| Titel: | Ueber das Verhalten der Salpetersäure und ihrer Salze gegen reducirende Körper; von A. Terreil. | 
| Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. LXXXIV., S. 300 | 
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                        LXXXIV.
                        Ueber das Verhalten der Salpetersäure und ihrer
                           Salze gegen reducirende Körper; von A.
                              Terreil.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXIII p. 970; December
                              1866.
                        Terreil, über das Verhalten der Salpetersäure gegen reducirende
                           Körper.
                        
                     
                        
                           Es ist längst bekannt, daß, wenn man bei höherer Temperatur gewisse Metalle auf
                              Salpetersäuresalze einwirken läßt, diese Salze sich zu Salpetrigsäuresalzen
                              reduciren und in der letzten Zeit hat Schönbein
                              nachgewiesen, daß eine solche Reduction auch bei Lösungen von Salpetersäuresalzen
                              und bei gewöhnlicher Temperatur stattfindet. Ferner wird angenommen, daß die
                              Salpetersäure und die Salpetersäuresalze durch mehrere reducirende Körper in
                              Ammoniak und in Ammoniaksalze umgewandelt werden und als Beispiel dieser Umwandlung
                              wird die Reaction des
                              Wasserstoffs im Entstehungsmoment auf die Salpetersäure angeführt, welche durch
                              nachstehende Formelgleichung ausgedrückt wird:
                           NO⁵ + 8H = 5HO + NH³
                           Bezüglich des Endresultates der Einwirkung des Wasserstoffes (im Entstehungsmoment)
                              ist diese Reaction allerdings richtig; allein sie ist keineswegs so einfach, als
                              dieß beim ersten Anblick der Fall zu seyn scheint.
                           Ich habe mich in der That überzeugt, daß reducirende Körper, z.B. Wasserstoff (im
                              Entstehungsmoment), Schwefelwasserstoff, Schwefligsäure oder Schwefligsäuresalze die
                              Salpetersäure oder Salpetersäuresalze zunächst zu Salpetrigsäure, bezüglich
                              Salpetrigsäuresalzen umwandeln; die Umwandlung zu Ammoniak, bezüglich zu
                              Ammoniaksalzen, erfolgt erst später und äußerst langsam, weßhalb diese Reaction vollständig nur mit großer Schwierigkeit zu bewirken ist.
                              Ich habe z.B. gefunden, daß 1 Centigrm. salpetersaures Kali, welches zu
                              angesäuertem, auf Zink einwirkendem Wasser gesetzt wird, nach Verlauf von zwölf
                              Stunden noch nicht vollständig in Ammoniaksalz umgewandelt ist; denn auch dann
                              entfärbt die Flüssigkeit noch einige Tropfen einer verdünnten Lösung von
                              übermangansaurem Kali.
                           Diese Reaction läßt sich in der nachstehenden Weise für die chemische Analyse
                              verwerthen.
                           Setzt man zu angesäuertem, mit Zink in Contact befindlichem Wasser eine Spur
                              Salpetersäuresalz oder einen Tropfen Salpetersäure, und gießt nach einigen Minuten
                              die Flüssigkeit ab, so erkennt man, daß letztere die Eigenschaft erhalten hat, eine
                              große Menge einer Lösung von übermangansaurem Kali zu entfärben. Bei Anwendung
                              genügender Mengen von Substanz findet man in der abgegossenen Flüssigkeit durch die
                              Analyse freie oder als Salz vorhandene Salpetrigsäure. Diese Erscheinung zeigt sich
                              nicht, wenn man keine Salpetersäure oder kein Salpetersäuresalz anwendet.
                           Diese Reaction liefert den Beweis, daß man bei der Bestimmung
                                 des Eisens durch übermangansaures Kali die größten Fehler zu begehen in
                              Gefahr geräth, wenn man nicht vor der Reduction des Eisens auf seine niedrigste
                              Oxydationsstufe durch Zink oder durch ein Schwefligsäuresalz, jede Spur von
                              Salpetersäure beseitigt. Ich habe mich überzeugt, daß ganz kleine Mengen von
                              Salpetersäure hinreichen, um bei Anwendung der gedachten Bestimmungsmethode sehr
                              große Fehler zu verursachen. Ferner habe ich gefunden, daß Chlorsäure und
                              Chlorsäuresalze, unter denselben Umständen angewendet wie Salpetersäure und
                              Salpetersäuresalze, das übermangansaure Kali nicht entfärben. Demnach müssen bei der
                              Bestimmung des Eisens nach dem Verfahren von Margueritte
                               die Chlorsäuresalze der
                              Salpetersäure und den Salpetersäuresalzen vorgezogen werden.
                           Ich empfehle die erwähnte Reaction wegen ihrer Empfindlichkeit zur Erkennung der Gegenwart von Salpetersäuresalzen in jeder Art von
                                 Flüssigkeiten. Es ist mir in der That gelungen, nachzuweisen, daß Wasser,
                              welches nur Spuren von Salpetersäuresalzen enthält, eine verdünnte Auflösung von
                              übermangansaurem Kali entfärbt, wenn man dieses Wasser, nachdem es mit reiner
                              Schwefelsäure angesäuert worden, mit Zink in Berührung bringt. Reines destillirtes
                              Wasser bringt unter gleichen Umständen jene Entfärbung nicht hervor.
                           Die vorstehenden Resultate veranlaßten mich zu einer näheren Untersuchung der
                              Einwirkung des übermangansauren Kalis auf die Sauerstoffverbindungen des
                              Stickstoffs. Ich fand, daß dieses Reagens das Stickstoffoxyd vollständig absorbirt
                              und sich dabei in salpetersaures Kali und Mangansuperoxyd verwandelt.
                           Salpetrigsäure und Untersalpetersäure werden durch übermangansaures Kali gleichfalls
                              in Salpetersäure verwandelt. Das Stickstoffoxydul allein widersteht der oxydirenden
                              Wirkung des übermangansauren Kalis.
                           Die im Vorstehenden mitgetheilten Beobachtungen führen zu folgenden Schlüssen:
                           1) Salpetersäure und Salpetersäuresalze verwandeln sich in Gegenwart von Wasserstoff
                              (im Entstehungsmoment) und anderen reducirenden Körpern zunächst in Salpetrigsäure
                              und Salpetrigsäuresalze, bevor sie in den Zustand von Ammoniak oder Ammoniaksalzen
                              übergehen.
                           2) Die von dieser Reduction resultirenden Flüssigkeiten entfärben in Folge der
                              Bildung von freier oder gebundener Salpetrigsäure die Lösung von übermangansaurem
                              Kali.
                           3) Die Gegenwart von Salpetersäure oder von Salpetersäuresalzen veranlaßt bei der
                              Bestimmung des Eisens durch übermangansaures Kali bedeutende Fehler, was bei
                              Gegenwart von Chlorsäuresalzen nicht der Fall ist.
                           4) Obige Reaction bildet die Grundlage einer sehr empfindlichen Methode zur
                              Nachweisung von Salpetersäure und Salpetersäuresalzen.
                           5) Uebermangansaures Kali absorbirt das Stickstoffoxyd vollständig und verwandelt es
                              in Salpetersäure; ebenso oxydirt es die Salpetrigsäure und die Untersalpetersäure,
                              bleibt aber auf das Stickstoffoxydul ohne Wirkung.