Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 180, Jahrgang 1866, Nr. , S. 158 |
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Miscellen.
Miscellen.
Englands Kohlenreichthum und seine Dauer.
Die Frage über die Erschöpflichkeit der Kohlenlager in England beschäftigt schon seit
geraumer Zeit die dortigen Industriellen. Von besonderem Interesse ist daher
nachstehender Artikel, welchen der „Economist,“ in wirthschaftlichen Tagesfragen unbestritten die
gediegenste englische Wochenschrift, veröffentlicht:
Unter dem Titel: „Die Kohlenfrage“ hat Hr. Jevons dem Publicum eine Anzahl wohlgeordneter und meistens
unbestreitbarer Thatsachen vorgelegt und sie mit einer Reihe von anregenden
Erwägungen begleitet, welche Jeder, der Theilnahme hegt für die zukünftige
Entwickelung und Größe seines Landes, sehr wohl thun wird, in ernste Ueberlegung zu
ziehen. Für Wenige wird es der Erinnerung bedürfen, wie vollständig unsere
Prosperität und commercielle und industrielle Ueberlegenheit auf der
„billigen Kohle“ beruht. Kohlen und Eisen machen England zu
dem, was es ist; und sein Eisen hängt von seiner Kohle ab. Andere Länder besitzen
ebenso viel Eisenerz, wie wir, und mehrere besseres als wir; aber kein Land (mit
Ausnahme Amerika's, welches noch unentwickelt ist) hat reichlich Kohlen und
Eisenstein in der erforderlichen Nähe. Wir haben keine weiteren natürlichen Anlagen
für Erreichung industrieller Größe, als unseren Vorrath von Kohlen und Eisen; fast
alle rohen Stoffe für unsere Manufacturen kommen zu uns von fernher; wir importiren
viel von unserer Wolle, das Meiste von unserem Flachs, alle unsere Baumwolle und
alle unsere Seide. Unsere Eisenbahnen und unsere Dampfboote werden von Eisen gemacht
und von Kohlen betrieben, so auch gegenwärtig viele Fahrzeuge unserer Kriegsmarine.
Kohle ist das Brod unserer großen Fabriken, Eisen einer unserer Hauptexportartikel.
Ganz besonders unsere Maschinenarbeit ist es, worin wir andere Nationen übertreffen;
unsere Maschinen sind es, die unsere erfolgreichen textilen Fabricate hervorbringen,
und das Eisen, aus welchem die Maschinen construirt sind, wird gefördert,
geschmolzen, gegossen, gehämmert, zu Geräthen verarbeitet durch Kohlen und Dampf,
welchen Kohlen erzeugen. Man glaubt, daß wenigstens die Hälfte der in Großbritannien
gewonnenen Kohle von den verschiedenen Zweigen unseres Eisenhandels verbraucht
wird.
Wenn wir diese Thatsachen im Sinne behalten, so werden wir leicht begreifen, daß die
Lebensfragen rücksichtlich des Reichthums, des Fortschritts, der Größe unseres
Landes diese sind: „Ist unser Vorrath an Kohle unerschöpflich? und, wenn
nicht, wie lange wird er dauern?“ Hr. Jevons setzt uns in den Stand, diese beiden Fragen zu beantworten. Dieser
Vorrath ist weit entfernt, unerschöpflich zu seyn; er ist im Wege des Erschöpfens,
und wenn wir fortfahren, unseren Verbrauch an Kohlen von Jahr zu Jahr im Verhältniß
unseres jetzigen Mehrverbrauchs zu vermehren, so wird er nicht mehr hundert Jahre
vorhalten. Unsere geologischen Kenntnisse sind jetzt so groß und so sicher, und das,
was wir hier die unterirdische Aufnahme unserer Inseln
nennen können, ist in solcher Vollständigkeit geschehen, daß wir mit ziemlicher Sicherheit sowohl die
Ausdehnung, die Mächtigkeit und die Zugänglichkeit unserer Kohlenfelder, sowie die
jährlich an die Oberfläche gebrachte und verbrauchte Quantität Kohlen kennen. Der
ganze noch in Großbritannien befindliche Kohlenvorrath bis zu einer Tiefe von 4000
Fuß wird auf 80,000 Mill. Tonnen geschätzt. Unser jährlicher Verbrauch betrug im
Jahre 1860 etwa 80 Millionen Tonnen. Nach diesem Verhältniß würde die erreichbare
Kohle noch 1000 Jahre ausreichen. Aber unser Verbrauch ist jetzt in stetiger
Vermehrung begriffen, der Consum steigt 3 1/2 Proc. pro
Jahr, und wird im Jahre 1880, nicht 80, sondern 160 Millionen betragen, und, wenn er in dieser Weise fortfährt zu steigen, so werden
die ganzen 80,000 Mill. Tonnen vor dem Jahre 1960 erschöpft seyn. Ja, dieser
Zeitpunkt wird vielleicht noch etwas früher erreicht seyn, denn unsere Berechnung
schließt alle Kohle bis zu 4000 Fuß Tiefe ein, und bis jetzt ist keine Kohle bis zu
einer größeren Tiefe als 2500 Fuß ausgebeutet worden; auch glauben wir nicht, daß
Minen, wenn überhaupt dann noch nutzbar, in einer Tiefe von 4000 Fuß betrieben
werden können.
Wir wissen natürlich, daß thatsächlich unsere Kohlenfelder innerhalb dieser Periode
nicht ausgenutzt seyn werden. Wir sind uns klar
darüber, daß das gegenwärtige Verhältniß der jährlichen Vermehrung nicht beibehalten
werden kann. Mit jedem Jahre haben wir tiefer zu steigen für unsere Zufuhr; und
tiefer gehen heißt größere und größere Kosten für Arbeit, Maschinerie, Ventilation,
Wasserhaltung, Unfälle etc. aufwenden müssen. Größere Tiefe bedeute daher einen
erhöhten Preis für die emporgehobene Kohle, und diese Erhöhung des Preises wird den
Verbrauch zurückhalten. Allein es ist gerade diese
bevorstehende Erhöhung des Preises und nicht die endliche Erschöpfung, welche wir zu fürchten haben; denn es ist diese Erhöhung,
welche unser Maaß des Fortschritts limitiren und uns unserer besonderen Vortheile
und industriellen Oberhoheit berauben wird. Sehen wir ein wenig näher den modus operandi an. Die Schwierigkeit des Betriebes und
des Förderns der Kohle wächst schnell, je mehr die Grube tiefer wird oder je nachdem
untergeordnete Gruben überhaupt ausgebeutet werden können; die Hitze wird mehr und
mehr unerträglich, die Stollen, Strecken und Querschläge werden länger, die Gefahr
wird größer, die Ventilation kostspieliger, die Quantität Wassers, die abzuhalten
oder hinauszuschaffen ist, schwerer zu bewältigen. Ein sehr kurzer Zeitraum kann
Maschinenkohle und Schmelzkohle von 5 auf 10 Shill. die Tonne erhöhen. Nun
verbraucht aber eine Baumwollspinnerei von gewöhnlicher Größe für ihre Dampfkraft 80
Tonnen Kohle per Woche. Dieß macht zu 5 Shill. 1000 Pfd.
