Titel: | Zur Bestimmung der Gerbsäure in gerbsäurehaltigen Materialien; von Dr. W. Hallwachs in Darmstadt. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XVII., S. 53 |
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XVII.
Zur Bestimmung der Gerbsäure in gerbsäurehaltigen
Materialien; von Dr. W.
Hallwachs in Darmstadt.
Aus dem Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1865,
Nr. 51 u. 52.
Hallwachs, über Bestimmung der Gerbsäure in gerbsäurehaltigen
Materialien.
Die Wichtigkeit, den Werth der gerbsäurehaltigen Materialien, dieser in der Technik
in so bedeutendem Maaße zur Anwendung kommenden Stoffe, leicht und möglichst scharf
bestimmen zu können, hat viele Methoden, welche den genannten Zweck erreichen
sollen, hervorgerufen.
Als dem Verfasser von Seiten der großherzoglich hessischen Oberforst- und
Domänendirection der Auftrag wurde, eine Reihe von Eichenrinden einer Untersuchung
auf ihren Gehalt an Gerbsäure zu unterwerfen, mußte er sich für Anwendung einer
jener zahlreichen Methoden entscheiden. Um dabei sicher zu gehen, sah er sich
veranlaßt, die hauptsächlichsten derselben einer experimentellen Prüfung zu
unterziehen. Als etwa die Hälfte seiner Arbeit vollendet war, erschien eine
Abhandlung voll F. Gauhe (Zeitschrift für analytische
Chemie, Bd. III S. 122), welcher sich die Prüfung desselben Gegenstandes zur Aufgabe
gesetzt hatte. Der Verfasser hat indessen nicht geglaubt, seine Untersuchungen
unterbrechen zu dürfen; die Resultate, welche er dabei erhielt, weichen theils von
denen Gauhe's ab, theils bestätigen sie dieselben, und
mögen so dazu dienen, die ganze Frage noch vollständiger zu beleuchten.
Die älteste, von Fehling angegebene volumetrische
MethodePolytechn. Journal Bd. CXXX S.
53. beruht auf der Ausfällung des Gerbstoffes in der Kälte mit einer Lösung von
bekanntem Gehalt an weißem Knochenleim. G. Müller hat
sich später durch viele Versuche überzeugt, daß eine genaue Bestimmung des
Gerbstoffes mit Hülfe jener Methode nicht erreicht werden kann, weil das gebildete
Leimtannat sich niemals so entschieden scharf ausscheidet, daß die über demselben
stehende Flüssigkeit völlig klar erscheint, somit also der Punkt, wenn gerade
hinreichend Leimlösung zugesetzt ist, nicht genau beobachtet werden kann. Eine
raschere und vollständigere Klärung der über dem Niederschlag befindlichen
Flüssigkeit wurde aber erreicht durch Zusatz von 1/4 vom Gewichte des Leims an Alaun
zur Leimlösung. Zur Ausführung wird der durch wiederholtes Auskochen von 50 bis 100
Grm. des zu untersuchenden Materials erhaltenen Lösung der extrahirte Rückstand
zugesetzt und nun so lange von der gewogenen titrirten Leimlösung zugetröpfelt, als
noch eine Fällung stattfindet. Man wiegt alsdann wieder die Leimlösung und berechnet
aus dem Gewichtsverluste den Gerbsäuregehalt der Substanz.
Zur Prüfung dieser Methode wurden 10 Grm. weißen Knochenleims in destillirtem Wasser
eingeweicht, nach dem Aufquellen durch gelindes Erwärmen gelöst, 2,5 Grm. Alaun
zugefügt und das Ganze mit Wasser auf 1 Liter verdünnt. 0,2 Grm. trockene
Galläpfelgerbsäure bedurften 22,7 Kubikcentimeter dieser Lösung zur vollständigen
Fällung. 1 Kubikcentimeter der Leimlösung entsprach somit 0,0088 Grm. Gerbsäure.
