Titel: | Ueber einen zur Messung der Geschwindigkeit eines Geschosses an den verschiedenen Stellen seiner Bahn und für anderweitige Zwecke bestimmten Chronographen; von F. Bashforth, Professor der angewandten Mathematik an der Artillerieschule zu Woolwich. |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XIX., S. 81 |
Download: | XML |
XIX.
Ueber einen zur Messung der Geschwindigkeit eines
Geschosses an den verschiedenen Stellen seiner Bahn und für anderweitige Zwecke
bestimmten Chronographen; von F.
Bashforth, Professor der angewandten Mathematik an der Artillerieschule
zu Woolwich.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Bashforth's Chronograph.
Die sehr umfassende Abhandlung Bashforth's in den „Proceedings of the
Royal Artillery Institution“ von 1866 bespricht in
eingehender Weise die bis jetzt von verschiedenen Seiten für ballistische
Untersuchungen aufgestellten Hypothesen über den Luftwiderstand, den ein Geschoß in
verschiedenen Entfernungen von dem Geschütze in seiner Bahn erfährt und geht sodann
auf einige der Verfahrungsweisen über, welche in neuester Zeit angewendet wurden, um
mittelst elektroballistischer Apparate Geschwindigkeitsmessungen auszuführen. Da die
von dem Verfasser näher betrachteten Apparate von Navez
und le Boulengé
Polytechn. Journal Bd. CLXXIX S.
30. bloß die Bestimmung der Geschwindigkeit eines und desselben Geschosses an
einer einzigen Stelle der Bahn gestatten, so hält er unter Anderem aus diesem Grunde
nur derartige Chronographen für ballistische Zwecke als geeignet, welche die
Geschwindigkeiten eines Projectiles an vielen Stellen seines Weges zu registriren
vermögen. Den von ihm construirten Chronographen hat der Verfasser schon im Sommer
1865 dem „Committee on gun cotton“
zur speciellen Untersuchung vorgelegt, und es zeigte sich dabei eine große
Uebereinstimmung mit der Anwendung des gleichzeitig benutzten Navez'schen Pendelchronographen. Aus den im November und December 1865
mittelst des neuen Chronographen bei einer nicht sehr beträchtlichen Zahl von
Schießversuchen erhaltenen Resultaten sucht nun der Verfasser das sog.
Luftwiderstands-Gesetz näher zu beleuchten und durch eine naturgemäße Form
darzustellen. – Wir müssen uns darauf beschränken, die Einrichtung des von Bashforth construirten Chronographen in kurzen Abrissen
vorzuführen, da es uns nicht gestattet seyn kann, bei dieser Gelegenheit auf das
Detail der in der vorliegenden Abhandlung angestellten Untersuchungen
einzugehen.
Als Grundbedingungen für einen zu ballistischen Zwecken brauchbaren Chronographen
stellt der Verfasser (von den von anderen Seiten schon mehrfach und in gründlicher
Weise erörterten Anforderungen) die folgenden Sätze oben an: 1) die Zeitangaben
müssen mittelst einer genauen Uhr geschehen; 2) der Chronograph muß gestatten, die
Flugzeiten mindestens an neun in gleichen gegenseitigen Distanzen befindlichen
Stellen der Bahn anzugeben; 3) das längste Zeitintervall, welches der Chronograph
anzugeben gestattet, muß mindestens so groß seyn als die größte Flugzeit, welche man
bis jetzt bei Bomben etc. zu beobachten Gelegenheit hatte; 4) und 5) sowohl die
Angaben der Uhr (durch sogen. Secundenstriche), als auch die Marken, welche beim
Durchgange des Geschosses durch eine der Scheiben registrirt werden, müssen unter
genau gleichen Umständen und zwar nicht beim Schließen, sondern beim Unterbrechen
des entsprechenden Volta'schen Stromes zu Stande kommen;
6) die Anordnung der einzelnen Zielscheiben, der mit Drähten bespannten Schirme
nämlich, durch welche das Geschoß während seines Fluges zu passiren hat, muß bei
allen in gleicher Weise und von der Art geschehen, daß der Spannungszustand der
Drähte vollkommen derselbe ist, ohne daß dieser in Folge der das Projectil
begleitenden Luftströmungen etc. dabei eine Aenderung erfahren kann.