Sterl. das Jahr; zu 10 Shill. per Tonne dagegen 2000
Pfd. Sterl. Aber die Baumwollspinnerei ist voll von Maschinerien, und ein großes
Moment in den Kosten dieser Maschinerie ist die zum Schmelzen und Verarbeiten des
Eisens, woraus die Maschinerie besteht, verwendete Kohle. Die Eisenbahnen, welche
die Kohle zur Fabrik bringen und das Calico und Garn zurückführen zum Exporthafen,
sind von Eisen gemacht und durch Kohlen betrieben; ebenso die Dampfboote, welche die
Baumwolle zu unseren Gestaden führen und das Garn nach Deutschland exportiren;
– der Preis des Transports, welcher ein sehr bedeutender Factor in den
Gesammtkosten unserer Fabricate ist, wird daher bedeutend vermehrt werden, sowohl
mittelbar wie unmittelbar, durch eine Steigerung der Kohlenpreise. Eine Erhöhung in
diesem Preise von 5 auf 10 Shill. per Tonne kann als
gleichbedeutend mit 2000 Pfd. Sterl. das Jahr auf die Betriebskosten einer größeren
Baumwollspinnerei geschätzt werden. Das heißt, jeder Fabrikant würde im Vergleich
mit der gegenwärtigen Lage der Dinge und im Vergleich mit fremden Ländern eine Last
von 2000 Pfd. Sterl. das Jahr sich auferlegt sehen, und würde deßhalb den Preis
seiner Waaren in diesem Verhältniß erhöhen müssen. Wie lange würde es ihm möglich
seyn, bei diesem Mißstande oder, wie es richtiger wäre zu sagen, bei dem Fortfall
seiner gegenwärtigen vortheilhafteren Lage, mit seinen Concurrenten Schritt zu
halten? Und wie lange wird die Kohle selbst zum Preise von 10 Shill. per Tonne geliefert werden?
Und dann beachte man, daß der Stillstand im Verbrauch der Kohle, d.h. die Verzögerung
des Zeitpunktes ihrer endlichen und gänzlichen Erschöpfung, nur durch die Steigerung
der Preise hervorgerufen werden kann, und daß in dem Augenblicke, wo er eintritt,
der Verfall unseres relativen industriellen Supremats begonnen hat. Wir werden das
Ausgehen unserer Kohle in dem kurzen Zeitraume eines Jahrhunderts vermeiden; allein
wir werden das nur können, indem wir weniger verbrauchen, und jetzt weniger
verbrauchen heißt weniger Eisen produciren, weniger Calico und Wollenmanufacte exportiren, weniger
Schiffe verwenden, eine geringere Bevölkerung unterhalten, aushören in unserem
Fortschritt, zurückweichen von unserer günstigeren Stellung. Wir können allerdings
bewirken, daß unsere Kohle noch tausend Jahre vorhält, anstatt hundert, und die
unvermeidliche Erhöhung ihres Preises auf ein sehr unbedeutendes Maaß reduciren; allein wir können dieß nur, indem wir im Stillstand
bleiben, und im Stillstand bleiben heißt, durch andere Nationen uns im
Wettlauf überflügeln lassen, unsere ganze jährliche Vermehrung der Bevölkerung
exportiren, vergleichsweise, wenn nicht positiv, ärmer und schwächer werden.
Und kein Vorbeugen dieses Endresultates scheint möglich in der Theorie, noch in der
Praxis irgend ein Mittel, es zu modificiren.
Wir können immerhin, heißt es, sparen im Verbrauch der Kohle, aber erstlich sind die
größeren Ersparungen, welche vernünftiger Weise in Aussicht genommen werden können,
bereits eingeführt. Im Schmelzen des Eisenerzes werden zwei Drittel weniger Kohle
verwendet als früher, und im Betriebe unserer Dampfmaschinen die Hälfte weniger.
Zweitens ist es nur eine Steigerung im Preise der Kohle, welche uns zum sparsameren
Gebrauch derselben anstacheln wird; und gerade diese Steigerung des Preises ist der
Beweis und das Maaß unserer Gefahr. „Exportirt keine Kohle
mehr,“ ruft man aus, und so schont Euren Vorrath. Wir können aber
dieses Auskunftsmittel nicht anwenden, wäre es selbst weise, es zu thun, oder im
Einklange mit unserer Handelspolitik, ohne die Hälfte unserer Schifffahrt in
Verwirrung zu stürzen, indem wir sie ihres Ballasttransportes berauben; und selbst
dann würde das Uebel kaum mehr als gemildert seyn. „Warum, fragen Andere,
sollten wir nicht, sobald unsere eigenen Vorräthe erschöpft sind, Kohlen von
anderen Ländern importiren, welche noch reich seyn werden an
Mineral-Brennstoffen und so unseren Mangel ersetzen?“ Einfach
darum nicht, weil von allen Handels- und Industrie-Artikeln die Kohle
der umfangreichste im Verhältniß zu seinem Werthe ist; und daß der Umstand, sie zur Hand zu haben, sie im Ueberfluß, billig und ohne
Transportkosten zu haben, es ist, welcher uns unsere industrielle Ueberlegenheit
verschafft hat. Mit Kohle, von Amerika gebracht, mit Kohle zu einem Preise, welchen
sie dann kosten würde, können wir weder unser Eisen schmelzen, unsere Maschinen im
Betrieb halten, unsere Locomotiven treiben, unsere Schiffe fahren, unsere Garne
spinnen, noch unsere Tuche weben. Lange, ehe wir unseren Brennstoff importiren
müßten, wäre das Spiel zu Ende.
Von 136 Millionen Tonnen Kohlen, welche gegenwärtig in der Welt gewonnen werden,
produciren Großbritannien 80 Millionen und die Vereinigten Staaten nur 20. Allein
das ist nur so, weil wir den Vorsprung hatten, und unsere Bevölkerung weit dichter
ist, und weil unser Eisen und unsere Kohle für einander bequem liegen und auch
bequem zum Transport. Sobald Amerika dicht bevölkert seyn wird, wird sowohl unsere
Eisen- wie unsere Kohlen-Ueberlegenheit – und alles was daraus
folgt – auf Amerika übergehen: denn die Vereinigten Staaten sind in dieser
Hinsicht unermeßlich reicher als selbst England. Ihre Kohlenfelder werden auf
196,000 Quadrat-Meilen an Ausdehnung geschätzt, während die unserigen nur
5400 haben. Und das ist nicht Alles; ihre Kohlen sind oft besser in Qualität und
unvergleichlich zugänglicher als die unseren, hauptsächlich im Ohio-Thale. An
einigen Stellen in Amerika ist der Preis der Kohle am Förderpunkte selbst jetzt
schon nur 2 Shill. per Tonne, gegen 6 Shill. in England.