Die weiter unten gegebenen Resultate einer Anzahl von Bestimmungen, welche nach
dieser Methode ausgeführt wurden, sind erst nach einer großen Menge von Versuchen
erhalten worden. Das Verfahren, scheinbar so einfach in seiner Ausführung, bietet
die größten Schwierigkeiten dar. Manipulirt man in der von Müller angegebenen Weise, so erhält man stets viel zu hohe Werthe, weil
sich das Ende der Bestimmung durchaus nicht genau erkennen läßt.
Um möglichst genaue Resultate zu gewinnen, empfiehlt es sich, das Verfahren in der
folgenden Weise zu modificiren. Die zerkleinerten Substanzen werden mehrmals mit
Wasser ausgekocht (schon nach drei- bis viermaligem Auskochen gibt die
Flüssigkeit mit Leimlösung geprüft keine Reaction mehr auf Gerbsäure), die
erhaltenen Lösungen filtrirt, dann auf bestimmtes Volum (hier 500 Kubikcentimeter)
gebracht, wovon dann abgemessene Mengen zur Probe verwendet werden. Man läßt nun die
Leimlösung aus einer Bürette in die beständig umzurührende Probeflüssigkeil
einfließen. Das Rühren geschieht mittelst eines an beiden Enden offenen
Glasröhrchens, welches man auch dazu benutzt, um von Zeit zu Zeit eine Probe der
über dem abgeschiedenen Leimtannat befindlichen Lösung abzuheben und auf ein kleines
Filterchen zu bringen, das, ohne Trichter, auf ein Reagensröhrchen gesteckt wird.
Das Filterchen wird nach der Filtration in die Masse der Lösung geworfen. In das die
filtrirte Lösung enthaltende, schräge gehaltene Röhrchen läßt man aus der Bürette
einen Tropfen Leimlösung so eintreten, daß derselbe oben etwas verweilt, worauf man
denselben mit destillirtem Wasser vorsichtig und langsam zur unteren Flüssigkeit
hinspült. Ist noch nicht aller Gerbstoff gefällt, so bringen die ersten
einfließenden Theilchen der nun verdünnten Leimlösung eine mehr oder minder starke
Trübung hervor. Läßt man direct die concentrirte Leimlösung eintröpfeln, so
entstehen beim Eintreten der dicken, niemals völlig klaren Flüssigkeit sehr leicht
Täuschungen über das Ende der Reaction. Gibt nun Leimlösung noch Trübung, so spült
man aus dem Röhrchen Alles wieder zur Hauptflüssigkeit und fährt mit dem Zurühren
der titrirten Leimlösung langsam fort, bis in den herausgenommenen filtrirten
Pröbchen weder durch verdünnte Leimlösung noch durch eine Lösung von Gerbsäure eine
Trübung hervorgebracht wird. Es ist nicht nöthig, hier des Näheren zu erörtern, daß
man bei der ersten Probe von 5 zu 5 Kubikcentimeter Leimlösung zubringt und erst bei
dem zweiten oder dritten Versuche die genauere Titration folgen läßt.
Es ist aus dem Vorigen leicht ersichtlich, daß die Methode als eine sehr umständliche
bezeichnet werden muh. Eine einzige Titration nimmt unter Umständen mehrere Stunden
in Anspruch; nach einiger Zeit muß außerdem der sich ziemlich rasch ändernde
Wirkungswerth der Leimlösung wieder festgestellt werden. Die Anwendung von
Hausenblase statt des Leimes, wie sie von Lipowitz
vorgeschlagen wurde, hat lediglich den Vortheil, daß man mit einer farblosen klaren
Lösung arbeitet, wodurch indessen die auf eine Bestimmung zu verwendende Zeit nicht
wesentlich abgekürzt wird.
Wenn es wohl zugegeben werden kann, daß mit Hülfe der besprochenen Methode brauchbare
Resultate zu erhalten sind, so scheint sie dem Verfasser doch der großen Mühe
halber, welche sie beansprucht, besonders dann, wenn viele Bestimmungen neben
einander zu machen sind, nicht gerade die empfehlenswertheste zu seyn.
Mit der, wie oben angegeben, hergestellten Leimlösung wurden die folgenden
Bestimmungen ausgeführt.
