Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 182, Jahrgang 1866, Nr. , S. 424 |
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Miscellen.
Miscellen.
Neue Bewegungsübertragung, von Dr.
Warren Rowell.
Textabbildung Bd. 182, S. 423
In nebenstehender Figur ist eine neue Bewegungsübertragung abgebildet, welche die
Kraft von einer Welle auf die andere ohne Riemen fortpflanzt. Die continuirliche
Drehung der Riemscheibenwelle wird auf die zweite Welle durch die Lenkstangen
übertragen. In manchen Fällen der mechanischen Bewegung sind Riemscheiben und
Räder nicht gut anzuwenden und dann läßt sich die abgebildete Bewegungsart, wenn
die Entfernung der Wellen nicht zu groß ist, benutzen. (Mechanics' Magazine, August 1866, S. 117.)
Bessemer's Schmiedepressen.
Zum Schmieden großer Eisenmassen hat sich der Dampfhammer als höchst vortheilhaft
bewiesen. Zum allmählichen Vereinigen einzelner Theile zu einem großen Ganzen ist er
aus das Beste geeignet, da ein großer Theil der Kraft auf die Berührungsflächen der
zusammenzuschweißenden Stücke übertragen wird. Für das Schmieden großer
Gußstahlmassen aber ist der Dampfhammer nicht gut geeignet. Für die Welle einer
Schiffsmaschine von 20'' Durchmesser und 30' Länge ist z.B. ein solider Stahlbarren
von 3' im Quadrat und 8' Länge nöthig, der über 3000 Ctr. wiegt. Ein solcher Barren
würde dem Moment des fallenden Hammers die Trägheit seiner Masse gerade so
entgegensetzen wie ein Amboß und wie dieser durch den Schlag wenig beeinflußt
werden. Soll die Mitte einer solchen Masse mit hinreichender Kraft erreicht werden,
um verlängert zu werden, so muß die Kraft des Schlages durch 18'' festen Stahl
übertragen werden; die Theilchen dieser Zwischenmasse müssen aus dem Ruhezustande in
die Geschwindigkeit versetzt werden, welche der Hammer beim Niederfallen erlangt
hat. Dieß wird durch ihre Trägheit verhindert und somit die Kraft absorbirt, bevor
sie die Mitte erreicht. Die Praxis zeigt, daß, wenn der Hammer nicht ein enormes
Gewicht hat, nur der äußere Theil der Masse verlängert wird und dadurch wird
entweder der centrale Theil auseinandergerissen oder der äußere Theil gleitet
darüber hin, so daß sich am Ende der Welle eine Art tiefer Schale bildet. Bei der
Bearbeitung großer Gußstahlmassen ist also der plötzliche Stoß des Dampfhammers
unbrauchbar und dagegen ein stetiger Druck nöthig. Im Jahr 1856 ließ sich H. Bessemer die Anwendung von hydraulischem Druck für diesen
Zweck patentiren, doch wurde in dieser Periode wenig dafür gethan. Der Gegenstand
wurde später bekanntlich von Haswell in Wien wieder
aufgenommen, der so günstige Resultate erhielt, daß Bessemer's Aufmerksamkeit darauf zurückgelenkt
wurde. Die hydraulische Presse nach der gewöhnlichen Construction ist aber nur ein
Accumulator kleiner Kraftvermehrungen, der enorm wirksam ist, wenn er langsam auf
kleine Entfernungen wirkt, eine Bedingung, die zum Bearbeiten von heißem Metall
nicht geeignet ist, das bearbeitet werden muß, bevor seine Wärme den Amboß
durchdringt oder durch Strahlung verloren geht. Bessemer
construirte daher eine sehr kräftige Presse, die rasch arbeitet, so daß die
Pressungen eben so rasch auf einander folgen können, wie die Schläge eines
Dampfhammers. Dieselbe besteht aus einem gußeisernen, dem Gerüste eines Walzwerkes
ähnlichen Bogengerüste im oberen Theil mit einer stählernen Stellschraube, um die
obere Matrize, die den festen Hammer darstellt, in die erforderliche Stellung zu
bringen. Im unteren Theil des gußeisernen Gestelles befindet sich ein hydraulischer
Cylinder mit 24'' Bohrung und 3'' Hub. Mit dem Kolben dieses Cylinders ist der
bewegliche Amboß verbunden. Vom unteren Theil des Cylinders führt ein Rohr nach
einer Druckpumpe mit Plunger von bedeutender Größe und Hublänge, der alles Wasser
liefert, um den erwähnten Kolben 3'' zu heben. Der Plunger wird durch eine starke
Dampfmaschine betrieben und hebt oder senkt den hydraulischen Kolben rasch und mit
enormer Kraft. Beträgt z.B. die Bewegung des Kolbens 2 1/2'' und fällt das
Gußstahlstück den Raum zwischen Amboß und Hammer bis auf 2'', so wird dasselbe beim
Aufgang des hydraulischen Kolbens um 1/2'' zusammengedrückt, während der Plunger nur
im letzten Fünftel seines Vorganges und gar nicht während seines Rückganges
Widerstand zu überwinden hat. Die Dampfmaschine, die ihn treibt, muß daher ein
schweres Schwungrad haben, so daß die Kraft in ihm aufgesammelt und während 1/10 des
ganzen Kolbenlaufes abgegeben werden kann. Die Stellschraube, durch welche die
Hammerstellung regulirt wird, ist durch ein Gegengewicht balancirt, so daß sie
leicht von 2 Mann gehandhabt werden kann und der Hammer kann so gestellt werden, daß
eine Welle oder Stange so genau wie in einem Walzwerke bearbeitet werden kann.