(Berggeist.)
Präservativ gegen Kesselsteinbildung, angewandt auf Grube
Neu-Schunk-Olligschläger bei Commern; mitgetheilt durch Bergreferendar
Haber, Gruben-Inspector bei der Eifeler
Bergwerks-Gesellschaft.
Im vorigen Jahre theilte ich (im polytechn. Journal Bd. CLXXVI S. 476) das Verfahren mit, die Speisewässer für die Kessel der
Grube Neu-Schunk-Olligschläger durch Zusatz
von Salzsäure zu Präpariren, um die Bildung des Kesselsteins zu verhüten. Damals
behielt ich mir vor, über die weiteren Erfahrungsresultate zu berichten.
Nachdem durch die Präparation des Speisewassers zehn
Monate lang die Kesselsteinbildung und die damit zusammenhängenden Uebelstände
vollständig vermieden worden waren, zeigte sich an einigen Stellen, wo die Niete nicht
ganz dicht mehr schlossen, mehr Rost als sich gewöhnlich an solchen Punkten zu
finden pflegt. Ebenso waren auf der Innenseite die Bodenflächen mit einer, wenn auch
nur sehr zarten Eisenoxydoxydulschicht überzogen. Beide Erscheinungen konnte man nur
dem Einfluß der angewendeten Salzsäure zuschreiben und dürften auf folgende Weise zu
erklären seyn.
Von Zeit zu Zeit wurden die Kessel wie gewöhnlich ausgeblasen. Da die Kesselwandungen
hierbei noch sehr hohe Temperatur zeigen, so verdampft der Rückstand des Wassers im
Kessel, oder wie wir dasselbe nennen dürfen, der Mutterlauge nach dem Ausblasen fast
vollkommen. Hierbei wird das Chlormagnesium, das einen Hauptbestandtheil jener
Mutterlauge bildet, zersetzt und freie Salzsäure gebildet, die die Kesselbleche
angreift, indem deren Eisen mit dem Chlor Verbindungen eingeht. Diese verwandeln
sich zunächst in Eisenoxydoxydul, dann in Eisenoxydhydrat, das regelmäßig zwischen
der Kesselsteindecke und der zarten Eisenoxydoxydulschicht gefunden wird. Eine dünne
Steinschicht findet sich nämlich noch immer in den Kesseln, da, wie früher erwähnt,
die Salzsäure nur in dem Maaße zugesetzt wurde, daß dieselbe von den fixen
Bestandtheilen des Speisewassers nicht allein vollständig neutralisirt ward, sondern
daß letztere sogar beständig im Ueberschuß vorhanden waren.
Chlormagnesium zersetzt sich bekanntlich schon beim Abdampfen der wässerigen Lösung,
indem Salzsäure entweicht und Magnesia zurückbleibt. Es ist daher hauptsächlich dem
Gehalte unserer Speisewässer an kohlensaurer Magnesia zuzuschreiben, daß die
erwähnten mißlichen Umstände eintraten. Für Wässer, die keine Magnesia enthalten,
dürfte unser Präservativ daher nach wie vor nichts zu wünschen übrig lassen, da die
anderen Chlorverbindungen, die in dem hiesigen Speisewasser erzeugt werden, einer
Zersetzung unter jenen Umständen nicht unterworfen sind.
Bei den großen Vorzügen, die der chemischen Präparation unserer Speisewässer im
Allgemeinen zuzuerkennen sind, ist die Frage von Wichtigkeit, ob die damit
verbundenen Nachtheile auf keine Weise sich vermeiden lassen. – Die Kessel
wurden angegriffen einmal auf dem Tiefsten der Innenfläche, dann auch an undichten
Stellen der Oberfläche. Ersteres wäre dadurch zu vermeiden, daß man die Kessel so
selten wie möglich abläßt (die Erfahrung hätte zu constatiren, welchen Grad von
Concentration die Mutterlauge erreichen dürfte), – hauptsächlich aber, indem
man das Speisewasser nicht ausbläst, sondern vorher zum
Erkalten bringt und in diesem Zustande abläßt. Es findet dann kein Verdunsten der Mutterlauge
und keine Zersetzung des Chlormagnesiums statt. Hervorgehoben zu werden verdient,
daß der Boden des Kessels am meisten, die Seitenwände fast gar nicht, die
Feuerröhren (Locomotivkessel) in geringerem Grade angegriffen erschienen, ein
Beweis, daß nicht die Mutterlauge als solche beständig während des Betriebes,
sondern lediglich im Momente des Verdampfens schädlich wirkte.
Dem anderen Uebelstande, der darin besteht, daß die Außenfläche der Kessel an
undichten Stellen angegriffen wird, ist dagegen schwieriger zu begegnen; das
Radicalmittel besteht eben in der absoluten Dichtheit der Kessel. Ist jedoch diese
Bedingung erfüllt, so steht der Anwendung der Salzsäure als Zusatz zu den
Speisewässern nichts entgegen.
Es mag hier noch die Bemerkung Platz finden, daß der Dampf
der präparirten Speisewässer auf den Cylinder der Dampfmaschine einen schädlichen
Einfluß nicht gehabt hat. (Berggeist, 1866, Nr. 28.)
Ueber die Philippi'schen Achsenlager.
Ueber die von dem Eisenwerkbesitzer Wilhelm Philippi zu
Stromberg in Rheinpreußen erfundenen Achsenlager (m. s. polytechn. Journal Bd. CLXVI S. 334 und Bd. CLXX S. 250) theilt Prof. Fr. Kohl im polytechnischen Centralblatt, 1866 S. 376,
folgende Erfahrungen mit:
In der Schmidt'schen Baumwollspinnerei in Chemnitz sind
seit 1 1/2 Jahren mehrere Philippi'sche Achsenlager
unausgesetzt in Thätigkeit gewesen und zwar:
1) an einer senkrechten circa 24 Pferdestärken
übertragenden, 92 Umläufe per Minute machenden
Transmissionswelle, deren Zapfen 0,115 Meter Durchmesser und 0,223 Met. Länge hatte. Während bei den
früheren gewöhnlichen Messingschalen alle Stunden eingeölt werden mußte, hat sich
bei den Philippi'schen Achsenlagern das Einölen auf
zweimal täglich reduciren lassen. Nach 1 1/2 jährigem guten Gang zeigte sich zwar an
der Innenseite der Schalen auf der eingepreßten Papiermasse ein harziger Ansatz,
doch hatte derselbe bis dahin keinen merklichen Einfluß ausgeübt, eine Abnutzung der
Lagerschalen selbst war nicht zu bemerken. Die Oelersparniß betrug 5/6 gegen
früher.