1) 10 Grm. Eichenrinde (A) wurden mit Wasser erschöpft
und der Auszug auf 500 Kubikcentimeter gebracht. Je 250 Kub.-Cent. brauchten
zur Fällung 34,9 Kub.-Cent. und 35,2 Kub.-Cent. der Leimlösung,
wornach die Rinde 6,16 Proc. Gerbstoff enthielt.
2) 10 Grm. von Rinde B, in gleicher Weise behandelt. 250
K.-C. gebrauchten 35,0 Kub.-Cent. und 34,5 Kub.-Cent.
Leimlösung, entsprechend 6,11 Proc. Gerbstoff.
3) 10 Grm. von Rinde I. auf 500 Kub.-Cent. extrahirt. 250 K.-C.
gebrauchten 78,2 und 78,6 Leimlösung = 13,8 Proc. Gerbstoff.
4) 10 Grm. von Rinde II. auf 500 Kub.-Cent. extrahirt. 250 K.-C.
brauchten 55,3 Kub.-Cent. und 54,9 Kub.-Cent. = 9,74 Proc.
Gerbstoff.
5) 10 Grm. von Rinde III. auf 500 K.-C. extrahirt. 250 K.-C.
gebrauchten 52,8 Kub.-Cent. und 52,4 Kub.-Cent. = 9,25 Proc.
Gerbstoff.
6) 10 Grm. von Rinde IV. auf 500 K.-C. extrahirt. 250 K.-C. gebrauchten
50,3 und 51 Kub.-Cent. = 8,9 Proc. Gerbstoff.
Monier hat im Jahre 1858 vorgeschlagenPolytechn. Journal Bd. CXLVIII. S.
209., die Gerbsäure volumetrisch, mittelst übermangansauren Kalis (mineralischen
Chamäleons) zu bestimmen. Die Methode hat sich wegen der völligen Unsicherheit in
der Beurtheilung des Endes der Operation als nicht anwendbar erwiesen. Löwenthal
Polytechn. Journal Bd. CLIX S.
143. stellte sich später die Aufgabe, die vorstehende Methode brauchbar zu
machen; einmal durch Aufsuchung eines Indicators, mit dessen Hülfe das Ende der
Reaction leicht und genau zu erkennen ist, sowie durch Ermittelung des Umstandes, ob bei
Anwendung dieses Indicators die Operation so zu leiten sey, daß immer nur eine und
dieselbe Oxydation eintrete, wodurch ja allein die Brauchbarkeit der Methode bedingt
wird. Das Mittel fand Löwenthal in der Anwendung des
reinen schwefelsauren Indigos für sich oder in seiner Verbindung mit Basen
(Indigocarmin). Eine solche Indigolösung von bekanntem Gehalt wird mit einer
bestimmten Menge der zu untersuchenden Gerbstofflösung gemischt und diese
Flüssigkeit nach dem Ansäuern durch eine Lösung von übermangansaurem Kali (oder auch
Chlorkalk) bis zum Verschwinden der blauen Farbe titrirt, worauf sich nach Abzug des
zur Zerstörung des Indigoblaues verbrauchten Oxydationsmittels der genaue Titer des
Gerbstoffes ergibt. Indigo und Gerbstoff werden also nach Löwenthal's Annahme gleichzeitig oxydirt, mit der letzten Spur des
ersteren ist auch der letztere völlig zerstört.
Vor Anwendung der Löwenthal'schen Methode zur Prüfung der
Rinden hat der Verf. sich darüber zu verlässigen gesucht, ob je nach der Verdünnung
der zu untersuchenden Lösungen mehr oder weniger des Oxydationsmittels verbraucht
würde, oder ob, wie Löwenthal angibt, wenn einmal ein
gewisser Grad der Verdünnung erreicht worden, eine weitere Verdünnung von keinem
Einfluß mehr, auf das Resultat ist. Die folgende Tabelle beweist die Richtigkeit der
Löwenthal'schen Angabe.
Indigocarminlösung aus30 Grm.
Indigocarminzu 1 Liter
Wasser
Verbrauchte Lösungvon
übermangansauremKali
5
Kubik-Centim.
10
Kubikcentim.
5,7
Kubikcentim.