Es hat sich herausgestellt, daß ein Druck von 120–180 Ctr. per Quadratzoll engl. genügt, um rothglühenden Gußstahl
zusammenzudrücken. Der Druck der hydraulischen Presse wirkt nicht bloß auf die
Oberfläche, sondern durch die ganze Masse und gibt eine Gleichmäßigkeit der
Verdichtung, die durch die Dampfhämmer nicht erreichbar ist. Diese Wirkung wurde
durch folgenden Versuch bestätigt: Ein Stahlcylinder von 2' Länge und 8''
Durchmesser wurde unter dem Drucke der hydraulischen Presse in der Mitte ausgebaucht
wie eine Kautschukfeder; unter dem Dampfhammer wurde ein gleicher Cylinder am oberen
Ende und ein wenig am unteren Ende verbreitert, die Mitte aber blieb fast
unverändert. Die geräuschlose Arbeit der Presse und die Abwesenheit von Stößen machen die Anwendung
derselben bequemer und für die Arbeiter weniger ermüdend, auch bedarf man dabei
keiner sehr soliden und theuren Fundamente. (Nach W. Fairbairn's neuem Werk: The Iron etc.)
Zeiger-Telegraphen mit beweglichem Zifferblatte und
Uhren ohne Zeiger.
In zwei Artikeln geben die „Les
Mondes“ (October 1866, S. 310 und 311) von einer Erfindung
Nachricht, welche Ed. Néel (zu Montfarville bei
Barfleur) in der letzten Zeit den allgemeinen Umrissen nach bekannt gegeben hat, und
die sowohl für den Zeigertelegraphen als auch für die gewöhnlichen Uhren ihre
Anwendung finden kann.
Da bei den Zeigertelegraphen, welche ihrer Einfachheit halber – seit Wheatstone's Erfindung in den
verschiedensten Formen construirt – leicht benutzt und in allen Sprachen
verwendet werden können, das Auge des Empfängers sehr ermüdet wird, wenn er bei
einem längeren Telegramme den Sprüngen des Zeigers aufmerksam durch einige Zeit
folgen muß, so mag es von Vortheil seyn, die Anordnung so zu treffen, daß das Auge
bloß auf einen bestimmten Punkt fixirt wird, wo es dann jedes der mitgetheilten
Signale abzulesen hat. Um dieses zu bewerkstelligen, bringt Néel an der Achse des mit 13 Zähnen versehenen (und durch
elektromagnetische Wirkungen schrittweise in Drehung versetzten) Steigrades ein
Zifferblatt an, auf welchem die Buchstaben und telegraphischen Zeichen von der
Rechten zur Linken eingeschrieben sind, und das mittelst eines kleinen Triebwerkes
in Drehung versetzt wird. Dieses bewegliche Zifferblatt ist durch einen Schirm
verdeckt, der an einer bestimmten Stelle eine mit einem Glasfensterchen
verschlossene Oeffnung hat, deren Breite einem Ausschnitte des Zifferblattes
entspricht, welche dem 26sten Theile des letzteren gleich ist. Mittelst des
Manipulators des Telegraphenapparates kann beim Signalisiren das Triebwerk, also
auch das bewegliche Zifferblatt, arretirt und mithin durch elektromagnetische
Wirkung so eingestellt werden, daß das telegraphirte Signal jedesmal an der
genannten Oeffnung sichtbar wird. Näheres über die Einrichtung, bei welcher
gleichsam das Zeichengeben der bekannten elektrischen Haustelegraphen nachgeahmt zu
seyn scheint, gibt unsere Quelle nicht.
Für die gewöhnlichen Uhren will Néel dasselbe
Princip anwenden, indem er sowohl für die Stunden, als auch für die Minuten und
Secunden bewegliche Zifferblätter anstatt der Zeiger anbringt, die durch Schirme
verdeckt bleiben, und wobei man an einem kleinen Fensterchen, mit welchem eine jede
der drei zugehörigen Oeffnungen versehen ist, immer an fixen Stellen die Stunden,
Minuten und Secunden, welche die Uhr zeigen soll, ablesen kann.
Ueber das Löthen mit Chlorzink; von E. Kaiser.
Chlorzink ist ein ganz vorzügliches Hülfsmittel, um Stahl, Eisen, Messing, Kupfer und
dergleichen mittelst Zinn zusammen zu löthen. Das Verfahren der Anwendung ist ein
ungemein einfaches. Das Chlorzink kommt dabei in einer stark verdünnten Auflösung
zur Anwendung, mit welcher die Löthstelle genetzt wird. Daß die auf einander zu
löthenden Flächen einigermaßen metallisch rein gekratzt oder gescheuert seyn müssen,
versteht sich als eine allgemeine Regel für jede Art Löthung wohl von selbst.
Nachdem nun die zusammen zu löthenden Stücke in der richtigen Stellung zu einander
in irgend einer schicklichen Weise befestigt sind, bringt man sie in die Löthflamme
und läßt in derselben die zum Benetzen aufgebrachte Chlorzinklösung abdunsten.
Bringt man dann das Zinn an die Löthstelle, so wird dasselbe, sobald der zum
Schmelzen erforderliche Hitzegrad erreicht ist, sofort schön dünnflüssig zwischen
die vorher genetzten Flächen eindringen, sie verzinnen und unter einander verbinden.
Ob dieß erfolgt ist, erkennt man leicht daran, ob das Zinn so vollständig in die
Löthfuge eingedrungen ist, daß es auf der entgegengesetzten Seite sichtbar ist.
Scheint die Ausbreitung des Zinnes nicht genügend erfolgt zu seyn, so darf man nur
mit einem in die Chlorzinklösung getauchten Holzstäbchen oder einem Pinsel oder
einer Federfahne nochmals längs der Löthfuge hinstreichen. Während die Feuchtigkeit
zischend verdampft, schießt das geschmolzene Zinn hinter dem Stäbchen oder Pinsel
her, und schließt die Fuge auf's Sauberste und Vollständigste.
In ähnlicher Weise benutzt man dasselbe zum Verbinden der Telegraphendrähte, welche,
nachdem sie zusammengewunden sind, noch mit Zinn verlöthet werden.
