Titel: | Die Photoplastigraphie; von A. F. Claudet. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. XLIV., S. 153 |
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XLIV.
Die Photoplastigraphie; von A. F. Claudet.
Mit einer Abbildung auf Tab. II.
Claudet's Photoplastigraphie.
Meine Erfindung betrifft einige neue Wege, um mittelst der Photographie plastische
Statuetten etc. zu erzeugen. Seit langer Zeit haben sich die Bildhauer der
photographischen Aufnahmen bedient, aber nur als Anhaltspunkte bei Arbeiten. Im Willême'schen Verfahren hingegen werden die
Umrisse der Photographie durch Vermittelung eines Storchschnabels auf einen
Thonblock übertragen. Je mehr verschiedene Aufnahmen man dabei anwendet, um so
vollkommener erhält man die Form, um so weniger Nacharbeitung ist erforderlich.
Ich verfahre in der Weise, daß ich die Photographien, mittelst der Camera obscura vergrößert, direct auf den Thonblock
werfe und ihren Contouren mit einem scharfen Instrumente folge. Der Thonblock steht
auf einem runden Bret, das um seine Achse A drehbar ist,
Figur 31.
Das Bret mit der Achse läßt sich vor- und zurückschieben, um das Einstellen
des Bildes auf dem Thonblock zu erleichtern, und ihn mit dem zum Ausschneiden
bestimmten Messer zusammen zu bringen. Das Negativ wird vergrößert auf den Block
projicirt. Indem der Künstler mit dem Messer den Umrissen des Negativs folgt,
schneidet er aus dem Block das Profil aus. Dann wird der Block gedreht, das folgende
Negativ eingestellt und das zweite Profil hervorgebracht, und so fort bis alle
verschiedenen Aufnahmen an der Reihe waren.
Weil das Bild der Camera obscura nur auf ebenen Flächen
correct ist, so läßt es sich nicht auf einen festen Körper werfen, ohne verzerrt zu
werden, besonders an den Stellen des Umkreises, auf welche die Bildstrahlen in der
schrägsten Richtung fallen. Da diese Theile des Blocks gerade diejenigen sind, aus
denen der Umriß der Photographie ausgeschnitten wird, so muß man durchaus diese
Verzerrung zu verhüten suchen. Folgendes Verfahren erfüllt diesen Zweck: es besteht
darin, daß man in den Block dort, wo der Umriß ausgeschnitten werden soll, eine
dünne Metallplatte hineinsteckt. Nachdem man den Umriß erhalten hat, zieht man die
Platte vorsichtig wieder heraus, und setzt sie darauf wieder so ein, daß sie die
Ebenen des zweiten Umrisses bezeichnet. So fährt man fort, bis die Form vollständig
ist. Die Platte muß selbstredend immer im rechten Winkel zum Messer stehen. Auf
diese Weise kommen wir allmählich zu einem ganz neuen Instrument, welches ich Plastimonograph genannt habe, um es von Willême's Pantograph zu
unterscheiden.
Um Verfahren und Instrument zu beschreiben, muß ich einige Vorbemerkungen machen.
Wenn die Metallplatte nicht in dem Block, sondern davor stände, in der genauen
Brennweite der Camera, und das Messer könnte beim Arbeiten diese Platte
durchdringen, so würde es gleichzeitig den dahinter liegenden Thonblock
durchschneiden. Obgleich diese Idee im ersten Moment unausführbar erscheint, so habe
ich doch ein Mittel gefunden, sie zu verwirklichen.
Könnte die Scheibe z.B. durch eine Dampfschicht ersetzt werden, deren Ebene genau in
die Brennweite des Objectivs fiele, so würde das Bild unbeweglich bleiben, wenn auch
die Dampfschicht auf- und abstiege. Es wäre dann möglich, mit dem einen Ende
des Messers die Contouren des Lichtbildes zu verfolgen und mit seiner Spitze im
Thonblock dieselben Contouren auszuschneiden, wobei natürlich das Messer stets
senkrecht zur Achse gehalten werden müßte. Ebensogut wie auf dem sich bewegenden
Dampf das Bild unbeweglich bleibt, so verändert es sich auch nicht, wenn man es nur
theilweise auf einem festen Körper, der in Bewegung ist, auffängt. Wenn man also in
der Bildebene eine kleine weiße Scheibe D anbringt und
diese in allen Richtungen hin- und herbewegt, so werden nach einander alle
Umrisse der Figur sich darauf abbilden. In der Mitte der Scheibe sey ein schwarzer
Punkt, mit diesem kann man leicht den Umrissen folgen. Wird diese Scheibe
perpendiculär auf einem Stift befestigt, dessen Spitze auf den Block gerichtet ist,
so macht dieser Stift alle Bewegungen der Scheibe mit; er schneidet also genau die
Umrisse der Photographie aus dem Thonblock aus. Hinter der Scheibe ist eine kleine
Lampe angebracht, die den Block hinreichend erleuchtet, ohne das Auge zu stören.
Da die Scheibe stets parallel mit der Bildebene bleiben, oder vielmehr ihre
Oberfläche stets genau mit der Bildebene zusammenfallen muß, damit der Stift oder
das Messer immer senkrecht zur Bildebene steht, so wird der Stift an dem Stab T, T befestigt, der in zwei Spalten gleitet und durch
das Gegengewicht P immer da festgehalten wird, wohin man
ihn lenkt. Man kann also mit Leichtigkeit die Scheibe mit dem Stift in jeder
beliebigen Richtung bewegen. (Photographisches Archiv.)