Titel: | Zur Kenntniß der Krapp-Pigmente; von Prof. Dr. P. Bolley. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XVIII., S. 45 |
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XVIII.
Zur Kenntniß der Krapp-Pigmente; von Prof.
Dr. P. Bolley.Aus der
„schweizerischen polytechnischen Zeitschrift“ (1866,
Bd. XI S. 112) vom Verfasser mitgetheilt. A. d. Red.
Bolley, über die Krapp-Pigmente.
Im Jahre 1864 habe ich Mittheilung einiger Versuche gemachtPolytechn. Journal Bd. CLXXI S. 446., deren
Ziel die Feststellung des Aequivalentgewichtes des Purpurins und Alizarins war. Der
hiezu eingeschlagene Weg war die Bestimmung der Oxalsäure- und
Phtalsäuremengen, die sich bei Behandlung der beiden Pigmente mit Salpetersäure
ergaben; das zu den Versuchen angewandte Material war nicht Krapp selbst, sondern
die nach der Methode von E. Kopp dargestellten Präparate
Purpurin und grünes Alizarin, welche die große Mühe der unmittelbaren Extraction
ersparen. Ich erinnere, daß ich in der besagten Mittheilung zu zeigen bemüht war,
daß die Zahl der Kohlenstoffatome im Purpurin und Alizarin, die bisher nach dem
Vorschlag von Strecker zu 18 und zu 20 angenommen waren,
als gleich groß anzunehmen sey, weil die Mengen der durch Oxydation erhaltenen
Oxalsäure gleich groß ausfallen. Dieselbe Ansicht sprach Schützenberger
Sur les matières colorantes contenues dans la
garance d'Alsace, par P.Schützenbergeret H.Schiffert, im Bulletin de la Société industrielle de Mulhouse,
Februar 1864, S. 70, und Bulletin de la
Société chimique, Juli 1865, S. 12; im Auszug im
polytechn. Journal Bd. CLXXVI S.
48., wiewohl von verschiedenen Betrachtungen geleitet, aus.
Wenn Schützenberger in der sehr viel Neues und die Frage
Förderndes enthaltenden Arbeit im Uebrigen abweichende Ansichten über die
Zusammensetzung des Purpurins und Alizarins kundgibt, so wird nachfolgend
Gelegenheit gegeben seyn, diese Divergenzen zu besprechen. Ich halte es aber für ein
wichtiges Resultat, daß die beiden Pigmente auf gleiche Kohlenstoffatomzahl gebracht sind (ob diese 40
oder 20 sey, ist vorläufig gleichgültig), denn die unzweifelhaften
Verwandtschaftsbeziehungen, in welchen sie zu einander stehen, gewinnen durch diese
Annahme festeren Halt. Hr. Schützenberger hatte die
Freundlichkeit, mir eine Reihe der von ihm dargestellten reinen Pigmente
zuzuschicken, und verband den Wunsch damit, ich möge die Analysen derselben
wiederholen, um mich zu überzeugen, daß in dem Purpurin des Handels, nach E. Kopp'scher Methode aus Elsäßer Krapp dargestelltMan s. die Beschreibung dieses Verfahrens im
polytechn. Journal Bd. CLXXII S.
296., verschiedene Körper enthalten seyen, die sich daraus
durch rectificirtes Benzol bei einer Temperatur von 50–60° C., ferner
durch Alkohol von 86 Proc. bei 50° C., und endlich durch kochendes Benzol
ausziehen und durch kochenden Alkohol weiter trennen lassen. Hr. Rosa aus Pesth unterzog sich eifrigst mit mir dieser
Arbeit, die aber bald auf etwas erweiterte Gebiete führte.
Schützenberger und Schiffert
unterschieden durch Anwendung der genannten Scheidungsmittel:
1) Purpurin (Oxyalizarin)
C⁴⁰H¹²O¹⁴
2) Pseudopurpurin
C⁴⁰H¹²O¹⁸
3) orangegelber Farbstoff
C⁴⁰H¹⁶O¹⁸
4) gelber Farbstoff
C⁴⁰H¹²O¹²
Die Formel für letzteren Körper hält Schützenberger für
zweifelhaft, da nur zu einer einzigen Analyse Material zu Gebote stand.
In meiner früheren Arbeit habe ich zu den Oxydationsversuchen Purpurin genommen, das
aus dem Kopp'schen Präparate durch Ausziehen mit heißem
Weingeist und wiederholtes Umkrystallisiren erhalten, und an welchem constatirt
worden, daß es sich gegen Alaunlösung und Alkalien wie das von den verschiedenen
Autoren beschriebene Purpurin verhalte. Wenn seither durch die Schützenberger'schen Versuche dargethan ist, daß man aus diesem käuflichen
Körper Verschiedenartiges durch Anwendung von Benzol darstellen kann, so ist diese
Wahrnehmung ohne wesentlichen Einfluß auf meine damaligen Resultate, weil erstens
das eigentliche Purpurin die Hauptmasse des Kopp'schen
Rohpurpurins ist und sich in kochendem Alkohol gut löst, und weil ferner die etwa in
geringer Menge damit gemengt gewesenen Stoffe nach Schützenberger in ihrer Zusammensetzung nicht in so großem Maaße von
demselben abweichen, daß der von mir gezogene Schluß unsicher würde.