5
„
10
„
5,6
„
5
„
10
„
5,6
„
5
„
100
„
5,1
„
5
„
100
„
5,1
„
5
„
200
„
5,0
„
5
„
200
„
5,1
„
5
„
500
„
5,1
„
5
„
500
„
5,1
„
10
„
500
„
10,3
„
5
„
1000
„
5,0
„
10
„
1000
„
10,2
„
Die Lösung des übermangansauren Kalis wurde nun auf eine Gerbsäurelösung, welche 2,73
Grm. reinster Gerbsäure im Liter enthielt, gestellt. 10 Kub.-Cent.
Indigölösung, 5 Kub.-Cent. der
Gerbsäurelösung gemischt,
mit Schwefelsäure angesäuert, bedurften zur Oxydation im Mittel aus vier Versuchen
19,83 Kub.-Cent, übermangansaures Kali. Die 10 Kub.-Cent. Indigolösung
nahmen zur Oxydation 10,2 Kub.-C. übermangansaures Kali in Anspruch, also
blieben zur Oxydation der 5 Kub.-Cent. Gerbsäurelösung 9,63 Kub.-Cent.
übermangansaures Kali. 100 Kub.-Cent. des letzteren entsprachen somit 0,1417
Grm. Gerbsäure.
Es wurden jedes Mal 20 Grm. der Rinden mit Wasser erschöpft, die filtrirte Lösung auf
1 Liter gebracht und davon alsdann die entsprechenden Mengen zur Prüfung abgemessen.
Die Titration wurde als beendigt betrachtet, wenn die Flüssigkeit die geringste Spur
eines grünlichen Schimmers verloren hatte. Nach einiger Uebung ist dieser Punkt
leicht zu treffen. Rein hellgelb hat der Verfasser die Lösungen nach beendigtem
Versuche indessen niemals gefunden, es zeigten dieselben stets einen leichten Stich
in's Rothgelbe.
Rinde I. 10 Kub.-Cent. des Rindenauszugs, 10 Kub.-Cent. Indigolösung,
500 Kub.-Cent. Wasser, angesäuert, bedurften im Mittel aus vier Versuchen
28,9 Kub.-Cent. übermangansaures Kali. Nach Abzug von 10,2 Kub.-Cent.
für Indigo bleiben 18,7 Kub.-Cent. übermangansaures Kali = 13,24 Proc.
Gerbstoff.
Rinde II. Gleiche Verhältnisse. Verbraucht übermangansaures Kali 23,4
Kub.-Cent., – 10,2 für Indigo = 13,2 Kub.-Cent., entsprechend
9,35 Proc. Gerbstoff.
Rinde III. Gleiche Verhältnisse. 23,3 Kub.-Cent. übermangansaures Kali, 10,2
ab für Indigo = 13,1 Kub.-Cent. = 9,28 Proc. Gerbstoff.
Rinde IV. Gleiche Verhältnisse. 22,3 Kub.-Cent. übermangansaures Kali, 10,2 ab
für Indigo = 12,1 Kub.-Cent. = 8,57 Proc. Gerbstoff.
Beim Auskochen der Rinden gehen außer der Gerbsäure selbstverständlich auch andere
organische Substanzen in Lösung, welche immerhin einen Theil des Oxydationsmittels
für sich in Anspruch nehmen werden. Die Menge ist jedenfalls nur gering, es schien
dem Verfasser aber doch von Interesse, zu untersuchen, ob dieselbe in Flüssigkeiten,
welche durch verschiedene Zeiten lang andauerndes Auskochen der Rinden erhalten
waren, verschieden sey. Dieß ist nicht der Fall. Die alle Gerbsäure des Materials
enthaltenden Rindenauszüge, welche bei 1- bis 2- und 3stündigem Kochen
mit gleichen Wassermengen erhalten wurden, verbrauchten (nach dem Versetzen mit der
gleichen Indigomenge) stets dieselben Mengen übermangansauren Kalis.