Sind die Drähte gezogen, so haben sie eine hinreichend metallisch reine Oberfläche,
um sofort verlöthet werden zu können; sind sie jedoch lediglich durch Walzwerke bis
zu der erforderlichen Feinheit ausgestreckt worden, so müßen selbstverständlich die
Enden erst in geeigneter Weise vom Glühspan gereinigt werden, bevor sie
zusammengedreht werden. Der so gebildete Knoten wird dann in ein Gefäß mit
geschmolzenem Zinn getaucht, dessen Oberfläche durch eine Schicht geschmolzenen
Chlorzinks bedeckt ist. Der eingetauchte Drahtknoten erhält durch das Eintauchen
schon eine vollständig verzinnte Oberfläche, welche an den Berührungsstellen der
Drähte zusammen löthet und so eine hinreichend innige Verbindung für die
Durchleitung des galvanischen Stromes bildet.
In gleicher Weise spielt es eine Hauptrolle bei der Verzinkung des Eisens –
der Darstellung des sogenannten galvanisirten Eisens. Wenn man eine Eisenblechtafel
durch Abbeizen mittelst Salzsäure vom Glühspan befreit, sie darauf in eine
Chlorzinklösung eintaucht und darauf in einem geeigneten erhitzten Raume abtrocknet,
so wird sie sich, wenn man sie darauf in geschmolzenes Zinn eintaucht, über und über
mit Zinn überziehen, und wenn man sie nachher noch einmal durch ein Walzwerk gehen
läßt, das vollständige Aussehen einer Zinkblechtafel angenommen haben, obgleich der
Ueberzug ungemein dünn ist.
In dieser Weise werden auch die großen verzinkten Eisenbleche dargestellt, welche
nachher wellenförmig gerippt werden, und zu verschiedenen baulichen Zwecken
verwendet werden. In großartigem Maaßstabe wird diese Fabrication von v. Winiwarter in Wien betrieben. Um große Blechtafeln von 7
Fuß Länge und 3 Fuß Breite verzinken zu können, bedarf man entsprechender großer
Gefäße, um das Zink zu schmelzen. Man bedient sich dazu großer gußeiserner Kästen.
Da diese aber von geschmolzenem Zink leicht durchgefressen werden würden, so wird
zunächst eine Partie Blei darin geschmolzen und dann erst Zink, welches als das
leichtere Metall oben schwimmt, und durch das Blei von der Berührung mit dem
erhitzten gußeisernen Boden abgehalten wird. (Breslauer Gewerbeblatt, 1866, Nr.
17.)
Ueber das Verhalten des Kalkes beim Brennen.
Der Bulletin de la Société de l'industrie
minérale, t. X p. 511, enthält einen
sehr ausführlichen Aufsatz von J. Dorlhac und Saminn über die Kalkindustrie des Mayennedepartements,
welchem wir eine Angabe über das Verhalten des Kalkes beim Brennen entnehmen, die
unseren Lesern neu seyn dürste. Wir meinen hiermit nicht die Beobachtung, daß zwei
aus demselben Kalksteinblocke gefertigte Cylinder, welche in Porzellanröhren
demselben Hitzegrade ausgesetzt wurden, während über den einen Wasserdampf, über den
anderen ein Luftstrom geleitet wurde, in derselben Zeit nicht gleichviel Kohlensäure
verloren (100 Th. Kalkstein verloren im Wasserdampfe 3,103 Th. Kohlensäure mehr als
in der Luft); denn sollte diese jedenfalls nicht sehr erhebliche Verschiedenheit
nicht wirklich in der Natur des Wasserdampfes, sondern vielmehr darin begründet
seyn, daß der Dampfstrom durch eine größere Geschwindigkeit das Austreiben der
Kohlensäure beförderte, so wäre dieß nur eine Bestätigung der schon seit den
Beobachtungen Gay-Lussac's bekannten Thatsachen.
Die Verfasser haben aber beobachtet, daß jene beiden Cylinder beim Brennen eine
Volumenzunahme erlitten: vor dem Brennen waren sie beide
27 Millimeter lang und 17 Millimeter dick, nach
vollständigem Brennen aber 28 Millimeter lang und 17,7 Millimet. dick; ihr Volumen
war also etwa um ein Zehntel vermehrt. Es ist die Bemerkung hinzugefügt, daß
dieselbe Zahl sich auch aus den Versuchen mehrerer Anderen ergeben habe. Wir haben
nirgends eine gleichlautende Angabe finden können; in allen Lehrbüchern der Chemie
wird vielmehr ausdrücklich eine Verminderung des Volumens beim Brennen angegeben.
(Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, 1866, Bd. X S. 684.)
Darstellung des Wasserstoffsuperoxydes.
Bekanntlich bildet sich nach Schönbein beim Schütteln von
Zinkamalgam mit Wasser in einer mit atmosphärischer Luft oder Sauerstoffgas
gefüllten geräumigen Flasche eine Flüssigkeit, die etwa 1/45000 Wasserstoffsuperoxyd
enthält. C. Hoffmann hat versucht, auf andere Weise reichere Lösungen zu gewinnen und empfiehlt folgendes
Verfahren: Man verbrennt Kalium in einem Porzellantiegel unter Aufblasen von Luft,
bis man eine an Kaliumsuperoxyd reiche gelblichgrüne Masse erhält. Diese trägt man
in eine stark abgekühlte Kieselfluorwasserstoffsäure oder auch Weinsäure ein und
gewinnt dann Lösungen, welche 1/375 Wasserstoffsuperoxyd enthalten. Wird nicht
abgekühlt, so enthalten die Lösungen nur 1/735 davon.
Baryumsuperoxyd, welches man leicht aus chemischen
Fabriken beziehen kann, eignet sich zur Bereitung von Wasserstoffsuperoxyd mittelst
Kieselfluorwasserstoffsäure, unseren Beobachtungen zufolge, eben so gut als
Kaliumsuperoxyd. Professor Böttger.(Polytechn. Notizblatt, 1866, Nr. 18.)