Ehe ich die vorgenommenen Untersuchungen beschreibe, habe ich die allgemeine
Bemerkung zu machen, daß ich mir erlaubt habe, die Rohformeln, die sich aus den analytischen
Resultaten ergaben, in einer Weise abzuleiten und neben die Procentgehalte zu
stellen, die von der gebräuchlichen Darstellung abweicht. Die Kohlenstoffatomzahl 20
oder 40 für das Alizarin ist eine nicht unwahrscheinliche, jedenfalls die
bekannteste, wenn auch nach meiner Meinung nicht eine sicher begründete. Ich finde
in fremden und eigenen Untersuchungen für jetzt keine Nöthigung, eine andere Anzahl
von Kohlenstoffatomen anzunehmen, und habe schon oben angegeben, daß ich die gleiche
Atomzahl mit Schützenberger für das Purpurin annehme. Der
von Schützenberger vorgeschlagenen Verdoppelung der
Kohlenstoffatomzahl 20 können wir uns vorderhand im Sinne einer Rohformulirung der
Analysen fügen; sie gewährt die übersichtlichere Anschauung der Zusammensetzung
einiger hierher gehörenden Verbindungen. Ich habe nun direct und ohne Abrundung die
Atome des Wasserstoffs und Sauerstoffs, auf 40 Kohlenstoffatome bezogen, aus den
Analysen berechnet und glaube, es wird bei dem Vielerlei ähnlicher Substanzen für
den Leser der Eindruck des Chaotischen durch diese Versinnlichungsweise
gemindert.
Hr. Rosa befolgte zur Darstellung der von Schützenberger hervorgehobenen Verbindungen wesentlich
das Verfahren, das von diesem Chemiker angegeben war.
Unsere Untersuchungsresultate sind folgende:
I. Purpurin.
Es ist analysirt worden: (1 und 2) Purpurin von Schützenberger, überschrieben „Purpurine
crystallisée puis broyée“
C⁴⁰H¹²O¹⁴.
Ferner (3) eine andere Probe von Schützenberger,
bezeichnet „Autre échantillon de purpurine
supposée pure mais non analysée.“ Diese beide
waren nicht sublimirte Substanz.
Endlich (4) Purpurin, das von Rosa dargestellt und von mir
sublimirt worden war.
1, 2 und 3 war von meinem Assistenten Dr. Brigel, 4 von mir analysirt worden.
Es lieferte:
I.
II.
III.
IV.
C
=
62,47
61,89
60,76
61,62
H
=
3,64
3,63
3,94
3,69
O
=
33,89
34,48
35,30
34,69
Schützenberger und Schiffert
erhielten im Mittel von 5 Analysen
C
=
65,70
H
=
3,30
O
=
31,00.
Die Formel C⁴⁰H¹²O¹⁴
bedarf
C
=
65,93
H
=
3,29
O
=
30,78.
Wird in obigen 4 Analysen die Anzahl der Kohlenstoffatome auf 40 angesetzt, so lassen
sich dieselben in folgender Weise darstellen:
I.
II.
III.
IV.
C40H10,12O12.
C40H10,29O12,13.
C40H15,57O17,43.
C40H11,54O13,65
und es geht unzweideutig aus sämmtlichen Analysen hervor, daß
sich die analysirten Substanzen nur durch größeren oder geringeren Wassergehalt
unterscheiden, und daß man sie unter die allgemeine Formel C⁴⁰Hn On +
2 bringen kann. Es wäre
α. Nr. 1 und 2
=
C40H10O12
β. Schützenberger's Purpurin
=
C40H12O14
γ. Nr. 4
=
C40H11,5O13,5
δ. Nr. 3
=
C40H15,5O17,5.
Die im hiesigen Laboratorium analysirten Substanzen hatten sämmtlich wenigstens 6 Stunden im Luftbade bei nahezu 100° C.
zugebracht.
Schützenberger und Schiffert
geben nicht an, bei welcher Temperatur ihr Purpurin getrocknet wurde. Ihre Formel
C⁴⁰H¹²O¹⁴ ist jedenfalls für die
wasserfreie Substanz umzuändern in
C⁴⁰H¹⁰O¹².
Es ist die Wahrnehmung, daß krystallisirte Farbstoffe das Wasser sehr hartnäckig
zurückhalten, durchaus nicht neu; Abweichungen wie die obigen haben sich z.B. beim
Quercitrin stets ergeben.
Daß das gereinigte Purpurin mehr Sauerstoffatome enthalte, als zur Wasserbildung
nöthig sind, kann ich nach diesen Resultaten nicht mehr für zweifelhaft halten und
die Abweichungen der Analysen von Debus
Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVI S.
351.,
der im Mittel von dreien
C
=
66,40
H
=
3,82
O
=
29,68
erhielt und daraus
die Formel C¹⁵H⁵O⁵ ableitete, die
später von Strecker in
C¹⁸H⁶O⁶ umgewandelt wurde und meiner eigenen früheren,
welche die Formel C²⁰H⁶O⁶ wahrscheinlich machten, lassen
sich nur auf Beimengungen wasserstoffreicher Körper zurückführen. Debus bediente sich zur Trennung seines Purpurins
(Oxylizarinsäure) von Alizarin (Lizarinsäure) der Alaunlösung, gegen die sich nach
unseren Beobachtungen andere im Kopp'schen käuflichen
Purpurin vorkommende Substanzen, wie das reine Purpurin verhalten.
