Titel: | Mechanische Vorrichtung zum Entfernen des Kesselsteines von den Heizröhren der Dampfkessel von Melchior Colson, Maschineningenieur zu Haine-Saint-Pierre in Belgien. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. LXII., S. 249 |
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LXII.
Mechanische Vorrichtung zum Entfernen des
Kesselsteines von den Heizröhren der Dampfkessel von Melchior Colson, Maschineningenieur zu
Haine-Saint-Pierre in Belgien.
Aus Armengaud's Génie industriel, Februar 1866, S.
63.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Colson's mechanische Vorrichtung zum Entfernen des Kesselsteines
von den Heizröhren der Dampfkessel.
Der große Vorzug, welchen die Röhrenkessel wegen ihrer bedeutenden Dampferzeugung vor
allen anderen Kesselgattungen besitzen, ist jetzt von allen Ingenieuren und
Industriellen anerkannt und durch unzählige Versuche nachgewiesen; aber Diejenigen,
welche Gebrauch von diesen Kesseln machen, klagen oft über den Uebelstand, der ihnen
durch den bedeutenden Ansatz von Kesselstein an den Heizröhren und an den
Feuerbüchswänden erwächst, weil derselbe nicht nur nachtheilig auf die genannten
Theile des Kessels einwirkt, sondern auch den Brennstoffverbrauch beträchtlich
steigert.
Bis jetzt ist unseres Wissens die Lösung dieser schwierigen Aufgabe, namentlich das
Wegschaffen des sich an die Heizröhren ansetzenden Kesselsteines, noch von Niemand
auf dem Wege angestrebt worden, welchen Colson
einzuschlagen gedenkt; derselbe hat die bisher bei Locomotiven etc. gebräuchliche
Methode aufgegeben und will das Ziel mittelst des im Folgenden beschriebenen
Apparates erreichen, welcher nicht vorübergehend angebracht wird, sondern seinen
ständigen Platz im Kessel hat und während des Betriebes in Bewegung gesetzt wird,
was gestatten dürfte, die Schiffsmaschinen mit Hochdruck zu betreiben, um so
wirklich die Brennstoff-Ersparniß zu erreichen, welche man durch Anwendung
des Oberflächen-Condensators zu erzielen beabsichtigt.
Wie aus den Figuren
1 bis 5 ersichtlich ist, besteht das Neue des von Colson erfundenen Apparates:
1) In der Anwendung einer Reihe schmiedeeiserner Schabeisen A, von welchen je zwei sich gegenüberliegende durch zwei gußeiserne Rahmen
B verbunden sind, die an den zur Befestigung der
Rohrwände untereinander dienenden Ankerbolzen C
schwingen und in deren Längenrichtung verschoben werden können; das heißt, man theilt diesen
Schabmessern eine alternirende Bewegung von einem Ende der Heizröhren zu dem anderen
mit Hülfe der mit Gewinden versehenen Stangen E mit, die
ihrerseits von irgend einem Motor beliebig nach rechts oder nach links gedreht
werden. Unter dem Motor verstehen wir hier einen solchen, wie er gewöhnlich bei
Hobelmaschinen für Metalle zur Regulirung ihres Ganges nach beiden Richtungen hin
oder auch bei Maschinen zum Schleifen des Spiegelglases etc. gebräuchlich ist.
2) In der Vorrichtung, diese paarweise verbundenen Schabmesser so schwingen zu
lassen, daß sie sowohl an den oberen wie an den unteren Theilen der Heizröhren, auf
welche sie bei ihrer Bewegung nach rechts oder links drücken, den Kesselstein
wegnehmen; die zum guten Gange dieser Vorrichtung erforderliche Stabilität wird
durch eine dauerhafte Verbindung der einzelnen Theile unter einander erlangt.
