Titel: | Mittheilungen aus dem chemisch-technischen Laboratorium von Dr. H. Vohl in Cöln. |
Autor: | H. Vohl |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. CXI., S. 397 |
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CXI.
Mittheilungen aus dem chemisch-technischen
Laboratorium von Dr. H. Vohl in
Cöln.
(Fortsetzung von S. 329 des vorhergehenden Heftes.)
Vohl, über Verunreinigung des käuflichen Photogens und Paraffinöls
durch Fluor- und Schwefelsäure-Verbindungen.
III. Fluor- und Schwefelsäure-Verbindungen als Verunreinigungen des
im Handel vorkommenden Photogens und Paraffinöls.
Vor einiger Zeit wurden mir Paraffinölproben zur Untersuchung übergeben, durch welche
namentlich ermittelt werden sollte, ob dieselben keine Bestandtheile enthalten,
welche die Anwendung als Schmiermaterial beeinträchtigen können.
Die verschiedenen Proben hatten theils eine bierbraune, theils eine weingelbe Farbe.
Das spec. Gewicht war 0,895–0,900. Die starkgefärbten Sorten waren, was die
Dickflüssigkeit und den Paraffingehalt anbetrifft, als brauchbare Schmiermaterialien
zu bezeichnen, wohingegen die hellfarbigen wenig Paraffin enthielten und zu liquid
waren, als daß sie als Schmiermaterial mit Vortheil hätten Verwendung finden können.
Der Geruch war bei
allen unerheblich und nicht unangenehm, jedoch bei den hellfarbigen Proben geringer
wie bei den dunkleren.
Da ein Schwefelgehalt des Paraffinöls bekanntlich die Anwendung desselben als
Schmieröl nicht allein beeinträchtigen, sondern sogar für viele Fälle (Spindeln)
gänzlich verbieten kann, so wurden die Proben zuerst auf einen Gehalt an
schwefelhaltigen Bestandtheilen geprüft. Zu dem Ende wurden kleine Portionen mit
reinem Kalium zusammengebracht und zwei bis drei Stunden in schwachem Sieden
erhalten.
Nach sehr kurzer Zeit bedeckte sich das Kalium mit einer rothbraunen Kruste unter
schwacher Entwickelung von Wasserstoffgas.
Nach dem Erkalten wurde das so behandelte Oel mit Wasser versetzt, um das
überschüssige Kalium zu beseitigen, und die wässerige Lösung mit
Nitroprussid-Natrium auf einen Schwefelgehalt geprüft.
Bei allen Proben trat die Reaction auf Schwefel kräftig ein und bekundete einen hohen Gehalt an schwefelhaltigen Verbindungen in diesen
Oelen.
Zur näheren Feststellung, in welcher Form der Schwefel in diesen Oelen enthalten war,
wurden die Proben der Destillation unterworfen und die Destillate sowie auch die
dabei auftretenden Gase einer genauen Untersuchung unterworfen.
Alle Proben, sowohl die dunkeln wie die hellen, entwickelten beim Sieden ganz bedeutende Mengen schwefliger Säure; in dem weiteren
Verlauf der Destillation wurde das Destillat durch ausgeschiedenen Schwefel getrübt
und eine Entwickelung von Schwefelwasserstoff trat
schließlich ein.
Der ausgeschiedene Schwefel war offenbar das Zersetzungsproduct der schwefligen Säure
und des Schwefelwasserstoffs.
Die enorme Entwicklung von schwefliger Säure zeugte von einer nachträglichen kalten
Behandlung der Oele mit concentrirter Schwefelsäure; der Schwefelwasserstoff ist
dagegen ein Zeuge für die Anwesenheit geschwefelter
Kohlenwasserstoffe, welche in Folge einer nachlässigen Behandlung der
Rohöle zurückgeblieben waren.
Bezüglich der kalten Behandlung der Oele mit concentrirter Schwefelsäure habe ich zu
bemerken, daß bei diesem Proceß stets ein Theil der Schwefelsäure sich mit den
Kohlenwasserstoffen zu gepaarten Säuren verbindet (wahrscheinlich unterschwefelsaure
Verbindungen), die durch Alkalien bei gewöhnlicher Temperatur nicht zersetzbar sind,
sondern im Gegentheil Salze mit denselben bilden, welche nicht absolut unlöslich in
den Oelen sind und so zu mancherlei unangenehmen Eigenschaften der Oele Veranlassung
geben. Wenn z.B. solche als Beleuchtungsmaterial benutzt werden, so beschlagen die
Zuggläser mit einem weißen Anflug von kohlensaurem Natron und die Verbrennung
erfolgt unter Entwickelung von schwefliger Säure, welche in geschlossenen Räumen
höchst belästigend werden kann und die Pflanzenfarben (bunter Gardinen) bleicht. Als
Schmieröle sind jedoch solche Oele ebensowenig zu gebrauchen, weil sie in ganz
kurzer Zeit die Maschinentheile angreifen.