Ueber Darstellung der Ameisensäure; von J. C. Sticht aus Brooklyn bei New-York.
Die im vorigen Jahre von Lorin empfohlene Darstellung von
Ameisensäure aus Oxalsäure mittelst Glycerin (polytechn. Journal Bd. CLXXVIII S. 300) habe ich im Großen
probirt und kann ich dieselbe sehr empfehlen. Ich verfuhr folgendermaßen. In eine 60
Gallons haltende, durch gespannten Dampf zu heizende bleierne Destillirblase wurden
100 Pfd. ganz gewöhnliches Glycerin von 26° Baumé, 75 Pfd. Oxalsäure
und 75 Pfd. Wasser gebracht. Dieß geschah am Abend; während der Nacht ließ man
gerade so viel Dampf durch das in die Blase mündende Bleirohr streichen, daß das
Ganze dem Kochen nahe, aber nicht höher erhitzt wurde und auf dieser Temperatur
blieb. Am anderen Morgen erhöhte man die Temperatur und destillirte so lange als
etwas überging, worauf wieder 50 Pfd. Wasser nachgegossen und dasselbe wieder
abdestillirt wurde. Diese Operation wiederholte man zwei Tage lang, worauf man
sämmtliches Destillat mit kohlensaurem Natron sättigte und zur Trockne verdampfte.
Es hinterblieben 62 Pfd. ameisensaures Natron. Die später daraus bereitete
Ameisensäure war ganz rein.
Dieses Verfahren bietet im Vergleich zu dem älteren große Vortheile dar, wie Jeder
zugeben wird, der je Ameisensäure aus Stärkmehl und Braunstein bereitet hat. Die
Säure läßt sich auf diese Weise leicht in großen Quantitäten darstellen. Das
Glycerin kann immer wieder zu demselben Zwecke verwendet werden. (Wittstein's Vierteljahresschrift,
Bd. XVI S. 49.)
Rosanilin als Reagens auf Fettsäuren.
Bringt man nach Dr. Jacobsen
(Chemisch-technisches Repertorium 1866, I, S. 84) zu einem neutralen Oel ein
Stäubchen trockenes Rosanilin, so löst sich auch beim Umschütteln und Erwärmen im
Wasserbad nichts davon auf, das Oel bleibt ungefärbt; war das Oel aber ranzig, so
färbt es sich bald schwach roth; bei sehr stark ranzigem Oel erreicht der Farbenton
die Tiefe von Himbeersaft. Käufliche Fuchsine (salzsaures, arsensaures etc.
Rosanilin) lösen sich weder in neutralen noch ranzigen Oelen auf. Oelsäure (oder
eine andere Fettsäure) löst Rosanilin augenblicklich in großer Menge und färbt sich
damit bis zur Undurchsichtigkeit; ölsaures Rosanilin wird von neutralen Oelen und
Fetten in allen Verhältnissen gelöst. In manchen Fällen kann daher Rosanilin benutzt
werden, freie Fettsäuren in Oelgemischen etc. zu erkennen. Im Handel kommen z.B.
seit einigen Jahren unter verschiedenen Namen weiße Leberthrane vor, die entweder
gar keine Leberthrane, sondern flüssiges Fett verschiedener Säugethiere sind, oder
auf die Weise hergestellt werden sollen, daß man hellblanken Leberthran mit
Potaschelauge schüttelt, längere Zeit absetzen läßt und filtrirt. Da nun aber die
medicinische Wirksamkeit des Leberthranes wesentlich seinem Gehalt an freien
Fettsäuren zugeschrieben
werden muß, kann solchem weißen Thrane keine andere medicinische Wirkung, als jedem
beliebigen neutralen fetten Oele innewohnen, denn das Fett der Seesäugethiere
enthält keine freie Fettsäuren, Potasche entzieht sie dem Leberthrane. Es kommt aber
auch mitunter ein so hellfarbiger „ächter,“ d.h. nicht mit
Lauge behandelter Leberthran vor, daß man versucht seyn kann, ihn für einen der oben
beschriebenen zu halten. Aechter Leberthran im Reagensglas mit etwas Rosanilin
geschüttelt, färbt sich sehr bald schon in der Kälte roth, beim Erwärmen im
Wasserbad nimmt er Rosanilin bis zur tief dunkelrothen Färbung auf; unächter Thran
färbt sich dagegen nicht, eine schwache Färbung zeigt an, daß er ranzig geworden.
Ein sogen. Labrador-Thran, fast wasserhell, von äußerst mildem Geschmack und
Geruch, zeigte auch bei längerem Erhitzen im Wasserbad durch Rosanilin nicht die
mindeste Färbung. – Als Schmieröl werden neuerdings Gemische von schwerem
paraffinhaltigem Petroleum (Petroleumrückstand) mit fetten Oelen (Rüböl)
angefertigt; nun ist es vorgekommen, daß der Fabrikant statt des Rüböles die
billigere Oelsäure, welche sehr rasch die Maschinentheile angreift, verwendet; auch
für diesen Fall kann man mittelst Rosanilin sehr rasch die Gegenwart der Oelsäure
constatiren. Bei einigermaßen erheblichem Gehalt eines Oeles an freier Fettsäure
löst sich das in Pulverform in das Oel gebrachte Rosanilin sehr bald auf; ist wenig
freie Fettsäure vorhanden, ist ein Oel nur ranzig, so dauert der Eintritt der
Färbung längere Zeit. Für letzteren Fall verfährt man zweckmäßiger folgendermaßen:
Man bereitet sich eine kalt gesättigte Lösung von Rosanilin in absolutem Alkohol,
schüttelt einige Tropfen dieser Lösung mit dem zu prüfenden Oele und erwärmt die
Mischung in einem Bechergläschen im Wasserbad bis zur Verflüchtigung des Alkohols.