Die eben beschriebene Methode hält der Verf. für sehr empfehlenswürdig, sie führt äußerst rasch zu einem
sehr befriedigenden Resultate. Wenn auch die gleich zu besprechende Hammer'sche Methode als noch schärfere Resultate ergebend
betrachtet werden muß, so hat sie doch den Nachtheil langsamerer Ausführbarkeit.
Sind einmal die Lösungen bereit, so können mittelst des Löwenthal'schen Verfahrens Reihen von Versuchen in einem Tage ausgeführt
werden.
C. Hammer
Polytechn. Journal Bd. CLIX S.
300. bestimmt die Gerbsäure in einer auch andere Substanzen enthaltenden Lösung,
indem er das specifische Gewicht dieser Lösung ermittelt, den Gerbsäuregehalt ohne
sonstige Veränderung der Flüssigkeit entfernt und dann das specifische Gewicht
nochmals bestimmt. Die Abnahme des specifischen Gewichts ist proportional dem
Gerbsäuregehalt.
Zur Ausführung wird die gerbstoffhaltige Substanz mit heißem Wasser vollständig
erschöpft, wobei jedoch Sorge zu tragen ist, daß man eine nicht zu verdünnte Lösung
erhält. Man nimmt passend 20 bis 30 Grm. der Substanz in Arbeit, wovon man 200 bis
350 Grm. Lösung (dieselbe wird gewogen) erhält. Der einfachen Rechnung halber bringt
man das Gewicht der Flüssigkeit durch Zusatz von Wasser auf eine runde Zahl von
Grammen, mischt alsdann die Lösung gleichförmig und bestimmt ihr specifisches
Gewicht mit dem Pyknometer oder Aräometer. Nun wiegt man eine passende Menge von der
Flüssigkeit ab, setzt die vierfache Menge des aus dem gefundenen specifischen
Gewichte für die abgewogene Flüssigkeitsmenge berechneten Gerbstoffes an Hautpulver
(nach dem annähernden Wägen in Wasser eingeweicht und in einem leinenen Tuche
zwischen den Händen gut ausgepreßt) zu und schüttelt damit stark einige Zeit
hindurch. Man filtrirt jetzt die vom Gerbstoff befreite Lösung und bestimmt wiederum
das specifische Gewicht.
Bei Anwendung eines sogenannten Gerbstoffaräometers, welches die specifischen
Gewichte von 0 bis 1,0409 umfaßt, dessen Scala aber statt der specifischen Gewichte
die denselben entsprechenden Gerbstoffprocente angibt, bezeichnet die Differenz der
beiden Ablesungen unmittelbar den Gerbstoffgehalt der untersuchten Lösung. Gab das
Aräometer das specifische Gewicht an, oder war dieß mit dem Pyknometer bestimmt
worden, so addirt man zu der Differenz der specifischen Gewichte die Zahl 1 und
sucht für die so erhaltene Zahl den entsprechenden Procentgehalt an Gerbstoff in der
gleich folgenden Tabelle. Der Gerbsäuregehalt der untersuchten Menge der zu
prüfenden Substanz läßt sich nun leicht berechnen. Hammer bestimmte die
specifischen Gewichte reiner Gerbstofflösungen bei 15° C. und fand folgende
Werthe:
Procente an reiner Gerbsäure
Specifische Gewichte bei 15° C.
1
1,0040
2
1,0080
3
1,0120
4
1,0160
5
1,0201
6
1,0242
7
1,0283
8
1,0325
9
1,0367
10
1,0409
Ehe der Verfasser zur Untersuchung der Rindenauszüge selbst schritt, wurden die
folgenden Versuche ausgeführt, welche ihm zur Prüfung der Methode nothwendig
erschienen.
1 Grm. reinster Gerbsäure wurde in 100 Grm. destillirtem Wasser gelöst, das
specifische Gewicht der Lösung bestimmt und genau nach Hammer's Angabe zu 1,0040 gefunden. Die Gerbsäure wurde nun durch
Schütteln mit der vierfachen Menge Hautpulver entfernt und dann das specifische
Gewicht = 1,000 gefunden. Also:
specifisches
Gewicht
Gerbsäurelösung
= 1,0040
„
„
der mit Haut behandelten Flüssigkeit
= 1,0000
––––––––
Differenz
= 0,0040
+ 1
––––––––
1,0040
= 1 Proc. Gerbsäure.
