Titel: | Ueber die Rolle, welche das Kupfer bei der Bildung des Anilinschwarz spielt; von Rosenstiel. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XVIII., S. 65 |
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XVIII.
Ueber die Rolle, welche das Kupfer bei der
Bildung des Anilinschwarz spielt; von Rosenstiel.
Aus dem Bulletin de la Société industrielle de
Mulhouse, t. XXXV p. 481; December 1865.
Rosenstiel, über die Erzeugung des Anilinschwarz.
In meiner früheren Mittheilung über die Erzeugung des AnilinschwarzPolytechn. Journal Bd. CLXXIX S.
65. habe ich auf die wichtige Rolle des chlorsauren Ammoniaks bei derselben
aufmerksam gemacht. Ich habe gezeigt, daß man beim Drucken eines Gemisches von
chlorwasserstoffsaurem Anilin und chlorsaurem Ammoniak ein schönes Schwarz ohne
Zusatz von Kupfer erhält; das Schwarz mit chlorsaurem Ammoniak besitzt diesen
Vortheil gemeinschaftlich mit dem von Paraf
vorgeschlagenen Schwarz.Polytechn. Journal Bd. CLXXVIII S.
389.
Paraf ist der Ansicht, daß dieses Schwarz durch die
Wirkung der freien Chlorsäure auf das chlorwasserstoffsaure Anilin entsteht.
Bei den bezüglich dieser Frage von mir angestellten (in der früheren Mittheilung
beschriebenen) Versuchen hatte ich das Anilinschwarz mit einer Walze aus Kupfer oder
aus Bronze auf den Baumwollzeug gedruckt, und es ließ sich daher vermuthen, daß die
bloße Berührung des Metalles einen günstigen Einfluß auf die Entwickelung des
Schwarz hatte. Diese Vermuthung wurde durch neue, von mir angestellte Versuche
bestätigt.
Ich ließ sowohl das von Paraf vorgeschlagene als das von
mir empfohlene Schwarz mit Handformen aufdrucken, wobei ich alle Vorsichtsmaßregeln
traf, um die Gegenwart des Kupfers zu vermeiden. Auf denselben Baumwollzeug wurde
gleichzeitig ein Normalschwarz mit Schwefelkupfer gedruckt, wornach man die Proben
der für Anilinschwarz allgemein üblichen Behandlung unterzog.
Die zwei ersteren Gemische gaben nur eine schmutzige blaue Farbe, während das
Normalschwarz sich gut entwickelte.
Dieser Versuch wurde oft wiederholt und lieferte beständig dieselben Resultate.
Es ist daher gewiß, daß weder das Schwarz mit Chlorsäure, noch dasjenige mit
chlorsaurem Ammoniak, sich ohne die Gegenwart von Kupfer entwickelt.
Folgender Versuch zeigt deutlich den günstigen Einfluß des Kupfers. Wenn man mit
einer Handform, deren (erhabenes) Muster aus Kupfer oder aus Messing besteht, einen
Baumwollzeug berührt, auf welchen man ein Gemisch ohne Kupfer gedruckt hat, so
erhält man Schwarz an den Stellen, welche das Kupfer berührte, also ein schwarzes
Dessin auf grauem Grunde.
Andere Metalle, wie Eisen, Nickel, Kobalt, die leichtflüssige Legirung, welche
versucht wurden, gaben nur negative Resultate.
Um das geringste erforderliche Verhältniß von Kupfer zu ermitteln, ließ ich mit
Handformen Gemische aufdrucken, welche per Liter Farbe 1
Milligramm bis 2 Gramme Kupfer (in Form von Schwefelkupfer) enthielten.
Das dunkelste Schwarz lieferte das Gemisch, welches 1 bis 1 1/2 Grm. Kupfer per Liter enthielt. Ein größeres Verhältniß von Kupfer
erhöht die Intensität des Schwarz nicht mehr.
Wenn man nur ein kleines Zeugstück mit der Farbe ohne Kupferzusatz mittelst der Walze
bedruckt, so entwickelt sich das Schwarz gut. Anders sind aber die Resultate, wenn
man mit derselben Walze eine große Anzahl von Stücken bedruckt, ohne auszusetzen:
das Schwarz entwickelt sich dann nur mehr langsam, was daher zu rühren scheint, daß
die der Walze entzogene Kupfermenge unzureichend wird, nachdem die Walze durch die
Farbe abgebeizt worden ist. Man thut daher gut, dem Gemisch eine Quantität
Schwefelkupfer zuzusetzen, welche 1 Grm. Kupfer per
Liter Farbe entspricht. Alsdann erhält man ein schönes Schwarz, welches selbst die
zartesten Gewebe nicht schwächt.