War keine freie Fettsäure vorhanden, so scheidet sich beim Stehen das ausgeschiedene
Rosanilin aus dem ungefärbten Oele am Boden ab, oder bleibt bei sehr dickflüssigem
Oele als bräunliches Pulver in dem Oele suspendirt. Aus einer Handlung entnommene
Proben von Provenceöl und fettem Mandelöl wurden durch Rosanilin nicht gefärbt,
Mohnöl färbte sich schwach roth, Leinöl stärker roth (durch die gelbe Farbe des
Leinöles bräunlich nüancirt), am stärksten Ricinusöl. Provenceöl, mit 5 Procent
Oelsäure versetzt, zeigte die Farbentiefe von Himbeersaft. –
Selbstverständlich kann das Rosanilin auch zur Prüfung auf feste Fettsäuren benutzt
werden, die man dazu natürlich im Wasserbad verflüchtigen muß; eine höhere Erhitzung
als 100° C. ist nicht rathsam und kann zu Täuschungen Veranlassung geben. Man
kann statt des Rosanilins wohl auch eine andere Anilinfarbbasis anwenden; die rothe
Farbe ist aber für das Auge am empfindlichsten und compensirt am leichtesten die
etwa vorhandene natürliche gelbe Farbe des Oeles oder Fettes.
Verordnung der französischen Regierung über die Magazinirung
etc. des Petroleums.
Art. 1. Das Petroleum und seine Abarten, die
Schiefer- und Theeröle, die Essenzen und anderen Kohlenwasserstoffe zur
Beleuchtung, Beheizung, Erzeugung von Farben und Firnissen, zum Einfetten von
Stoffen oder zu irgend einer anderen Verwendung, sind, je nach ihrem Grade der
Entzündbarkeit, in zwei Kategorien eingetheilt. –
Die 1. Kategorie umfaßt die sehr entzündbaren Substanzen,
d.h. jene, welche bei einer Temperatur unter 35° Celsius Dämpfe abgeben, die
in Berührung mit einem brennenden Zündhölzchen sich entzünden.
Die 2. Kategorie umfaßt die weniger entzündbaren
Substanzen, d.h. jene, welche erst bei einer Temperatur von oder über 35° C.
Dämpfe abgeben, die in Berührung mit einem brennenden Zündhölzchen sich
entzünden.
Art. 2. Die Hütten für die
Erzeugung, Destillation oder Arbeit im Großen mit den im Art. 1 enthaltenen
Substanzen sind in die 1. Classe der Etablissements
eingetheilt, auf welche sich das Decret vom 15. October 1810 und die königl.
Verordnung vom 14. Jänner 1815 über gefährliche, ungesunde und belästigende
Werkstätten beziehen.
Art. 3. Die Magazine für
Substanzen, welche der 1. Kategorie angehören, sind in die 1. Classe der ungesunden
oder gefährlichen Etablissements eingetheilt, wenn sie, wenn auch nur zeitweise,
1050 Liter oder darüber von den genannten Substanzen enthalten. – Sie gehören
der 2. Classe an, wenn die eingelagerte Quantität über 1050 Liter beträgt, aber
nicht 10500 Liter erreicht.
Art. 4. Die Magazine für den
Detailverkauf in Mengen, welche 1050 Liter nicht
übersteigen, können ohne vorhergegangene Bewilligung errichtet werden. In jedem
Falle sind die Besitzer derselben gehalten, an den Präfecten eine Erklärung zu
richten, welche eine genaue Bezeichnung des Locals und der Quantität, innerhalb
welcher sie ihre Vorräthe beschränken wollen, und die Verpflichtung enthalten, sich
nach den im nachfolgenden Art. 5 enthaltenen allgemeinen Maßregeln zu richten.
Art. 5. Die Magazine für den Detail-Verkauf von
Substanzen der 1. Kategorie in Quantitäten über 5 Liter und nicht 150 Liter
überschreitend und die Magazine von Substanzen der 2. Kategorie in Mengen über 60
Liter und 1050 Liter nicht überschreitend, welche nach dem Wortlaute der Art. 4 und
5 ohne vorhergegangene Bewilligung errichtet werden können, sind nachfolgenden
allgemeinen Bedingungen unterworfen:
1. Das Local des Depots kann nur zu ebener Erde oder im Keller seyn; es muß mit
Steinen, welche mit einem Mörtel aus Kalk und Sand oder Cement versetzt und
zusammengefügt sind, gepflastert seyn.
2. Die Schwellen der Verbindungs-Thüren mit den anderen Theilen des Hauses und
mit der Straße müssen aus Stein seyn und mindestens 1 Decimeter höher seyn als der
gepflasterte Fußboden, um auf diese Art die allenfalls sich ergießenden
Flüssigkeiten an ihrer Ausbreitung zu verhindern.
3. Wenn das Depot in einem Keller sich befindet, so muß er gut durch das Tageslicht
beleuchtet, entsprechend ventilirt und ohne irgend eine Verbindung mit den
benachbarten Kellern seyn, von welchen er durch volle Mauern aus solidem Mauerwerk
von wenigstens dreißig Centimeter Dicke getrennt seyn muß.
4. Ist das Depotlocal zu ebener Erde, so darf es keine Stockwerke über sich haben,
muß gut ventilirt und durch das Tageslicht beleuchtet seyn. Die Mauern müssen aus
gutem Mauerwerk und die Eindeckung muß von Eisen-Trägern getragen werden.
5. In jedem Falle muß das Local leicht zugänglich seyn und darf nicht in Verbindung
mit irgend einer Räumlichkeit stehen, welche zur Einlagerung von Holz oder anderen
brennbaren Materien dienen und so Elemente zu einem Brande bilden könnten.
