Titel: | Ueber die hydraulische Schrämmaschine für Steinkohlengruben; von W. E. Carrett. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXXV., S. 274 |
Download: | XML |
LXXV.
Ueber die hydraulische Schrämmaschine für
Steinkohlengruben; von W. E.
Carrett.
Vorgetragen in der Versammlung der British Association zu Nottingham. –
Aus dem Engineer,
August 1866, S. 149.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Carrett, über die hydraulische Schrämmaschine.
Bei den Grubenarbeiten dient das Unterschrämen einer Schicht oder Bank von
Steinkohlen (und anderen werthvollen Mineralien) dazu, das darauffolgende
Wegschaffen derselben zu erleichtern; es ist stets eine der mühsamsten und
schwierigsten Operationen und von dem Bergmann nur mit der größten Anstrengung zu
bewerkstelligen, besonders wenn die Kohlenschicht sehr dünn ist. Dieses
Unterschrämen wird meistens durch beiläufig vierzig Schläge der Spitzhaue (Picke)
per Minute ausgeführt, wobei der Bergmann sein
Werkzeug mit solcher Erfahrung handhabt, daß er die Kohle auf einer geraden Linie
von 3 bis 4 Fuß in der Stunde unterschrämen kann. Die Geschwindigkeit und Kraft,
womit diese Spitzhaue bewegt wird, in Verbindung mit dem Gewicht derselben,
repräsentiren eine Manneskraft, auf Stoß angewendet, was unter vortheilhaften
Umständen beiläufig einer Sechstel-Pferdestärke gleichkommt.
Man hat schon längst gewünscht, daß unter vielen sich dazu eignenden Umständen das
Unterschrämen des Bergmanns indirect durch Dampfkraft ausgeführt werden könnte, und
eine der praktischen Methoden hierzu will ich im Folgenden besprechen. Wenn ein
Steinkohlengräber die Kraft von achtzehn Menschen hätte, sich nöthigenfalls zwei Fuß
hoch machen, dabei sich auf der Sohle der Strecke durch Andrücken seines Kopfes
gegen die Decke derselben festhalten und mit einem in seinen Händen befindlichen
Schneidwerkzeug, anstatt der Spitzhaue, stetig in der nöthigen Höhe über der Sohle
auf die erforderliche Tiefe in die Kohle eindringen könnte, so wäre er eine
arbeitende Stemmmaschine und würde in einer Minute mehr leisten als sich durch 700
Schläge mit der Spitzhaue bewerkstelligen läßt.
Dieses ist es, was die hydraulische Schrämmaschine
erfüllt.Wir verweisen auf die
Mittheilung im polytechn. Journal Bd.
CLXXIX S. 11 über die erste derartige Maschine, welche in
Thätigkeit kam. A. d. Red. Dieser Eisenmann ist, wenn
erforderlich, 2 Fuß hoch und hat vier Beine von veränderlicher Länge; sein Kopf ist
ebenfalls verstellbar, um mit der Decke in Berührung zu kommen, und sein Gewicht beträgt 20
Centner. Er wird durch ein biegsames 2zölliges schmiedeeisernes Rohr unter einem
Druck von 300 Pfund mit Wasser gespeist, von welchem er 30 Gallons (119 preuß.
Quart) per Minute verbraucht.
Dieser Wasserdruck wirkt in der Maschine vertical auf einen 5zölligen Kolben, der
gegen die Decke der Strecke preßt, und horizontal auf einen ungefähr eben so großen
Kolben; beide haben einen Hub von 18 Zoll, der sich in der Minute fünfzehn-
bis zwanzigmal wiederholt. So wirkt ein Druck von 5000 Pfd. gegen die Decke und
derselbe Druck wirkt horizontal, wobei drei Schneidwerkzeuge (in Form eines
Käsehobels oder einer halbrunden Klinge) in die Kohle getrieben werden; diese
Werkzeuge sind 3 Zoll breit und dringen auf 4 Fuß Tiefe ein, mit einer Kraft von 3
Pferden oder 18 Menschen, wobei der Kessel der Dampfmaschine stündlich 50 Pfd. Kohle
verbraucht, um die Pumpen für den herzustellenden Wasserdruck zu bewegen. Der
automatische Eisenmann steht also ganz fest, wenn er die Schneidwerkzeuge in die
Kohle eintreibt, er braucht seinen Kopf beim Rückgang derselben nur um einen Zoll zu
senken, und nachdem dieser beendigt ist, um einen halben bis einen Zoll
vorzuschreiten, worauf er seinen Kopf für den nächsten Einschnitt der Werkzeuge
wieder erhebt; seine Adern sind mit Wasser, einer nicht zusammendrückbaren
Flüssigkeit, gefüllt, welches durch ein Absperrventil bis zu dem Zeitpunkt
zurückgehalten wird, wo die Werkzeuge wieder in die Decke der Strecke eingetrieben
werden können.
