Titel: | Pantograph als Gravirmaschine. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. VIII., S. 30 |
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VIII.
Pantograph als Gravirmaschine.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Pantograph als Gravirmaschine.
Der Mechaniker W. Schmidt in Heidelberg hat an das
Kreis-Muster- und Modelle-Cabinet in Würzburg eine
Gravirmaschine geliefert, welche durch ihre mannichfache praktische Verwendung als
äußerst nützliches Werkzeug für Graveure, Gürtler, Silberarbeiter etc. auch in
weiteren Kreisen bekannt zu werden verdient.
Der Gedanke, welcher der Construction der Maschine zu Grunde liegt, besteht einfach
darin, mittelst des gewöhnlichen Zeichenpanthographen irgend eine Zeichnung von
einer, in größerem Maaßstab gezeichneten Schablone auf die zu gravirende Platte
übertragen und dieselbe dort aber auch gleich in der verlangten Tiefe fertig zu
graviren, ohne daß der mit der Maschine Arbeitende irgend welche Kenntniß des
Gravirens zu besitzen braucht.
Die in Fig. 10
und 11
dargestellte Maschine besteht zunächst aus einem 4 Centimeter hohen gußeisernen
Gestelle A, welches auf der hölzernen Platte B aufgeschraubt und mit letzterer wieder am Ende eines
Tisches befestigt ist. Das Gestell hat bei a eine
viereckige Oeffnung, in welche die zu gravirenden Gegenstände, Siegel etc. eingelegt
und mittelst des Hebels b und dem daran hängenden
Gewichte c festgehalten werden. Auf der rechten Seite
des Gestelles ist eine kastenförmige Vertiefung C, C, in
welche die Schablone c, die auf Papier gezeichnet und
auf ein viereckiges Holzklötzchen geleimt ist, zwischen die Federn d, d eingeklemmt wird. Größere Schablonen können nach
Herausnahme der Federn in den Kasten gelegt und mit den Stellschrauben e, e festgehalten werden.
Ueber dem Gestell befindet sich nun der Pantograph D, D.
Derselbe hat seinen
Fixpunkt bei f in einem Kugelgelenk, welches am Ende des
Bolzens f, f angebracht ist. Letzterer kann nach
Bedürfniß in dem Schlitze g des Gestelles seitlich
verschoben und dann festgestellt werden.
Bei h ruht der Pantograph auf einer horizontalen Leiste,
bei h' mittelst eines, unten halbkugeligen Fußes auf der
Bahn E. Am Ende des einen Schenkels ist der Leitstift
i angebracht, welcher mittelst der kleinen Handhabe
k über die Schablone in beliebiger Richtung
weggeführt werden kann. Bei l, dem Punkte des
Pantographen, welcher sich mit dem Punkte i stets
parallel bewegt, ist eine der Länge nach durchbohrte vertical stehende Welle
eingeschoben, in welcher der Gravirstichel i
festgeschraubt wird. Letzterer ist für die gewöhnlichen Arbeiten ein feiner
Spitzbohrer, der je nach der zu gravirenden Linie in eine mehr oder weniger
spitzwinklige vierschneidige Spitze ausläuft. Am oberen Ende dieser Bohrwelle ist
eine Schnurrolle befestigt, welche durch eine endlose Schnur mit der auf einem
Stifte laufenden Rolle k in Verbindung steht. Der an dem
vorderen Schenkel des Panthographen befestigte Lenker m
trägt eine Spannrolle, welche die stete Spannung der endlosen Schnur vermittelt. Der
Lenker selbst wird durch das Gewicht n bei allen
Stellungen der Leitrolle nach aufwärts gezogen.
Ein auf der Nabe der Rolle k befestigter zweiter
Schnurlauf steht durch die schiefstehenden Leitrollen o,
o mit dem seitlich am Tische befestigten Schwungrädchen F durch eine endlose Schnur in Verbindung. Das
Schwungrädchen ist mittelst Kurbel und Lenkstange mit dem auf dem Boden befestigten
Fußtritt G verbunden. Die in den Schenkeln des
Panthographen befindlichen Löcher dienen zur Verstellung des Parallelogramms je nach
der Größe des zu gravirenden Gegenstandes.