6. Die Flüssigkeiten müssen entweder in mit einem Deckel versehenen Metallgefäßen
oder in soliden und vollkommen dichten, mit Eisenreifen umgebenen Fässern, deren
Fassungsvermögen 150 Liter nicht überschreiten darf, oder in Krügen aus Glas oder
Thon umwickelt mit einer Hülle von Stroh-Weidengeflecht oder anderen Materien
derart, um das Gefäß gegen einen zufälligen Stoß durch einen harten Körper zu
sichern, aufbewahrt werden; das Fassungsvermögen dieser Krüge darf 60 Liter nicht
übersteigen, sie müssen sehr sorgfältig zugestopft seyn.
7. Die Gefäße, welche zum laufenden Verschleiß dienen, müssen verschlossen und mit
Hähnen versehen seyn.
8. Das Ablassen oder Umfüllen der in Vorrath befindlichen Flüssigkeiten darf nur bei
Tageslicht und soll so viel als möglich mittelst einer Pumpe geschehen.
9. Abends muß das Local durch eine oder mehrere Laternen beleuchtet seyn, welche an
von den die entzündbaren Flüssigkeiten enthaltenden Gefäßen und besonders jenen,
welche zum laufenden Verschleiße dienen, entfernten Punkten an den Mauern angebracht
seyn müssen.
10. Es ist untersagt, daselbst Feuer anzumachen und leere Fässer, Breter oder irgend
andere brennbare Stoffe aufzubewahren.
11. Es ist eine der Größe des Depots entsprechende Menge von Sand oder Erde in dem
Locale vorräthig zu erhalten, um einen Brand beim Ausbruche gleich ersticken zu
können.
12. Der Depotinhaber muß immer eine oder mehrere, in gutem Zustande sich befindende
Sicherheitslampen zu seiner Verfügung haben, deren man sich nach Bedürfniß in den
Theilen des Locales bedienen würde, welche von den an den Mauern befestigten
Laternen nicht genügend beleuchtet werden.
Es ist ausdrücklich untersagt, in dem Locale mit tragbaren offenen Lampen, welche
keine Sicherheits-Einrichtung besitzen und demnach ein Feuerfangen einer
Mischung von Luft und entzündbaren Dämpfen veranlassen könnten, herumzugehen.
Die Detailverkäufer, deren Vorrath auf 5 Liter der Substanzen von der 1. Kategorie
oder auf 60 Liter
der Substanzen von der 2. Kategorie beschränkt ist, werden an die Vorsichtsmaßregeln
gebunden seyn, welche ihnen in jedem Falle von der Municipal-Behörde
angegeben und vorgeschrieben werden.
Art. 6. Die Depots, welche nicht den hier
vorgeschriebenen Bedingungen entsprechen, oder deren Besitzer unterlassen würden,
denselben zu genügen, werden über Befehl der Administrativbehörde geschlossen,
abgesehen von den aus der Uebertretung der polizeilichen Vorschriften folgenden
Strafen.
Art. 7. Der Transport
sämmtlicher im Art. 1 angeführten Substanzen muß bei Quantitäten über 5 Liter
ausschließend in Gefäßen aus Eisenblech, Weißblech oder Kupfer geschehen, welche
vollkommen dicht und hermetisch verschlossen sind, oder in vollkommen dichten
Fässern, welche mit Eisenreifen umgeben sind, und deren Fassungsvermögen nicht 150
Liter überschreiten darf, oder in Krügen oder Flaschen aus Glas oder Thon von
höchstens 60 Liter Fassungsvermögen, welche zugestopft und mit Flechten von Stroh,
Weiden oder anderen Materialien zum Schutze der Gefäße gegen das Zerbrechen umgeben
sind. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieur- und Architektenvereins,
1866 S. 163.)
Die Einrichtung des Petroleum-Magazins der Kaiser
Ferdinands-Nordbahn in Wien.
Hierüber machte der Ingenieur Julius
Schwarz in der Wochenversammlung des österr. Ingenieur- und
Architektenvereins vom 6. Mai d. Is. nachstehende Mittheilungen.
Das Nordbahn Petroleum-Magazin wurde am linken Ufer des Kaiserwassers, am
rechtseitigen Fuße des Bahndammes in der Richtung gegen die Station Floridsdorf
erbaut.
Dasselbe besteht aus zwei Geschossen, einem Kellergeschoß und einem zweiten im Niveau
der Bahn. Durch zwei Scheidemauern ist jedes dieser Geschosse in drei nahezu gleich
große Abtheilungen geschieden, deren jede durch besondere aus starkem Eisenblech
construirte Magazinthore für sich allein zugänglich ist. Das Kellergeschoß ist
gewölbt, und steht mit einem Kellerhals in Verbindung, vermittelst welchem der
Zugang und respective auch die Zufahrt zu den einzelnen unteren Abtheilungen
vermittelt wird.
Der Fußboden dieser Magazinabtheilungen ist von Cement hergestellt und ist derselbe
derart construirt, daß die Fußbodenflächen nach der Mitte zu geneigt sind; in den
tiefsten Punkten, welche sich durch diese Flächendurchschneidungen ergeben, sind
eiserne Versenk-Kästen angebracht, welche 2' breit, 3' lang und 3' tief sind,
und zwar befinden sich in jeder der drei oberen Abtheilungen je vier und in jeder
der drei unteren Abtheilungen im Kellergeschoß je ein solcher versenkter Kasten.
Diese Kästen stehen ihrerseits durch Röhrenleitungen mit gemauerten, in der
Fundamentsohle liegenden Canälen in Verbindung, und zwar derart, daß die drei zu den
einzelnen über einander liegenden Abtheilungen gehörigen Zweigcanäle in einem
Hauptcanal sich vereinigen, der schließlich in eine gemauerte Cisterne von 9'
Durchmesser und 17' Tiefe einmündet. Es ist ferner jeder dieser Zweigcanäle durch
außerhalb jeder Abtheilung zugängliche eiserne Schuber im Kellergeschoß zu öffnen
und zu schließen, und zwar geschieht dieß der Art, daß in Momenten der Gefahr nur
der eine jeweilig erforderliche aufgezogen wird, während die Schuber in den anderen
Zweigleitungen geschlossen bleiben.