II. Reduction des Purpurins.
Es waren die unten zu beschreibenden Versuche, das Purpurin sowohl als das Alizarin
mit reducirenden Substanzen zu behandeln, schon eingeleitet, als die zweite
Abhandlung von Schützenberg er in der Uebersetzung in Erdmann's Journal für praktische Chemie (2. Decemberheft
1865) mir zu Gesicht kam.
Schützenberger erhielt durch Phosphorjodür sowohl mit
Purpurin als Pseudopurpurin den orangegelben Farbstoff, bei 180° C. in einer
verschlossenen Röhre einwirkend, oder durch eine alkalische Purpurinlösung mit
Zinnchlorür und nachherigen Zusatz von Salzsäure ein Reductionsproduct von gelber
Farbe, das durch Krystallisation und Sublimation gereinigt, bei 120° C.
getrocknet in zwei Analysen
1
2
ergab
C
=
69,00
69,74
H
=
3,74
3,91.
Er leitet dafür die Formel C⁴⁰H¹²O¹² ab und
hält es für eine Isomerie des Alizarins. Nach mehreren in ähnlicher Absicht
angestellten Versuchen war Hr. Rosa auf meinen Rath bei
der Einwirkung von Aetzkalilauge, in welche Zink und Eisenspäne geworfen wurden, auf
das Purpurin stehen geblieben. Schon nach mehreren Stunden geht die rothe Lösung in
Orange über und wird nach 1–2 Tagen gelbbraun, ohne jede Spur von Roth. Die
Einwirkung geschieht bei gewöhnlicher Temperatur in einem Glasballon, der mit
durchbohrtem Kork versehen ist, durch welchen zwei rechtwinkelig gebogene Röhren
gesteckt sind. Die eine dient dazu, um Wasserstoffgas oder Kohlensäure in den Ballon
zu leiten, sie mündet unmittelbar unter dem Kork, während die andere bis an den
Boden des Ballons reicht und mit einem zweiten Ballon in Verbindung steht, worin
sich Salzsäure befindet, und in welchem durch den Druck des Wasserstoff- oder
kohlensauren Gases die alkalische Flüssigkeit gehoben wird. Sobald die Reduction für
beendigt angesehen werden kann, wird die Flüssigkeit durch Gasentwickelung in einem
angefügten Kolben in die Säureflasche gedrängt, wodurch der Farbstoff gefällt wird.
Man bringt die saure Flüssigkeit des zweiten Ballons, worin die braungelben Flocken
sich befinden, sofort auf ein Filter, das unter einer mit Wasserstoffgas gefüllten
Glocke steht, und wascht mit gekochtem Wasser aus, bis das Filtrat nicht mehr sauer
abläuft, und trocknet den Niederschlag bei mäßiger Temperatur. Er scheint, sobald er
einmal zusammengeballt ist, nicht stark durch den Sauerstoff der Luft verändert zu
werden, wenigstens bleibt die Farbe des trockenen Pulvers unverändert gelbbraun.
Die Analyse dieses Körpers ergab Resultate, die von denjenigen Schützenberger's abweichen.
1 und 2 sind mit dem nicht sublimirten Körper von Hrn. Rosa, 3 mit dem sublimirten von mir erhalten.
I.
II.
III.
C
=
70,58
70,91
71,01
H
=
4,77
4,89
4,91
O
=
24,65
24,20
24,08
Es erfordert die Formel
C⁴⁰H¹⁶O¹⁰
C
=
71,30
H
=
4,76
O
=
23,8
Es ist möglich, daß die Reduction bei Schützenberger nicht
vollkommen war, oder daß sein Product Sauerstoff aufnahm. Das reducirte Purpurin ist
ein viel mehr Wasserstoff enthaltender Körper, als das Alizarin.
Dasselbe ist sehr leicht in langen goldgelben glänzenden Nadeln sublimirbar; stellt
man das Pulver mit Papier bedeckt nur bei 120° C. in den Trockenkasten, so
färbt sich die untere Seite des Papiers gelb und auf dem Pulver selbst sieht man
einen Anflug kleiner Kryställchen. Das reducirte Purpurin ist in Alkohol und Aether
mit hellgelber Farbe leicht löslich, weniger leicht in Wasser, auch wenig in Benzol;
die Lösungen halten sich an der Luft lange unverändert. In Alkalien löst es sich bei
Luftabschluß gelb, es wird aber die Lösung durch Luftberührung roth. Es löst sich
auch mit gelber Farbe in Alaunlösung.
III. Pseudopurpurin.
Es war von Hrn. Schützenberger mir etwas von dieser
Substanz übergeben worden, das überschrieben war „a
donné C 61,06, H 2,95.“ Dieses Resultat ist unter den
vier Analysen, die er mittheilt, nicht angeführt, obschon es denselben sehr nahe
kommt. Hr. Dr. Brigel machte
zwei übereinstimmende Analysen von der überschickten Substanz; sie lieferten:
I.
II.
C
=
63,01
C
=
63,62
H
=
3,69
H
=
3,63
O
=
33,30
O
=
32,75
Dieselben entsprechen
I.
II.
C40H14,1O15,6
C40H13,7O15,4.
Schützenberger leitet aus den vier Analysen, die er mit
Schiffert machte, die Formel
C⁴⁰H¹²O¹⁸ ab und nennt den Körper
Trioxylizarine.