2) Zwei Zapfenlager von 0,053 Meter Durchmesser an einer Spreadingmaschine zeigten
ebenfalls keine Abnutzung; über Oelersparniß kann nichts angegeben werden, da man
Blandin'sche Einöler verwendete.
3) Als Lagerschalen für die Druckhaken der Wickelwellen an einer Spreadingmaschine.
Der Zapfendurchmesser beträgt 0,027 Meter; die Welle macht vom Einlegen bis zur
Ausfüllung 11 bis 40 Umläufe per Minute. Da die Zapfen
der Welle hierbei sehr stark gegen die Lagerpfannen gedrückt werden, so hat man die
gewöhnlichen messingenen Lagerfutter alle 2 bis 3 Jahre zu erneuern. An den Philippi'schen Achsenlagern ist dagegen die Abnutzung so
gering, daß sich eine mehrfach längere Dauer mit Gewißheit annehmen läßt. Das öftere
Ausheben der Wickelwellen läßt über das Einölen keine nähere Angabe zu.
Nach diesen Beobachtungen läßt sich also ein sehr günstiges Urtheil über die Philippi'schen Achsenlager in Hinsicht auf Dauer und
Oelverbrauch aussprechen.
Plastische Kohle zu chemischen Filtern.
Zwei Mischungen bewähren sich in praktischer Beziehung am besten: die eine dieser
Mischungen besteht aus 60 Theilen Kohks, 20 Theilen Spodium, 10 Theilen Holzkohle
und 10 Theilen Pfeifenthon; die andere dieser Mischungen besteht aus 10 Theilen
Kohks, 30 Theilen Spodium, 20 Theilen Holzkohle und 40 Theilen Asbest kurzfaseriger
Gattung; die einzelnen Ingredienzen werden, mit Ausnahme des Asbests, fein gepulvert
und gesiebt, trocken im richtigen Verhältnisse innig gemischt und hierauf mit
Melasse (Syrup) soweit verbreit, daß ein plastischer Teig geknetet werden kann, wozu
man ungefähr an Gewicht so viel Melasse braucht, als das Gewicht des trockenen
Pulvers beträgt. Der gut durchgeknetete Teig wird in Scheiben oder Cylinder geformt,
einige Zeit bei mäßiger Wärme austrocknen gelassen und dann ohne Luftzutritt in der
vorsichtig geheizten Muffel gebrannt; nach langsam erfolgter Abkühlung werden die
gebrannten Massen in stark verdünnte Salzsäure gelegt, um alle löslichen Aschensalze
auszuziehen und das Schwefeleilen zu zersetzen; hierauf werden sie im fließenden
Wasser vollständig ausgewaschen, getrocknet und noch einmal in gut geschlossener
Muffel bis zur dunkeln Rothgluth erhitzt. Die solchergestalt chemisch fertige Masse,
wird nun mechanisch vollendet, indem man ihr auf der Drehbank die gewünschte Form
gibt und daraus die Schalen, Becken, Trichter u.s.w. formt.
Sollen geschlossene Hohlräume von dieser Kohle gebildet werden, so löthet man die
zwei erforderlichen Schalenhälften auf folgende Weise zusammen: die abgefallenen
Drehspäne der gewaschenen Masse werden mit reinem Syrup dünn verbreit und verrieben,
den man sich durch Zerlassen von Raffinade-Zucker in seinem halben Gewichte
Wasser erzeugt; mit diesem Breie werden die Ränder der aufeinander zu passenden
Hälften bestrichen, alle Fugen damit gut verstrichen und das solchergestalt
gekittete Hohlfilter nach dem Uebertrocknen in geschlossener Muffel bei schwacher
Glühhitze gebrannt: die schmelzende Zuckerkohle gibt die frittende Substanz ab.
Kohks, Thon und Asbest bedingen die relative Festigkeit und bilden das Gerüste des
Filters; die Holzkohle bindet vorzüglich übelriechende Gase und Fuselöle, die
Stickstoffkohle des Spodiums übelschmeckende Extraktivstoffe und Farbstoffe.
Glasröhren, Thon- und Porzellanröhren und, wenn zulässig, Metallröhren aus
Antimonzinn und Antimonblei lassen sich in die angebohrte Kohlenfiltermasse mittelst
plastischen Schwefels, oder mittelst guter Cemente (Kreide, Thon und Wasserglas)
dicht und haltbar einkitten.
V. Kletzinsky.
(Aus des Verfassers „Mittheilungen aus dem Gebiete der
reinen und angewandten Chemie.“ Wien 1865.)
Abgeändertes Verfahren zur Bestimmung des specifischen
Gewichtes der Flüssigkeiten; von John Newlands.
Das Verfahren besteht darin, eine beliebige Quantität der Flüssigkeit in ein
Glasfläschchen mit eingeriebenem Stöpsel zu gießen, ohne jedoch das Gläschen damit
zu füllen.
Das Fläschchen wird nun gewogen, und nachdem aus demselben ein bekanntes Volum der
Flüssigkeit mittelst einer Pipette ausgezogen worden ist, wird es wieder gewogen;
der Verlust gibt das Gewicht der in der Pipette enthaltenen Flüssigkeit. Ist nun
zuvor ein ähnlicher Versuch mit destillirtem Wasser ausgeführt worden, so brauchen
wir nur das Gewicht der Flüssigkeit durch dasjenige des Wassers zu dividiren, um ihr
specifisches Gewicht zu erhalten.
Die hierzu erforderliche Pipette läßt sich sehr leicht in wenigen Minuten aus einem
kleinen Stück einer dünnen Glasröhre herstellen, indem man dasselbe in der Gasflamme
auszieht. Das untere Ende der Pipette muß zu einer feinen Röhre gezogen und der
obere Theil so eng als möglich gemacht werden, damit man genauer sehen kann, wenn
die Marke erreicht ist. Damit die Marke auf dem Stiel der Pipette sichtbarer ist,
stellt man sie durch Aufschmelzen eines Stückchens gefärbten Glases her.
Bei Anwendung der Pipette muß man besorgt seyn, die Flüssigkeit nicht weit über die
Marke im Stiel hinauf zu ziehen, weil sonst beim nachherigen Herablassen derselben
eine kleine Portion der Innenseite der Röhre anhaften und der Betrag der so
anhängenden Substanz bei verschiedenen Flüssigkeiten differiren würde. Dieselbe
Bemerkung gilt, jedoch in geringerem Grade, für das untere Ende der Pipette, welches
so wenig als möglich in die Flüssigkeit tauchen sollte.