Die Fenster in beiden Geschossen sind mit zweiflügligen von außen zu schließenden
eisernen Fensterläden versehen; alle Thorgewände sind von Stein, die
Magazins-Schubthore von starkem Eisenblech construirt. Zur Communication
zwischen den Abtheilungen im oberen und im unteren Geschosse dienen drei eiserne
Wendeltreppen, welche nach oben zu mit einer eisernen Fallthüre abgeschlossen werden
können. Außerdem vermittelt ein gemauerter kleiner Schacht in Verbindung mit einer
Aufzugvorrichtung das Herablassen von beladenen Fässern in das Kellergeschoß und ist
diese Schachtöffnung unter dem Magazins-Perron ebenfalls mit einer eisernen
Fallthüre wohl verschließbar.
Die Dachconstruction ist eine Winiwarter'sche, und zwar
mit Anwendung einer feuersicheren Zwischendecke, weiche von Gurten aus verzinktem
Eisenblech getragen wird. Die Fußpunkte dieser Gurten ruhen in gußeisernen Schuhen,
welche an der Mauerbank festgeschraubt sind und ist diese letztere durch eine
Eisenarmatur und an den Stellen zwischen den Gurten durch eine Ziegelaufmauerung
vollkommen feuersicher gelegt.
Vermöge der nun so getroffenen Einrichtung müßte bei einem etwa in einer Abtheilung
durch irgend welche Veranlassung ausbrechenden Brande das Feuer auch nur auf diese
Abtheilung beschränkt bleiben, denn in einem solchen Falle würden allsogleich die
von außen zu schließenden Fensterläden geschlossen, das betreffende Magazinsthor
ebenfalls gesperrt und der Schuber jenes Zweigcanals aufgezogen werden, welcher mit
der betreffenden Abtheilung communicirt. Das durch Bersten oder sonstige
Veranlassung sich entleerende Petroleum würde durch die in den tiefsten Punkten des
Fußbodens befindlichen Versenk-Kästen in den betreffenden Canal und
schließlich in die Cisterne sich ergießen, welche nach oben zu luftdicht
abgeschlossen ist. Durch hermetischen Verschluß aller nur denkbaren
Luftzutrittsöffnungen könnte in dem Falle eines entstehenden Brandes dieser keine
große Ausdehnung gewinnen, und ist noch außerdem durch entsprechend große
cylindrisch geformte, wohl verschlossene Aufbewahrungs-Gefäße in den
Lager-Räumen schon in erster Linie für die Hintanhaltung einer möglichen
Feuersgefahr thunlichste Sorge getragen.
Die Bedeutung der Kieselerde in der Pflanzenernährung; von
Professor Dr. August Vogel.
Die Thatsache, daß die Kieselerde am reichlichsten an der Peripherie der
Vegetabilien, in dem Oberhäutchen der Gräser und Wasserpflanzen angetroffen wird,
hat früher zu der sonderbaren Ansicht Veranlassung gegeben, daß die Kieselerde ein
dem vegetabilen Leben fremder und selbst schädlicher Körper sey, welchen die Pflanze
zu entfernen sucht und gleichsam wie ein Excret an der äußersten Oberfläche
anzuhäufen bestrebt seyn muß. Durch die umfassenden Forschungen auf dem Gebiete der
Agriculturchemie, auf dem von Liebig, ihrem genialen
Gründer, angebahnten Wege, haben wir über das Verhältniß der unorganischen
Bestandtheile des Bodens zur Pflanze, besonders zur Culturpflanze, eine ganz andere
Anschauung gewonnen, und wir wissen jetzt recht wohl, daß auch die Kieselerde nicht
als ein durch den Vegetationsproceß auszuscheidender Stoff, sondern als ein
wichtiger Nährstoff zu betrachten ist, ja daß große Gruppen der Culturpflanzen ohne
diesen ihre Constitution charakterisirenden Bestandtheil gar nicht existiren können.
Wenn dessenungeachtet der Kieselerde im landwirthschaftlichen Betriebe bisher die
verhältnißmäßig geringste Berücksichtigung zu Theil geworden ist, so rührt dieß
offenbar daher, daß sie allerdings in den meisten Bodenarten im Ueberfluß vorhanden
ist. Bei weitem der größte Theil der in der Natur vorkommenden Kieselerde gehört
aber der krystallisirten Modification an, welche in Wasser und Säuren nahezu
vollkommen unlöslich ist; um aber von der Pflanze aufgenommen zu werden, muß sich
die Kieselerde in einem Zustande befinden, in welchem sie der Pflanze zugeführt
werden kann. Für die Landwirthschaft mußte es somit als eine Aufgabe von großer
Bedeutung erscheinen, die unlösliche Kieselerde in eine zur Aufnahme durch die
Vegetabilien geeignete Form überzuführen, d.h. die in der Natur vorkommenden
verhältnißmäßig geringen Mengen der löslichen Kieselerde-Modification
wesentlich zu vermehren. Ich sage absichtlich „vermehren,“ denn
es wäre in der That ein großer Irrthum, wollte man den natürlichen Gehalt an
löslicher Kieselerde zu gering anschlagen.