(Diese Beobachtung gilt nicht für das Paraf'sche Schwarz,
welches sehr sauer ist und daher der Walze genug Kupfer entzieht, um Schwarz zu
bilden.)
Die in meine Farbe hierbei (in Form von Schwefelkupfer) eingeführte Kupfermenge ist
so gering, daß dieses Schwarz sich vollkommen für Artikel mit Krappfarben
eignet.
Um die Frage zu lösen, welches Agens bei meiner Druckfarbe die Walze am meisten
angreift, das chlorsaure Ammoniak oder das chlorwasserstoffsaure Anilin, druckte ich
mittelst einer Handform einen Grund (Boden) von chlorsaurem Ammoniak, und einen
anderen von chlorwasserstoffsaurem Anilin; alsdann druckte ich mittelst einer Walze
dieselben Farben darüber, aber im umgekehrten Sinne, so daß Streifen von
chlorwasserstoffsaurem Anilin über den Grund von chlorsaurem Ammoniak zu liegen
kamen, und umgekehrt.
Die Streifen des ersteren Systems wurden schwärzer als diejenigen des zweiten, woraus man
schließen kann, daß das chlorwasserstoffsaure Anilin der Walze mehr Kupfer
entzog.
Der Kupferverlust, welchen die Walzen bei Anwendung dieses Schwarz erleiden, kann
daher nicht in Betracht kommen, weil alle Gemische, welche chlorwasserstoffsaures
Anilin enthalten, den Walzen eben so viel Kupfer entziehen werden.
Nachdem nun die Nothwendigkeit der Gegenwart des Kupfers hinreichend erwiesen ist,
habe ich noch die Wirkungsweise desselben zu bestimmen.
Hinsichtlich der Wirkung, welche ein Kupferoxydsalz auf ein Anilinsalz ausüben kann,
sind nur zwei Fälle möglich: das Kupfer tritt entweder in Verbindung, und bildet
einen integrirenden Theil des Schwarz; oder es wirkt oxydirend, indem es sich selbst
reducirt. Was den ersteren Fall betrifft, so habe ich Anilinschwarz dargestellt,
indem ich ein Anilinsalz mit einem chlorsauren Salze erhitzte, und zwar mit oder
ohne Zusatz von Kupfersalz; das gebildete Schwarz, welches ein dunkelgrünes Pulver
ist, enthielt aber niemals Kupfer; übrigens schließt die geringe Menge Kupfer,
welche hinreicht, um Schwarz auf dem Stoffe zu erzeugen, diesen Gedanken schon
aus.
Wenn das Kupferoxydsalz als Oxydationsmittel wirkt, so wird es reducirt, es kann dann
in Berührung mit einem chlorsauren Salze wieder zu Oxydsalz werden, und so durch
seine abwechselnde Reduction und Oxydation als Zwischenmittel zwischen dem
chlorsauren Salze und Anilinsalze dienen.
Diese Theorie ist so einfach und so wahrscheinlich, daß sie allgemein Eingang fand;
leider stimmt sie nicht mit den Thatsachen überein.
Wie erwähnt, nimmt diese Theorie an:
1) die Reduction des Kupferoxydsalzes;
2) die Wiederoxydation des gebildeten Kupferoxydulsalzes, in Berührung mit der Luft
oder dem chlorsauren Salze.
Die letztere Reaction erfolgt leicht und sicher, wenn dem Kupferoxydulsalz ein
Lösungsmittel wie Salmiak oder Salzsäure dargeboten ist, eine Bedingung, welche in
dem von uns untersuchten Falle realisirt ist. Aber die erstere Reaction kann unter
den in der Praxis stattfindenden Umständen keineswegs erfolgen.
Wenn die Reduction erfolgen würde, so müßte in dem gegebenen Falle Kupferchlorür
entstehen, welches bekanntlich die Eigenschaft besitzt, das Kohlenoxyd zu
absorbiren. Ich habe mich versichert, daß diese Absorption auch in Gegenwart des
chlorwasserstoffsauren Anilins erfolgt. Wir haben folglich hiermit ein sehr einfaches
Mittel, um zu erfahren, ab eine Reduction des Kupfersalzes stattfindet.
Das für diese Versuche erforderliche Kohlenoxydgas kann man nicht über Quecksilber
sammeln, welches an und für sich das Kupferchlorid reducirt; ich sammelte daher
dieses Gas entweder in chlorwasserstoffsaurem Anilin, oder in Kupferchlorid.
