Titel: | Ueber die Luftpumpe von Deleuil; Bericht von Tresca. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LI., S. 187 |
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LI.
Ueber die Luftpumpe von Deleuil; Bericht von Tresca.
Nach dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juli 1866, S. 386.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Deleuil's Luftpumpe.
Ueber die Luftpumpe von Deleuil finden wir in der
vorliegenden Quelle einen auf eine ausführliche Untersuchung dieses Apparates
gegründeten Bericht. Indem wir letzteren der Hauptsache nach zunächst hier folgen
lassen, soll zugleich die detaillirte Einrichtung der neuen Luftpumpe dabei
berücksichtigt werden.
Nach den Erörterungen von Tresca unterscheidet sich die
Deleuil'sche Luftpumpe von den im Allgemeinen noch
beibehaltenen Constructionen namentlich durch folgende Anordnungen:
1) Sind die zur Hervorbringung der hin- und hergehenden Bewegung des Kolbens
gewöhnlich benutzten gezahnten Stangen – welche zu diesem Zwecke an der
Verlängerung einer jeden der Kolbenstangen angebracht sich befinden – durch
ein (Lahire'sches) Räderwerk mit innerem Eingriffe
ersetzt, welches ohne Anwendung einer besonderen Kurbel die Kolbenstange auf-
und abwärts zieht, während die Kurbel, die das Räderwerk in Bewegung versetzt,
beständig nach einem und demselben Sinne gedreht wird.
2) Die beiden Pumpenstiefel einer einfach-wirkenden Luftpumpe sind ersetzt
durch einen einzigen Stiefel mit doppelter Wirkung, von dem die beiden Kammern (auf
mittelbare Weise) durch ein Rohr mit dem Recipienten stets in Communication erhalten
bleiben. – Die Anwendung des Babinet'schen Hahnes
st auch bei dieser Construction nicht ausgeschlossen.
3) Das eigentlich Neue bei dem in Rede stehenden Systeme aber besteht – wie
dieß in der früheren Mittheilung von Deleuil selbst
ausführlich besprochen wurdePolytechn. Journal
Bd. CLXXVIII S. 192.
– in der Construction des Kolbens, der ohne Reibung, von hinreichender Länge
und an seiner Oberfläche mit transversalen Furchen versehen, die gewöhnlichen
Lederkolben mit Schmiere vortheilhaft dadurch ersetzen soll, daß die innerhalb der
Furchen während der Bewegung des Kolbens wirbelnde Luft – trotz der
mangelhaften Berührung zwischen Kolben und der inneren Seite des Stiefels –
die Communication zwischen den beiden Kammern des letzteren verhindern soll.
Daß die doppelt-wirkenden Luftpumpen mit continuirlicher Rotationsbewegung der
Kurbel etc. im Allgemeinen ausgezeichnete Resultate zu liefern vermögen, ist schon
durch früher bekannt gewordene Constructionen solcher Art herausgestellt worden; der
wesentliche Vortheil besteht nämlich darin, daß bei einer doppelt-wirkenden
Luftpumpe die Druckdifferenzen auf beiden Seiten des Kolbens sehr gering sind,
während bei den gewöhnlichen Constructionen die eine Seite des Kolbens immer dem
äußeren, die andere aber dem verminderten Luftdrucke ausgesetzt ist. Bei den
Luftpumpen der letzteren Art muß – oder vielmehr soll – der Kolben
luftdicht an den Cylinder anschließen, während bei einer doppelt-wirkenden
Luftpumpe die Anordnung des Kolbens von so wesentlichem Einflusse nicht ist –
wenn er von hinreichender Länge gemacht wird; – hingegen ist es dabei
wesentlich, daß die Kolbenstange durch Stopfbüchsen geht und jede directe Verbindung
des Stiefels mit der äußeren Luft vermieden wird. Bei der Deleuil'schen Luftpumpe geht die auf beiden Seiten verlängerte
Kolbenstange an beiden Enden des Stiefels durch Stopfbüchsen, wodurch zugleich die
vollkommen centrale Führung des Kolbens bewerkstelligt werden will.
Die in Rede stehende Luftpumpe ist in Fig. 1 in einer
vollständigen verticalen Ansicht, in Fig. 2 in einem zur Ebene
des Schwungrades parallelen Querschnitte durch die Achse des Stiefels dargestellt,
während in Fig.
3 der Kolben D in einem Querschnitte (in
wirklicher Größe) mit den an ihm angebrachten Furchen und der sog. Ventilstange M, M, welche auf die Saugventile zu wirken hat,
angegeben ist; die Einrichtung eines jeden der beiden Druckventile ist in Fig. 4 und die
eines jeden Saugventiles in Fig. 5 in einem
Querschnitte dargestellt.