Abstrahirt man ganz von einigen Edelsteinen, dem Kieselsande der Lüneburger Haide,
dem Kieselconglomerate im bayerischen Walde u.a., welche die Kieselerde vorzugsweise
im amorphen Zustande enthalten, so darf doch nicht unberücksichtigt bleiben, daß
eine jede Bodenart, eine jede Acker- oder Gartenerde, wenn sie überhaupt
Kieselerde als Bestandtheil mit sich führt, neben der unlöslichen Kieselerde immer,
obschon weit geringere Mengen – bisweilen nur Spuren – der amorphen
Kieselerde-Modification enthält. Behandelt man eine Ackererde mit kochendem
Wasser und raucht die filtrirte Flüssigkeit bis zur Trockne ab, so erhält man einen
meistens bräunlich gefärbten Rückstand. In demselben läßt sich stets Kieselerde,
bisweilen allerdings nur in Spuren, auf das Deutlichste nachweisen. Offenbar ist
ursprünglich schon in der Ackererde und zwar in allen Sorten derselben, die ich
bisher in der angegebenen Weise zu prüfen Gelegenheit hatte, in Wasser lösliche
Kieselerde vorhanden. Daß in dem Stalldünger nicht unbeträchtliche Mengen löslicher
Kieselerde vorhanden sind, ist eine bekannte Thatsache. Hierzu kommt noch der
Kieselgehalt des Quell-, Brunnen- und Flußwassers, wodurch den
Pflanzen ebenfalls Kieselerde in löslicher Form geboten wird.
Durch Beobachtungen im kleineren und größeren Maaßstabe habe ich zu zeigen versucht,A. Vogel, die
Aufnahme der Kieselerde durch Vegetabilien. Von der königl. Akademie der
Wissenschaften in Berlin gekrönte Preisschrift. München 1866. daß
es für die Vegetation entschieden vortheilhaft ist, wenn sich im Boden von
vornherein reichlich amorphe Kieselerde befindet oder demselben durch Dünger
zugeführt werde. Der Vortheil liegt darin, daß die Umwandlung der krystallisirten in
die amorphe Modification der Kieselerde, welche als erster Vorgang der erwachenden
Vegetation auftritt, erspart wird, indem die amorphe und gelöste Kieselerde,
sogleich von der Ackerkrume absorbirt unmittelbar der Pflanze zur Nahrung dient. Die
Hauptresultate lassen sich in folgenden Punkten zusammenfassen: Die Asche der mit
amorpher Kieselerde gedüngten Pflanzen enthält etwas mehr Kieselerde als die Asche
der mit krystallisirter Kieselerde gedüngten. Der Ertrag einer uncultivirten Wiese
wird durch Düngung mit amorpher Kieselerde in höherem Maaße als durch Düngen mit
krystallisirter Kieselerde vermehrt. Geringer ist der Einfluß der Kieseldüngungen
auf den Ertrag einer vollkommen cultivirten Wiese. Der durch ausschließliche
Kieseldüngung erzielte Mehrertrag einer natürlichen Wiese erreicht den Erntenertrag
einer vollkommen cultivirten Wiese niemals. Der durch Kieseldüngung erzeugte
Mehrertrag der Cerealien bezieht sich nur auf die Strohernte, nicht auf die
Körnerernte. Endlich ist noch beobachtet worden, daß durch eine reichliche Düngung
mit Kieselerde die Tenacität des auf solchem Boden gezogenen Haferstrohes erhöht
werde. Ob die Differenzen indeß groß genug sind, um einer solchen Strohsorte vor
einer anderen einem kieselarmen Boden entnommenen in technischer Beziehung, z.B. zur
Papierfabrication, den Vorzug zu geben, muß selbstverständlich weiteren Versuchen zu
beurtheilen überlassen bleiben. (Deutsche Gewerbezeitung, 1866, Nr. 46.)
Ueber das Verhalten der Kieselsäure zum Ammoniak.
In diesem Betreff enthält Wittstein's Vierteljahresschrift, Bd. XVI Heft 1, eine umfassende
Untersuchung von Richard Pribram; die Ergebnisse
derselben stellt der Verfasser schließlich in Folgendem zusammen:
1) Sowohl die wasserfreie natürliche und künstliche als auch die wasserhaltige
Kieselsäure werden von Ammoniakliquor aufgelöst, aber in sehr verschiedenem Grade,
dergestalt daß die natürliche wasserfreie gegen 6000, die künstliche wasserfreie
gegen 260, die trockene wasserhaltige gegen 330 und die gallertartige Kieselsäure
gegen 140 Theile Ammoniakliquor von 10 Proc. bedarf. (Bei den beiden wasserhaltigen
Arten der Kieselsäure bezieht sich das angegebene
Löslichkeits-Zahlenverhältniß ebenfalls auf die wasserfreie Säure
SiO³.)
2) Werden diese Lösungen der Luft ausgesetzt, so lassen sie, ungeachtet des dabei
stattfindenden großen Ammoniakverlustes, die Kieselsäure nicht wieder fallen,
sondern bleiben klar, und wenn sie keine Reaction auf freies Ammoniak mehr geben, so
befinden sich Base und Säure darin in dem der Formel NH⁴O + 4 SiO³
entsprechenden Verhältniß.
3) Durch Kochen der Lösungen entweichen ungefähr 19/20 des noch vorhandenen
Ammoniaks, aber gleichfalls ohne Ausscheidung von Kieselsäure, und in der
rückständigen Flüssigkeit stehen nun Base und Säure in dem beiläufigen Verhältniß
von 1 Aeq. und 80 Aeq.
4) Läßt man die Lösungen (bei gewöhnlicher Temperatur) eintrocknen, so enthält die
trockene Masse Base und Säure in dem nämlichen Verhältnisse wie in der gekochten
Solution, aber ihre Löslichkeit in Wasser hat sie so weit verloren, daß letzteres
nur mehr Spuren davon aufnimmt.
5) Die vorstehenden Thatsachen verdienen in der analytischen Chemie alle Beachtung,
denn ihre Nichtberücksichtigung kann zu merklichen Fehlern Anlaß geben.
6) Sie haben aber auch pflanzenphysiologisches und agricoles Interesse, denn sie
liefern einen wichtigen Beitrag zur Erklärung der Einführung der Kieselsäure in die
Gewächse.
7) Endlich ist auch der Medicin Gelegenheit gegeben, Nutzen daraus zu ziehen,
insofern ihr dadurch die mildeste lösliche Form geboten wird, in der sie die
Kieselsäure innerlich anwenden kann.