Die hier erhaltenen ganz gut stimmenden Resultate lassen den Körper als von ähnlicher
Zusammensetzung wie das Purpurin erscheinen: es würde ihnen die allgemeine Formel
C⁴⁰Hn On + 2 zukommen, und es fielen beide zwischen γ und δ der
obigen Purpurine von ungleichem Wassergehalt mit den Formeln
C⁴⁰H¹³O¹⁵ und
C⁴⁰H¹⁴O¹⁶.
Von Hrn. Rosa wurde das Pseudopurpurin in einer zur
Analyse nicht ausreichenden Menge erhalten. Wenn das Gläschen, worin Herr Schützenberger sein Präparat schickte, vielleicht aus
Versehen eine unrichtige Ueberschrift bekam, so wäre der Widerspruch ziemlich
gelöst.
IV. Orangegelber Farbstoff.
Eine Analyse, die mit einem Theile des mir von Hrn. Schützenberg er zugesandten Orangefarbstoffes vorgenommen wurde, ergab die
Resultate I., eine andere, die Hr. Rosa mit der von ihm
dargestellten Substanz ausführte, die Resultate II.
I.
II.
C
=
62,66
61,01
H
=
4,41
4,57
O
=
32,93
34,42
Dieser Procentgehalt entspricht
I.
II.
C40H16,9O15,7
C40H17,97O16,91.
Die Formeln ergeben ein Wasserstoffatom mehr als Sauerstoff (C⁴⁰Hn + 1
On), während Schützenberger diesem Orange auf Grundlage
von fünf Analysen die Formel C⁴⁰H¹⁶O¹⁸
gibt, wornach es ein Hydrat des Purpurins wäre. Nach unseren Analysen stellte es
sich eher als ein Alizarin mit 3 oder 4 Atomen Wasser dar,
C⁴⁰H¹³O¹² + 3 HO oder
C⁴⁰H¹³O¹² + 4 HO.
Das Orange löst sich in Kalilauge mit rother Farbe, die einen deutlichen Stich in's
Violette hat, d.h. carmoisinartig ist, ähnlich einer Fuchsinlösung in dünner
Schichte oder einer ammoniakalischen Carminlösung.
Der gelbe Farbstoff, den Schützenberger aus dem Kopp'schen Rohpurpurin
ausschied, und der nach seinen Angaben auch von Hrn. C. Lauth entdeckt wurde, war von Hrn. Rosa nicht
in einer zur Analyse ausreichenden Menge erhalten worden.
V. Alizarin.
In dem deutschen Auszug aus Schützenberger's zweiter
Abhandlung, der sich in Erdmann's Journal für praktische
Chemie a. a. O. findet,
heißt es: „Dem wichtigsten Farbstoff des Krapps, dem Alizarin, wird
gewöhnlich die Formel C²⁰H⁶O⁶ zugelegt, und da Bolley an der Richtigkeit dieser Angaben neuerdings
gezweifelt hat, so habe ich mit völlig reinem, schön krystallisirtem Alizarin
wiederholte Analysen angestellt, die die obige Formel nur
bestätigen.“ Ich habe in meiner früheren Abhandlung über die
Zusammensetzung der Krapp-Pigmente allerdings mich dem Proteste
angeschlossen, den Schunck gegen die Strecker'sche Formel aussprach, meine Ansicht aber nicht
auf eigene, sondern mehrere Analysen von Schunck und von
Debus gestützt.
Schunck ertheilt dem krystallisirten und sublimirten
Alizarin die Formel C¹⁴H⁵O⁴ + 3 HO, während Debus C³⁰H¹⁰O⁹ aus
seinen Analysen ableitet. Wolff und Strecker haben nur den Kohlenstoffgehalt des Alizarins bestimmt. Analysirt
wurde der Körper außer von Schunck und Debus noch von Robiquet, von
Schiel, seither von Schützenberger, und in Folge der Widersprüche neuerlichst von Rosa und mir.
Stellen wir alle diese Analysen zusammen und berechnen aus jeder derselben die sich
ergebenden Atome an Wasserstoff und Sauerstoff, wenn der Kohlenstoff zu 40 Atomen
angenommen wird, so werden wir am deutlichsten erkennen, daß mit einer einzigen
Ausnahme alle für einen Wasserstoffüberschuß sprechen,
der in der Mehrzahl der Fälle so bedeutend ist, daß er nicht als Beobachtungsfehler
angesehen werden kann. Wenn die älteren Analysen, da man noch gewohnt war, die
organische Substanz im Mörser mit dem hygroskopischen pulverigen Kupferoxyd zu
mengen, ein Hinzukommen von Wasser von Außen befürchten lassen, so trifft dieser
Zweifel nicht diejenigen von Schunck und Debus (1848), welche mit dem nicht hygroskopischen
chromsauren Bleioxyd ausgeführt wurden. Die unserigen wurden alle im Schiffchen mit
vollkommen trockenem Luft- und Sauerstoffstrom vorgenommen.
Es erhielt Schunck
Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVI S.
175.
a. mit lufttrockenem Alizarin:
I.Schunck schreibt den zu geringen
Wasserstoffgehalt einem Wasserverlust beim Reiben im heißen Mörser
mit heißem chromsaurem Bleioxyd zu.
II.Schunck schreibt den zu geringen
Wasserstoffgehalt einem Wasserverlust beim Reiben im heißen Mörser
mit heißem chromsaurem Bleioxyd zu.
