Titel: | Ueber ein amerikanisches Combinationsschloß; von Friedrich Kick. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. XLV., S. 187 |
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XLV.
Ueber ein amerikanisches Combinationsschloß; von
Friedrich
Kick.
Aus der Wochenschrift des nieder-österreichischen
Gewerbevereins, 1866, Nr. 13.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Kick, über ein amerikanisches Combinationsschloß.
Gut construirte Combinationsschlösser stellen dem unbefugten Oeffnen derart
bedeutende Hindernisse in den Weg, daß man mit voller Berechtigung sie auch mit dem
Ausdruck Sicherheitsschlösser bezeichnen kann; ja nur sie
allein verdienen denselben. Ist auch die durch ein Schloß gewährte Sicherheit in
ihrer größeren oder geringeren Vollkommenheit ein Hauptmoment bei der Wahl, so sind
doch noch vier weitere Momente sehr in Betracht zu ziehen, und zwar die Festigkeit, die
Dauerhaftigkeit, die Schwierigkeit den Schlüssel zu
copiren, und endlich der Preis des Schlosses.
Bei Anwendung von Combinationsschlössern zum Verschlusse von feuerfesten Lassen kommt
der letztere Punkt minder in Betracht und verdient hier fast einzig nur die
Sicherheit, Festigkeit und Dauerhaftigkeit des Schlosses Berücksichtigung. Es ist
jedoch häufig sehr wünschenswerth, auch zum Verschlusse gewöhnlicher Objecte Sicherheitsschlösser anwenden zu können, und hier tritt
gewöhnlich die Höhe des Preises ihrer Benutzung hemmend entgegen.
Wenn auch das Chubb-Schloß mit falschen
Ausschnitten als das einfachste und zugleich völlig sichere Combinationsschloß sich
einer weiteren Anwendung bereits erfreut, so ist seine Herstellung einerseits nur im
fabriksmäßigen Betriebe rentabel, andererseits erfordert es dennoch eine sorgsame
Zusammenfügung; der Preis ist dem entsprechend noch immer ziemlich hoch.
Es kann daher als Vorzug eines Combinationsschlosses betrachtet werden, wenn auch der
Gewerbsmann mit Zuhülfenahme einer einfachen Fräsmaschine, der Drehbank und der
gewöhnlichen Werkzeuge dasselbe billig herzustellen im
Stande ist.
Ein Combinationsschloß von derart vereinfachter Construction ist das hier zu
beschreibende. Fig.
11 stellt die Ansicht des Schlosses nach abgenommener Deckplatte, Fig. 12 und
13 diese
von unten und von der Seite gesehen, Fig. 14 den Schlüssel
dar, wobei sämmtliche Figuren in 1/2 natürlicher Größe gezeichnet sind.
S ist der Schloßkasten, in welchem der Riegel r zwischen den Führungen t,
t und dem Ausschnitte im Schloßstulpe p
verschoben werden kann.
Mit dem Schloßdeckel D (Fig. 12 und 13)
unveränderlich verbunden oder aus einem Stücke ist der Ring a, in dessen Innerem der Messingcylinder b
eingepaßt ist, welcher an seiner unteren Basis das Zäpfchen c trägt.
Der durchbohrte Messingcylinder b ist zwar genau in a eingepaßt, kann jedoch in diesem Ringe leicht gedreht
werden. Denkt man sich – bevor wir der anderen Theile Erwähnung thun –
den Schloßdeckel auf den Schloßkasten aufgesetzt, so kommt a und b derart über den Riegel r zu liegen, daß das Zäpfchen c in die Nuth n des Riegels eingreift, somit
bei einer Drehung von b ein Verschieben des Riegels
bewirken muß. Hieraus ist aber ersichtlich, daß wie beim Brahma-Schlosse ein Hinderniß der Bewegung von b entgegenstehen muß, welches erst bei richtigem
Gebrauche des Schlüssels behoben wird.
Zu diesem Ende befinden sich in a und b acht radiale Bohrungen von gleichem Durchmesser,
welche paarweise übereinander liegen, daher in Fig. 12 nur deren vier
sichtbar sind. In jeder dieser Bohrungen befinden sich zwei Stifte: de, d'e', d''e'' etc., welche mittelst der Federn f, f'.... gegen den Mittelpunkt von b gedrückt werden. Soll nun eine Drehung des Cylinders
b ermöglicht werden, so müssen die acht Stifte d, d'.... soweit zurückgedrückt werden, bis die
Berührungsflächen derselben mit den Stiften e in die
Mantelfläche des Cylinders fallen. Nun ist der Drehung kein Hinderniß mehr im Wege.
Dieses Zurückdrücken geschieht mittelst des Schlüssels (Fig. 14), welcher
entsprechend den Stiften oder Combinationstheilen vier Nuthen in seinen Schaft
eingefräst zeigt. Die Tiefe der Nuthen ist nicht allein untereinander verschieden,
sondern sie ist bei ein und derselben Nuth ungleich. Beim Eindrücken des Schlüssels
gelangen die vorspringenden Theile desselben zwischen die Stifte d, d'..., während die gekrümmte Bodenfläche der Nuth auf
diese wirkt und ein Zurückschieben derselben bedingt, soweit, bis der Drehung von
b kein Hinderniß mehr geboten ist.