Man hat die Behauptung aufgestellt, die Methode gäbe zu niedere Resultate, wie sich
dieß schon bei Versuchen mit Gerbsäurelösungen erweise. Dagegen bemerkt der Verf.,
daß bei Anwendung wirklich reiner Gerbsäure richtige, bei der des Tannins der
Apotheken zu niedere Zahlen erhalten werden. Der folgende Versuch zeigt dieß
deutlich.
Mit sogenanntem reinen Tannin wurde eine 1 procentige Lösung hergestellt. Dieselbe
ergab ein specifisches Gewicht von 1,003966; das nach dem Behandeln mit Haut
erhaltene Filtrat hatte das specifische Gewicht 1,00015. Die Differenz der beiden
Zahlen + 1 ist = 1,003816, entsprechend einem Procentgehalt an Gerbsäure von
0,954.
Die bei Untersuchung der Rinden erhaltenen Zahlen läßt der Verf. nun folgen.
Bei den folgenden Angaben bedeutet a das specifische
Gewicht der Flüssigkeit vor dem Hautzusatz, b das
specifische Gewicht derselben nach dem Behandeln mit Hautpulver.
Rinde I. 30 Grm. Rinde zu 300 Grm. Auszug. a = 1,0088,
b = 1,0036, Differenz = 0,0052 + 1 = 1,0052 = 13
Procent Gerbsäure.
Rinde II. 30 Grm. Rinde zu 300 Grm. Auszug. a = 1,0058,
b = 1,0022, Differenz = 0,0036 + 1 = 1,0036 = 9
Procent Gerbsäure.
Rinde III. 20 Grm. Rinde zu 405 Grm. Auszug. a = 1,0042,
b = 1,0016, Differenz = 0,0026 + 1 = 1,0026 = 8,77
Proc. Gerbsäure.
Rinde IV. 30 Grm. Rinde zu 400 Grm. Auszug. a = 1,0047,
b = 1,0023, Differenz = 0,0024 + 1 = 1,0024 = 8
Procent Gerbsäure.
Rinden A und B gaben das
gleiche Resultat. 30 Grm. derselben zu 450 Auszug. a =
1,0031, b = 1,0017, Differenz = 0,0014 + 1 = 1,0014 =
5,25 Proc. Gerbsäure.
Diese vorzügliche Methode ergibt Zahlen, welche der Verfasser als die richtigsten,
d.h. den wahren Verhältnissen am nächsten kommend, betrachtet. Ob sie als absolut
richtig anzusehen sind, die Beantwortung dieser Frage fällt mit der noch ungelösten
Frage über die Gleichartigkeit der Gerbsäure der Galläpfel mit der Eichengerbsäure
zusammen. Der Verf. glaubt, daß die Bestimmungen des Gehaltes
gerbsäurehaltender Materialien mittelst dieser Methode von den betreffenden
Technikern leicht ausgeführt werden können.
H. Fleck hat ein Verfahren angegeben, welches sich darauf
gründet, daß Gerbsäure aus ihren Lösungen vollständig durch neutrales essigsaures
Kupferoxyd abgeschieden wird. Die gerbsäurehaltende Flüssigkeit wird mit einer
titrirten Lösung von essigsaurem Kupferoxyd gefällt und das überschüssige Kupferoxyd
durch Titration mit Cyankalium bestimmt. Diese letztere Titrirung läßt sich bei den
gefärbten Eichenrindenauszügen wegen der bedeutenden Unsicherheit in der Erkennung
der Endreaction nicht anwenden. Sackur (Gerberzeitung,
1860, Bd. XXXI S. 32), wie auch E. Wolff (Kritische
Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, 1861, Bd. XLIV S. 167) haben daher
vorgeschlagen, den ausgewaschenen Niederschlag von gerbsaurem Kupferoxyd durch
Glühen an der Luft in Kupferoxyd zu verwandeln und aus dessen Menge die Gerbsäure zu
berechnen. Nach einer großen Reihe von sorgfältigen Analysen, welche E. Wolff ausgeführt, verhielt sich in dem Niederschlage die Menge des
Kupferoxydes zu der Gerbsäure wie 1 : 1,304. Der Verf. hat dieß Verhältniß als
richtig angenommen und auch im Uebrigen nach Wolff's
Angaben gearbeitet. 1 Grm. der zerkleinerten Rinden wurde mit 300 Kubikcentim.