III.
C
=
56,97
56,94
57,02
H
=
4,19
5,13
5,87
O
=
38,84
37,93
37,11,
dieß entspricht:
I.
II.
III.
C40H16,6O20,4
C40H21,6O19,9
C40H24,7O19,5.
b. mit bei 100° getrocknetem Alizarin:
IV.
V.
VI.
C
=
69,09
69,15
69,14
H
=
3,88
4,04
4,11
O
=
27,03
26,81
26,75,
dieß entspricht:
IV.
V.
VI.
C40H13,4O11,7
C40H14O11,5
C40H14,2O11,8.
c. mit sublimirtem Alizarin:
VII.
VIII.
C
=
69,48
69,73
H
=
3,75
3,71
O
=
26,77
26,56,
welches entspricht:
VII.
VIII.
C40H12,9O11,5
C40H12,8O11,4.
d. später erhielt SchunckAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXXXI S.
336. (1852) mit Alizarin bei 100° getrocknet:
IX.
C
=
69,37
H
=
4,07
O
=
26,56,
entsprechend:
C40H14,9O11,4.
DebusAnnalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXVI S.
351. erhielt:
X.
XI.
XII.
C
=
68,95
68,98
68,98
H
=
3,79
3,80
3,78
O
=
27,26
27,22
27,22,
dieß entspricht:
X.
XI.
XII.
C40H13,1O11,8
C40H13,2O11,8
C40H13,1O11,8.
SchielAnnalen der Chemie und Pharmacie.
erhielt a. mit krystallisirtem Alizarin:
XIII.
C
=
76,20
H
=
3,93
O
=
28,87,
was entspricht:
C40H14,0O12,8.
b. mit sublimirtem Alizarin:
XIV.
C
=
67,71
H
=
4,51
O
=
27,78,
was entspricht:
C40H16,0O12,4.
RobiquetAnnales de Chimie et
Physique [2] t. XXXIV p. 225. erhielt:
XV.
C
=
69,72
H
=
3,74
O
=
26,54,
was entspricht:
C40H12,8O11,4.
SchützenbergerA. a.
O erhielt:
XVI.
XVII.
C
=
68,70
69,06
H
=
3,48
3,52
O
=
27,82
27,42,
welches entspricht:
XVI.
XVII.
C40H12,1O12,1
C40H12,2O11,9.
Rosa erhielt:
XVIII.
XIX.
C
=
69,52
69,57
H
=
3,85
3,65
O
=
26,63
26,78,
entsprechend:
XVIII.
XIX.
C40H13,1O11,6
C40H13,1O11,5.
Ich selbst erhielt (von dieser Analyse wird unten nochmals die Rede seyn):
XX.
C
=
68,91
H
=
3,92
O
=
27,17,
was entspricht:
C40H13,5O11,8.
Wird die Analyse I beseitigt, was aus den von Schunck
angegebenen Gründen geschehen muß, und weil sie nicht einmal zu einer Formel
C⁴⁰H¹²O¹² verwendbar wäre, da sie zu wenig
Wasserstoff angibt, so bleibt von sämmtlichen übrigen 19 Analysen nur Nr. XVI von
Schützenberger, welche direct zu einem sogenannten
Kohlenhydrate führt, und XVII, die sich einem solchen nähert. In allen übrigen ist,
bei der Annahme, das Alizarin enthalte 40 Atome Kohlenstoff, der
Wasserstoffüberschuß über den Sauerstoff durch H¹² + 1
O¹² oder H¹² + 2 O¹², ja bei einigen
selbst durch H¹² + 3 O¹² und darüber ausdrückbar, in
welch letzteren Fällen (III. u. XIV.) ich geneigt bin, Wasserzutritt während der
Analyse anzunehmen. Wie ich in meiner früheren Abhandlung bemerkte, schließt sich
die Formel C⁴⁰H¹³O¹² am genauesten an die
große Mehrzahl der
Analysen an, und diejenige C²⁰H⁷O⁶ läßt sich aus
mehreren Analysen, wie V., VI., IX., XX., ohne Zwang ableiten.
Ich habe übrigens in meiner früheren Abhandlung, zu einer Zeit, da ich eigene
Analysen des Alizarins noch nicht gemacht hatte, auf die Aenderung der geltenden
Formel C²⁰H⁶O⁶ nicht großes Gewicht gelegt, und war nur
durch den Umstand dazu aufgefordert worden, auf ihre Schwächen aufmerksam zu machen,
weil ich an eine Isomerie von Alizarin und Purpurin nicht glauben konnte, für welch
letzteres, aus den Analysen von Debus und denjenigen, die
ich mit dem weingeistigen Extractrückstand des Kopp'schen
Purpurins anstellte, auch die Formel C²⁰H⁶O⁶ abgeleitet
worden war. Da nun die neuere Untersuchung des von Schützenberger und Schiffert weiter gereinigten
Purpurins zu einer von C²⁰H⁶O⁶ verschiedenen Formel
führte, fallen die genannten Bedenken weg. Aber auf dem Boden des Positiven stehend,
muß man an der Formel C²⁰H⁶O⁶ Zweifel aufrecht erhalten.