Bei Benutzung einer Pipette, welche beiläufig fünfzig Gran faßte, stimmten die
gefundenen specifischen Gewichte sehr genau mit denjenigen überein, die man nach dem
gewöhnlichen Verfahren mit Anwendung eines Tausendgran-Fläschchens erhielt.
(Chemical News, vol. XIII p. 50; Februar 1866.)
Ueber die Reduction des Chlorsilbers.
Die Schmelzung mit kohlensaurem Natron hat den Nachtheil, eine Feueroperation zu
seyn, wobei man den Silberkönig theils zusammengeflossen, theils noch in Gestalt
kleiner Körnchen an den Wänden des Tiegels hängend findet, und leicht Verlust
erleidet. Aus diesem Grunde ist die nasse Reduction mit Zink vorzuziehen. Man
umwickelt einen Zinkkolben, der mit einem Silberdraht in Verbindung gebracht ist,
mit dichter Leinwand oder einer nassen Blase, um die im Zink vorhandenen Nietalle,
Blei, Zinn, zusammen zu halten, setzt den Zinkkolben in den mit etwas Schwefelsäure
angesäuerten Chlorsilberbrei und biegt den Silberdraht so um, daß seine Spitze das
Chlorsilber berührt. Die Reduction fängt von der Spitze des Silberdrahtes an, wo das
weiße Chlorsilber eine graue Farbe und eine schwammige Consistenz annimmt. Diese
Wirkung pflanzt sich bis auf das letzte Körnchen Chlorsilber, das mit dem Kuchen in
leitender Verbindung ist, fort und man erkennt sehr leicht, wann die Zersetzung
beendigt ist. Man hebt den Zinkkolben aus, spritzt außen etwa anhängende
Silbertheilchen in das Gefäß zurück, und wäscht nun den Silberschwamm, erst mit
etwas Schwefelsäure, um galvanisch gefälltes Zink zu lösen, dann zuletzt mit warmem
destillirtem Wasser, bis jede Spur von Chlor in der Lösung verschwunden ist, was mit
Silbernitrat geprüft wird. Das galvanisch reducirte Silber enthält immer noch Spuren
von Chlor, welche sich bei der jetzt folgenden Auslösung in Salpetersäure als
Chlorsilber abscheiden und eine einmalige Filtration nothwendig machen. Die Lösung
des feinvertheilten Silbers geht in der allmählich zuzusetzenden Salpetersäure vor
sich. Nach der Filtration krystallisirt man. Zur Auflösung des Silbers bedient man
sich am besten eines etwas tiefen Stielpfännchens von Porzellan mit gutem Ausguß.
Man bringt das Silber hinein und gießt einen Theil der Salpetersäure hinzu und
bedeckt das Pfännchen mit einem abgesprengten Retorten- oder Kolbenboden.
Alle Spritzen fließen in der Mitte wieder in die Schale zurück. Die Salpetersäure
muß ziemlich stark verdünnt seyn, weil das Silbernitrat in Salpetersäure weit
weniger löslich ist als in reinem Wasser. Gegen Ende der Lösung, wo sich die
Flüssigkeit schon concentrirt hat, muß man neben der Salpetersäure immer etwas
destillirtes Wasser mitgeben. Wenn in der heißen Flüssigkeit oft gar kein Angriff
mehr stattfindet, so wird er durch bloßen Zusatz von Wasser wieder hervorgerufen,
und erst wenn dieser Angriff wieder aufgehört hat, gebe man Salpetersäure zu, bis
endlich alles Silber gelöst ist. (Aus Mohr's Commentar
zur preußischen Pharmacopoe.)
Kupferextraction mittelst Salzsäure zu Braubacher Hütte
(Nassau).
Der beim Verschmelzen von Blei-, Silber- und Kupfererzen, sowie
Gold- und Silberkrätzen fallende Kupferstein wird
zu wiederholten Malen concentrirt, dann feingepocht, gemahlen, in einem Flammofen
todtgeröstet, in steinernen Töpfen mit verdünnter Salzsäure übergossen und unter
stetem Umrühren aufgelöst. Man entleert dann den ganzen Inhalt jedes Topfes in
andere große irdene Töpfe, verdünnt mit Wasser, läßt den Rückstand absetzen, zieht
die klare Lauge in die Fällungsapparate ab, erhitzt sie mittelst Dampfes zum Kochen
und fügt unter Umrühren Kalkmilch hinzu. Das niedergeschlagene, sich gut absetzende
grüne Kupferoxydhydrat wird, nachdem die überstehende geklärte Lösung von
Chlorcalcium abgelassen, in Sümpfe abgezapft, wo es sich setzt und, nachdem dasselbe
die gehörige Consistenz angenommen hat, unter einer hydraulischen Presse entwässert.
Nach völligem Trocknen verschmelzt man die Substanz im Krummofen auf Schwarzkupfer
und macht dieses im kleinen Herde gar. Der in Salzsäure unlösliche Antheil des
Steines wird zur Gewinnung seines Gold-, Silber- und Bleigehaltes der
Bleiarbeit zugetheilt. Ein Dampfkessel liefert den Dampf zum Kochen der Kupferlauge
und für eine Dampfmaschine, welche eine Pumpe und die Rührwerke treibt. (Aus Odernheimer's Berg- und Hüttenwesen Nassau's.)
Bestimmung des Wismuthgehalts in Bleilegirungen; von A. Patera.
In der März-Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt theilte Hr. A. Patera Nachstehendes mit: In Joachimsthal hatte ich
häufig Gelegenheit, Blei oder bleiische Producte auf ihren Wismuthgehalt zu prüfen.
Die gewöhnliche analytische Trennung, bei welcher beide Metalle in die
Chlorverbindungen übergeführt werden, von welchen die Wismuthverbindung in starkem,
mit Aether versetztem Alkohol löslich, die Bleiverbindung aber unlöslich ist, gibt
wohl bei gehöriger Vorsicht sehr scharfe Resultate, doch wird der betäubende
Aethergeruch bei dieser Methode namentlich dann, wenn man viele Proben zu machen
hat, sehr unangenehm; auch ist eine solche Probe nicht so ganz billig, was bei einer
technischen Probe, die man während eines Wismuthtreibens am Treibherde mitunter sehr
häufig machen muß, auch in die Waagschale fällt.
Ich fällte das Wismuth aus der salpetersauren Auflösung beider Metalle durch einen
Streifen reinen Bleies (Villacher Blei), was sehr rasch und vollständig geschieht.