Die vielen gerechten Klagen, welche von Spinnereibesitzern bezüglich der Spindelöle
geführt werden, haben ihren Grund in dieser mangelhaften Behandlung der
Paraffinöle.
Dem Aeußeren nach empfehlen sich die kalt behandelten Oele sehr, da sie wenig Farbe
und Geruch besitzen und außerdem kreosotfrei sind.
Da die Paraffinöle häufig mit Chlor oder Chlorverbindungen gebleicht werden und oft
ein Theil des Chlors von dem Oele zurückgehalten wird, welches seine Anwendung als
Schmieröl für feinere Maschinentheile (Spindeln) verbietet, so wurden die
vorliegenden Oele auch in dieser Hinsicht geprüft.
Zu dem Ende wurden die Dämpfe derselben in den geeigneten Apparaten über
chemisch-reinen glühenden Natronkalk getrieben und letzterer nach dem
Erkalten auf einen Gehalt an Chlor geprüft.
Bei allen Proben konnten nur Spuren von Chlor nachgewiesen werden; dagegen trat beim
Uebergießen des gebrauchten Natronkalks mit einer Säure eine enorme Entwickelung von
Schwefelwasserstoff ein, ein abermaliger Beweis für den großen Gehalt an
schwefelhaltigen Bestandtheilen der Oele.
Die zur Auflösung des gebrauchten Natronkalks angewandten Glasgefäße zeigten einige
matte Stellen, woraus der Schluß gezogen wurde, daß auch ein Fluorgehalt diesen
Oelen nicht fremd sey. Es wurden demnach die Natronkalk-Rückstände in einer
Platinschale mit concentrirter Schwefelsäure übergossen und mit einer Glasplatte
bedeckt. Nach kurzer Zeit war die Glasplatte matt, also angeätzt worden,
unverkennbar durch Einwirkung des in den Oelen enthaltenen Fluors.
Es ist eine längst bekannte Thatsache, daß die wasserfreie Chlorwasserstoff-,
Jodwasserstoff-, Bromwasserstoff- und auch Fluorwasserstoffsäure die Paraffinöle bleicht und den Geruch derselben
sehr vortheilhaft modificirt.
Es muß jedoch Jedem, der sich mit der Behandlung von flüssigen Kohlenwasserstoffen
beschäftigt hat und nur nothdürftige Kenntnisse in der organischen Chemie besitzt,
bekannt seyn, daß die Behandlung der Oele mit diesen Wasserstoffsäuren nicht ohne
innige Verbindung eines Theiles derselben mit den betreffenden Radicalen vor sich
geht, welche ohne eine vollständige Zerstörung dieser organischen Körper nicht mehr zu beseitigen ist.
Deßhalb wird jeder umsichtige Fabrikant bei der Behandlung der Oele die Agentien
beseitigen, welche durch einen Gehalt an Haloiden eine solche Verunreinigung
ermöglichen.
Die mir zur Untersuchung übergebenen Oele waren mit Fluorwasserstoffsäure (dampfförmig) behandelt und so für eine jede
Verwendung untauglich gemacht worden.
Diese fluorhaltigen Oele wurden mit Metallen auf geeignete Weise in Contact gebracht.
Letztere wurden durch das in diesen Oelen enthaltene Fluor sowohl wie durch die
Schwefelsäure sehr bald angegriffen. Eine Verwendung dieser Oele als Schmiermaterial
kann offenbar nur nach vollständiger Beseitigung dieser Verunreinigungen
stattfinden.
Auch als Brennöle sind die mit Fluorwasserstoff behandelten Oele nicht zu verwenden,
da sie beim Verbrennen Fluorwasserstoff, ein höchst giftiges
Gas, erzeugen, welches nicht allein Glas, alle Metalltheile und die Farben
angreift, sondern auch auf die Gesundheit höchst schädlich einwirkt, namentlich
Augenentzündungen veranlaßt.
Dr. H. Vohl.
IV. Brodvergiftung in Folge der
Anwendung von altem Bauholz und abgenutzten Eisenbahnschwellen als Brennmaterial
bei gewöhnlichen Backöfen.