Um diese Zweifel vollkommen zu rechtfertigen, mußte ich den langen Weg der
Zusammenstellung und Zergliederung aller bekannten Analysen einschlagen.Stimmt der in der Phtalreihe so lange gesuchte
und nun von Gries und Martius gefundene Körper C²⁰H⁶O⁶
vielleicht deßhalb nicht mit Alizarin, weil dieses anders zusammengesetzt
ist, und ist die Annahme einer Isomerie unnütz?
VI. Reduction des Alizarins.
Wird Alizarin, so wie oben für das Purpurin angegeben wurde, mit Kalilauge, in der
sich Zink und Eisenstücke befinden, zusammengebracht, so ändert sich die Farbe der
Anfangs violetten Lösung in Braungelb. Die Umänderung geschieht aber etwas
langsamer, als beim Purpurin, und hinzutretende Luft stellt leicht an der Oberfläche
der Flüssigkeit das Blauroth her. Das angewandte Alizarin war aus dem E. Kopp'schen „Alizarine
verte,“ welches bekanntlich durch Einwirkung von schwefliger
Säure auf Krapp dargestellt wird, durch Alkohol ausgezogen und durch Krystallisation
gewonnen worden. Weil die Möglichkeit vorlag, die schweflige Säure, eine
selbstreducirende Substanz, könne an der Reducirbarkeit dieses Alizarins durch eine
schon eingeleitete Veränderung Ursache seyn, hat Hr. Rosa
auf meinen Wunsch Alizarin nach der Schunck'schen, von
Wolff und Strecker etwas
modificirten Methode dargestellt. Aber auch dieses verhielt sich in dem
beschriebenen Reductionsverfahren ganz gleich. Es ist ganz und gar kein Zweifel, daß
das Alizarin reducirbar ist. Die durch Säure gefällte Substanz ist braungelb, und
bleibt es beim Trocknen, auf Papier gestrichen erscheint sie gelb. In Wasser ist es etwas
schwerer löslich als in Aether und Alkohol, die Lösungen sind gelb. Mit einer
alkalischen Lösung zusammengebracht, färbt es diese bald violett, wohl durch
Wiederverwandlung in Alizarin.
Obschon die weingeistige ätherische und wässerige Lösung des reducirten Körpers so
wie er selbst im trockenen Zustande gelb oder braungelb bleiben, kann diese
Erscheinung doch nicht wie beim Purpurin als ein Beweis seiner Unveränderlichkeit
durch Sauerstoffzutritt angesehen werden, denn wie bekannt, ist das Pulver gefällten
Alizarins häufig braungelb, und dessen Lösungen auch nicht entschieden roth, sondern
mehr gelb. Es ist im Gegentheil aus den Analysen des Körpers zu entnehmen, daß er
nur schwer vor einer Rückbildung in Alizarin bewahrt werden kann.
Herr Rosa erhielt mit nicht sublimirter, von ihm
dargestellter Substanz:
I.
II.
C
=
62,31
C =
63,30
H
=
4,44
H
= 4,19
O
=
33,25
O =
32,41,
was entspricht:
I.
II.
C40H17,1O16,0
C40H15,90O15,39.
Der Wasserstoffüberschuß über den Sauerstoff ist, wie man sieht, jedenfalls nicht
größer als im Alizarin, es erscheint vielmehr der Körper als ein Alizarin mit 3
Atomen Wasser in II., mit 4 Atomen in I.
Dieß Ergebniß veranlaßte mich unter Anwendung möglichster Sorgfalt gegen Luftzutritt,
Alizarin zu reduciren und aus der Lösung zu fällen. Die frisch gefällte Substanz
wurde mit ausgekochtem Wasser rasch ausgewaschen und zwischen Papier ausgepreßt,
sodann schnell in frischem Papier getrocknet.
Die Analyse ergab:
C
=
61,97
H
=
4,89
O
=
33,14
Dieß entspricht C40H18,9O16,0
was einen entschieden größeren Wasserstoffüberschuß bekundet,
als er im Alizarin vorkommt.
Wird das Alizarin als C⁴⁰H¹³O¹² angesehen,
so wäre dieser Körper C⁴⁰H¹³O¹² + H + 4
HO. Wenn man aber bei der Formel C²⁰H⁶O⁶ bleiben will,
so wäre er C²⁰H⁶O⁶ + 1 H + 2 HO, auf alle Fälle ein
Hydrür des Alizarins, das sich unter gleichzeitiger Aufnahme von HO bildet.
Da wir beobachteten, daß die gelbe, durch das Reductionsmittel entstandene Substanz
in der Hitze zu langen gelbrothen Nadeln sublimirt, machte ich eine weitere Analyse
mit dem zwischen zwei Uhrgläsern sublimirten Körper. Die Ergebnisse derselben sind
aber von der Art, daß angenommen werden muß, es entstehe durch Sublimation Alizarin.
Ein ziemlich voluminöser kohliger Rückstand ist auch bei sorgfältigst geleiteter
Erhitzung nicht zu vermeiden, wodurch dargethan ist, daß Zersetzung stattfindet. Ob
vielleicht bei Erhitzung unter vollkommenem Sauerstoffabschluß, etwa in einer
Wasserstoff- oder Kohlensäure-Atmosphäre, die Sublimirbarkeit der
Substanz an sich ohne Zersetzung ausführbar wäre, konnte aus Mangel an Material
nicht entschieden werden. Die Analyse des Sublimates ist oben bei Alizarin sub Nr. XX angeführt.
