Titel: | Ueber die Benutzung der Uebersättigungs-Erscheinungen zur Reinigung und Trennung gewisser Salze; von Jeannel. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. CXXX., S. 473 |
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CXXX.
Ueber die Benutzung der
Uebersättigungs-Erscheinungen zur Reinigung und Trennung gewisser Salze; von
Jeannel.
Aus den Comptes rendus, t. LXIII p. 606; October
1866.
Jeannel, Anwendung der Uebersättigung zum Reinigen und Trennen von
Salzen.
Die Uebersättigung blieb bisher ohne praktische Anwendung; ich habe mich indessen
überzeugt, daß diese Erscheinung mit Vortheil zur Reinigung und Trennung gewisser
Salze angewendet werden kann.
Reinigung des schwefelsauren Natrons und anderer Salze.
– Die (französische) Pharmakopöe schreibt vor, das im Handel vorkommende
schwefelsaure Natron in der gleichen Gewichtsmenge heißen Wassers zu lösen, zu
filtriren und durch Erkaltenlassen zum Krystallisiren zu bringen. Da 100 Grm. Wasser
bei der Temperatur von + 18° C. 48 Grm. schwefelsaures Natron zurückhalten,
so ist man bei dem üblichen Verfahren genöthigt, in der Mutterlauge fast die Hälfte
des Rohmaterials zurückzulassen. Offenbar ist dieß ein unnützer Verlust, sofern man
nicht abdampfen und nochmals krystallisiren lassen will.
Bei Benutzung der Uebersättigung ist man im Stande, eine große Menge des Salzes auf
einmal so zu reinigen, daß nur eine sehr geringe Quantität desselben in der
Mutterlauge zurückbleibt. Zu diesem Zwecke empfehle ich das nachstehende
Verfahren.
Man nehme:
schwefelsaures Natron, wie es im Handel vorkommt
300 Grm.
destillirtes Wasser
100 „
und lasse das Ganze in einem Glaskolben bei 33° C. zergehen. Bei dieser
Temperatur, welche dem höchsten Löslichkeitsgrade des Glaubersalzes entspricht,
könnten 100 Grm. Wasser 322 Grm. Glaubersalz aufnehmen.
Gleichzeitig wasche man das in den Trichter gesteckte Filter, indem man ungefähr 500
Grm. heißes Wasser von etwa 50° C. aufgießt.
Sobald dieses Wasser abgelaufen ist, stelle man den Trichter auf eine mit
destillirtem Wasser gut ausgespülte Flasche mit weiter Mündung, gieße die heiße
Salzlösung auf das Filter und bedecke dann den Trichter mit einer Glasplatte.
Die Lösung geht vollständig durch das Filter ohne zu krystallisiren; sie bleibt in
der Flasche sogar nach dem Erkalten flüssig.
Nimmt man dann den Trichter ab, so daß die Luft zu der Flüssigkeit Zutritt hat, so
krystallisirt letztere sehr rasch, indem sie sich bis beinahe auf 33°
erhitzt; sobald sie vollständig krystallisirt ist, gießt man die Mutterlauge ab.
Auf gleiche Weise, durch Lösen in kleinen Wassermengen, lassen sich schwefelsaure Magnesia, schwefelsaures Zinkoxyd und kohlensaures Natron reinigen, vorausgesetzt, daß diese
Salze nicht sehr unrein sind und zum Zurückhalten der fremden Salze nicht viel
Mutterlauge erfordern.
Das essigsaure und das weinsaure
Natron, welche bei einer unter 100° C. liegenden Temperatur in ihrem
Krystallisationswasser löslich sind, lassen sich nach diesem Verfahren leicht
filtriren, ohne daß man mehr Wasser als das das Filter befeuchtende zusetzen
muß.
Auf den Alaun ist dieses Verfahren nicht anwendbar, denn dessen 25 Proc. Wasser
enthaltende Lösung krystallisirt, wenn sie auch zum Kochen erhitzt und auf ein durch
kochendes Wasser erhitztes Filter in einen ebenso heißen Trichter gebracht wird,
beim Erkalten; sie krystallisirt im Filter, im Rohre des Trichters und in der
Flasche, trotz der Bedeckung des Trichters mit einer Glasplatte.
Trennung verschiedener Salze mittelst der Uebersättigung.
– Die bei gewissen Salzen auftretende, bei anderen aber sich nicht zeigende
Erscheinung der Uebersättigung bietet ein neues Mittel zur Trennung der Salze dar,
welches vielleicht einer Anwendung in der Technik fähig ist.
Bringt man in einem Gaskolben
salpetersaures
Kali
335 Grm.
Wasser
100 „
zusammen und erhitzt zum Sieden, welches bekanntlich bei
115,9° C. stattfindet, so tritt vollständige Lösung ein, und die Flüssigkeit krystallisirt
ebenso gut in bedeckten Gefäßen, als bei freiem Luftzutritte.
Setzt man der Salpeterlösung 300 Grm. Alaun zu, so wird dadurch das Sieden nicht
verzögert; verschließt man nun den Kolbenhals mit einer Weißblechkapsel und läßt
erkalten, so bleibt der Alaun in übersättigter Lösung zurück, wogegen der Salpeter
auskrystallisirt, als wenn er in reinem Wasser gelöst wäre. Man kann dann die
übersättigte Alaunlösung abgießen und so auf die einfachste Weise die Trennung der
beiden Salze bewerkstelligen.
Ich bezweifle nicht, daß ähnliche Gemenge von anderen Salzen analoge Resultate geben
werden.