An dem Gestelle A, A, das auf einem geeigneten festen
Stativ angebracht ist, finden wir zunächst die beiden durch drei Säulen
unterstützten Grundplatten C, C befestigt, innerhalb
welchen der Stiefel B der Pumpe in unverrückbarer Weise
festgehalten wird; der obere Theil des Gestelles trägt die Lager für das Räderwerk
G, G und die Achse der Kurbel sowie des Schwungrades
H, H. Der Stiefel B, von
einem inneren Durchmesser von 6 Centimeter und einer Höhe, resp. einem Kolbenhub von
22 Centimeter, ist an beiden Seiten seiner Achse an jeder der Grundflächen mit je
einem Ventile versehen; die beiden Saugventile, von welchen immer eines frei, das
andere durch die Ventilstange M, M verschlossen erhalten
wird, haben abwechselnd den oberen und unteren Theil des Stiefels mit dem Saugrohre
E in Verbindung zu setzen. Dieses Rohr ist in seiner
Mitte mit dem zweifach-durchbohrten Hahne N
versehen, durch welchen mittelst eines Leitrohres K die
Verbindung des Stiefels mit den Organen der Luftpumpe hergestellt wird, in welchen
eine Verdünnung stattfinden soll. Der Kolben D, 13
Centimeter lang und von einem Durchmesser, der nur um 1/20 Millimeter geringer als
der des Cylinders ist, hat eine genau centrisch angeordnete Stange, welche an der
oberen und unteren Grundfläche des Stiefels durch eine Stopfbüchse geht, und an
ihrem oberen Ende mit dem inneren Getriebe des Räderwerkes H (mittelst eines Gelenkes) verbunden ist. Jede dieser Stopfbüchsen (s.
Fig. 3)
ist in eigener Weise ausgestattet; in eine Schraubenwindung der Kolbenstange ist
nämlich eine kleine Schnur gelegt, welche mit Talg eingefettet, stark angezogen und
in der Büchse mittelst einer Schraube festgeklemmt erhalten wird. Bei gehöriger
Verlängerung der oberen Stopfbüchse – bemerkt Tresca – hätte man leicht die Anordnung treffen können, um dem
Kolben beim Hin- und Hergange die richtige verticale Führung zu geben, ohne
den Cylinder auch an der unteren Seite durchbohren zu müssen und die Kolbenstange
nach abwärts zu verlängern. Die abwechselnde Verbindung des oberen und unteren
Theiles des Stiefels mit der äußeren Luft wird durch das Rohr F hergestellt; dieses ist nämlich in seiner Mitte mit einem
doppeltdurchbohrten Hahne O (oder vielleicht mit zweien
von Innen nach Außen sich öffnenden Ventilen) versehen und mündet an den beiden
Grundflächen des Stiefels, wo es mit diesem mittelst der Druckventile in
Communication gesetzt ist; jedes dieser Ventile wird durch eine Feder geschlossen
erhalten und öffnet sich, wenn die Federspannung überwunden wird, gegen die Bohrung
des Rohres F zu.
Der eigentliche Evacuationsapparat ist, von der Pumpe getrennt, auf einem eigenen
Tische angebracht. Mittelst eines (vermuthlich über eine Drahtspirale gelegten)
Kautschukrohres K, K wird zunächst die Verbindung der
Saugröhre E mit dem Gefäße I
(éprouvette à dessécher)
hergestellt, das die Bestimmung hat, hygroskopische Substanzen auszunehmen, um die
aus dem Recipienten R kommende Luft vor ihrem Eintritte
in den Stiefel der Pumpe zu trocknen. Ein Kautschukrohr J stellt die Verbindung des Gefäßes I mit der
kurzen Barometerprobe L her, und diese ist in bekannter
Weise mit dem Recipienten R in Verbindung gesetzt.
