch der Krafterzeugung theilweise condensirt werden
kann. Die Condensation wird aber ebenso durch die Anwendung eines Dampfmantels
verhindert und Hochdruck-Dampf, welcher mit Expansion in mit Mänteln
versehenen Cylindern arbeitet, in Verbindung mit Oberflächen-Condensatoren
falls die Dampfschiffe Salzwasser benutzen, wird gegenwärtig als das System
betrachtet, welches am meisten Ersparniß verspricht.
Die Construction der Ueberhitzungsapparate ist sehr verschieden. Aber in den meisten
Fällen wird der Dampf durch eine Anzahl kleiner Röhren hindurch geleitet, die in der
Rauchkammer da, wo der Schornstein beginnt, angebracht sind. Ein Beispiel dieser
Anordnung zeigt Fig. 27, welche den Ueberhitzungsapparat darstellt, den R. Napier und Söhne bei dem
Dampfer „Oleg“ angewendet haben, welcher der Russian Steam Navigation Company gehört. A ist der Kessel und a der
Fuchs des Kessels; d zeigt die Stellung des
Einlaßventils, welches den Kessel mit dem Ueberhitzungsapparate verbindet; D und F sind die Ein-
und Auslaßkammern des Ueberhitzungsapparates; E sind die
Röhren, durch welche der Dampf hindurchgeht; in einer mit Registerschieber
versehenen doppelten Kammer verbindet g den
Ueberhitzungsapparat mit dem Dampfrohr und h den Kessel
direct mit dem Dampfrohr. H ist der Schornstein. Der
Rauch und die Verbrennungsgase umspülen bei ihrem Ausströmen in den Schornstein die
Röhren, welche den Dampf überleiten, wodurch letzterer bis zu dem erforderlichen
Grade überhitzt wird.
Bei dem im J. 1860 construirten Ueberhitzungsapparate von Lamb und Summers wird der Dampf durch ein
enges, unter rechten Winkeln zickzackartig wie der Fuchs eines Zugkessels gebogenes
Rohr in einer Kammer, die zwischen dem Rauchkasten und dem Fuße des Schornsteines
angebracht ist, rückwärts und vorwärts geleitet, bis derselbe endlich in das
Dampfrohr übergeht. Im verticalen Durchschnitte Fig. 28 ist A die Kammer mit dem rechtwinkelig gebogenen Rohre; B ist das Ventil zum Einlassen des Dampfes in den
Ueberhitzungsapparat; C das Ventil, um den Dampf aus dem
Kessel in die Cylinder einströmen zu lassen, ohne daß er den Ueberhitzungsapparat
passirt; D ist das Ventil zum Abschließen des
Ueberhitzungsapparates; G ist der Schornstein; F ist die Thüre, um in den Schornstein zu gelangen. H, H ist ein Ring oder Aufsatz im Inneren des
Schornsteines; der Zwischenraum zwischen Ring und Schornstein wird zum Zwecke des Dichthaltens mit
feuerfestem Thon ausgefüllt.
Fig. 29 zeigt
den Grundriß eines im J. 1865 von Lamb und Summers construirten Ueberhitzungsapparates, wie er bei
vier Kesseln mit zusammen 40 Pferdekräften angewendet worden ist. Das Dampfrohr ist
4 Zoll weit und jeder von den zwischen den Windungen desselben vorhandenen Räumen
für den Rauch und die Verbrennungsproducte ist 6 1/2 Zoll weit. Die Länge der
Windungen, durch welche der Dampf geleitet wird, beträgt 51 Fuß 9 Zoll, und die Höhe
der Kammer mit dem gewundenen Rohre 5 Fuß 7 Zoll. Die gesammte Heizfläche des
Ueberhitzungsapparates beträgt 60 Quadratfuß, nämlich 1 1/2 Quadratfuß per nominelle Pferdekraft. Der Dampf kommt aus dem
Kessel durch die Ventile c, c, c, c hindurch, tritt
durch das Ventil a in den Ueberhitzungsapparat ein und
strömt durch das Ventil b wieder aus demselben aus.
Figur 30
stellt den von Boulton und Watt für den Dampfer „Great Eastern“ construirten
Ueberhitzungsapparat im Grundrisse dar. Dieser Apparat besteht aus einem viereckigen
Kasten, welcher über dem Fuchse des Kessels am Fuße des Schornsteins angebracht und
mit verticalen Röhren gefüllt ist, durch welche der Rauch hindurchgeht. Hierbei
zieht der Dampf nämlich zwischen den Röhren durch, während er in den meisten Fällen
durch die Röhren geht (wie Figur 27 zeigt).
Gewöhnlich nimmt man für die Ueberhitzungsapparate 4 Quadratfuß Heizfläche per nominelle Pferdekraft an. Dieß ist aber viel zu
viel, es genügen 1 1/2 Quadratfuß per nominelle
Pferdekraft. Da indessen eine nominelle Pferdekraft in Bezug auf den Kessel eine
sehr unbestimmte Größe ist, so thut man besser, wenn man die Heizfläche des
Ueberhitzungsapparates in dem Verhältnisse von drei Quadratfuß per Kubikfuß verdampften Wassers festsetzt. Bei der
Einführung eines Ueberhitzungsapparates sollte man deßhalb den Querschnitt für das
Aufsteigen des Rauches im Schornstein nicht vermindern, sondern so groß wie bisher
lassen.