3) In der Bewegungsübertragung von der Treibwelle H,
welche conische Zahnräder trägt, bis zu den Befestigungsstellen I mittelst der Schraubenspindeln E, welche durch die Stopfbüchsen K
hindurchgehen und paarweise (d.h. die sich auf den zwei Seiten gegenüberliegenden)
durch ein Universalgelenk M verbunden sind; diese Idee
ist eine glückliche zu nennen, weil so ein großer Theil der Reibungen und ihrer
gewöhnlichen Folgen beseitigt wird.
Die Figuren 1
und 2 stellen
einen verticalen und horizontalen Durchschnitt eines mit einem solchen Apparate
versehenen Schiffskessels dar, welcher dem in Armengaud's
Traité théorique et pratique des Moteurs
à vapeur (tome II) mitgetheilten fast
ganz gleich ist; bei demselben sind jedoch die Befestigungsmittel für die Wände
weggelassen, um die Zeichnung nicht zu complicirt zu machen und das Wesentliche der
Erfindung soviel als möglich hervortreten zu lassen.
Die Figuren 3,
4 und 5 zeigen den
Apparat zum Wegschaffen des Kesselsteines im Horizontal-, Längen- und
Querdurchschnitt.
Auf allen diesen Figuren sieht man die schmiedeeisernen Schabeisen A, welche so ausgeschnitten sind, daß sie zwischen die
Heizröhren eingeführt werden können; dieselben sind, wie erwähnt, durch die Rahmen
B verbunden, welche auch dazu dienen, sie schwingen
zu lassen; die Ankerbolzen C zur Befestigung der
Rohrwände aneinander tragen gabelförmige Unterlagen D,
welche ein Fortgleiten der Rahmen mit den Schabeisen gestatten.
Die Stangen E sind, soweit sie im Inneren des Kessels
liegen, mit Gewinden versehen, damit dieselben, wenn sie von einem besonderen Motor oder von der
Hauptmaschine nach rechts oder nach links gedreht werden, die Schabmesser etc. mit
sich nehmen.
Die flachen Eisenstangen F dienen mit Hülfe der zwei
kleinen, nach unten abnehmenden Ebenen g, g' (Fig. 4)
zwischen diesen Schraubenspindeln und den Rahmen der Schabmesser dergestalt als
Vermittler, daß dieselben, wenn der Apparat nach rechts oder nach links bewegt wird,
abwechselnd gegen die eine oder andere Seite der Rahmen mit den Schabmessern stoßen,
wodurch die Rahmen in Schwingungen gerathen und die Schabmesser auf der einen Seite
auf die obere Hälfte der Heizröhren, auf der anderen Seite aber auf die untere
Hälfte einwirken.
Die horizontale Treibwelle H trägt die conischen Räder
a (Fig. 1 und 2), die den Apparat durch
die conischen Räder b in Bewegung setzen, welche
letztere auf die Schraubenspindeln E befestigt sind. Die
Welle H empfängt ihre bald in der einen Richtung nach
rechts, bald in der anderen Richtung nach links rotirende Bewegung nach Erforderniß
entweder von einem besonderen Motor oder von der Hauptmaschine, wie oben schon
gesagt worden ist.
Dieß ist die Einrichtung des Apparates zum Wegschaffen des Kesselsteines, welcher mit
einigen Abänderungen, die der Erfinder anzugeben sich vorbehält, nicht nur bei
Schiffskesseln, sondern auch bei Kesseln von Locomotiven, Locomobilen und
feststehenden Dampfmaschinen angewendet werden kann, mögen letztere nun Kessel
haben, wo die Feuerräume unmittelbar unter den eigentlichen, mit den Röhren
versehenen Kesseln angebracht sind, oder Kessel mit rückkehrender Flamme, oder mögen
es nur Behälter zum Vorwärmen seyn, die zu diesem Zwecke zwischen den Kesseln und
Schornsteinen angebracht werden.
Die endlosen Ketten N (Fig. 1) zur Uebertragung
der Bewegung von den oberen Schraubenspindeln auf die unteren hält der Erfinder zwar
für das hierzu geeignetste mechanische Organ, aber man kann statt derselben auch
gewöhnliche Glieder- oder Vaucanson'sche Ketten
anwenden.