Titel: Differentialheber zur Beobachtung der Wasserstände von Flüssen und Seen, Brunnenschächten etc.; von Ingenieur A. Gressly aus Solothurn.
Fundstelle: Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LII., S. 194
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LII. Differentialheber zur Beobachtung der Wasserstände von Flüssen und Seen, Brunnenschächten etc.; von Ingenieur A. Gressly aus Solothurn. Aus der schweizerischen polytechnischen Zeitschrift, 1866, Bd. XI S. 101. Mit Abbildungen auf Tab. III. Gressly's Instrument zur Beobachtung des Wasserstandes von Flüssen etc. Zur Beobachtung der Wasserstände von Flüssen und Seen, sowie von Brunnenschächten, Bohrlöchern unter 30 Fuß Tiefe etc. fehlt es bis jetzt noch immer an zweckmäßigen Instrumenten. Bei offenen Gewässern bedient man sich des gewöhnlichen Pegels. Um genauere Ablesungen machen zu können, muß man sich aber immer in unmittelbare Nähe des Wasserspiegels begeben. Je nach der Uferbeschaffenheit und dem Grad der Unruhe des Wasserspiegels wird dieses Ablesen oft sehr schwierig, zur Nachtzeit sogar unmöglich, indem man meistens nicht im Stande ist, die Pegelscale genügend zu beleuchten. Aus gleichem Grunde ist auch das unmittelbare Ablesen des Wasserstandes in Brunnenschächten, Sodbrunnen, Bohrlöchern etc. ganz unmöglich. Die im Wasser stehenden Pegel haben auch noch den großen Nachtheil, daß sie der Verschlammung sehr ausgesetzt sind, und daß die Farbe nach 12 bis 15 Monaten in der Nähe des gewöhnlichen Wasserspiegels trotz aller Vorsichtsmaßregeln zerstört wird. Man hat schon auf verschiedenen Wegen diesen Uebelständen abzuhelfen versucht, besonders durch Schwimmer, welche einen Zeiger an einer Pegelscale mit dem Wasserspiegel auf- und abschieben. Auch hat man an den Meerhäfen Wasserstandsmesser angebracht, welche mittelst mechanischer Uebersetzung die großen Bewegungen des Wasserspiegels in verkleinertem Maaßstabe wiedergeben. Diese meist sehr sinnreich eingerichteten Apparate fallen aber immer sehr groß und kostspielig aus; auch sind dieselben der Beschädigung durch schwimmende Körper und dem Einfrieren sehr ausgesetzt, wenn nicht wie in Trieft und Cherbourg ganz abgesonderte Schächte, welche mit dem Wasser des Flusses oder See's in Verbindung stehen, erbaut werden. Immerhin sind derartige Einrichtungen so kostspielig, daßdäß es unmöglich ist, sie im Allgemeinen in Anwendung zu bringen. Da in letzterer Zeit die Wichtigkeit hydrometrischer Beobachtungen anerkannt wird, auch manche gewerbliche Einrichtungen es sehr wünschbar machen, den Stand von Flüssigkeiten in Gefäßen leicht und sicher messen zu können, so wird das Bedürfniß nach zweckmäßigen Pegeln und Wasserstandsmessern lebhaft fühlbar. Ich erlaube mir hier ein von mir vorgeschlagenes und versuchsweise ausgeführtes Instrument näher zu beleuchten. Dasselbe ist zunächst frei von vielen der oben bezeichneten Nachtheile. Dagegen besitzt es den Vortheil großer Einfachheit und Billigkeit in der Anschaffung. Ferner reducirt dasselbe die Ablesungsscale in höchst einfacher Weise auf Dimensionen, die bei den hier in Frage kommenden Differenzen des höchsten und niedrigsten Wasserstandes mit einem Blick überschaut werden können, ohne der Genauigkeit Eintrag zu thun; eine Scale von 6'' bis 10'' Länge (180 bis 300 Millimeter) reicht z.B. hin für Niveaudifferenzen bis auf 13 Fuß. Die Ablesung kann in bedeutender Höhe über dem Wasserspiegel, z.B. auf Brücken, Ufermauern, ja sogar in dem Ufer nahegelegenen Gebäulichkeiten geschehen. Die Wirkung dieses Apparates beruht auf den Hebergesetzen. Ein ungleichschenkliger Heber wird so mit verschieden schweren Flüssigkeiten gefüllt, daß die schwerere im kürzeren Heberschenkel Platz nimmt. Wenn nun die Spiegel der beiden Flüssigkeiten in verschiedener Höhe sind, so wird die tieferliegende die andere nach sich ziehen; sobald aber jene höherliegende, welche zugleich die schwerere ist, so weit aufgestiegen ist, daß ihr Gewicht der zwar höheren, aber specifisch leichteren Säule der anderen Flüssigkeit entspricht, so wird ein Gleichgewichtszustand hervorgerufen und die Bewegung der Flüssigkeit wird aufhören. Für unseren Fall bedient man sich des Quecksilbers und Fluß- oder Seewassers. Von einer unter dem tiefsten Wasserstande gelegenen Stelle aus führt eine beliebig gebogene Bleiröhre nach dem Ort, wo man die Ablesung zu machen wünscht. Die Ablesungsstelle darf aber nicht höher über dem niedrigsten Wasserstand liegen, als eine Atmosphäre, in Wassersäule ausgedrückt, beträgt. Das eigentliche Instrument besteht der Hauptsache nach nur aus einem mit der erwähnten Bleiröhre verbundenen, abwärts gebogenen Glasrohr von circa 30'' Länge, welches unten in ein Quecksilbergefäß eintaucht. Wie die nähere Beschreibung des Apparates und seiner Functionen zeigen wird, steigt das Quecksilber in dieser Glasröhre bis zu einem bestimmten Punkte in die Höhe