In hiesiger Stadt verwendet man schon seit mehreren Jahren altes Bauholz und
Eisenbahnschwellen (abgenutzte) zum Heizen der gewöhnlichen Backöfen, wodurch leicht
eine Vergiftung der Backwaaren ermöglicht wird, welche die traurigsten Folgen nach
sich ziehen kann. Es ist deßhalb gewiß nicht als überflüssig zu erachten, wenn ich
das Publicum auf die ihm dadurch drohende Gefahr aufmerksam mache.
Im Winter 1865 wurde ich veranlaßt, verschiedene Backwaaren auf ihren quantitativen
Aschengehalt zu untersuchen, um aus den Resultaten einen Schluß bezüglich der
Reinheit des Mehles resp. des Kleiengehaltes zu ziehen.
Diese Aschen wurden auch einer genauen qualitativen Analyse unterworfen und zwar in
Bezug auf die in denselben möglicher Weise vorkommenden giftigen Metalloxyde, wobei
sich ergab, daß eine Zwiebacksorte eine bedeutende Menge
Blei- und Zinkoxyd
enthielt. Das Vorkommen gerade dieser Metalloxyde war auffallend, da bekanntlich
wohl Kupferoxyd- und Thonerde-Salze zuweilen von gewissenlosen Bäckern
in Anwendung gebracht werden sollen, jedoch Blei- und Zinkoxyd fast niemals als
Verunreinigungen resp. Verfälschungen im Mehl oder in Backwaaren nachgewiesen worden
sind.
Die Vermuthung, daß der Gehalt an diesen beiden Metalloxyden (Blei- und
Zinkoxyd) durch das Brennmaterial bedingt worden war, lag sehr nahe.
Die Nachforschungen, welche in dieser Hinsicht angestellt wurden, ergaben auch sehr
bald, daß der Bäcker, welcher dieses Gebäck gemacht hatte, seinen Backofen mit altem
Bauholz (alten Thüren, Fensterrahmen und Fensterläden, Wandbekleidungen etc.)
heizte.
Die aus derselben Bäckerei entnommenen Holzkohlen wurden mit den geeigneten
Vorsichtsmaßregeln verbrannt und es ergab die resultirte Asche einen bedeutenden
Gehalt an Blei-, Zink- und Kupferoxyd, neben schwefelsaurem Baryt.
Diese Metalloxyde und der schwefelsaure Baryt, welche sich in so erheblicher Menge in
der Asche vorfanden, stammten ohne Zweifel von dem Oelanstrich des zur Heizung
verwandten alten Brennholzes her.
Am 22. October d. J. wurde mir von der betreffenden Behörde gebeuteltes Roggenbrod
(sogenannte Röggelcher) zur Untersuchung übergeben und fand ich in der unteren
Kruste desselben einen nicht unbedeutenden Bleioxydgehalt, neben Spuren von
Zinkoxyd.
Die obere Kruste sowohl wie das Innere des Brödchens waren frei von diesen giftigen
Metalloxyden.
Auch hier konnte die Vergiftung nur in Folge des angewandten Brennmaterials
stattgefunden haben.
In Folge dieses Thatbestandes wurden weitere Nachforschungen bei dem betreffenden
Bäckermeister angestellt, welche ergaben, daß auch hier der Backofen mit
angestrichenem alten Bauholz geheizt worden war.
Es wurden von mir sowohl die dort abfallenden Holzkohlen wie auch der innere Beschlag
des Backofens, sowohl von den Seitenwänden als dem oberen Gewölbe entnommen, einer
genauen chemischen Analyse unterworfen, welche nachfolgende Resultate ergab.
Ungefähr 3 Pfund Holzkohlen wurden in einem kleinen Windofen mit der Vorsicht
verbrannt, daß die gasförmigen Verbrennungsproducte sowohl wie auch die abfallende
Asche aufgefangen werden konnten.
Es zeigte sich nun, daß die Verbrennungsgase einen bedeutenden Beschlag an die
kälteren Theile des Abzugsrohres absetzten.
Dieser Beschlag hatte in der Wärme eine schön citronengelbe Farbe, welche jedoch beim
Erkalten in eine rein weiße übergieng. Die Analyse ergab als Bestandtheile desselben
Zinkoxyd neben geringen Mengen Bleioxyd.
Die erhaltene Asche, welche eine mehr gelbliche Farbe als gewöhnliche Holzasche
besaß, war theilweise zusammengesintert und enthielt viele eiserne Nägel. Außer den
in jeder Holzasche immer vorkommenden Bestandtheilen enthielt dieselbe circa:
Bleioxyd
15 Proc.
Zinkoxyd
3 Proc.
Kupferoxyd
1/2 Proc.
und außerdem eine Menge Baryt.
Das Zusammensintern der Asche rührte von dem bedeutenden Bleioxydgehalt her, wodurch
eine Verglasung stattgefunden hatte.
