Titel: | Apparat für die Bohr- und Schießarbeit, mit Anwendung der Elektricität; von Richards und Abegg in London. |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. XCVIIIXCIX., S. 364 |
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XCVIIIXCIX.
Apparat für die Bohr- und Schießarbeit,
mit Anwendung der Elektricität; von Richards und Abegg in London.
Nach dem Engineer aus den Annales du Génie civil, November 1866, S.
763.
Mit Abbildungen auf Tab.
VIII.
Richards und Abegg, Apparat für die Bohr- und
Schießarbeit.
In der Skizze Fig.
10 ist ein von Richards und Abegg in London (Bishopsgate-Street) erfundener
Apparat zum Abbohren von Sprenglöchern für bergbauliche etc. Zwecke abgebildet,
welcher auf dem Continente bereits mit Beifall aufgenommen ist und schon ziemlich
große Verbreitung erlangt hat, obgleich diese Erfindung dem Publicum erst seit
Kurzem bekannt ist.
In Devonshire ist dieser Bohrer beim Bergbau gleichfalls versuchsweise eingeführt und
mit sehr befriedigenden Resultaten angewendet worden; derselbe scheint auch wirklich
Einfachheit mit großer Leichtigkeit zu vereinigen.
Anstatt des gewöhnlichen Meißelbohrers wenden die Erfinder einen Drehbohrer (Drillbohrer) mit Gesperre, gewissermaßen eine
Verbindung der Schraube einer Wagenwinde mit einem gewöhnlichen Sperrhebel an. Die
vier Griffe A, A, Fig. 10, dienen dazu, den
Bohrer gegen das Gestein zu halten, während ihm der in Fig. 11 und 12 für sich
abgebildete Sperrhebel durch Vermittelung eines Mechanismus (welcher zu bekannt ist,
als daß eine weitere Beschreibung desselben hier erforderlich wäre) eine drehende
Bewegung mittheilt.
Nachdem der Apparat in die gehörige Stellung gebracht ist, wird der eigentliche
Bohrer oder Bohrkopf, Fig. 15, gegen das
zugebrüstete Gestein aufgesetzt, indem der Bundring C
(Fig. 10)
die Drehung der Schraubenmutter verhindert. Wird der Druck zu stark, so gibt der
Bundring nach und die Schraube dreht sich, ohne vorzurücken.
Der Bundring besteht aus einem einfachen ringförmigen Kragen oder Halsstücke,
welcher, der größeren oder geringeren Festigkeit und Härte des Gesteins
entsprechend, mehr oder weniger fest angezogen werden kann.
Der Apparat kann sich um 28 Centimeter verlängern, so daß, wenn der Bohrer um diese
Länge vorgerückt ist, ein anderer längerer Bohrer eingesetzt werden kann. Die
Bohrschneiden werden, wie aus a, Fig. 15, ersichtlich ist,
mit einer etwas excentrisch gestellten Spitze ausgeschmiedet, um das abzubohrende
Loch weiter abbohren zu können, als der Durchmesser der Schneide beträgt und um der
Neigung des Bohrers, sich festzuklemmen, Füchse zu machen und sich zu verbiegen, wirksam
entgegenzutreten.
Die Länge der verschiedenen Bohrer beträgt 46 Centim., 72 Cent., 100 Cent., 125 Cent.
und 152 Centim.
Auf mildem Gestein sind zwei Bohrer nöthig und ein Mann kann in der Stunde 60 bis 90
Centimet. abbohren. Die Bohrstange besteht aus Eisen, der 12 1/2 Centim. im
Durchmesser haltende Kopf aus Gußstahl.
Zum Bohren auf festem Quarze muß der auf den Bohrkopf auszuübende Druck 3000 bis 4000
Pfund per Quadratzoll (210 bis 280 Kilogr. per Quadratcentim.) betragen; folglich muh der
Durchmesser der Bohrstange mindestens 1 Zoll (2 1/2 Centim.) betragen, wenn sie aus
Gußstahl, und 1 1/4 Zoll (3 Centim.), wenn sie aus Eisen besteht. Da nun auch zum
Ausschmanden des Bohrloches gehörig Raum vorhanden seyn muß, so darf der Durchmesser
der Bohrschneide nicht kleiner als 1 7/8 bis 2 Zoll engl. (4,75 bis 5,07 Centim.)
seyn.
