Titel: | Die Berechnung der verhältnißmäßigen Wirksamkeit von Rübenpressen aus dem Zuckergehalt der Preßlinge; von Dr. C. Stammer. |
Autor: | Karl Stammer [GND] |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXVII., S. 241 |
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LXVII.
Die Berechnung der verhältnißmäßigen Wirksamkeit
von Rübenpressen aus dem Zuckergehalt der Preßlinge; von Dr. C. Stammer.
Berechnung der Wirksamkeit von Rübenpressen aus dem Zuckergehalt
der Preßlinge.
Der Vergleich zwischen der Wirksamkeit verschiedener Pressen läßt sich zwar auf mechanischem Wege durch einfaches Wägen des
auszupressenden Rübenbreies und der daraus erhaltenen Preßlinge aufstellen, allein
diese Ermittelung unterliegt mehrfachen Anständen. Ich will nur daran erinnern, daß
sie ohne Betriebsstörung kaum ausführbar ist, und daß sie schwerlich ein Bild der
wirklichen gewöhnlichen Fabrikarbeit liefert, indem im Großen und Ganzen des
Betriebes meist Resultate erzielt werden, welche von denjenigen solcher sorgfältigen
Versuche mehr oder weniger abweichen. Außerdem aber haften einer solchen Bestimmung
noch mehr hier nicht weiter zu erörternde Fehlerquellen an.
Ich habe daher versucht, den Vergleich der Wirksamkeit mehrerer unter verschiedenen
Umständen und mit möglicherweise sehr abweichenden Ergebnissen arbeitenden Pressen,
um diese genau kennen zu lernen, durch einfache Zuckerbestimmungen in den Preßlingen
zu erhalten, welche ohne alle Schwierigkeit und ohne auch nur die Aufmerksamkeit der
Arbeiter zu erregen, an richtigen, während des ununterbrochenen Betriebes
entnommenen Durchschnittsproben sich ausführen lassen. Direct aus diesen Zahlen
einen Schluß auf die Pressenarbeit zu ziehen, ist unthunlich, wenn dieselben nicht
ganz besonders abweichende Resultate darstellen. Selbst die Hinzunahme der
Wasserbestimmung der Preßlinge reicht hierzu nicht aus. Bei näherer Betrachtung
ergibt sich leicht, daß sehr verschiedene Arbeit doch in diesen Beziehungen wenig
verschiedene Zahlen liefern könne und umgekehrt, insofern nicht auch gleichzeitig
die Menge der erhaltenen Preßlinge in Betracht gezogen
wird, wodurch dann wieder die oben angedeuteten Mißstände unvermeidlich werden. Man kann sich sogar Fälle
denken, wo ein stärkeres Auspressen, z.B. beim Nachpressen der gemaischten
Preßlinge, mehr Preßlinge für 100 Gewth. Preßlinge liefert als ein schwächeres, und
wenn dieß auch eine Ausnahme, ein besonderer Fall ist, so sieht man doch, daß die
geringen Zahlenunterschiede, welche Wasserermittelung und Zuckerbestimmung liefern,
zur unmittelbaren Gewinnung eines genauen Urtheils in Bezug auf die quantitativen
Verluste bei der einen oder anderen Pressung nicht ausreichen, daß also diese
Wirksamkeit nicht allein hieraus in bestimmten Zahlen dargestellt werden kann.
Vorläufige Versuche hatten dieß mehrfach bestätigt und ich benutzte daher, um zu dem
praktischen Ziele zu gelangen, einen etwas anderen Weg, dessen Eigenthümlichkeit
namentlich in der Berechnungsweise liegt.
Da es in dem vorliegenden Falle nicht die Absicht war, der Ursache der verschiedenen
Leistung der verschiedenen Pressen näher auf den Grund zu gehen, da vielmehr nur die
wirklichen Verluste in den Preßlingen, wie sie unter den sehr complexen Umständen
eines laufenden Betriebes mit gleichzeitiger Benutzung
verschiedener Pressen sich ergaben, festzustellen waren, so will ich hier die drei
Preßsysteme nicht näher beschreiben, sondern nur mit I, II und III bezeichnen, und
zwar um so mehr, als ich hier keineswegs den erhaltenen Zahlen als solchen einen
Werth beilege, sondern nur die Methode der Untersuchung
behufs ihrer Erlangung darstellen möchte.
Wollte ich nicht wirklichen Zahlen, wie sie den directen Versuchen entlehnt sind, den
Vorzug einräumen, so könnte ich für den hier allein beabsichtigten Zweck auch ebenso
gut imaginäre Zahlen wählen.
Es wird daher genügen, anzuführen, daß die dreierlei Pressen in vollem, z. Th. auf's Aeußerste angestrengten Betriebe waren,
denselben Brei empfiengen, und als Vorpressen arbeiteten.
Der Versuch wurde zweimal gemacht; da jeder einzeln, wie man sehen wird, schon einem
großen Durchschnitte des Untersuchungsmaterials
entsprach, so darf wohl, wenigstens für den vorliegenden, rein technischen Zweck, der Durchschnitt beider Resultate als maßgebend
betrachtet werden.
Die Durchschnittsproben der Preßlinge wurden durch Vermischen von je einem
Viertel-Preßkuchen jeder Presse erhalten und wohl zerzaust, zerrieben und
vermischt. Aus den entstandenen drei großen Haufen Preßlingenmehl wurden dann die
Proben zur Zuckerbestimmung u.s.w. entnommen. Unzweifelhaft dürfte sich dadurch das
Mittel der erzielten Arbeit darstellen.