Meine Versuche ergaben:
1) daß ein kaltes Gemisch von Kupferchlorid und chlorwasserstoffsaurem Anilin das
Kohlenoxydgas nicht absorbirt; in der Kälte findet daher keine Reduction des
Kupferfalzes statt;
2) ein Gemisch derselben Substanzen, mehrere Stunden lang bei abgeschlossener Luft
auf 30° C. erhitzt, absorbirt eben so wenig das Gas;
3) dasselbe Gemisch, welches einige Zeit gekocht hat, gibt Anilinschwarz, und
absorbirt alsdann das Kohlenoxyd.
Somit findet unter den in der Praxis gegebenen Umständen zwischen dem Anilinsalz und
dem Kupfersalz keine Wirkung statt.
Folgender Versuch zeigt, daß das Kupfersalz nicht das Zwischenmittel zwischen dem
oxydirenden Medium und der oxydirbaren Substanz ist:
Wenn man Zeugstückchen, welche mit reinem oder ein Kupfersalz enthaltendem
chlorwasserstoffsauren Anilin imprägnirt sind, in einer Atmosphäre aufhängt, die ein
wenig Chlor, Ozon oder Antozon enthält, so erhält man Schwarz, und in diesem Falle
begünstigt die Gegenwart des Kupfersalzes die Oxydation nicht mehr.
Ich druckte auf Baumwollzeug Gemische von reinem Kupferchlorid und
chlorwasserstoffsaurem Anilin, oder von salpetersaurem Kupferoxyd und salpetersaurem
Anilin, und diese Gemische entwickelten kein Schwarz; ich erhielt aber ein mehr oder
weniger intensives Schwarz, als ich ein Gemisch von salpetersaurem Kupferoxyd und
chlorwasserstoffsaurem Anilin, oder von Kupferchlorid und salpetersaurem Anilin
aufdruckte; im letzteren Falle erklärt sich die Bildung des Schwarz durch die
Wirkung des Chlors, welches das Gemisch von salpetersauren und salzsauren Salzen
erzeugt hatte.
Ich habe nun noch die Wirkung des Kupfers auf das chlorsaure Ammoniak zu
untersuchen.
Um mich den in der Praxis gegebenen Umständen so viel als möglich zu nähern,
imprägnirte ich Baumwollzeuge mit Auflösungen von reinem chlorsaurem Ammoniak oder
solchem, welches ein wenig Kupferchlorid enthielt; nach dem Austrocknen des Gewebes
bestimmte ich die Quantität des in einem Quadrat-Decimeter enthaltenen
chlorsauren Salzes.
Diese Zeuge wurden in der Luft bei der mittleren Temperatur von 16° C.
aufgehängt; man wiederholte die erwähnte Bestimmung von Zeit zu Zeit, und es ergab
sich keine Zersetzung des chlorsauren Salzes. Sogar nach fünf Tagen hatte sich die
Menge des chlorsauren Salzes nicht geändert. Dieß scheint zu beweisen, daß unter den
erwähnten Umständen das chlorsaure Ammoniak viel beständiger ist als man gewöhnlich
glaubt.
Die Resultate ändern sich aber, wenn man bei der Temperatur von 35° C.
operirt. Es ergibt sich dann eine Zersetzung sowohl des reinen als des
kupferhaltigen chlorsauren Ammoniaks, aber letzteres zersetzt sich viel schneller:
so hatte nach Verlauf einer Stunde das reine chlorsaure Ammoniak 5,5 Proc. und das
kupferhaltige 46 Proc. verloren.
Es ist folglich erwiesen, daß das chlorsaure Ammoniak sich in Gegenwart eines
Kupfersalzes schneller zersetzt.
Nun bleibt noch die Reaction zu erklären, welche diese Zersetzung hervorbringt.
Zwei Fälle sind möglich:
Erster Fall. – Das Kupfer wirkt auf das chlorsaure Ammoniak wie das
Kobalthyperoxyd auf eine Chlorkalklösung, wobei nach Fleitmann ein höheres Kobalthyperoxyd entsteht, welches sehr unbeständig
ist und sich augenblicklich in Sauerstoff und ein niederes Hyperoxyd zersetzt, daher
eine Chlorkalklösung von 50° C. Temperatur mit einer Spur von Kobaltoxyd eine
regelmäßige Sauerstoff-Entbindung liefert, indem dieses Oxyd sich fortwährend
in das höhere Hyperoxyd verwandelt und wieder auf das niedere Oxyd reducirt.
Derselbe Versuch gelingt auch sehr gut mit dem Kupferoxyd. Da das Kobalt- und
das Kupferoxyd in gleicher Weise auf den Chlorkalk wirken, so war es interessant,
ihre Wirkung auf das chlorsaure Ammoniak zu ermitteln; es ergab sich aber, daß weder
das eine noch das andere Oxyd mit letzterem Salze eine Sauerstoff-Entbindung
hervorbringt.
