Titel: | Peabody's Hinterladungs-Gewehr. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. LXXVII., S. 278 |
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LXXVII.
Peabody's Hinterladungs-Gewehr.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Peabody's Hinterladungs-Gewehr.
Der Engineer vom
7. September 1866 enthält über dieses in neuerer Zeit viel Aufsehen
erregende Hinterladungsgewehr eine Mittheilung, wornach dasselbe, im Jahre 1862 von
H. O. Peabody zu Boston in Nordamerika construirt, und
seitdem fortwährend verbessert, sich neben gefälligem Aeußeren durch
Dauerhaftigkeit, Einfachheit, Raschheit des Ladens und Sicherheit des Schusses auszeichnet, sowie
auch bereits genügende Proben seiner Tüchtigkeit abgelegt hat.
Verschluß- und Patronen-Einrichtung dieses Gewehres, welche nebst einer
besonderen Art von Percussionszündung das Charakteristische desselben bilden, sind
durch die Figuren
6 und 7 dargestellt. – Beim Niederdrücken des Abzugbügels A, welcher, als Winkelhebel construirt, bei I
Fig. 6 seinen
Pivotpunkt hat, senkt sich das im Schafte liegende massive Verschlußstück B in der Weise, daß die in seiner oberen Fläche
angebrachte Ladungs-Nuth dann genau als Fortsetzung der unteren Seelenwand
des Rohres erscheint, ein Gebrauch des Auges vom Schützen beim Einführen der Patrone
in den Lauf also nicht verlangt zu werden braucht, was besonders, wenn das Gewehr im
Dunkeln geladen werden soll, von Wichtigkeit ist. – Die Einheitspatrone, Fig. 7, ist so
in das Rohr einzusetzen, daß der umgebogene, den Zündsatz enthaltende hintere Rand
ihrer Kupferhülse sich schließlich in die entsprechende Ausfräsung der hinteren
Rohrwand einlegt. – Sobald das Rohr durch Empordrücken des Abzugbügels A wieder geschlossen wird, erscheint das Schlagstück S (Fig. 6), welches seitwärts
in das massive Verschlußstück B eingelassen und vermöge
der den Stift P umgebenden ovalen Oeffnung mit der
Möglichkeit einer kleinen Bewegung nach vor- und rückwärts versehen ist,
genau auf den mit Zündsatz gefüllten Rand der kupfernen Patronenhülse gerichtet, und
muß somit die Gewehrladung zur Entzündung bringen, wenn der Percussionshammer H des Gewehrschlosses genügend kräftig gegen seine
hintere Stirnfläche anschlägt. – Zum Beseitigen der Reste von abgeschossenen
Patronen dient ein als Winkelhebel construirter Patronen-Auszieher, welcher
in C, Fig. 6, seinen Pivotpunkt
hat und den Rand der Patronenhülse zurückschiebt, sobald beim Oeffnen des
Verschlusses sein über I (Fig. 6) liegender Hebelarm
vom massiven Verschlußstücke B mit niedergedrückt
wird.
Die Versuchsgeschichte dieses Gewehres und die mit demselben bereits erlangten
Erfolge betreffend, so haben schon im Jahre 1862 angestellte genaue Prüfungen
dieser, zu jener Zeit noch weniger vollkommenen Waffe, vom damaligen Commandanten
des Watertown-Arsenals, Capitän Rodman,
angestellt, zu einem das Gewehr sehr empfehlenden Berichte geführt. – Bei den
im Januar 1865 auf Befehl des Kriegsministers vorgenommenen
Concurrenz-Schießversuchen mit Hinterladungsgewehren, von denen der
betreffenden, im Springfield-Arsenal versammelten Commission 56 verschiedene
Arten vorgelegt wurden, sind mit dem Peabody'schen Gewehr
20 Schüsse in der Minute abgegeben worden. – Hierauf, nach wochenlangen
Versuchen mit noch sieben anderen Gewehren zur weiteren Prüfung auserlesen, wurden diese Gewehre dann
zehn Tage lang auf dem Dache eines Hauses, unter noch hinzutretender künstlicher
Benetzung den verschiedensten Witterungsverhältnissen ausgesetzt, dabei täglich,
ohne gereinigt werden zu dürfen, beschossen, und endlich, aus Schnee und Eis
herausgenommen, plötzlich durch starke Hitze getrocknet, wornach sich außer dem Peabody'schen nur noch drei andere dieser Gewehre leicht
laden ließen. Diese vier Gewehre schließlich noch Gewaltproben unterworfen, blieb
bei 80 Gran Pulver und 5 auseinandergesetzten Kugeln lediglich das Peabody-Gewehr intact, welches auch noch 6 Kugeln
mit 120 Gran Pulverladung abzufeuern gestattete, ohne dabei Schaden zu nehmen.
Daß diese Resultate und der darauf begründete günstige Commissionsbericht erst in
neuerer Zeit durch officielle Kundgebung zur öffentlichen Kenntniß gekommen sind,
wird der Hinneigung des Artillerie-Directors zu Berdan's Hinterladungsgewehr-System
zugeschrieben, welches jetzt auch für Umänderung der Vorderladungs- in
Hinterladungsgewehre vorgeschlagen worden seyn soll, obgleich dieses bei
sorgfältiger Behandlung allerdings sehr gute Schießresultate liefernde Repetirgewehr
für den Kriegsgebrauch und namentlich in den Händen nicht vollkommen gut geschulter
Leute nach Ansicht unseres englischen Berichterstatters seiner Complicirtheit wegen
weniger gute Dienste leistet als das sehr einfache, in seiner Behandlung nur wenig
Geschicklichkeit erfordernde, noch rascher feuernde und ungemein dauerhafte Peabody'sche Hinterladungsgewehr, dessen
Verschlußvorrichtung auch noch den Vorzug hat, im geschlossenen Zustande vor dem
Eindringen von Regen etc. vollkommen geschützt zu seyn.
Cassel, im October 1866.
Darapsky, Major im
Generalstabe.