Das Spiel dieser Luftpumpe ist beiläufig folgendes: Wird das Schwungrad H mittelst der Kurbel in Drehung versetzt, und dabei
beständig nach einem und demselben Sinne gedreht, so empfängt diese Bewegung
zunächst das an der Hauptwelle angebrachte Rad G, von
welchem dieselbe auf das innere Getriebe übertragen wird. Vermöge der genannten
Anordnung ahmt nun die Kolbenstange die Bewegungen dieses Getriebes nach, indem
dabei die rotirende Bewegung des letzteren für die Kolbenstange in eine alternirende
auf- und abwärtsgehende verwandelt und so der Kolben D bald von unten nach oben und sodann wieder von oben nach unten u.s.w.
bewegt wird. Nehmen wir an, der Kolben bewege sich von unten nach oben, so wird
jetzt das obere Saugventil geschlossen, das untere aber frei gemacht; die aus dem
Recipienten kommende Luft tritt daher in den unteren Theil des Stiefels und sammelt
sich in diesem an, während die oberhalb des Kolbens befindliche Luft sich das obere
Druckventil öffnet, um durch den oberen Theil des Rohres F bei O in's Freie zu gelangen. Hat der Kolben
seine äußerste Stellung nach oben angenommen, was nach einer halben Umdrehung des
Rades H etc. stattfindet, so wird von der nächsten Phase
an beim Rückgange des Kolbens das untere Saugventil geschlossen, die unterhalb des
Kolbens befindliche Luft öffnet sich das untere Druckventil und entweicht durch die
untere Hälfte der Röhre F in's Freie, während die aus
dem Recipienten kommende Luft, durch die obere Abtheilung der Röhre E gehend, den oberen Theil des Stiefels anfüllt u.s.w.
Vermöge der angeführten Dimensionen wird bei jedem Kolbenhub ein Volumen von 0,62
Liter, bei jeder ganzen Umdrehung also ein Volumen von 1,24 Liter in Thätigkeit
gesetzt.
Die von Tresca ausgeführten Versuche mit der neuen
Luftpumpe sollen nach dessen Angabe vortreffliche Resultate geliefert haben, nach
welchen die Anwendung dieses Apparates für Laboratorien sich als entschieden
vortheilhafter herausgestellt hat als die der gewöhnlichen Luftpumpen, welche
bekanntlich des wiederholten Reinigens und Schmierens etc. bedürfen; nur sey dabei
die nothwendige Bedingung zu erfüllen, daß die beiden Stopfbüchsen stets in dem
besten Zustande erhalten bleiben.
Bei Anwendung eines Recipienten on 6,5 Liter Rauminhalt erhielt man nämlich folgende
Resultate:
Zeit inMinuten.
Anzahl derUmdrehungen.
Angabe der Barometerprobein Millimetern.
.
11
160
.
15
140
.
18
100
.
21
80
.
25
60
.
30
20
.
32
Anwendung des supplementärenHahnes.
1
36
15
2
70
10
3
100
7,5
4
150
5,5
5
200
5
Während dieser Versuche blieb die Maschine fortgesetzt in Thätigkeit, und dennoch war
eine Erwärmung des Cylinders dabei nicht wahrnehmbar. Vergleichende Versuche, die
mit einer von Deleuil (dem Vater) seiner Zeit für das
Conservatorium der Künste und Gewerbe zu Paris angefertigten doppelstiefeligen
Luftpumpe einfacher Wirkung angestellt wurden, bei welcher jeder Stiefel einen
Kolbenhub von 0,32 Liter, also beide zusammen einen Kolbenhub von 0,64 Liter
zulassen, der beiläufig dem einfachen Kolbenhub der neuen Luftpumpe entspricht,
ergaben nach 1 Min. 25 Sec. bei 25 doppelten Kolbenhuben eine Verdünnung von 36,
nach 2 Min. 24 Sec. bei 50 doppelten Kolbenhuben eine Verdünnung von 7,5 Millimeter;
nachdem sodann der supplementäre (vermuthlich der Babinet'sche) Hahn in Thätigkeit versetzt worden war, erhielt man nach 3 Min.
25 Sec. bei 125 vollendeten Huben 6, und nach 4 Min. 45 Sec. bei 150 Kolbenhuben
keine weitere Verdünnung mehr, da wieder die Barometerprobe 6 Millimeter anzeigte.
Hieraus geht also offenbar hervor, daß die doppelstiefelige Luftpumpe rascher
evacuirte als die doppelt-wirkende, daß jedoch mit dieser unter nahe gleichen
Umständen ein höherer Verdünnungsgrad erhalten wurde als mit jener. Von Tresca wird übrigens noch erwähnt, daß die neue Luftpumpe
nur eines Arbeiters zur Bedienung bedarf, der ohne
Belästigung 40–45 Umdrehungen per Minute machen
konnte, während die (ältere) doppelstiefelige Luftpump zur Erlangung derselben
Resultate zwei Mann erforderte.