Der von den inneren Wänden des Backofens entnommene Beschlag wurde ebenfalls einer
genauen Analyse unterworfen, wobei sich ergab, daß die Seitenwände wenig, dagegen
das obere Gewölbe viel Zinkoxyd in den Ablagerungen
enthielt; Bleioxyd war nur in sehr unerheblicher Menge in diesem Beschlag
enthalten.
Auch in diesem zweiten Brodvergiftungsfalle ist die Ursache derselben lediglich dem
Brennmaterial zuzuschreiben.
Die am häufigsten als Oelanstrichfarben verwendeten Metallfarben sind: Bleiweiß, Zinkweiß, arsenikalische und arsenikfreie Kupferfarben, chromsaures Bleioxyd,
Schwefelarsenik und Schwefelquecksilber.
Von den ebengenannten Farben sind die Blei-, Zink- und Kupferfarben in
dem vorliegenden Falle die gefährlichsten, weil sie theils als Ofenbeschlag, theils
als Asche in dem Backofen zurückbleiben.
Das Arsen und Quecksilber
werden bei der Verbrennung verflüchtigt und durch den Kamin abgeführt; sie können
nur dann schädlich einwirken, wenn der Ofen keinen gehörigen Zug hat und die sich
entwickelnden Gase und Dämpfe in den Arbeitsraum entweichen.
Ist nun ein Backofen mit einem Brennmaterial geheizt worden, welches diese giftigen
Metallfarben als Anstrich besaß, so werden beim Ausziehen der Kohlen die schweren
Metalloxyde (Bleioxyd und Kupferoxyd) als feiner Staub, theils aber auch in feinen
Häutchen auf der Sohle des Ofens zurückbleiben und das eingeschobene Brod vergiften;
das flüchtige Zinkoxyd wird sich während der Verbrennung an die Wandungen des Ofens
niederschlagen und nicht so leicht eine Verunreinigung veranlassen, es sey denn, daß
nach längerer Zeit das Zinkoxyd sich in so erheblicher Menge an den Wandungen
abgelagert hat, daß ein Abblättern stattfindet, wodurch alsdann die Backwaare
vergiftet werden kann.
Aus dem Mitgetheilten ist leicht ersichtlich, warum man fast immer nur in der unteren Kruste des Brodes das Blei- und
Kupferoxyd vorfindet,
das Zinkoxyd aber nur in der oberen Kruste vorkommt.
Da das meiste zum Anstrich verwandte Bleiweiß schwefelsauren Baryt enthält und
derselbe auch rein als Blanc-fixe zur Verwendung
kommt, so kann die Gegenwart von Baryt in der Asche nicht befremden.
Nicht minder gefährlich wie das mit Oelfarbe angestrichene Holz, sind die abgenutzten
Eisenbahnschwellen, da dieselben häufig zur Conservirung mit Kupfer-,
Zink-, Quecksilber- und Barytsalzen imprägnirt sind und dadurch zu
denselben Uebelständen resp. Brodvergiftungen Anlaß geben können.
In richtiger Würdigung der großen Gefahr, welcher durch die Anwendung derartigen
Brennmaterials das Publicum ausgesetzt wird, hat die königl. preußische Regierung
die Verwendung solchen Brennmaterials bei der Bäckerei verboten.
Schließlich habe ich noch der Verwendung der aus diesem Holze erzeugten Kohle zu
erwähnen.
Diese Kohle, hierorts „Bäckerkohle“
genannt, wird zum Feueranmachen, zum Erhitzen der Bügeleisen in kleinen offenen
Windöfchen und auch zum Rösten von Kastanien etc. angewandt. Zu ersterem Zwecke ist
sie gut zu verwenden und bringt keine Nachtheile, aber ihre Anwendung zu den beiden
letzteren Zwecken ist nicht ganz gefahrlos.
Wie schon oben erwähnt wurde, erzeugt diese Kohle einen Rauch von Zinkoxyd, welcher
sich an die kälteren Theile der Umgebung niederschlägt. Werden, wie dieses hierorts
immer geschieht, die Kastanien etc. über dem freien Kohlenfeuer geröstet, so
schlagen sich diese Zinkoxyddämpfe an denselben nieder, und können, da die Schale
stellenweise gerissen resp. eingeschnitten ist, auch zu dem inneren eßbaren Theile
der Frucht gelangen und so nachtheilig auf die Gesundheit einwirken; beim Erhitzen
der Bügeleisen können diese Metalloxyddämpfe, welche sich in dem Arbeitsraum
verbreiten, ebenfalls einen schädlichen Einfluß auf die Gesundheit ausüben.
Cöln, im October 1866.
Dr. H. Vohl.