Titel: | Ueber die Reactionen der Gelatine; von Carey Lea. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. CXXX., S. 484 |
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CXXX.
Ueber die Reactionen der Gelatine; von Carey Lea.
Aus dem American Journal of science and arts 1865, vol. XI p. 118.
Lea, über die Reactionen der Gelatine.
Seit einigen Jahren beschäftige ich mich zuweilen mit dem näheren Studium der
Gelatine, wobei es mir gelang, eine neue Reaction auf dieselbe aufzufinden, welche
meines Wissens das erste Beispiel bildet, daß reine Gelatine mit einem vollkommen
farblosen Reagens eine farbige Reaction gibt. Allerdings ist der in Gelatinelösungen
durch Gallusgerbsäure erzeugte Niederschlag viel dunkler gefärbt, als das
Fällungsmittel, allein die strohgelbe Farbe der Gallusgerbsäure ruft die ganz
natürliche Erwartung hervor, daß sie farbige Verbindungen bilden werde, während in
dem hier mitzutheilenden Falle das Reagens, wie schon bemerkt, ganz farblos ist und
die Entstehung einer deutlichen Färbung auf einen verwickelteren Vorgang, als die
Bildung einer einfachen Verbindung ist, hinzudeuten scheint.
Taucht man ein Stück Gelatine in eine saure Lösung von salpetersaurem Quecksilberoxyd, so nimmt es allmählich eine intensiv rothe
Färbung an und löst sich nach einiger Zeit in dem Reagens bei gewöhnlicher
Temperatur zu einer schön roth gefärbten Flüssigkeit, welche, wenn sie einige
Minuten lang gekocht wird, eine dunklere Färbung annimmt.
Mit chlorsaurem Kali versetzt, entfärbt sich die Lösung rasch und wird schmutzig
blaßgelb.
Die rothe Färbung scheint zu ihrer Entstehung einer gewissen Zeit zu bedürfen, welche
durch Hitze nicht ersetzt werden kann. Wird ein Stück Gelatine in salpetersaures Quecksilberoxydul getaucht und dann mit demselben einige
Minuten lang gekocht, so löst es sich gleichfalls, gibt aber nicht eine rothe,
sondern eine gelblich gefärbte Lösung.
Es ist zu bedauern, daß die angegebene Reaction nicht größere Empfindlichkeit
besitzt, insofern sie nur dann deutlich hervortritt, wenn ziemlich concentrirte
Gelatinelösungen angewendet werden. Ist die Lösung verdünnt, beträgt z.B. die
Gelatine nur 0,5 Proc. des flüssigen Gemisches, so ist damit die Grenze der
Empfindlichkeit erreicht. Läßt man eine solche Lösung, mit salpetersaurem
Quecksilberoxyd versetzt, 24 Stunden lang stehen, so zeigt sie nach Verlauf dieser
Zeit eine schwache, aber deutliche rothe Färbung.
Wenn nun auch diese Empfindlichkeit nicht so ist, wie man sie wünschen möchte, so ist
doch die qualitative Bestimmung von Colloidsubstanzen im Allgemeinen verhältnißmäßig
so schwierig, daß die Methode immerhin ihren Werth hat.
Ich prüfte auch die Metagelatine auf ihr Verhalten zu dem
genannten Reagens. Zu diesem Behufe stellte ich auf folgende Weise neutrale
Metagelatine dar.
Gelatine wurde in einer kalten, gesättigten Lösung von Oxalsäure aufgequellt, und
dann mit derselben so lange mäßig erwärmt, bis die Masse nach dem Erkalten flüssig
blieb. Dann wurde sie mit gefälltem kohlensaurem Kalke geschüttelt, bis sich alle
Oxalsäure abgeschieden hatte. Die so dargestellte Metagelatine wurde in einer
verkorkten Flasche mehrere Monate lang in einem warmen Zimmer aufbewahrt, ohne daß
sie die geringste Neigung zum Faulen zeigte. Sie war beinahe so flüssig wie Wasser,
vollkommen neutral und fast ganz geschmacklos.
Mit salpetersaurem Quecksilberoxyd versetzt, nahm diese Metagelatine gleichfalls eine
rothe Farbe an, und zwar eine noch auffallendere, als die gewöhnliche Gelatine. Auf
den Zusatz des Reagens entstand zunächst ein flockiger, weißlich gefärbter
Niederschlag, welcher sich beim Stehen ebenso, wie die überstehende Flüssigkeit,
intensiv roth färbte.