Zum Schlusse mag es gestattet seyn, auch einige Bemerkungen anzuführen, die unter
Anderem aus unseren eigenen Erfahrungen bei dem Baue und dem Gebrauche von
Luftpumpen hervorgegangen sind. Der gründliche Bericht von Tresca zeigt uns ohnehin, daß die gewiß sehr sinnreich ausgestattete neue
doppelt-wirkende Luftpumpe nur dann tadellos functionirt, wenn der Stiefel
vollkommen hermetisch geschlossen bleibt und seine Verbindung mit der äußeren Luft
nur durch eines der Druckventile hergestellt wird; die Anwendung der Kolbenart, wie
sie von Cavé und Isoard, und später auch für andere Zwecke, namentlich für calorische Maschinen
benutzt wurde, ist daher für Luftpumpen nur dann zulässig, wenn der genannten
Bedingung in der strengsten Weise Genüge geleistet wird; ob sich mit dieser
Bedingung die äußerst leichte Beweglichkeit der Kolbenstange in Einklang bringen
läßt, und ob dieselbe überhaupt für die Dauer erfüllt werden kann, darüber muß die
Erfahrung die nöthigen Anhaltspunkte liefern. Eine raschere Evacuation kann man mit
der doppelt-wirkenden Luftpumpe nicht hervorbringen, als mit der
doppelstiefeligen; sie steht sogar in dieser Beziehung der letzteren nach, und
gerade dieser Umstand ist für viele Versuche von nicht geringem Belange. Der
Verdünnungsgrad von 5 Millimeter Quecksilberdruck, den man nach 5 Minuten bei 200
Umdrehungen erhalten hat, ist zwar für viele Zwecke vollständig ausreichend, aber
der Arbeitsaufwand, welcher hierzu erforderlich war, ist viel größer als der, mit
welchem wir bei einer in unserem Gebrauche stehenden doppelstiefeligen
Hahnen-Luftpumpe einen viel stärkeren Verdünnungsgrad hervorzubringen
vermögen. Diese Luftpumpe (sie wurde im Jahre 1852 von dem nunmehr verstorbenen
Mechaniker Dietsche gefertigt) gestattete bei Anwendung
eines Recipienten von etwa 2 Liter Inhalt eine Evacuation von nur 1,5 Millimeter;
aber die Dauer dieser Verdünnung hielt bei mehreren Proben auch durch längere Zeit
an, so daß man nach einer Zeit von etwa drei Wochen keine andere Aenderung der
Barometerprobe zu beobachten im Stande war, als die, welche durch Wärmeänderungen
allein hervorgebracht wurden; die Luftpumpe erforderte zur Bedienung nur einen Mann.
Nicht bloß die Dauer, während welcher der Verdünnungsgrad von einer Luftpumpe
erhalten bleibt, ist übrigens außer den bereits schon genannten Umständen bei der
Untersuchung einer Luftpumpe gehörig in Erwägung zu ziehen, sondern auch die Phasen,
innerhalb welchen nach und nach die Verdünnung selbst eintritt, dürften wohl zu
berücksichtigen seyn; namentlich muß aber hervorgehoben werden, daß die Prüfung
einer Luftpumpe mittelst einer sogen. kurzen Barometerprobe immer unzuverlässig
bleibt; die Benutzung einer langen Barometerprobe bei solchen Gelegenheiten ist unerläßlich, da man
nur mit dieser feststellen kann, ob die Angaben der kleinen Barometerprobe richtig
sind oder nicht.
Die neue Deleuil'sche Luftpumpe bietet übrigens, wie schon
Tresca dieß gezeigt hat, mannichfache Vortheile dar:
die Trennung des Recipienten mit Zugehör von der eigentlichen Luftpumpe, um diese
gesondert von einander aufstellen zu können, eine Anordnung, die auch von anderer
Seite im letzten Jahrzehent angewendet worden ist, muß als ein sehr zweckmäßiges
Attribut angesehen werden; nicht weniger darf der glückliche Gedanke, die Luft vor
ihrem Eintritte in den Stiefel durch einen Trockenapparat gehen zu lassen, als sehr
vortheilhaft bezeichnet werden, da hierdurch zwei Hauptorgane der Luftpumpe, nämlich
Stiefel und Kolben, sowie nicht minder die Ventile u.s.w. wesentlich vor den
Einflüssen des Wasserdampfes geschützt bleiben. Es dürfte sogar als zweckmäßig
erscheinen, das Gefäß I während des Gebrauches der Luftpumpe auch noch mit
Substanzen zu versehen, welche die Kohlensäure und andere Gase und Dämpfe, die bei
manchen Versuchen unter dem Recipienten der Luftpumpe entwickelt werden, zu
absorbiren vermögen, da gerade durch derartige Einwirkungen die tadellose Thätigkeit
einer Luftpumpe am meisten in Frage gestellt wird.
C. K.