Auf Quarz und festem Granit kann ein Mann in zwei Stunden ein Loch von 305 Millim.
Tiefe und 5 Centim. Durchmesser abbohren, wobei er 10 bis 15 Stück Bohrer
vorschlägt.
Demnach kann der Apparat auf festem Gestein mit Vortheil da angewendet werden, wo
genug Raum vorhanden ist, so daß der Häuer seine ganze Kraft anwenden kann. Auf
kleinen Stollen und Strecken von 1,80 Met. Höhe und 1,20 Met. Weite läßt sich der
Apparat nur dann benutzen, wenn die Quarztrümmer über 5 Centim. mächtig sind; auf
weniger festem Gestein dagegen, wie auf hartem Kalkstein, frischem Thonschiefer,
Gyps, hartem Sandstein etc. kann er selbst auf Strecken von den kleinsten
Dimensionen gebraucht werden.
Was die weitere Arbeit anbetrifft, so wird bei Anwendung des in Rede stehenden
Bohrapparates zum Wegthun der Schüsse fast stets die Elektricität angewendet, und zwar nach einem, den Erfindern dieses
Apparates eigenthümlichen Systeme, mit welchem sehr bemerkenswerthe Resultate
erzielt worden sind.
Nach diesem Systeme wird ausschließlich die Elektricität benutzt, welche durch die
Reibung einer aus vulcanisirtem Kautschuk bestehenden Scheibe gegen acht aus
Katzenfell bestehende Reiber entwickelt wird. Ein aus einer auf besondere Weise
präparirten Kautschukmasse bestehender Condensator von 1,10 Quadratmet. Oberfläche
dient zur Umwandlung der hohen elektrischen Spannung dieser kleinen
Elektrisirmaschine in eine sehr bedeutende Elektricitätsmenge von geringerer
Spannung. Bei dem Gebrauche des Apparates kann jede als schlechter Leiter geltende
Substanz angewendet
werden, wie wenn sie ein gut isolirender Körper wäre; mit andern Worten: Quantität
und Qualität der mittelst des Apparates entwickelten Elektricität sind der Art, und
die Leitungsdrähte sind so stark, daß die einfachsten Vorsichtsmaßregeln hinreichen,
um den Raketen oder Zündern eine zu ihrer Entzündung hinreichende Elektricitätsmenge
zuzuführen. Ein solcher Zünder ist in Fig. 17 abgebildet; sie
kosten einen halben Penny (fünf Silberpfennig) per Stück
und bestehen aus einem Streifen von starkem Papier, um welchen zwei feine
Kupferdrähte B, B in einander entgegengesetzter Richtung
gewickelt sind, ohne sich gegenseitig zu berühren. Die Enden dieser Elektroden sind
mit einem Zündsatze bedeckt, dessen Zusammensetzung von den Erfindern geheim
gehalten wird.
Zur Entzündung dieses Pulvers ist nur ein schwacher elektrischer Strom (vielmehr
Entladungsfunke) erforderlich, obgleich es durch Stoß und Schlag nicht zum
Explodiren gebracht werden kann – ein Punkt von großer praktischer
Wichtigkeit. Die Leitungsdrähte bestehen aus verzinktem Eisen und haben einen
bedeutenden Durchmesser. Ist das Gestein nicht metallführend, so können sie
unmittelbar auf der Strecken- oder Stollensohle aufliegen; bei erzführendem
Gesteine dagegen müssen sie auf hölzernen Unterlagen, Böcken u. dgl. ruhen, um
gehörig isolirt zu seyn.
Fig. 18
stellt ein mit Pulver angefülltes und zum Besetzen fertiges Bohrloch dar, in dessen
unteren Theil der Zünder eingeschoben ist. Beim Herstellen des Zünders wird bloß ein
Draht benutzt, der sodann innerhalb der Zündöffnung durchschnitten wird, um hier
eine Unterbrechungsstelle darzubieten; die aus dem Zünder vorstehenden Drahtenden
werden dann zu Ochsen zusammengedreht, und an diesen werden die starken
Leitungsdrähte befestigt. Die Drähte mehrerer Bohrlöcher können auf die Weise
vereinigt werden, daß man den rechtsliegenden Draht des Zünders des einen Bohrloches
mit dem linksliegenden des nächsten Bohrloches mittelst eines Zwischendrahtes in
Verbindung setzt u.s.f. Ist Alles fertig, so dreht man die Kurbel der
Elektrisirmaschine und nach etwa zwanzig Umdrehungen explodiren die
Sprengschüsse.
