Titel: | Ueber eine Eisenbeize, welche zum Schwarzfärben der Seide angewendet wird; von C. Mène. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XIX., S. 61 |
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XIX.
Ueber eine Eisenbeize, welche zum Schwarzfärben
der Seide angewendet wird; von C.
Mène.
Aus den Comptes rendus, t. LXIII p. 394; August
1866.
Mène, über eine Eisenbeize zum Schwarzfärben der
Seide.
Beim Schwarzfärben der Seide bedient man sich seit einigen Jahren zu Lyon,
Saint-Etienne, Saint-Chamond etc. eines Präparates, welches man
gewöhnlich „rouille“ (Rostbeize)
nennt; dasselbe ist ein Eisensalz, welches man hernach mit Gallussäure, Gerbsäure
etc. verbindet. Diese Rostbeize wird gegenwärtig (in Frankreich) in mehreren
chemischen Fabriken im Großen dargestellt; in Lyon allein erreicht ihr täglicher
Verbrauch die Ziffer von 12000 Kilogrammen.
Das fragliche Präparat ist immer in flüssigem Zustande; es hat eine dunkle braunrothe
Farbe; nach Verlangen wird es in einer Stärke von 40 oder 45° Baumé
geliefert, und die 100 Kilogr. kosten im Großverkauf 12 bis 15 Francs. Mit
40° Baumé zeigt es eine Dichtigkeit von 1,300, und mit 45° B.
von 1,350. Diese Ziffern sind der Durchschnitt von mehr als sechzig verschiedenen
Proben, welche ich zur Verfügung hatte. Die Analyse dieser Rostbeize gab mir im
Mittel:
Beize von40° Baumé
Beize von45° Baumé
Eisenoxydul
0,015
0,015
Eisenoxyd
0,165
0,200
Schwefelsäure
0,175
0,205
Salpetersäure
0,005
0,005
Salzsäure
0,010
0,005
Wasser
0,630
0,570
––––––
–––––––
1,000
1,000
Diese Zusammensetzung entspricht, – wenn man von dem Wasser und von der
Salpetersäure und Salzsäure, welche nur zufällige Bestandtheile sind, absieht
– der Formel Fe²O³, 2 SO³. Das Präparat stimmt daher mit
dem in Deutschland fabricirten überein, welches Fr. Stolba im J. 1863 (im polytechn. Journal Bd. CLXIX S. 144) beschrieben hat und in folgender Weise zusammengesetzt
annimmt:
neutrales schwefelsaures Eisenoxyd (Fe²O³, 3
SO³)
36,88
Eisenchlorid (Fe²Cl³)
7,98
basisch-salpetersaures Eisenoxyd (Fe²O³,
NO⁵)
3,22
Wasser
51,92
––––––
100,00
Es ist dasselbe Product, welches Mans erhielt (Chimie générale par
Pelouze
et
Fremy, t. II), indem er neutrales schwefelsaures
Eisenoxyd mit einem Ueberschuß von. Eisenoxydhydrat digeriren ließ; nur ist es auf
andere Weise bereitet.
Die Analyse dieser Rostbeize habe ich in folgender Weise ausgeführt: Ein gewisses
Gewicht der Flüssigkeit wurde mit Ammoniak behandelt, um das als Oxyd vorhandene
Eisen zu fällen; dann mit angesäuertem Chlorbaryum, um die Schwefelsäure zu
bestimmen. Eine andere Portion der Beize wurde mit Salpetersäure behandelt und dann
mit Ammoniak gefällt, um das Gesammtgewicht des Eisens zu erhalten, von welchem das
im ersten Versuche erhaltene Oxyd abgezogen, das Eisenoxydul ergab; die Salzsäure
wurde mit salpetersaurem Silber bestimmt; zur Bestimmung der Salpetersäure wurde
eine gewisse Menge der Flüssigkeit auf zweifach-schwefelsaures Natron
gegossen und dieses dann erhitzt, wobei man die sich entwickelnden Dämpfe in einer
Glasröhre über rothglühende Kupferdrehspäne leitete, um den Stickstoff dem Volum
nach zu bestimmen.
Die Rostbeize kann für die Färberei nach mehreren Methoden bereitet werden; zur
Darstellung im Großen wird meistens folgendes Verfahren angewendet: In einen großen
gußeisernen Topf bringt man 83 Kilogr. gewöhnlichen Eisenvitriol, 11 Kilogr.
Salpetersäure von 36° Baumé und 5 Kilogr. Schwefelsäure von 66°
Baumé; man erhitzt das Ganze gelinde, indem man die sich entwickelnden
salpetrigsauren Dämpfe aufsammelt. Das Eisenoxydul verwandelt sich in Oxyd und löst
sich in der Masse wieder auf; man setzt Wasser zu, um das Ganze zu lösen und auf den
gewünschten Aräometergrad zu bringen. Der Rückstand wird mit Salzsäure behandelt und
bildet dann Eisenchlorid, welches man der Rostbeize (betrügerischerweise) zusetzt;
man läßt endlich die Flüssigkeit mit einem Zusatz von Eisenfeile stehen, um die
überschüssigen Säuren zu sättigen.
