Titel: | Ueber die Heliochromie; von Niepce aus Saint-Victor. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. CVII., S. 380 |
Download: | XML |
CVII.
Ueber die Heliochromie; von Niepce aus
Saint-Victor.
Sechste
Abhandlung.Die früheren Abhandlungen
wurden im polytechn. Journal Bd. CXXXIX S.
37, Bd. CXLIII S. 123, Bd. CLII S. 453, Bd. CLXIII S. 436 und Bd. CLXVIII S. 64 mitgetheilt.
Aus den Comptes rendus t. LXIII p. 567; October 1866.
Niepce, über die Heliochromie.
In einer der (französischen) Akademie von Chevreul am 23.
October 1865 überreichten MittheilungPolytechn. Journal Bd. CLXXIX S.
57. habe ich vier Verfahrungsweisen zur Wiedergabe der
Schwärzen in der Heliochromie im Wesentlichen aufgeführt.
Ich will hier nur das erste Verfahren näher beschreiben, da es das einzige ist,
mittelst dessen ich Schwärzen gleichzeitig mit allen Farben zu erlangen im Stande
war.
Zu diesem Zwecke muß die Platte auf folgende Weise vorbereitet werden:
Nachdem die Silberplatte auf die früher (im polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 65) von mir beschriebene Weise
chlorirt worden, taucht man sie in ein Bad, bestehend in Wasser, welches 1/2 Procent
Aetznatron enthält und mit einer geringen Menge Chlornatrium versetzt ist. Man
erwärmt das Bad auf ungefähr 60° C., und läßt die Platte unter fortwährendem
Umrühren der Flüssigkeit nur wenige Secunden in demselben. Nach dem Herausnehmen
spült man sie in fließendem Wasser sorgfältig ab und schreitet dann zum Anlassen
durch Erhitzen, welches in diesem Falle auf ihrer Oberfläche eine blauviolette Farbe
erzeugen muß, wahrscheinlich in Folge einer schwachen Reduction des
Chlorsilbers.
Hierauf überzieht man die Platte mit dem chlorbleihaltigen Dextrinfirniß, in der
Weise wie ich es früher (polytechn. Journal Bd.
CLXIII S. 437) angegeben habe.
Bei diesem Verfahren erlangt man alle Farben mit Weißen und Schwärzen, welche, der
Präparirung der Platten entsprechend, und je nachdem die Schwärzen des Modells matt
oder glänzend sind, mehr oder weniger intensiv hervortreten.
Die Reduction des Chlorsilbers darf nicht zu stark ausfallen, weil man sonst nur Weiß
und Schwarz ohne Farbe erhalten würde. Eben zur Vermeidung einer zu starken Reduction des Chlorsilbers
setzt man dem Natronbade etwas Chlornatrium oder auch wohl einige Tropfen Ammoniak
zu.
Ich copirte einen illuminirten, einen französischen Gardisten darstellenden Stich
durch Contact. Die verschiedenen Farben der Uniform reproducirten sich sehr gut. Der
schwarze Hut sowie die eine Kamasche – die andere war ausgeschnitten und mit
weißem Papier beklebt worden – erschienen auf der Platte in sehr merklicher
Weise, indem sie, der Präparirung der Platte entsprechend, einen helleren oder
dunkleren Ton hervorriefen.
Man kann viel intensivere Schwärzen erhalten, wenn man die Chlorsilberschicht der
Platte durch Einwirkenlassen des Lichtes vorher reducirt, weil in diesem Falle die
Schwärzen schon durch die Färbung der Platte eingeleitet sind; jedoch fallen dann
alle Farben weniger lebhaft aus als die nach dem vorhin beschriebenen Verfahren
erhaltenen.
Um das Chlorsilber durch das Licht zu reduciren, verfährt man auf folgende Weise:
Nachdem die Platte chlorirt worden ist, überzieht man sie mit dem chlorbleihaltigen
Dextrinfirniß, und setzt sie dann vor dem Anlassen dem zerstreuten Lichte aus. Nach
fünf bis zehn Minuten dauernder Exposition im zerstreuten Lichte schreitet man zum
Anlassen (durch Erhitzen), wobei die Platte einen, nach der stattgefundenen Dauer
der Belichtung mehr oder weniger dunkeln, schwarzvioletten Ton annimmt.
Indem man die Einwirkung sowohl des Lichtes als der Wärme auf das Chlorsilber
benutzt, erhält man den Effect eines sehr deutlichen Reliefs, wenn man auf folgende
Weise operirt:
Nachdem man die chlorirte Silberplatte durch das Natronbad genommen hat (ohne durch
Erhitzen anzulassen), überzieht man sie mit dem chlorbleihaltigen Dextrinfirniß.
Dann legt man auf die empfindliche Schicht eine auf gefirnißtes Papier gedruckte
Chromolithographie oder auch einen illuminirten Stich, und belichtet die Platte acht
bis zehn Minuten an der Sonne; hierauf nimmt man das Bild ab und schreitet zum
Anlassen der Platte (durch Erhitzen derselben).
Durch die Einwirkung der Wärme wird besonders das Blau und
das Roth sehr intensiv. Man legt das Bild wieder auf die
Platte und belichtet nochmals eine Zeit lang, wobei die Farben sich entwickeln und
das Relief hervortritt. Dann erhitzt man die Platte von Neuem, um die Farben zu
fixiren. Namentlich halten sich bei dieser Behandlung die rothen Farben sehr gut am Lichte; am ersten verschwinden die gelben und die blauen
Töne.
Der Reliefeffect läßt sich auch in der Camera obscura
erhalten, er entsteht aber auf der chlorirten Platte nur dann, wenn dieselbe mit
chlorbleihaltigem Dextrinfirniß überzogen ist.
Nimmt man die Dextrinschicht von einem Reliefbilde ab, so bleibt das Relief und ist
eben so empfindlich wie vorher; dasselbe ist der Fall, wenn man das Chlorsilber mit
Ammoniak auflöst.
Ueber die Empfindlichkeit der Chlorsilberschicht habe ich nachstehende Beobachtungen
gemacht.
Eine – gleichviel, ob durch Natron oder durch das Licht – reducirte
Chlorsilberschicht ist nach dem Anlassen (durch Erhitzen) weniger empfindlich für
die Einwirkung des Lichtes, als eine nicht reducirte.
Bedeckt man die eine Hälfte einer zur Aufnahme der Farben fertigen Platte mit einer
durch Uranoxyd gelb gefärbten Glasplatte, die andere Hälfte aber mit einer weißen
Glasplatte von derselben Stärke, so drucken sich auf der mit dem Uranglase bedeckten
Hälfte die Farben weit rascher ab, als auf der anderen Hälfte.
Je dicker das Uranglas ist, desto rascher erfolgt der Abdruck; allein die gelbe Farbe
dieses Glases wirkt auf die Farben verändernd, weßhalb man von demselben keinen
Gebrauch machen kann.
Versetzt man den chlorbleihaltigen Dextrinfirniß mit einer gewissen Menge von
Uranchlorür oder salpetersaurem Uranoxyd, so wird dadurch der Abdruck der Farben
beschleunigt, allein dieselben halten sich alsdann weniger lange.
Unter gewissen Bedingungen haben somit die Schwärzen eine ihnen eigenthümliche
Activität; sie können sich auf einer empfindlichen Schicht ebenso abdrucken wie eine
Farbe.