Das Princip, welches Bashforth seinem Chronographen zu
Grunde legte, ist nicht verschieden von dem, welches bei den bekannten
astronomischen Registrirapparaten angewendet wird, und dessen Brauchbarkeit für
elektroballistische Versuche ohnehin schon durch Böhm bei
seinen Schießversuchen nachgewiesen worden ist. Der einzige Umstand, welcher dem
neuen Chronographen wichtige Vortheile verleiht, besteht darin, daß sowohl der
Markirstift, als auch der die Marken aufnehmende Cylinder in Bewegung sich befindet,
und daß die gleichzeitige Bewegung dieser beiden Organe durch einen und denselben
Motor bewirkt wird. Aus der in Fig. 14 dargestellten
allgemeinen Uebersicht des neuen Apparates erkennen wir nämlich, daß durch das
Schwungrad A direct ein verticaler Cylinder K in Drehung versetzt wird. Dieser Cylinder ist mit
präparirtem Papier umgeben, das die Uhrzeichen, sowie die Schußmarken aufzunehmen
hat; derselbe ist 12 bis 14 Zoll lang und hat einen Durchmesser von 4 Zoll. Das um
die Welle des Schwungrades gelegte Rad B bringt ein
Räderwerk M in Bewegung, welches die Schnur C,
D, um die durch das Räderwerk in Drehung versetzte Trommel aufzuwickeln
hat. Da diese Schnur mit ihrem oberen Ende bei D an dem
innerhalb der Führungsarme G und H vertical abwärts durch den mit der Seite F
des Cylinders parallelen Schlitz L verschiebbaren Rahmen
S befestigt ist, so werden die an diesem Rahmen
durch eigene Organe angebrachten Markirstifte m und m' um gleiche Intervalle von oben nach unten rücken,
während der Cylinder eine Umdrehung macht. Die Drehung des Schwungrades wird bloß
mittelst einer Kurbel bewerkstelligt, so daß etwa drei Umgänge in zwei Secunden
dabei vollführt werden. Jeder Umdrehung des Markircylinders K entspricht eine verticale Bewegung des Rahmens oder Schlittens S von beiläufig 1/4 Zoll. Die Lage der Markirspitzen m und m' wird durch ein
Hebelwerk bestimmt, auf welches die Ankerhebel d und d' der Elektromagnete E und
E' einwirken. Ist z.B. die Spirale des
Elektromagnetes E in die Kette eingeschaltet, und hat
man vorher durch das Niederdrücken des Hebels h die
Federn s gehoben, so daß die Diamantspitzen m und m' mit der
Papierfläche in Berührung kommen, so wird die Spitze m
(beziehungsweise m') eine Spirale beschreiben; wird aber
während dieser Bewegung der Strom unterbrochen, so wird der Ankerhebel d durch die Abreißfeder f
von seiner Anziehungslage abgezogen, und er muß dabei mittelst des Armes a dem Hebelwerke b einen
Impuls beibringen, durch welchen die Spitze m aus ihrer
Lage seitwärts geschoben wird, so daß also die neue Marke, die sie jetzt beschreibt,
mit der vorigen nicht mehr eine und dieselbe Curve bilden kann. Bei einem von Neuem
eintretenden Stromschlusse aber wird in Folge der elektromagnetischen Anziehung des
Ankerhebels d die Spitze m
wieder in eine Lage versetzt, bei welcher sie gleichsam die Fortsetzung der ersten
Spirale auf dem Papiere beschreibt. Die Zeit, innerhalb welcher die Markirspitze von
einer Stromunterbrechung bis zu einer nächsten, die abermals stattfindet, ihre Lage
auf dem Papiere geändert hat, läßt sich direct messen und zwar auf dem Cylinder
selbst unter Anwendung einer Theilmaschine oder bei Abwickelung des Papieres mit
Benutzung eines mikrometrischen Zirkels u. dgl., wenn gleichzeitig die Uhrzeichen
registrirt worden sind. Bei dem vorliegenden Apparate ist die Spirale des unteren
Elektromagneten E' in eine Volta'sche Kette eingeschaltet, die bei jedem Doppelschlage eines
Halbsecundenpendels unterbrochen wird, und wobei zugleich Glockenzeichen gegeben
werden; die Markirspitze m' gibt daher die Uhrzeichen in
Secunden auf dem Markircylinder an. Die Spirale des oberen Elektromagnetes E wird durch eine eigene Batterie in Ketten
eingeschaltet, in denen die Drähte der Gitterrahmen sich befinden, durch welche das
Geschoß während seiner Bewegung gehen, und wobei es jedesmal einen Theil der Drähte
der zugehörigen Scheibe durchbrechen muß; die Kette für den Elektromagneten E wird daher sowohl in dem Momente, in welchem das
Geschoß die Mündung des Laufes verläßt, als auch beim jedesmaligen Durchgange
desselben durch eine der Gitterscheiben unterbrochen; diese Unterbrechungsmomente
werden folglich von der Diamantspitze m markirt, und aus
der Vergleichung dieser sogen. Schußmarken mit den Secundenmarken kann man die
Flugzeiten des Geschosses für je zwei solche Stellen seiner Bahn messen. Diese
Flugzeiten führen dann auf die Geschwindigkeit des Geschosses an jeder solchen
Stelle, wenn man von einer geeigneten theoretischen Grundlage bei der Berechnung
ausgeht.
