Titel: | Das Miller-Burton'sche und Selwyn-Montstorm'sche Hinterladungsgewehr, und Ball's Repetirgewehr. |
Autor: | Darapsky |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XLVII., S. 187 |
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XLVII.
Das Miller-Burton'sche und Selwyn-Montstorm'sche Hinterladungsgewehr, und Ball's Repetirgewehr.
Ueber Hinterladungs- und Repetirgewehre.
1. Das Miller-Burton'sche
Hinterladungsgewehr.
Nach dem Mechanics' Magazine vom 3. August 1866 sind bei
dieser, im äußeren Ansehen dem preußischen Zündnadelgewehre ähnelnden Waffe die
Ladungstempo's, einschließlich Ergreifen und Einsetzen der Patrone, auf vier
herabgebracht worden. Der mittelst eines Hebels oder Handgriffes in der großen
Hülse des Verschlusses zu bewegende Verschlußbolzen ist an seinem hinteren Ende in
diametral sich gegenüber stehenden Segmenten zur Schraube geschnitten, deren Mutter
im Inneren der großen Hülse liegt, und der vordere Theil dieses Verschlußbolzens
besteht aus zwei aneinander geschlossenen Hälften, von denen die eine den
Patronenauszieher und die andere den aus Spiralfeder und Hammer zusammengesetzten
Schlagapparat zum Entzünden der Patronen-Nadelzündung trägt. – Der
Patronenauszieher besteht aus einer flachen Feder, die sich vor, und einer pistonartigen Erhebung des Verschlußkopfes, die sich hinter dem unteren hervorstehenden Rand der
Metall-Patronenhülse anlegt, wodurch die letztere also zangenartig gefaßt und
so beim Oeffnen des Verschlusses nach dem Schusse vom Verschlußkolben mit
zurückgenommen wird.
2. Das Selwyn-Montstorm'sche
Hinterladungsgewehr.
Das von Capitän Selwyn, durch Anwendung eines nach der
Form des unteren Patronentheiles ausgehöhlten Stahl-Verschlußstückes
verbesserte Montstorm'sche und deßhalb nun Selwin-Montstorm'sches benannte
Hinterladungsgewehr ist, dem Mechanics' Magazine vom 3.
August 1866 zu Folge, auf eine Patrone mit nach unten sich conisch verjüngender
Metallkapsel basirt, welche letztere die Zündung nicht wie gewöhnlich in ihrem
unteren Rande, sondern in einer Ausbauchung ihrer Mantelfläche trägt, die bei
geladenem Gewehr sich in eine zu ihrer Aufnahme bestimmte Ausfräßung der hinteren
Rohrseelenwand einlegt. Dadurch dient sie auch zur Liderung der Verschlußfuge
zwischen Rohr und Kammerstück während der Schusses, und als Patronenauszieher nach
demselben, indem die durch den Schuß bewirkte Expansion dieses Zündungs- und
Liderungsringes denselben in das hintere Rohrende einklemmt und so nicht nur den
Verschluß dichtet, sondern beim horizontalen Zurückziehen der Kammer nach dem
Schusse auch die Patronenhülse aus derselben herauszieht, worauf letztere dann
leicht beseitigt werden kann.
Als ein weiterer Vortheil dieser Einrichtung, welche sich durch Schießversuche
vollkommen bewährt haben soll, wird die Eigenschaft der conischen Hülsen bezeichnet,
eine in die andere gesteckt und so leichter in Vorrath mitgeführt werden zu
können.
3. Ball's Repetirgewehr.
Nach dem Mechanics' Magazine vom 3. August 1866 erregte
bei den im Juli von Lord Ranelagh, dem Obersten der
Middlesex-Büchsenschützen-Freiwilligen, veranlaßten
Concurrenz-Versuchen mit Repetir- und Hinterladungsgewehren
verschiedener Art, das von Ball construirte Repetirgewehr
durch die verschiedenen Operationen, welche es automatenartig ausführt, allgemeine
Aufmerksamkeit.
Zehn, in einem unterhalb des Gewehrrohres und parallel mit demselben angebrachten
Magazine aufgestapelte Patronen werden von diesem Gewehre ganz so, wie das bei den
sechzehn Magazin-Patronen des Henry-Repetirgewehres geschieht, beim jedesmaligen Oeffnen des
Rohrverschlusses vermittelst einer Feder allmählich in denselben eingeführt. Liegt
hierbei aber etwa eine Patrone verkehrt, so zeigt dieses das Ball'sche Gewehr dadurch an, daß sich sein Verschlußapparat alsdann nicht
schließen läßt, weil der vordere die Kugel enthaltende Theil der Patrone breiter als
dessen hinterer, ohne jede Hervorragung die Zündung enthaltende Theil ist. –
Ist der Schütze im Zweifel, ob sein Gewehr geladen ist oder nicht, so gibt ihm diese
Waffe auch darüber Aufschluß, indem, wenn sie bereits geladen ist, ihr Verschluß
sich gar nicht öffnen läßt. Erscheint ferner in irgend einem Momente die Verwendung
dieses Gewehres als Repetirgewehr nicht mehr erforderlich, oder ein Reservoir seiner
Magazin-Patronen räthlich, so genügt die Handhabung eines an demselben
angebrachten Griffes, um es, mit Unberührtlassung seiner noch magazinirten Patronen
auch als einfaches Hinterladungsgewehr gebrauchen zu können, was selbst in dem Falle
noch möglich ist, wenn das Patronenmagazin etwa abgeschossen worden seyn sollte.
Endlich können die im Magazin enthaltenen Patronen auch ungebraucht aus demselben
wieder hervorgeholt werden.
Bei den oben erwähnten Schießversuchen wurden die zehn Magazin-Patronen dieses
Gewehres in einer halben Minute abgefeuert; das Gewicht desselben betrug
einschließlich der Patronen etwa 1/4 Pfund weniger als das des
Enfield-Gewehres; für ein Militär-Gewehr aber hält der
Berichterstatter des Mechanics' Magazine diese Waffe
ihrer Complicirtheit wegen nicht geeignet, obgleich sie thatsächlich in der
amerikanischen Armee Verwendung gefunden und auch sonst noch mehrfache Prüfungen
bestanden habe.
Berlin, im Januar 1866.
Darapsky, Major im
Generalstabe.