Titel: | Einführung von Kugel-, Schrot- und blinden Patronen, welche für centrale Nadelstichzündung eingerichtet sind, in England. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LV., S. 199 |
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LV.
Einführung von Kugel-, Schrot- und
blinden Patronen, welche für centrale Nadelstichzündung eingerichtet sind, in
England.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Poppenburg's Zündnadelgewehr-Patronen.
Im London Journal of
arts, Mai 1866, ist S. 268 das Patent mitgetheilt, welches am
3. April 1865
Johann von der
Poppenburg in Birmingham auf Anfertigung von
Zündnadelgewehr-Patronen ertheilt wurde; dasselbe dürfte den Beweis liefern,
daß in England zur genannten Zeit in dieser Beziehung noch neu war, was in
Deutschland bereits als erledigt betrachtet werden konnte.
Zur Herstellung einer durch Nadelstich central zur Rohrachse zu zündenden Kugelpatrone (siehe Fig. 18) soll das an
seiner Basis conisch ausgehöhlte Geschoß hiernach einen in dieser Aushöhlung
befindlichen pistonförmigen Vorsprung d (Fig. 15) erhalten, auf
den ein gewöhnliches Zündhütchen zu setzen ist, welches beim Schusse von der die
Pulverladung e (Fig. 18) der Patrone
durchdringenden Zündnadel des betreffenden Hinterladungsgewehres angestochen und so
zur Explosion gebracht wird. – Den Guß solcher aus Blei oder irgend einem
anderen weichen Metall
herzustellenden Geschosse vermittelt die durch Fig. 16 dargestellte Form
mit der Eingußöffnung l und dem Einsatzkerne h, welcher letztere zu seinem Einsetzen und Herausnehmen
den Handgriff i hat; zum Aufpressen der Zündhütchen auf
das Piston der Geschosse bedient man sich der aus zwei Hälften bestehenden, in Fig. 17 im
Durchschnitte dargestellten Stanze.
Die Schrot-, sowie auch die Exerzier- oder sogenannten blinden
Patronen aber erhalten einen, aus Papiermaché oder irgend einer
sonstigen harten, nichtmetallischen Substanz gefertigten cylindrischen Spiegel, der in seiner Basis entweder, wie das Geschoß,
mit einem Piston zum Aufsetzen des Zündhütchens versehen ist, oder auch daselbst nur
eine einfache Aushöhlung erhält, in welche das Zündhütchen dann, mit seiner Oeffnung
nach unten hin, eingeschoben wird und so, wie im ersten Falle, beim Schusse von der
die Pulverladung der Patrone (Fig. 19) durchstoßenden
Zündnadel des Gewehrs zur Explosion zu bringen ist. – Vorn ist dieser
Spiegel, zur eventuellen Aufnahme von Schroten, cylindrisch ausgehöhlt und der Rand
dieser Höhlung erhält Einschnitte, so daß er sich beim Verlassen der Rohrmündung
während des Schusses aufbiegen und der Spiegel also bald zu Boden fallen muß. Ueber
die Herstellung solcher Spiegel wird endlich nur noch gesagt, daß dieselbe in
geeigneten Stanzen zu geschehen habe.
Vergleicht man hiermit die durch Hauptmann v. Plönnies in
seinem verdienstvollen Werke: „das Zündnadelgewehr“ S. 81 im
vorigen Jahre veröffentlichte Thatsache, daß bereits im April 1863 zu Echternach in Luxemburg ein durch Doersch und v. Baumgarten zu Suhl geliefertes
Zündnadelgewehr zur officiellen Prüfung vor einer Militär-Commission kam, von
dessen Patronen-Construction es heißt: „die Zündpille ist mit einer
Zinnfolie bedeckt und so dann unmittelbar in den Boden des Projectils
eingesetzt, dessen cannelirter Cylinder mit einer zweiten Papierhülle umwickelt
ist,“ berücksichtigt man ferner die schönen Erfolge, welche das durch
v. Dreyse zu Sömmerda construirte Zündnadelgewehr,
namentlich auch dessen doppelläufiges deutsches
Jagd-Hinterladungs-Zündnadelgewehr bereits seit Jahren errungen hat,
und werden endlich noch die mannichfachen Vorschläge zur Herstellung ungefährlicher
Manöverpatronen-Spiegel für das Zündnadelgewehr, welche Deutschland
aufzuweisen hat (man vergleiche z.B. in Bd. CLXXV S. 453 dieses Journals den Aufsatz
des Referenten: „das Pyropapier als Material der Ernst- und
Lustfeuerwerkerei; Holzzeug als gelbes Schießpulver“), einer
Beachtung gewürdigt, so dürfte es wohl außer Zweifel stehen, daß das hier besprochene Patent sich mit
in Deutschland längst gelösten technischen Fragen beschäftigt.
Cassel, im September 1866.
Darapsky, Major
im Generalstabe.