Die Scheibe des elektrischen Apparates ist in einem festen, dicht verwahrten Gehäuse
eingeschlossen, in welchem ein mit Chlorcalcium versehenes kleines Gefäß zum
Trockenhalten des inneren Raumes angebracht ist.
Bei diesem Apparate, dessen wesentlichste Einrichtungen wir beschrieben haben,
scheinen die Schwierigkeiten, die mit der Anwendung der Elektricität bei
bergmännischen Arbeiten verknüpft sind, in zweckmäßigster Weise überwunden zu seyn.
Uebrigens ist selbstverständlich die Anwendung des Drehbohrers anstatt des gewöhnlichen Meißelbohrers
keineswegs eine für die Benutzung des elektrischen Apparates nothwendige
Bedingung.
Diejenigen unserer Leser, welche sich für den Gegenstand näher interessiren,
verweisen wir auf das von den Erfindern veröffentlichte illustrirte Circular.
Schließlich bemerken wir, daß der beschriebene Apparat bei dem Bau des Tunnels von
Ast bei Sterzing in Tirol, an der Brennerbahn, sowie in einem Gypsbruche bei
Stuhlingen im Baden'schen fast täglich benutzt wird. In England wird derselbe nicht
allein in den Devonshirer Gruben, sondern auch in den großartigen Schieferbrüchen
von Pen y Orsedd in
Caernarvonshire (Nordwales) angewendet.
Nachschrift.
Den Erörterungen der vorliegenden Quelle fügen wir hinzu, daß der Theil der
patentirten Sprengmethode von Richards und Abegg, welcher auf die Benutzung des elektrischen
Entladungsfunkens zum Zünden des Sprengpulvers sich bezieht, gar nichts Neues
enthält; dieser Theil kann daher auch nicht als Gegenstand der in Rede stehenden
Erfindung betrachtet werden, da er seiner ganzen Ausdehnung
nach, den Bemühungen deutscher Physiker und Ingenieure seine Einführung und
Vervollkommnung verdankt. Auf die Vortheile der
Hartkautschukscheiben-Elektrisirmaschinen und ihre Einrichtungsweise für
praktische Zwecke wurde schon im Jahre 1857 im polytechn. Journal (Bd. CXLVI S. 195
und 202) hingewiesen; nach diesen Anweisungen wurde mit erklecklichen Verbesserungen
des als Reibzeug dienenden Pelzwerkes etc. im Jahre 1863 (polytechn. Journal Bd. CLXVIII S. 342) ein elektrischer
Zündapparat von Bornhardt in Braunschweig construirt.
Schon seit dem Jahre 1859 wurde jedoch die
Hartkautschukscheiben-Elektrisirmaschine nach der in der Zweiganstalt des
Etablissements von Siemens und Halske zu Wien ausgeführten Construction von dem k. k. österreichischen
Ingenieur-Corps bei Sprengungen in Anwendung gebracht; statt der Leydner
Flasche wurde dabei ein Condensator angewendet, dessen Anordnung den HHrn. Richards und Abegg, wie wir
aus Obigem ersehen, nicht unbekannt war. (Näheres hierüber s. man in der Allgemeinen
Encyklopädie der Physik, Bd. XX S. 341 und 462.)
Das Geheimniß bezüglich der Zusammensetzung des für den Zünder von den Patentträgern
angewendeten Zündsatzes kann gleichgültig seyn, da die für diese Zwecke von den
verschiedensten Seiten im vorigen Jahrzehent und selbst noch in den letzten Jahren
gemachten Vorschläge zum großen Theile ihre praktische Brauchbarkeit erwiesen haben. – Daß jedoch
die HHrn. Richards und Abegg
bezüglich der Einzelheiten des elektrischen Zündverfahrens nicht ganz im Klaren seyn
können, beweisen dieselben durch die Vorschriften, welche sie in Beziehung auf die
Anlage der Zündungseinrichtung, namentlich der Leitungskette, in ihrer
Patentbeschreibung geben.
C. K.