Wasser ausgekocht, die filtrirte Lösung mit 15 Kubikcentim. einer Lösung von
neutralem essigsauren Kupferoxyd (0,211 Grm. Kupferoxyd enthaltend) heiß gefällt,
der Niederschlag rasch abfiltrirt und mit kochendem Wasser ausgewaschen. Der
getrocknete Niederschlag wurde geglüht, mit Salpetersäure befeuchtet, nochmals
geglüht und gewogen.
Rinde I.
enthielt
so
geprüft
12,1 Proc.
Gerbsäure,
„ II.
„
„
„
8,48 „
„
„ III.
„
„
„
8,15 „
„
„ IV.
„
„
„
7,48 „
„
Die Ausführung ist ziemlich zeitraubend, und, wie aus den vorstehenden Zahlen
erhellt, fielen die Werthe etwas zu niedrig aus. Für die Technik ist die Probe
indessen jedenfalls brauchbar.
Vor kurzer Zeit ist von Mittenzwey
Polytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
294. ein Verfahren zur Bestimmung der Gerbsäure bekannt gegeben worden, welches
auf deren Eigenschaft beruht, in alkalischen Lösungen den Sauerstoff der Luft zu
absorbiren. Man bedient sich zur Ausführung einer etwa 1 1/2 Liter fassenden
Flasche, deren Luftinhalt mit der Atmosphäre durch in dem Kork angebrachte,
gebogene, an einer Stelle außerhalb der Flasche durch Kautschuk verbundene
Glasröhren communicirt. Die Kautschukverbindung kann mittelst eines Quetschhahnes
verschlossen werden. In der Flasche werden 150 bis 250 Kubikcentim. der
absorbirenden 3- bis 5procentigen Kali- oder Natronlauge unter
gewissen Cautelen mit der gerbsäurehaltenden Substanz zusammengebracht und nach dem
raschen Verschließen längere Zeit heftig geschüttelt, um die Absorption des in der
Flasche befindlichen Sauerstoffs zu beschleunigen. Darauf läßt man aus einem mit
Wasser gefüllten und gewogenen Becherglase, nach dem Oeffnen des Quetschhahnes,
Wasser in die Flasche eintreten (einsaugen), wobei die Flüssigkeit des Glases und
die der Flasche in gleichem Niveau stehen müssen. Es wird der Hahn nun wieder
geschlossen, abermals geschüttelt, wieder Wasser einsaugen lassen, und dieß
abwechselnd so lange wiederholt, bis kein Wasser mehr in die Flasche steigt. Die
Gewichtsdifferenz (in Grammen) der ersten und letzten Wägung des Becherglases gibt direct das
Volum des absorbirten Sauerstoffes in Kubikcentimetern.Daß man, statt das Wasser zu wiegen, sich auch eines graduirten Gefäßes,
welches die Ablesung der verbrauchten Kubikcentimeter Wasser gestattet,
bedienen kann, leuchtet ein.
Die Temperatur aller in Betracht kommenden Flüssigkeiten muß genau die des
Arbeitslocales seyn. Beim Schütteln ist durch Umlegen eines Tuches um die Flasche
jede Temperaturerhöhung durch die Handwärme zu vermeiden. Um stets die Temperatur im
Innern der Flasche mit der Lufttemperatur vergleichen zu können, senkt man neben der
Einflußröhre durch den Kork ein Thermometer dicht ein.
1 Grm. reinster Gerbsäure wurde in ein Stück Fließpapier eingeschlagen, zu der in der
Absorptionsflasche befindlichen Lauge gebracht, die Flasche geschlossen u.s.f. bis
zur beendigten Absorption. Verbraucht waren (bei 20°) bei drei Versuchen
176,8 Kubikcentim., 177 Kubikcentimeter und 175,79 Kubikcentimeter Wasser.