Ich wollte jedoch wissen, ob das Kobaltoxyd die Bildung des Schwarz nicht begünstigen
könne; eine Portion Druckfarbe für Schwarz mit chlorsaurem Ammoniak wurde daher in
drei Theile getheilt: der erste Theil wurde rein aufgedruckt, in den zweiten brachte
man eine Quantität Kupfer (in Form von Schwefelkupfer), entsprechend 2 Grm. per Liter, in die dritte ebensoviel Kobaltoxyd. Diese
Farben wurden mit Handformen auf dasselbe Gewebe gedruckt und dann der gewöhnlichen
Behandlung für Schwarz unterzogen.
Die Druckfarbe mit Kupferzusatz gab ein schönes Schwarz (von derselben Intensität wie
dasjenige, welches man mit der freien Chlorsäure erhält), diejenige mit
chlorsaurem Ammoniak gab ein schwärzliches Blau, und diejenige mit Kobaltoxyd eine
Zwischenfarbe.
Zweiter Fall. – Es kann sich chlorsaures Kupferoxyd bilden, und dieses Salz
würde sich leichter zersetzen als das chlorsaure Ammoniak.
Um hierüber Gewißheit zu erhalten, bereitete ich reines chlorsaures Kupferoxyd,
imprägnirte Baumwollzeuge mit seiner Auflösung, trocknete sie und bestimmte den
Gehalt an chlorsaurem Salz per Quadrat-Decimeter
Zeug. Aus diesen Bestimmungen gieng hervor, daß das chlorsaure Kupferoxyd sich bei
der gewöhnlichen Temperatur nicht verändert, hingegen rasch bei 35° C.
Das chlorsaure Kupferoxyd wirkt auch rascher als alle anderen chlorsauren Salze auf
das Anilinsalz.
Wenn man Gemische von chlorwasserstoffsaurem Anilin und verschiedenen chlorsauren
Salzen in dasselbe, auf beiläufig 30° C. erhitzte Wasserbad stellt, so sieht
man, daß sich das Schwarz in dem Gefäße bildet, welches das chlorsaure Kupferoxyd
enthält, die anderen schwärzen sich nicht bei dieser Temperatur.
Ich habe schließlich nur noch zu untersuchen, wie sich das chlorsaure Kupferoxyd in
den für das Anilinschwarz vorgeschlagenen Gemischen bilden kann.
Wenn man annimmt, daß das Kupfer ursprünglich als schwefelsaures Salz oder als
Chlorid vorhanden ist, so läßt sich leicht eine doppelte Zersetzung zwischen dem
Kupfersalze und dem chlorsauren Ammoniak denken; ist aber das chlorsaure Kupfer
einmal zersetzt, so hinterbleibt entweder Kupferchlorid oder Kupferoxyd, welches
sich neuerdings in chlorsaures Salz umwandeln muß, damit die Oxydation fortdauern
kann.
Wird das chlorsaure Kupferoxyd durch Reduction zu Chlorid, so haben wir wieder den
Ausgangspunkt; bildet sich aber Kupferoxyd, so müßte man eine doppelte Zersetzung
zwischen demselben und dem chlorsauren Ammoniak annehmen. Nun habe ich wirklich
durch Versuche gefunden, daß diese doppelte Zersetzung im gegebenen Falle
stattfindet; das Kupferoxyd verdrängt das Ammoniak sogar bei gewöhnlicher
Temperatur. Man kann daher ohne Anstand annehmen, daß in der Druckfarbe für
Anilinschwarz chlorsaures Kupferoxyd gebildet und das chlorwasserstoffsaure Anilin
durch dieses chlorsaure Salz oxydirt wird.
In dieser Abhandlung glaube ich gezeigt zu haben, daß im Widerspruch mit der
gewöhnlichen Annahme das Kupfer nicht als Oxydationsmittel wirkt; daß es keinen
constituirenden Bestandtheil der entwickelten Farbe bildet; daß man Anilinschwarz
ohne chlorsaures Ammoniak und ohne Kupfer erhalten kann, durch die Wirkung des
Ozons, Antozons, Wasserstoffhyperoxyds oder Chlors auf das chlorwasserstoffsaure Anilin; daß in
einem Gemisch von chlorsaurem Ammoniak und einem Kupfersalz sich chlorsaures
Kupferoxyd bildet; und daß das chlorsaure Kupferoxyd von allen chlorsauren Salzen
dasjenige ist, welches am schnellsten und bei der niedrigsten Temperatur auf das
chlorwasserstoffsaure Anilin wirkt, sogar kräftiger als die Chlorsäure selbst.