Soll nun auf dieser Maschine z.B. ein Siegel gravirt werden, so wird auf folgende
Weise verfahren. Die Siegelplatte wird in der Oeffnung a
durch den Hebel b festgestellt und dabei Sorge getragen,
daß die Ebene der Platte mit der Ebene der Führungsleiste h nach jeder Richtung parallel steht. Die Schablone, in diesem Falle aus
dem Siegelrand und den betreffenden Buchstaben bestehend und in der der Stellung des
Pantographen entsprechenden Größe gezeichnet, wird so in den Kasten c eingestellt und dort entweder durch die Federn d und durch die Stellschrauben e festgehalten, daß ihre obere Fläche ebenfalls parallel mit der Leiste
h oder mit der Siegelplatte läuft. Hierauf wird der
passende Gravirstichel in die Bohrwelle eingeschoben, dessen Spitze genau centrirt
und mit der Stellschraube p festgestellt. Die
Höhenstellung des Stichels oder Bohrers ist anfänglich so, daß er die Platte noch
nicht berührt. Steht der Leitstift i genau über einer
Linie der Schablone, so wird der Pantograph mittelst der Mutter g so tief
gestellt als die verlangte Tiefe des Siegels beträgt.
Um den Stift E ist, unter dem Pantographen, eine
Spiralfeder gewickelt, welche denselben immer nach aufwärts drückt, so daß er seine
frühere Höhenstellung wieder einnimmt, wenn die Mutter g
zurückgeschraubt ist. Wird nun der Bohrer durch Tritt und Schwungrad in rasche
Rotation versetzt, so bohrt er sich in die Siegelplatte auf die bestimmte Tiefe ein
und verlängert das entstandene Loch nach derselben Richtung, in welcher der
Pantograph mittelst der Handhaben k verschoben wird,
hier in der Richtung der Schablonenlinien. Auf diese Weise werden nun in der Dicke
der Haarstriche Rand und Buchstaben vorgebohrt.
Die Grundstriche werden in der Weise hergestellt, daß man mehrere Haarstriche
nebeneinander zieht und zwar in solcher Entfernung von einander, daß das zwischen
zwei Strichen befindliche Metall vollständig abgebohrt wird. Von der Sicherheit, mit
welcher der Leitstift i vorwärts bewegt wird, hängt
selbstverständlich auch die Reinheit der gravirten Linie ab. Wir haben Siegel
gesehen, welche in dieser Weise auf der Maschine hergestellt wurden, die in
Beziehung auf Gleichmäßigkeit und Reinheit dem besten Handstich gleichgestellt
werden könnten. Dabei versicherte uns der Verfertiger der Maschine, daß ein gut
eingeübter Arbeiter täglich 12–16 Siegel mit je zwei Buchstaben leicht
herzustellen im Stande ist. Soll der Grund des Siegels guillochirt werden, so wird
vor dem Stich die Siegelfläche mit einem excentrischen Bohrer von der in Fig. 11a
dargestellten Form bearbeitet. Hierfür wird je nach der Form des Siegels und
der verlangten Feinheit der Guilloche, auf der Schablone innerhalb des Randes, eine
mit letzterem parallele Linie gezogen, auf welcher in gleichen Abständen Punkte
eingeschlagen sind. Wird der Leitstift i nach und nach
in diese Punkte eingestellt, so zieht der excentrische Bohrer auf der Siegelplatte
Kreise, welche sich ober- und unterhalb ihrer gemeinschaftlichen Mittellinie
vielfach durchschneiden und somit eine sehr gefällige Guilloche bilden. Man ersieht
leicht, daß die Handhabung der Maschine eine sehr einfache ist und Jeder, der den zu
gravirenden Gegenstand mit der Schablone genau einzustellen, den Bohrer richtig zu
schleifen und zu centriren vermag, wird in kurzer Zeit die mannichfachsten
Gravirarbeiten ausführen können. (Würzburger gemeinnützige Wochenschrift.)