Diese Maschine, welche bereits seit nahezu zwei Jahren verwendet wird, unterschrämt
mit einem Mann und einem Knaben als Bedienung eine Länge von fünfundvierzig Fuß in
der Stunde, und zwar unter jedem Winkel und in jeder Höhe; auch gestattet sie die
dünnsten Schichten zu unterschrämen. Sie ist in allen ihren Operationen
selbstthätig; sie befestigt sich selbst mittelst eines Bremskolbens zwischen Decke
und Sohle, wenn die Werkzeuge arbeiten, und macht sich beim Rückgang der Werkzeuge
von selbst frei, um dann so weit als nöthig fortzurücken. Der Wasserdruck, welcher
die Maschine in Betrieb setzt, kann von den Röhren oder Pumpensätzen in dem Schacht,
oder von Pumpen einer schon vorhandenen Maschine, oder von zu diesem Zwecke
angefertigten Maschinen und Pumpen hervorgebracht werden.
Der angewandte Mechanismus ist eine wechselweise wirkende hydraulische Maschine,
welche auf den gewöhnlichen Schienen der Strecke fortgeschafft werden kann, zu jeder
Höhe und in jedem Winkel verstellbar ist und eine selbstthätige Ventilbewegung hat.
Der Cylinder des Arbeitskolbens hat 4 1/2 Zoll Durchmesser und ist mit Messing
ausgefüttert; der Kolben
ist mit gewöhnlichen Manschetten gedichtet und leicht zu erneuern. In die
Kolbenstange ist die Stange von Stahl befestigt, welche die Arbeitswerkzeuge führt.
Diese aus Raffinirstahl bestehenden Werkzeuge sind sehr kräftig, können leicht
einzeln oder zusammen ausgewechselt und die stumpfen auf einem gewöhnlichen
Schleifstein geschärft werden. Jedes einzelne Werkzeug hat bei vollständigem
Ausschub 16 Zoll Schneidlänge, folglich geben die drei Werkzeuge zusammen eine
effective Tiefe des Einschnittes von 4 Fuß bei jedem Hub der Maschine.
Weder auf die Decke, noch auf die zu bearbeitende Masse wird von der Maschine ein
Stoß ausgeübt, sondern es ist immer nur ein intensiver Druck thätig, der sich durch
die Hübe fünfzehnmal in der Minute wiederholt. Wenn die Werkzeuge auf ein Hinderniß
stoßen, also nicht den vollen Hub bei einem Schnitt machen, so setzen sie ihre Hübe
an derselben Stelle fort, bis endlich das Hinderniß überwunden ist. Durch
unregelmäßige Gestalt der Decke der Strecke wird die Bremsung der Maschine mittelst
des über dem Bremskolben angebrachten Schuhes nicht gehindert. Die Maschine arbeitet
fast ohne alles Geräusch und macht keinen Staub, ist überdieß keiner so starken
Abnutzung ausgesetzt als die mit Schlag arbeitenden Maschinen.
Die erforderliche Höhe des mit den Schneidwerkzeugen versehenen hydraulischen
Betriebscylinders über der Schienenbahn wechselt in verschiedenen Gruben; derselbe
liegt daher manchmal über, manchmal unter dem Wagen, oder ist ganz auf die Schienen
niedergelassen, wie in Fig. 1 und 2.
In Fig. 1 sieht
man den Wagen, dessen Räderpaare L, L weit genug von
einander entfernt sind um die Maschine der Länge nach legen zu können, wenn sie an
einen anderen Platz geschafft werden soll. Die Stellschrauben Y, Y dienen um den Wagen mit dem Betriebscylinder nach Bedürfniß höher
oder tiefer zu stellen. Durch das Getriebe Z und den
Zahnsector H wird der Winkel regulirt, unter welchem die
Werkzeugsstange gegen die Lage der Stoßfläche arbeitet, und durch die beiden Muttern
x, x an jedem Ende des Wagens der Winkel, den die
Werkzeugsstange mit der Ebene der Schienen machen soll.
A, A, A bezeichnet die Werkzeuge, B die Werkzeugsstange, N eine Laufrolle für
dieselbe; D bezeichnet den Betriebscylinder mit seiner
selbstthätigen Steuerung. Das Wasser wird abwechselnd gegen die beiden kleinen
Kolben geleitet, welche den Steuerschieber bewegen, und dann geht ein Theil dieses
Wassers abwechselnd in die Röhren, um den Bremskolben K
in Thätigkeit zu setzen und den Schuh F desselben gegen
die Decke der Strecke
anzupressen. Das Betriebswasser geht gleichzeitig in den Betriebscylinder und in den
Bremscylinder.
Die Querbewegung der Maschine wird durch den Bolzen b
hervorgebracht, welcher die Kolbenstange mit der Werkzeugsstange verbindet; dieser
Bolzen setzt den Hebel d, der auf die Sperrklinke e wirkt, am Ende jedes Hubes in Bewegung, wodurch sich
die Kettentrommel dreht und die Kette aufwickelt, welche an einem Ankerpfahl
zwischen Decke und Sohle der Strecke befestigt ist.
Die beschriebene Maschine kostet – ohne Ankerpfahl, Kette und eiserne Röhren
– beiläufig 125 Pfd. Sterl.