Man muß Acht haben, daß die Lösung möglichst mit Wasser verdünnt ist, was man auch
bei hohem Wismuthgehalte der Verbindung leicht erreichen kann, wenn man in dem
Verhältnisse, in dem Wismuth ausgefällt wird, Wasser zugießt. Nach beendeter Fällung
wird das schwarze, pulverförmige, metallische Wismuth schnell von Bleistreifen
abgewaschen, die Bleilösung sodann abgegossen, worauf man das metallische Wismuth
zuerst mit Wasser und dann mit Alkohol gut aussüßt, auf ein möglichst kleines
gewogenes Filter bringt, trocknet und wägt.
Zahlreiche Proben, welche ich im Vereine mit meinem Freunde, Hrn. E. Visoky, Vergleichungsweise nach der erstbeschriebenen
analytischen Methode und der Fällung mit Blei ausführte, gaben so gut
übereinstimmende Resultate, daß ich nicht anstehe, diese Methode solchen Technikern
anzuempfehlen, welche häufig in die Lage kommen, Bestimmungen des Wismuthgehaltes
wismuthhaltiger Bleie machen zu müssen. (Berggeist, 1866, Nr. 28.)
Anilinfarben für Buch- und Steindruck; nach Dr. Jacobsen.
So viel mir bekannt, sagt Dr. Jacobsen in dem demnächst erscheinenden Hefte II. Jahrgang 1865 seines
chemisch-technischen Repertoriums, hat man Anilinfarbstoffe bisher auf
zweierlei Art zu Firnißfarben präparirt: erstens, indem man in spirituösen Lösungen
derselben Harze auflöste, Farbstoff und Harz daraus durch Wasser ausfällte und den
Niederschlag mit einem indifferenten weißen geeigneten Körper (Zinkoxyd,
schwefelsaurem Baryt) und der nöthigen Firnißmenge zusammenrieb; zweitens, indem man
mit Anilinfarben gefärbte Stärke mit Firniß mischte. Die nach erster Methode
bereiteten Farben kenne ich nur von Hörensagen, die letzteren lassen, was
Lebhaftigkeit und Feuer anbetrifft, nichts zu wünschen übrig, bieten aber der
technischen Behandlung Schwierigkeiten, namentlich wo es gilt ganz feine Haarstriche
und Zeichnungen wiederzugeben, indem sie sich leicht in die Winkel des Schriftgusses
setzen und den Druck unrein erscheinen lassen (sie „patzen“).
Mit diesen Farben gedruckte breitere Buchstaben zeigen auch, bei näherer
Besichtigung, keine homogene Farbenfläche, vielmehr erscheint die Farbe körnig und
klecksig, an den nicht gefärbten Stellen schimmert das Papier weiß hindurch. Dieß
rührt wahrscheinlich von dem zu großen Körper der einzelnen Stärkekörnchen und
vielleicht auch davon her, daß die gefärbte Stärke in nicht gehöriger Trockenheit
mit dem Firnisse verrieben wurde.
Auf folgende Weise erhält man Firnißfarben, welche diesen Uebelstand nicht zeigen,
indem sie als wirkliche Auflösungen der Anilinfarben im Buchdruckerfirniß anzusehen
sind und keine mechanisch angeriebenen festen Körper enthalten. Schon früher
(polytechn. Journal Bd. CLXXIV S. 405) habe
ich die Färbung von Fetten und Oelen mit Anilinroth beschrieben, auf analoge Weise
kann man auch hier mit allen Anilinfarben, welche Basen enthalten, verfahren. Man
stellt sich letztere aus Fuchsin, röthlichem und bläulichem Anilinviolett,
roth- und grünstichigem Anilinblau, Anilinorange (Chrysanilin), Anilingrün
etc. auf bekannte Weise durch Digestion der käuflichen Farben mit der wässerigen
Lösung eines Alkali und Auswaschen des Rückstandes dar, und trägt die sehr gut
ausgetrockneten Basen in Oelsäure ein. Von letzterer nimmt man etwas weniger als das
gleiche Gewichtsquantum der Anilinfarbbase. Man muß die möglichst fein zerriebene
Vase portionenweise in die Oelsäure eintragen und jedesmal so lange verrühren bis
erstere völlig sich gelöst und keine Klümpchen zu bemerken sind. Die Oelsäure darf
beim Zusammenreiben mit Rosanilin nicht erwärmt werden, weil sie sehr reducirend
wirkt und die Farbe dadurch schmutzig violett ausfallen würde; bei Anilinviolett und
Anilinblau kann man die Auflösung durch Erwärmen im Wasserbad unterstützen. Hierbei
muß ich bemerken, daß man aus käuflichem, in Wasser löslichen Anilinblau durch
Behandlung mit einem Alkali nach üblicher Art die Basis desselben
(Triphenylrosanilin) nicht erhält. –
Die ölsauren Verbindungen der Anilinfarben stellen, wie oben bereitet (es ist
natürlich noch ein Ueberschuß von Oelsäure vorhanden), extractdicke, mit dem den
resp. Anilinfarben eigenthümlichen schillernden Käserflügelglanz versehene Massen
dar, in welche man nun den möglichst stark eingedickten bleifreien Steindruckfirniß
(ein solcher wird in Berlin von Ed. Sarre fabricirt) nach
und nach, unter beständigem Umrühren fließen läßt. Die Qualität des Firnisses
richtet sich nach der gewünschten Intensität der fertigen Farbe. Die so erhaltenen
Druckfarben lassen sich sehr gut verdrucken, stehen aber an Feuer dem mit
Stärkefarben bereiteten Firniß etwas nach.
Einer ausgedehnteren Verwendung steht allen
Anilinfirnißfarben deren geringe Widerstandsfähigkeit gegen das Sonnenlicht hindernd
im Weg, dagegen werden sie zu Etiquetten, Plakaten, Rechnungen etc. sicher mehr noch
als bisher Anwendung finden. Nach allen Beobachtungen, die ich gemacht, werden
Anilinfarben in Verbindung mit freien oder gebundenen Fettsäuren ganz bedeutend
rascher im Sonnenlicht verändert, als wenn sie auf Eiweiß oder Geweben fixirt oder
ihre Lösungen auf gewöhnliches Papier gestrichen und der Sonne exponirt waren. Im
zerstreuten Licht, sowie im Dunkeln (z.B. Druckproben in Mappen) halten sich aber
auch die Firnißfarben gut, nur darf der angewandte Firniß nicht etwa bleihaltig
seyn. Den meisten Widerstand gegen das Licht bietet erfahrungsmäßig das
Chromviolett; vielleicht daß auch seine ölsaure Verbindung, wie angegeben zur
Firnißfarbe verarbeitet, den Vorzug vor den vielen anderen käuflichen, untereinander
in Zusammensetzung und Bereitung verschiedenen Anilinvioletts verdient. (Deutsche
Industriezeitung, 1866, Nr. 13.)
Ueber die Zauber-Photographien (sympathetische
Photographie).