Zur Darstellung der Rostbeize in den Laboratorien, oder in Färbereien welche ein
reines Product erhalten wollen, habe ich folgende Methode ermittelt: Man nimmt z.B.
200 Grm. Eisenvitriol und 250 Grm. Wasser, läßt kochen, und setzt dann allmählich in
kleinen Portionen 40 Grm. Salpetersäure von 36° Baumé zu; bei jedem
Zugießen von Säure entsteht ein Aufbrausen und es entwickeln sich röthliche Dämpfe;
die Flüssigkeit wird roth: man wartet stets das Ende des Aufbrausens ab, ehe man
eine neue Quantität Säure zusetzt. Die Operation ist beendigt, sobald kein
Aufbrausen mehr erfolgt. In der Regel wird man aber bei diesem Verfahren zu viel
Säure angewendet haben, daher man, um diesem Umstand abzuhelfen, eine Auflösung von
Eisenvitriol in Wasser, welche 35° Baumé zeigt (gleiche Gewichte
Eisenvitriol und heißes Wasser), so lange in kleinen Portionen zusetzt, bis alles
Aufbrausen aufgehört hat.Das Zugießen muß nach
und nach und in kleinen Quantitäten geschehen, sonst erhält man keine
Rostbeize.
Um die Seide mittelst der Rostbeize schwarz zu färben, verfahren die Färber in Lyon
folgendermaßen: Sie netzen zuerst die Seide mit angesäuertem Wasser; dann passiren
sie die Strähne während einer ganzen Nacht in einem Rostbad von 40°
Baumé; dieselben werden nun gewaschen und kommen dann in ein Bad von gelbem
Blutlaugensalz, welches 15° am Aräometer zeigt und mit Salzsäure angesäuert
wird; hernach werden sie in fließendem Wasser gewaschen. Will man die Seide
erschweren (was leider nur zu oft geschieht und die Ursache ist, daß die Farben
keine Dauer haben), so wiederholt man diese Operationen mehrmals.
Die Seide ist nun blau gefärbt; man gibt ihr dann ein lauwarmes
Campecheholz-Bad, mit ein wenig Zinnsalz, wornach man sie in ein kochendes
Catechu-Bad bringt, worin sie die ganze Nacht umgezogen wird. Am anderen Tage
gibt man, je nach der gewünschten Farbe, einen Grund von Campecheholz und holzsaurem
Eisen; man wascht und schönt endlich mit Citronensäure, wornach man in einem Bade
von mit Soda verseiftem Baumöl geschmeidig macht. Die Seide nimmt durch dieses
Verfahren um 25 bis 60 Procent an Gewicht zu.
Wenn man die Rostbeize abdampft, bis sie 50° an Baumé's Aräometer
zeigt, so erhält man eine röthlichschwarze Flüssigkeit, welche eine Dichtigkeit von
1400 hat. Dieses Product besitzt die Eigenthümlichkeit, nach einigen Tagen in den
festen Zustand überzugehen und gelb zu werden, ohne etwas von seinen Bestandtheilen
zu verlieren,Denn die Veränderung
erfolgt in verschlossenen Flaschen, wenn die Temperatur um + 5° C.
sinkt. wie folgende Analysen zeigen:
Rostbeizevon 50° B.
Rostbeize imfesten Zustande
Eisenoxyd
0,275
0,275
Schwefelsäure
0,275
0,275
Wasser
0,440
0,440
andere Säuren oder Unreinigkeiten
0,010
0,010
––––––
––––––
1,000
1,000
Behandelt man das feste Product mit Wasser, so löst es sich auf, und kann dann wieder
auf den gewünschten Grad abgedampft werden. Dieses Salz, welches wie das
vorhergehende die Formel Fe²O³, 2 SO³ × Aq hat, läßt sich zum Färben
benutzen, und gibt sogar, nach Versuchen welche ich durch Färber ausführen ließ,
bessere Resultate als die Rostbeize, weil es in seiner Zusammensetzung regelmäßiger
ist, nachdem es vorher im festen Zustande war.
Mit der Rostbeize der Färber erhielt ich, indem ich sie mit Schwefelsäure ansäuerte
und schwefelsaures Kali oder Ammoniak zusetzte, sehr reinen und sehr gut
krystallisirten Eisenalaun. Ich habe mit demselben sehr gelungene Versuche zum
Schwarz- und Blaufärben angestellt; hierbei kann die Seide aber niemals so
stark erschwert werden, wie durch die Rostbeize. Da dieser Eisenalaun eine bestimmte
Zusammensetzung hat, leicht zu verpacken und sehr bequem zu verwenden ist, so
empfehle ich ihn für die Praxis.
Beim Einweichen der Seide in die Rostbeize schlägt sich auf die Faser Eisenoxyd
nieder, denn die lange Zeit benutzten Bäder haben eine hellere Farbe und zeigen bei
der Analyse die Formel Fe²O³, 3 SO³.