Es ergeben sich aus diesen vergleichenden Untersuchungen mehrerlei Unterschiede,
deren Ursachen mir unklar sind. Einiges mag sich aus dem Umstande erklären lassen,
daß alle die angewandten Scheidungsmittel nicht absolute Scheidungen geben und daß
trotz der Unbestreitbarkeit der von Schützenberger
beobachteten Thatsache, daß sich aus dem Kopp'schen
Purpurin Mehrerlei ausziehen lasse, dennoch von der einen Substanz etwas der anderen
beigemengt seyn mag. Immer deutlicher tritt uns die Ueberzeugung entgegen, daß die
Chemie der Krapp-Pigmente von einem Abschluß noch sehr weit entfernt ist. Als
Hauptresultat geht aus den Untersuchungen Schützenberger's und dem Obigen hervor, daß das Purpurin ein Oxyd des Alizarins ist, über den Wassergehalt desselben
herrscht eine für diese Materien unwichtige Differenz. Die Anschauungen über die
Zusammensetzung des Alizarins, ob es ein Kohlenhydrat sey oder ein Atom H im
Ueberschuß habe (wenn 40 Atome Kohlenstoff darin angenommen werden, was in diesem
Falle geschehen muß), gründen sich auf laxere oder strengere Deutung der Analysen;
für die eine spricht Einfachheit, für die andere genauerer Anschluß an die Analysen.
Ueber diese Abweichungen wird man erst hinwegkommen, sobald Untersuchungen
auftreten, die über die Zusammensetzung des Pigmentes haltbare theoretische
Aufschlüsse geben, Spaltungen z.B. Wie die Sache in diesem Augenblick steht, ist die
Wahl der Formel ohne großen Einfluß auf andere Betrachtungen, wenn man nicht die
Formeln der spaltbaren Ruberythrinsäure Rochleder's (die
aber auf die Purpurinbildung ohnehin nicht paßt und darum als sehr zweifelhaft
gelten muß) hieher zählen will. Die Zusammensetzung des sogen. Pseudopurpurins und
des Orangefarbstoffes erscheinen als noch vollkommen unaufgeklärt.
VII. Ueber die Möglichkeit der
Umwandlung des Purpurins in Alizarin.
SchielA. a. O. führt an: „Indem
ich einen Platintiegel von 3 Centimeter Höhe zu 1/4 mit Krapp-Purpur
füllte, auf den Tiegel einen mit etwas Papier zugestopften kleinen Trichter
setzte, und im Sandbad auf der Lampe vorsichtig erhitzte, erhielt ich eine Menge
der schönsten Krystalle von kirschrother Farbe bis zu einer Länge von 2 1/2
Centimetern. Diese Krystalle geben jedoch mit Kali nicht mehr eine rothe, sondern eine violette Lösung. Der in dem Tiegel zurückbleibende Theil gibt, wenn
man nicht zu stark erhitzt hat, mit Kali dieselbe violette Farbe.“
Wolff und Strecker
Annalen der Chemie und Pharmacie, Bd. LXXV S.
1. sagen in einer Anmerkung zu ihrer Abhandlung über die rothen
Farbstoffe des Krapps: „Die Angabe Schiels, daß
der sublimirte Krapp-Purpur (Purpurin) sich mit blauer Farbe in Kalilauge
löse, können wir nicht bestätigen; wiederholt sublimirtes Purpurin wurde von
Kalilauge mit rein hochrother Farbe aufgenommen.“ Ich habe schon
früher angegeben, daß ich die der Schiel'schen
widersprechende Erfahrung von Wolff und Strecker bestätigen müsse.
Auch jetzt noch steht fest, daß das sublimirte Purpurin die unveränderte Reaction des
unsublimirten hat. Herr Rosa hatte sich bei den
vielfachen vorgenommenen Sublimationsversuchen mit den verschiedenen erhaltenen
Producten überzeugt, daß im kohligen Rückstand stets noch Farbstoff vorhanden sey
und fand beim Uebergießen eines solchen Purpurinrückstandes mit Kalilauge, daß sich
dieser blauviolett färbte. Das brachte die Notiz Schiel's
in Erinnerung und gab Anlaß zu weiterer Verfolgung des Verhaltens. Man konnte aus
den bisherigen Beobachtungen schließen, daß zur Hervorbringung der dem Alizarin
eigenen Reaction eine Hitze erforderlich sey, welche etwas höher liegt, als die zur
Sublimation nöthige, weil das Sublimat nicht, wenigstens am häufigsten nicht, der in
dem Kohlenrückstand aber eingeschlossene Theil des Purpurins, welcher höhere Hitze
erfuhr, die Reaction gab.
Es wurden mehrere Portionen Purpurin in zugeschmolzenen Röhren in ein Oelbad gebracht
und auf 210–220° C. erhitzt, und es zeigte sich, daß der sublimirte an
dem oberen Röhrenende angesetzte Theil des Farbstoffes nach dem Herausnehmen und
Uebergießen mit Kalilauge die blaue Reaction sehr schön lieferte, ja die Lösung war
viel tiefer blau als die des gewöhnlichen sublimirten Alizarins. Auch der kohlige
Rückstand gab eine blaue, wenn auch trübe alkalische Lösung, die etwas verdünnt, filtrirt und mit
Salzsäure versetzt einen rothgelben Körper fallen ließ, der sublimirbar und in
Alkalien mit blauvioletter Farbe löslich war.