So nennt man eine überraschend interessante photographische Unterhaltung, die unter
jene Modespielereien gehört, welche wie die letzte gefährliche (die
Schlangen-Pharao's) wohl auch chemischen Ursprungs, aber dennoch nützlich,
gefahrlos und angenehm genannt werden kann. Diese Zauber-Photographien
bestehen in weißen satinirten Eiweißpapieren von der Größe unserer
Visitkartenporträts. Auf denselben befindet sich ein für den Kenner wie für den
Laien unsichtbares Bild. Soll dasselbe sichtbar werden, so legt man das Papier auf
einen flachen Teller mit der weißen glänzenden Seite nach oben, gibt darauf ein dazu
bestimmtes Saugpapier und benetzt dieses mit einigen Tropfen Wasser, bis es sich
vollgesogen hat. Es wird nun dieses angefeuchtete Papier auf das darunter liegende
aufgedrückt und die früher weiße glänzende Oberfläche wird gelbbraun und eine
scharfe, vollkommen gelungene Photographie tritt hervor, die dann mit Wasser etwas
abgespült wird, um nach Beseitigung etwaiger Unreinigkeiten sodann auf die
beigegebenen Cartons aufgeklebt zu werden.
Das Verschwinden der Photographie wird dadurch bewirkt, daß man das fertige Bild,
sowie es aus dem Copirrahmen kommt, mit Aetzsublimat behandelt, welches die
Eigenschaft besitzt, die Photographie nicht allein zu bleichen, sondern sogar ganz
verschwinden zu machen. (Wochenschrift des nieder-österreichischen
Gewerbevereins, 1866, Nr. 15.)
In der Sitzung des photographischen Vereins zu Berlin vom 16. März d. J. zeigte Hr.
Grüne die neue hübsche photographische Spielerei vor.
Nach seiner Angabe sind die Albuminpapiere nach dem
Copiren fixirte Silberbäder, die in Quecksilbersublimat bis zum Verschwinden des
Bildes gebadet und dann ausgewaschen sind. Das Löschpapier enthält unterschwefligsaures Natron, dieses reagirt auf die im
Papier zurückgebliebenen Metallsalze unter Bildung von braunschwarzen
Schwefelmetallen. (Photographische Mittheilungen des Berliner Vereins, April 1866,
S. 6.)
Anwendung des elektrischen Lichtes zum Fischfange, von Alf.
Niaudet-Breguet.
Bekanntlich wurden schon vor mehreren Jahren Versuche gemacht, um das elektrische
Licht zum Fischfange im offenen Meere zu verwenden.Polytechn. Journal Bd. CXLI S. 400;
man s. auch Bd. CLXXVII S. 36. Jene Versuche werden nun fortgesetzt; am 1. April ist nämlich zu diesem
Zwecke das Fischerboot „Charles de Dunkerque“ aus dem Hafen von
Dünkirchen unter der Leitung von Teissier und Netto, welch' letzterer zu dem Zwecke einen
eigenthümlichen Angelapparat construirt hat, ausgelaufen; das schiff hat mit der
kleinen Flotte die Segel gelichtet, welche in jedem Jahre auf den Stockfischfang von
Dünkirchen nach Island sich begibt, um hier die elektrischen Fangversuche
anzustellen. Der Haupttheil des ganzen Apparates, den der „Charles de
Dunkerque“ am Bord hat, ist eine Dampfmaschine von zwei
Pferdekräften; durch letztere wird ein magnetoelektrischer Apparat mit vier
Inductoren – von der Gesellschaft l'Alliance
– in Bewegung gesetzt, welche mit Anwendung einer in unserer Werkstätte
construirten elektrischen Lampe von Gramme den Lichtbogen
im Centrum eines Ballons aus Krystallglas von 50 Centimeter Durchmesser entstehen
läßt. Mitgenommen wurde noch außerdem eine elektrische Lampe von Foucault neuesten Systemes, bei welcher der Lichtbogen in
einem Glascylinder entsteht, der mittelst eiserner Fassungen aus drei Auszügen
zusammengesetzt ist. Der eigenthümliche Angelapparat, welchen die Fischer
mitgenommen haben, stellt ein Riesenportemonnaie dar, das sich automatisch öffnet,
sobald es mit dem Meeresgrunde in Berührung kommt, hingegen in dem Augenblicke
schließt, in welchem man es aus dem Wasser emporzuheben beginnt.
An den Küsten von Algier benutzt Bazin aus Angers
gegenwärtig das elektrische Licht zur Korallenfischerei; die Erfolge seiner Versuche
sind mir noch nicht bekannt geworden. (Annales
télégraphiques, Mai–Juni 1865, S. 370.)
Petroleum-Quellen in Hannover.
Die unter scheinbar günstigen Auspicien bei Burgdorf
begonnenen Bohrungen nach Petroleum (worüber im polytechn. Journal Bd. CLXXVIII S. 326 berichtet wurde) haben
bei ihrer bisherigen Erfolglosigkeit fast gänzlich aufgegeben werden müssen. Ob man
sie an benachbarten Stellen wieder aufnehmen werde, steht dahin. Dagegen ist bei Sehnde in der Nacht vom 7. zum 8. März d. J. eine neue
Petroleumquelle durch Bohren aufgeschlossen worden. Nachdem man etwa 60 Fuß tief
gelangt war, füllte sich plötzlich das Bohrloch bis zu einer Höhe von etwa 15 Fuß
mit Petroleum an, so daß letzteres etwa 45 Fuß unter der Erdoberfläche stand. Diese,
wie es scheint, sehr ergiebige Quelle gehört der englischen Gesellschaft. Die
hannoversche, welche bei Sehnde ebenfalls bohrt, hat Ergebnisse noch nicht
aufzuweisen. (Berggeist, 1866, Nr. 22.)
Petroleum-Quellen in Mittel-Italien.
In der Sitzung der k. k. geologischen Reichsanstalt zu Wien vom 16. Januar gab
Bergrath Lipold eine briefliche Mittheilung des k. k.