Die Zuckerbestimmung geschah in gewöhnlicher Weise durch Maischen mit dem doppelten Gewicht heißen
Wassers, Stehenlassen, Auspressen mit sehr kräftiger
Presse und Polarisiren in der verlängerten Röhre von 600 Millimeter,Man sehe S.
160 im vorhergehenden Heft. und lieferten in den beiden
Untersuchungen folgende Zahlen:
I
II
III
Versuch a
7,6 Proc.
9,5 Proc.
7,6 Proc.
Versuch b
8,4 Proc.
8,8 Proc.
7,8 Proc.
des frischen Preßlingengewichtes an Zucker.
Es dürfte schwer seyn, aus diesen Zahlen sofort mehr als ganz
allgemeine und wenig sichere Schlußfolgerungen zu ziehen; dennoch werden
wir solche später erhalten, und sehen, daß die auch hier augenfällige Minderleistung
der Pressen II bei weitem hervorragender ist als sie hier sich darstellt.
Der Wasserverlust wurde durch Trocknen von je 200 Grammen Preßlingenmehl ermittelt;
bei der folgenden Ableitung ist derselbe zwar nicht erforderlich, dennoch mögen die
gewonnenen Zahlen hier Platz finden, um darzuthun, daß sie noch weniger als die
Zuckergehalte bestimmte Unterschiede vorstellen.
Der Wassergehalt war bei den Pressen
I
II
III
bei Versuch a
67 Proc.
70 Proc.
68 Proc.
„ Versuch
b
67 Proc.
71 Proc.
69 Proc.
Der getrocknete Rückstand wurde nun gepulvert, mit heißem Wasser ausgezogen und dann
so lange auf dem Filter ausgelaugt, bis man das Zurückbleibende als Pflanzenfaser
betrachten konnte, indem darin nur noch diejenigen Bestandtheile enthalten waren,
welche dem Safte nicht zugerechnet werden können.Es möge hier erwähnt werden, daß auch die
hierbei gewonnene Auslaugflüssigkeit zur Zuckerbestimmung angewandt wurde.
Die erhaltenen Zahlen stimmten mit den angeführten unter Rücksicht auf die
verschiedenen Untersuchungsumstände hinreichend gut überein, bewiesen aber
abermals, daß sich diese Methode bei weitem nicht
so zur Zuckerbestimmung in den Preßlingen empfiehlt, wie die directere durch
Maischen der frischen Substanz mit heißem Wasser u.s.w. Ohne hier
näher die Natur dieser Substanz zu beleuchten, bemerke ich nur, daß diese
„Faser“ mir als Ausgangspunkt für einen richtigen Vergleich
der Qualität der Preßlinge als allein und vorzüglich geeignet erschien. Nur dadurch
ist der Zuckergehalt, mithin der durch das Pressen in den verschiedenen Fällen
bewirkte Verlust, auf ein bestimmtes und gemeinschaftliches
Maaß zurückzuführen, ganz ebenso, wie man dieß bei allen Saftuntersuchungen
durch Berechnung auf 100 Zucker, bei Futterwerthbestimmungen in Preßlingen auf 100 Faser u.s.w. zu thun
pflegt; aus der Berechnung auf „Faser“ folgt dann leicht
diejenige auf 100 Theile Rüben.
Das sorgfältige Trocknen oben bezeichneten Faserrückstandes lieferte bei den
Pressen
I
II
III
bei Versuch a
18,6
14,3
20,5
„ Versuch
b
19,8
15,7
18,0
Procent der frischen Preßlinge. Reduciren wir mittelst
dieser Zahlen die Zuckergehalte auf die Constante von 100 Theilen
„Faser,“ so erhalten wir bei den Pressen
I
II
III
bei Versuch a
41
67
37
„ Versuch
b
42
56
43
–––––––––––––––––––––
und im Mittel
40,5
62
40 Theile
zurückgebliebenen Zucker, Zahlen, welche in ganz anderer,
klarerer und prägnanterer Weise den Unterschied der Arbeit darstellen, und welche
namentlich zeigen, daß die Pressen I und III ziemlich gleich arbeiten, daß aber die
Pressen II einen um etwa 50 Proc. höheren Zuckerverlust ergaben.
Will man noch diese Zahlen, deren relatives Verhältniß dadurch aber nicht geändert
wird, auf Rüben reduciren, so erhält man unter Annahme von 90 Procent Saft
1,62, 2,48 und 1,60
Procent Zucker vom Gewichte der Rüben, welcher Verlust
natürlich kein definitiver, sondern ein durch gleichmäßige Nachpressung gleichmäßig
verminderter ist.
Kennt man den Zuckergewinn bei der Nachpressung, so ist es leicht, den definitiven
Zuckerverlust in Folge der verschiedenen Vorpressung zu finden, sowie es natürlich
keine Schwierigkeit bieten kann, aus diesen Angaben bestimmte Gewichtszahlen für den
Zuckerverlust bei gegebener Größe des Betriebes abzuleiten.
Die Untersuchungsmethode selbst aber dürfte sich für manche ähnliche Fälle empfehlen
und den Beweis dafür liefern, daß man sich nicht immer mit directen
Bestimmungsresultaten allein begnügen darf, sondern daß man daraus durch richtige
Folgerungen nicht selten zu ganz anderen Schlüssen gelangen kann, als man anfangs
aus den geringen Unterschieden erwarten mochte.