1 Grm. Gerbsäure absorbirt demnach (im Mittel aus den drei Versuchen) in kalischer
Lösung 176,5 Kubikcentimeter Sauerstoff. Mittenzwey hat
dafür die Zahl 175 gefunden.
1 Grm. des käuflichen Tannins gebrauchte bei drei wie oben angestellten Versuchen
166,9–166–167,1 Kubikcentim., im Mittel 166,6 Kubikcentim. Sauerstoff.
Es enthielt das Tannin demnach (mit Zugrundelegung der von dem Verf. gefundenen Zahl
für reinste Gerbsäure berechnet) 0,9439 Proc. reine Gerbsäure.
Bei der Untersuchung der Rinden wurden je 30 Grm. mit Wasser ausgekocht und die
Lösung auf 600 Kubikcentimeter gebracht. Alsdann wurden zu jedem Versuch 200
Kubikcentim. der Lösung in die Absorptionsflasche gebracht, 7 bis 8 Grm.
Kalistängelchen in Papier gewickelt hinein geworfen, geschlossen und mit dem
Schütteln begonnen.
Bei folgender Uebersicht der Versuche sind stets die aus drei Versuchen erhaltenen
Mittelzahlen gegeben. Zu jedem Versuche wurden, wie bemerkt, 200 Kubikcentim. des
Auszuges verwendet.
Rinde I. Absorbirt wurden 248,5 Kubikcentimeter = 14,07 Proc. Gerbsäure.
Rinde II. Absorbirt wurden 182 Kubikcentimeter = 10,31 Proc. Gerbsäure.
Rinde III. Absorbirt wurden 180,4 Kubikcentimeter = 10,22 Proc. Gerbsäure.
Rinde IV. Absorbirt wurden 163,7 Kubikcentimeter = 9,27 Proc. Gerbsäure.
Die Methode liefert somit zwar etwas zu hohe, aber doch vergleichbare, für die
Technik brauchbare Resultate. Die Ausführung ist indessen höchst schwierig und
langwierig, wegen der peinlichen Sorgfalt, welche auf die Gleichhaltung der
Temperaturverhältnisse während der ganzen Dauer der Versuche verwendet werden
muß.
Es bleibt nun noch die kurze Besprechung der Methoden von Handtke (Journal für praktische Chemie, Bd. LXXXII S. 345) und von Gerland (Chemical News, 1863
p. 54; Zeitschrift für analytische Chemie, Bd. II S.
419) übrig. Bezüglich der ersteren, welche auf dem Verhalten einer verdünnten
Gerbsäurelösung gegen eine verdünnte Lösung von essigsaurem Eisenoxyd bei Gegenwart
von essigsaurem Natron und freier Essigsäure beruht, kann der Verfasser die Angaben
Gauhe's einfach bestätigen. Die Methode ist nicht
brauchbar, da je nach den verschiedenen Verdünnungen der gerbsäurehaltenden
Flüssigkeiten die Resultate verschieden ausfallen. Auch ist die Beendigung der
Titration nur äußerst schwierig zu erkennen.
Gerland's Verfahren, welches sich auf die Ausfällung der
Gerbsäure durch Brechweinstein gründet, gab dem Verf. nur negative Resultate. Der
Endpunkt der Reaction ist nicht zu beobachten, und ebensowenig gelang es ihm, die
erhaltenen Niederschläge klar abzufiltriren.
Der Verf. schließt diese Abhandlung mit einer übersichtlichen Zusammenstellung der
Resultate, welche bei Untersuchung der Eichenrinden, unter Anwendung der
verschiedenen besprochenen Methoden, erhalten wurden.
Procentgehalt an Gerbstoff, bestimmt nach:
Rinde
Fehling,Müller
Löwenthal
Hammer
Fleck
Mittenzwey
A.
6,16
5,24
B.
6,11
5,25
I.
13,80
13,24
13,00
12,10
14,07
II.
9,74
9,35
9,00
8,48
10,31
III.
9,25
9,28
8,77
8,15
10,22
IV.
8,90
8,57
8,00
7,48
9,27