Oberbergcommissärs zu Belluno, Hrn. Trinker, über die
Petroleum führenden Quellen bei Tocco im Pescara-Thale an dem östlichen
Abhange der Abruzzen in Mittel-Italien. Hr. Trinker hatte die Localität in Folge einer Einladung einer
vicentinisch-mailändischen Gesellschaft im November v. J. besucht. Nach
seinen Untersuchungen gehören die daselbst vorkommenden ölführenden
Thonschiefer-Schichten unzweifelhaft den untersten Straten der
Subapenninen-Formation an, welche beinahe unmittelbar der oberen
feuersteinführenden Kreide der bis über 7000 Fuß hohen Majeletta aufgelagert ist,
und zwar unter einer Neigung von 40° und mehr. Die Untersuchung wird daher
auf dem erwähnten Terrain, abweichend von den ähnlichen Arbeiten in Galizien (wo die
Petroleum-Gewinnung mittelst Schächten erfolgt), vortheilhafter mittelst
Stollenbau stattfinden, und wirklich war man so glücklich, mit einem kleinen
Schürfstollen, welcher zunächst einer alten, kaum beachteten Oelquelle angelegt
wurde, in 8 Tagen bei 500 Barille Petroleum im Gewichte von beiläufig 1000 Ctr. zu
gewinnen. Noch aber kommt das Oel nur oberflächlich mit Hülfe der Quellen zu Tage,
und es handelt sich nun darum, die tieferen Gebirgsschichten zu untersuchen, um sich
von den bloß periodischen Wasserzuflüssen unabhängig zu machen, wozu die
erforderlichen Arbeiten eingeleitet wurden.
Ueber geschwefelten Kleesamen; von Dr. Th. Wimmel.
Von einem hiesigen Handlungshause wurde mir eine Probe Kleesaat zur Untersuchung
übergeben, von welcher man vermuthete, daß sie gefärbt sey. Die Waare zeigte im
Aeußeren nichts Abweichendes; sie besaß die gelbe, etwas grün und bräunlich melirte
Farbe und beim Uebergießen mit heißem Wasser den Geruch und Geschmack des gelben
Kleesamens. Fremdartige Farbstoffe konnten nicht darin nachgewiesen werden; es wurde
mir aber mitgetheilt, daß die Waare beim Liegen an der Luft nach einiger Zeit
nachdunkele, und dich brachte mich auf die Vermuthung, daß der Same, auf ähnliche
Weise wie der geschwefelte Hopfen, mit schwefliger Säure behandelt sey, und erwies
sich diese Vermuthung bei der Untersuchung denn auch als die richtige.
Zur Nachweisung der schwefligen Säure benutzte ich zuerst das für Auffindung
derselben im Hopsen empfohlene Verfahren. Etwa eine Unze des Kleesamens wurde mit
reiner Salzsäure, etwas Zinkblech und der nöthigen Menge Wasser in einem kleinen
Kolben der Destillation unterworfen und das Uebergehende in Wasser geleitet, dem
einige Tropfen Bleiessig zugesetzt waren. Nach kurzer Zeit färbten die übergehenden
Dämpfe die vorgelegte Flüssigkeit stark braun, unter Abscheidung von
Schwefelblei.
Diese Reaction konnte jedoch eine Täuschung involviren und genügte mir deßhalb nicht.
Es tritt nämlich hier der Schwefelwasserstoff bekanntlich als Zersetzungsproduct der
schwefligen Säure auf, kann aber auch anderen Schwefelverbindungen seine Entstehung
verdanken; wie mir denn z.B. Senf- und Rübsame die gleiche Reaction gaben. Es konnte also in
diesem Falle eine, vielleicht zufällige Vermengung der Waare mit einem anderen
schwefelhaltigen Samen das Auftreten des Schwefelwasserstoffgases verursachen.
Ich machte deßhalb den Versuch, die schweflige Säure direct als solche nachzuweisen,
und mit dem besten Erfolg. Ein gleiches Gewicht der Körner wurde mit Wasser und nur
wenig Salzsäure ohne Zink auf gleiche Weise destillirt und das Uebergehende in eine
schwache Lösung von Quecksilberchlorid in Wasser geleitet. So lange die kleine
Vorlage kalt blieb, zeigte sich keine Einwirkung; als aber die Quecksilberlösung von
den übergehenden Dämpfen erhitzt wurde, trübte sie sich schnell und setzte reichlich
Calomel ab, während, dem entsprechend, in der davon abfiltrirten Flüssigkeit
Schwefelsäure sich nachweisen ließ.
Zur Controle angestellte Gegenversuche mit verschiedenen anderen Sorten von Kleesaat,
so wie mit schwarzem und gelbem Senf- und Rübsamen ergaben, wie zu erwarten
war, ein ganz negatives Resultat, indem sie die Quecksilberchloridlösung durchaus
nicht zersetzten:
Hamburg, den 27. März 1866:
Ueber den aufgeschlossenen Peruguano.
Der aufgeschlossene Peruguano, auch Peruguano-Superphosphat oder
ammoniakalisches Superphosphat genannt, wird aus dem Peruguano durch Beimischung
einer gewissen Menge von Schwefelsäure dargestellt und hat vor dem gewöhnlichen
Peruguano die Vortheile
1) daß eine etwaige Verflüchtigung von Ammoniak vollständig gehindert ist;
2) daß fast sämmtliche Phosphorsäure in Wasser leicht löslich ist und daher rasch und
gleichzeitig mit dem vorhandenen Stickstoff zur Wirksamkeit gelangt;
3) daß endlich das Präparat ein feines, durchaus gleichmäßiges Pulver darstellt und
dadurch das Zerstoßen und Absieben unnöthig wird, welche Operationen bei dem
Peruguano einigen Kostenaufwand und einen nicht unbeträchtlichen Gewichtsverlust
verursachen.
Im Durchschnitt zahlreicher chemischer Analysen enthält der aufgeschlossene Peruguano
reichlich 10 Proc. lösliche Phosphorsäure und 11 Proc. Stickstoff; die Schwankungen
im Gehalte dieser beiden wichtigsten Bestandtheile betragen in guter Waare nur bis
zu 1 Proc. Der Gehalt an Stickstoff und Phosphorsäure ist also um etwa 2 Proc.
niedriger, als im reinen Peruguano.
Schon seit längerer Zeit hat man in der Praxis die Beimischung von Superphosphat zum
Peruguano, die gleichzeitige Anwendung beider Düngemittel als zweckmäßig und
vortheilhaft erkannt; eine derartige Mischung ist bezüglich des aufgeschlossenen
Peruguanos weniger nöthig und man hat jetzt in diesem Präparat ein treffliches
Mittel, um selbst bei Anwendung der geringen Menge von 1/2 bis 1 Ctr. per Morgen, mit dem nöthigen Quantum guter Erde
vermischt und gleichmäßig über den Acker vertheilt, besonders die Repspflanzen in
der ersten Vegetationsperiode und junge Getreidesaaten rasch zu kräftigen und zur
reichlicheren Aufnahme von Nahrung aus anderweitigen Quellen zu befähigen.
Der aufgeschlossene Peruguano ist in guter Qualität von den Gebrüdern Rümelin in Heilbronn für den Preis von 8 fl. 48 kr. per Centner zu beziehen, während der reine Peruguano mit
8 fl. 24 kr. verkauft wird. Dr. E. Wolff. (Württembergisches Wochenblatt für Land- und
Forstwirthschaft, 1866, Nr. 13.)