Indem jeder Stift eine verschiedene Länge hat, so ist hierdurch die Größe der
Verschiebung zwar bedingt, jedoch gleichfalls für jeden Stift eine andere; um nun
jene Verbindung der einzelnen Stellungen der Combinationstheile oder Stifte zu
finden, bei welcher der Cylinder b frei wird und ein
Oeffnen ermöglicht ist, müßte man folgendes Verfahren einschlagen. Es ist zuvörderst
ein Sperrzeug zu construiren, welches in seiner Hauptform dem Schlüssel nachgebildet
seyn müßte und wie dieser in das Schloß eingeführt werden könnte. Statt der Nuthen
mit verschieden gekrümmter Bodenfläche müßten acht verstellbare Theile derart
angebracht seyn, daß man mit den im Schlüsselloche steckenden Enden derselben auf
die acht Stifte d, d'.... der Reihe nach schiebend
einzuwirken vermöchte.
Erst dann, wenn man sich im Besitze eines so überaus complicirten Sperrzeuges
befände, wäre ein Aufsperren möglich, aber noch immer ziemlich mühsam. Denn es müßte
mittelst dieses Sperrzeuges ein constanter Druck in jener Richtung ausgeübt werden,
in welcher sich der Cylinder d drehen sollte, und
hierbei mittelst der acht beweglichen Theile insolange ein versuchsweises
Verschieben der Stifte eintreten, bis dieselben in ihre richtige Stellung gebracht
wären. Die Möglichkeit des Oeffnens gründet sich auf dieselben Erscheinungen, welche
das Oeffnen aller jener Combinationsschlösser zulassen, deren Combinationstheile,
ohne falsche Einschnitte versehen mit dem Hinderniß direct in Berührung stehen. Ohne mich
hier näher in diese subtile, von unseren inländischen Dieben glücklicherweise
ungekannte Theorie einlassen zu wollen, sey nur soviel bemerkt, daß ohne ziemlich
bedeutende Uebung, ohne einige Zeit und feines Gefühl, ein unbefugtes Oeffnen selbst
mit den vollkommensten Sperrzeugen nicht möglich ist.
Für die Praxis können daher Chubb- und Brahma-Schlösser, sowie das hier bezeichnete
amerikanische Schloß als unaufsperrbar bezeichnet werden.
Wollte man übrigens die Sicherheit – fast möchte
ich sie eine theoretische nennen, da die gegebene in der Praxis genügt – noch vermehren, so dürfte man nur die Stifte d.... e.... in der Nähe der
sich berührenden Enden um ein Weniges abdrehen; so hätte
man dasselbe erreicht, was die falschen Ausschnitte bei den bekannten
Combinationsschlössern bewirken.
Die Anwendung von Schießpulver u. dgl. kann der Construction des Schlosses nach zum
gewünschten Resultate nicht führen, indem der Raum, den die Bohrung des Cylinders
b der Einführung eines Sprengmittels offen läßt,
viel zu klein ist.
Ein Copiren des Schlüssels in Wachs oder Blei ist hier sehr erschwert; ein Abdrücken
des Schlüsselloches liefert, wie wohl selbstverständlich, kein zum Ziele führendes
Ergebniß.
Was aber diesem Schlosse seinen besonderen Werth für die
Praxis sichert, ist die einfache Construction und leichte
Herstellbarkeit. Der Schloßkasten, der Riegel und Schloßdeckel sammt Ring
a werden aus Gußeisen hergestellt, welches zur
Erlangung der erforderlichen Zähigkeit getempert werden soll. Sowohl der Ring a als der Cylinder b können
auf der gewöhnlichen Drehbank ihre richtige Gestalt und Größe erhalten, und nur die
Herstellung des Schlüssels erfordert zum Fräsen der Ruthen ein kleines Maschinchen,
welches am besten speciell für diesen Zweck construirt werden sollte. Nach
Vollendung des Schlüssels wird derselbe in das centrische Loch des Cylinders b gesteckt, welcher bereits mit den radialen Bohrungen,
übereinstimmend mit a, versehen seyn muß. Man schiebt
die Stifte d, d'.... ein und dreht oder feilt dieselben
zur gehörigen Länge ab, während jene der Stifte e, e'
nebensächlich ist und selbe nur noch an ihrem Ende einen Einschnitt zur Aufnahme der
Federn f erhalten müssen.
Um jedoch auch die Schattenseiten nicht unberührt zu lassen, verdient bemerkt zu
werden, daß dieses Schloß eine ziemliche Dicke des Schloßkörpers erfordert und daß
der Schlüssel gut polirt und aus hartem Materiale angefertigt seyn muß, soll er für
die Dauer der Abnützung widerstehen. Ungeachtet dieser Mängel halte ich dieses
Schloß für das rationellst construirte Combinationsschloß, und besonders zum Verschlusse von
Haus- und Wohnungsthüren geeignet.