und steigt und fällt im entgegengesetzten Sinne und verkleinerten Maaßstabe mit dem Wasserspiegel, indem das Gleichgewicht stetsfort durch die Schwere der auf- und absteigenden Quecksilbersäule erhalten wird. Beschreibung eines zur directen Ablesung eingerichteten Differentialhebers. – In Fig. 11 ist a, a, a eine bleierne Wasserröhre, oben umgebogen und in eine Glasröhre b, b, b endigend, welche zur Aufnahme von Quecksilber bestimmt ist. Zum Füllen des Apparates dient ein Aufsatzgefäß d mit zwei Hahnen oder besser zwei gut geschliffenen Zapfen, von welchen der untere c mittelst einer Stange, welche durch den oberen e hindurch geht, ohne die Stellung von e zu verändern, geöffnet oder geschlossen werden kann. Nehmen wir der Einfachheit halber zwei Hahnen an. g Gefäß zur Aufnahme des Quecksilbers; s, s die Scale zum Ablesen der Wasserstände. Gang der Operationen bei Aufstellung und Einrichtung des Apparates zum Gebrauch. – Der ganze Apparat wird solid und fest an eine Wand befestigt, dann das Gefäß g mit dem nöthigen Quecksilber gefüllt, der Hahn c geschlossen und e geöffnet und das Wassergefäß mit Wasser gefüllt, hierauf e geschlossen und c geöffnet. Das Wasser fließt durch die beiden Röhren a und b ab, wird aber zum Theil durch den äußeren Luftdruck (resp. innere Luftverdünnung) in der Röhre zurückgehalten. Es wird nämlich schon beim ersten Einfüllen eine der Wassersäulenhöhe entsprechende Luftverdünnung in dem Inneren der Röhre hervorgerufen, was ein entsprechendes Steigen des Quecksilbers zur Folge hat. Nun schließt man wieder c und füllt d aufs Neue und schließt e und öffnet c, so wird wiederum das Wasser in die beiden Röhrenschenkel abfließen. Die Oeffnung bei c muß aber so groß seyn, daß neben dem niederfließenden Wasser die Luft in das Gefäß d entweichen kann. Durch Wiederholen dieser Operationen wird man bald das ganze System mit Wasser füllen. Selbstverständlich wird die Heberwirkung schon nach dem ersten Wassereingießen beginnen und das Quecksilber steigt in dem Glasrohr in die Höhe. Nachdem das ganze System so gefüllt ist, wird die Quecksilbersäule eine gewisse Höhe, die dem jeweiligen Wasserstande und dem Abstand der Flüssigkeitsoberflächen entspricht, angenommen haben. Kennt man den momentanen Wasserstand, so kann man nun auch leicht die Scale anbringen; dieselbe erhält ein für allemal die gleiche Eintheilung, bedingt durch das sich nahezu gleich bleibende Verhältniß der specifischen Gewichte von Flußwasser und Quecksilber. Der Nullpunkt muß, dem augenblicklichen Wasserspiegel w entsprechend, zugleich in die richtige Lage zum Quecksilberspiegel q zu liegen kommen. Da an den Wänden der Röhre von Anfang noch Luft haftet, welche sich in kleinen Bläschen ablöst und in das Gefäß d aufsteigt, so wird nach ein oder zwei Tagen ein Nachfüllen dieses Gefäßes nöthig werden; überhaupt wird es gut seyn, von Zeit zu Zeit das Wasser in dem Apparate zu wechseln, was ohne jede Schwierigkeit geschehen kann. Durch geringe Zusätze von Alkohol wird ohne Zweifel das Wasser länger frisch erhalten. Hierüber sind noch Versuche anzustellen. Andeutungen, wie obiges Instrument in ein selbstregistrirendes umgeändert werden kann (Fig. 1214). – Es bezeichnet hier a die Wasserröhre, b die Quecksilberröhre, d das Gefäß, e, e Hahnen zum Füllen der Röhre, f eine Rolle, A den Schwimmer (in Fig. 14 groß dargestellt), B Gegengewicht mit Stift zum Eindrücken in den Papierstreifen, C Walzenpaar zur Führung des Papiers, D Führungslineal, E Hebel zur Uebertragung der Uhrbewegung auf das Lineal, F die Uhr, s Scale zum directen Ablesen, t Thermometer. Um dieses Instrument zu einem selbstregistrirenden umzugestalten, hat man einfach die Quecksilbersäule durch den Schwimmer A mit Schnurvorgelege mit der Registrirvorrichtung in Verbindung zu setzen und auf ganz gleiche Weise wie bei dem selbstregistrirenden Barometer, dessen Construction hier als bekannt vorausgesetzt wird, zu verfahren, indem man durch das Gegengewicht des Schwimmers das Steigen und Fallen an einem mittelst Uhrwerk in Bewegung gesetzten Papierstreifen markiren läßt. Es wird dem sorgfältigen Beobachter nicht entgehen, daß die beschriebene Einrichtung einige im Systeme liegende Fehlerquellen in sich schließt: beruhend auf der Niveaudifferenz des Wasser- und Quecksilberspiegels und auf dem dadurch erzeugten Ueberdruck der Atmosphäre, ferner auf der ungleichen Reibung in den beiden Röhrenschenkeln, auf der Veränderung des specifischen Gewichtes bei Temperaturwechseln etc.; er wird sich aber auch leicht überzeugen, daß die hier besprochenen Fehler sich zum größten Theil aufheben und daß der zur Wirkung gelangende Rest dieser Fehlerquellen unter allen Umständen so klein ausfallen muß, daß derselbe für den vorliegenden Fall füglich übergangen werden kann, ohne daß die Genauigkeit darunter merklich litte.

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