Fünf Röhren wurden mit Purpurin versehen und zugeschmolzen in einem Papinianischen
Topf auf 150° C. erhitzt, bei dieser Temperatur eine herausgenommen und mit
der Hitze allmählich gestiegen und eine Röhre um die andere Weggenommen, bis zuletzt
auf 220° C., bei welcher Temperatur die letzte Röhre entfernt wurde. Es
zeigte sich, daß die ersten Röhren nur schwach, die letzten aber stark die violette
Färbung mit Aetzkali gaben.
Ein Versuch, Purpurin in überhitztem Wasserdampf, dessen Temperatur zuletzt auf
185° C. gestiegen war, zu sublimiren, ergab, daß die anfänglich
übergegangenen Partien kaum verändert waren, während die letzten bei höherer
Temperatur sublimirten den violetten Stich in alkalischer Lösung deutlich
zeigten.
Da die blaurothe Färbung mit Alkalien die deutlichst charakterisirende Reaction des
Alizarins gegenüber dem Purpurin ist, mag es als zulässige Conjectur erscheinen, die
beschriebenen sehr deutlichen Wahrnehmungen einer Umwandlung des Purpurins in
Alizarin zuzuschreiben.
Diese Umwandelbarkeit im größeren Maaßstabe und ohne zu starke Verluste, wäre ein für
die gesammte Krappindustrie unberechenbarer Gewinn. Anzudeuten ist noch, daß
möglicherweise das Einschließen der türkischroth-gefärbten Garne und Stoffe
in Autoclaven, um sie einige Stunden lang einer höheren Temperatur, zum Behufe des
„Schönens“ oder „Avivirens“
auszusetzen, eine Umwandlung des Purpurins in Alizarin, beziehungsweise des
Purpurinlackes in Alizarinlack zum Erfolg hat. Freilich ist eine solche Annahme vor
der Hand nur mit allem Vorbehalt zu machen.
VIII. Färbeversuche.
Es wurden Zeugstücke, die für Roth, Violett, Braun (Puce)
und Schwarz gebeizt waren, mit destillirtem Wasser und gleichen Gewichtsmengen der
folgenden Farbstoffe zusammengebracht und zusammen auf einem Dampfbade, in der für
solche Versuche gebräuchlichen Weise, einer allmählichen Zunahme der Hitze
ausgesetzt: 1) Alizarin; 2) reducirtes Alizarin; 3) Purpurin; 4) reducirtes
Purpurin; 5) Orangefarbstoff; 6) Pseudopurpurin. Nachdem die Färbung tief genug
erschien, wurden die Zeugstückchen herausgenommen, in die Gläser auf einen
Centigramm Farbstoff 1 Centigramm Kreidepulver gegeben und mit neuen Stückchen Zeug
gefärbt. Der ganze hierbei bemerkbare Unterschied war, daß 1, 2, 3 und 6 nach dem
Kreidezusatz stärker in die ungeheizten Stellen einschlugen als vorher.
Die erhaltenen Farben zeigten folgende Nüancen:
Roth.
Violett.
Braun.
Schwarz.
1) Alizarin.
satt, gelblicherTon.
etwas graulich.
weniger sattals Purpurin.
tief.
2) Reducirtes
Alizarin.
Durchweg dem Alizarin sehr ähnlich.
3) Purpurin.
ziemlich feuriggelblich.
mehr röthlicherStich.
sehr tief.
gut gesättigt.
4) Reducirtes
Purpurin.
schmutzig gelb,ohne allenrothen Ton.
matt gelblich.
fahlesRehbraun.
höchstens braun.
5) Orange.
Dem Alizarin ähnlich, aber weniger
intensiv.
6) Pseudopurpurin.
Alle Töne etwas tiefer als mit
Purpurin.
Nach dem Kochen mit
Seife.
1) Alizarin.
feurig roth.
bläulicherStich.
tiefesRothbraun.
sehr vollkommen.
2) Reducirtes
Alizarin.
Fast nicht verschieden von Alizarin.
3) Purpurin.
etwas mehrgelblich als vonAlizarin.
rötheres Violettals Alizarin.
wie Alizarin.
wie Alizarin.
4) Reducirtes
Purpurin.
rosa.
matt.
lederfarbentrüb.
nur braun.
5) Orange.
etwas gelblich.
gräulicherStich.
wenigerrothbraun alsAlizarin.
nicht ganz tief.
6) Pseudopurpurin.
Nicht von Purpurin zu unterscheiden
Es geht mehrerlei Lehrreiches aus dieser Tabelle hervor:
a) Daß das reducirte Alizarin sich
beinahe ganz wie Alizarin verhält, wodurch die obige Beobachtung der leichten
Zurückführbarkeit in Alizarin eine Bestätigung findet.
b) Daß dagegen das reducirte Purpurin
auffallend verschiedene Resultate von Purpurin gibt, indem es wenig und in allen
Beizen mit trübgelblichem Stiche färbt.
c) Daß dieser Körper sich am
energischsten durch Seife verändert, indem das schmutzige Gelb auf der Rothbeize
in schönes Rosa umgewandelt wird.
d) Daß das Pseudopurpurin sich ganz
ähnlich wie Purpurin verhält, ja fast etwas besser als dieses; die
Zusammensetzung beider ließ erwarten, daß sie sich auch beim Färben gleich
verhalten.