Die Einrichtung der zum Registriren dienenden Markirstifte mit dem zugehörigen
Hebelwerke ist aus Fig. 15 zu ersehen. In Folge des Niederdrückens des Hebels h (Fig. 14) wird der Arm p gehoben und der aus Uhrfedern gebildete, um die Achse
C, D drehbare Hebel s
bringt den Markirstift m' in sichere Berührung mit der
Oberfläche des Markircylinders; die Bewegung des Stiftes ist durch eine Oeffnung des
Bogens k, durch welche er geht, begrenzt, und es behält
die Markirspitze ihre Lage während ihrer verticalen Verschiebung, bis die Kette des
Elektromagnetes E' unterbrochen wird, zu welchem dieser
Markirstift gehört. Tritt nun diese Stromunterbrechung ein, so wird durch Abziehen
des Ankerhebels d' (Fig. 14) der Arm a' nach der Richtung des Pfeiles um ein kurzes Intervall
plötzlich verschoben, und hierdurch erhält der Hebel b'
einen Impuls, mit welchem er so weit aus seiner vorigen Lage verrückt wird als die
innerhalb des Lagers bei c' angebrachte Oeffnung es ihm
gestattet; da aber der Arm b' mit dem Metallbogen k einen um die Achse A, B
drehbaren Hebel bildet, so wird dieser Bogen eine kurze Drehung um diese Achse
annehmen, welche dem Markirstifte m' mitgetheilt wird,
und der also in Folge dieser Einwirkung eine seitliche Drehung machen muß.
Wird der Chronograph in Thätigkeit gesetzt, so hat man zuerst mittelst einer bei Y angebrachten Schraube das Räderwerk M mit dem Rade B zum
Eingriff zu bringen, und mittelst einer Regulirungsvorrichtung bei J kann dieser Eingriff gehörig geregelt werden. Werden
nun die Gitterscheiben in gehörigen, unter sich gleichen Distanzen aus dem
Schießplatze aufgestellt, die Stromläufe der Batterien, zu denen die Elektromagnete
E und E' gehören,
richtig angeordnet, und das Schwungrad A mittelst einer
Kurbel in Drehung versetzt, so ist der Apparat zur Anstellung von Schießversuchen
vorbereitet.
Wie die Gitterscheiben angeordnet werden müssen, um der genannten Bedingung zu entsprechen, ergibt
sich, da derlei Einrichtungen ohnehin schon hinreichend bekannt sind, bei
praktischen Versuchen von selbst, weßhalb wir auf die vom Verfasser in seiner
Abhandlung hierfür gegebenen Vorschriften etc. nicht einzugehen brauchen. Ebenso
können wir die von ihm gegebene Anleitung, um die Angaben der Schußmarken mit
Benutzung der Zeitmarken unter Zuhülfenahme einer Art Theilmaschine in
Zeitintervalle zu verwandeln, weglassen, da die hierfür einzuschlagenden
Verfahrungsweisen hinreichend bekannt sind.