| Titel: | Ueber die vortheilhafteste Verwerthung armer Kupfererze auf nassem Wege, bei theilweiser Wiedergewinnung der zum Auslaugen verwendeten Säure und Umgehung der Cementation mit Eisen; von H. Wagner, Fabrikdirector in Pfungstadt. | 
| Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. CIICIII., S. 388 | 
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                        CIICIII.
                        Ueber die vortheilhafteste Verwerthung armer
                           Kupfererze auf nassem Wege, bei theilweiser Wiedergewinnung der zum Auslaugen
                           verwendeten Säure und Umgehung der Cementation mit Eisen; von H. Wagner, Fabrikdirector in
                           Pfungstadt.
                        Aus dem Gewerbeblatt für das Großherzogthum Hessen, 1867,
                              Nr. 4.
                        Wagner, über Verwerthung armer Kupfererze auf nassem
                           Wege.
                        
                     
                        
                           Arme Kupfererze finden sich sehr häufig in der Natur als Kupfersanderze,
                              Kupferschiefer, thonige und kalkige Kupfererze, kupferführende Kieselschiefer etc.
                              verbreitet. In allen diesen Erzen tritt das Kupfer in wechselnden Mengen auf
                              – oft von 1/2 bis 10 Procent – gewöhnlich kommen aber nur diejenigen
                              Erze, welche unter 5 Proc. Kupfer enthalten, zum Auslaugen. In denselben kommt das
                              Kupfer als Kupfermalachit, Kupferlasur, Rothkupfererz und Kupferschwärze, seltener
                              als Schwefelkupfer vor, welch' letzteres bei der Gewinnung mit Säuren gewöhnlich
                              nicht in Betracht gezogen werden kann, da es in denselben unlöslich, wenn nicht eine
                              Röstung der Erze vorausgegangen.
                           Das Ausbringen des Metalles auf feurigem Wege war stets bei diesen armen oxydischen
                              Erzen mit großen Schwierigkeiten verbunden, da die zu verschlackenden Gangarten
                              immer eine nicht unbeträchtliche Menge Kupfer in sich aufnahmen und zurückhielten;
                              – oft aber auch der Werth des verbrauchten Brennmateriales die Gewinnung
                              unmöglich machte.
                           Vielfache Versuche, diese Erze auf nassem Wege zu Gute zu machen, führten nur in
                              seltenen Fällen zu günstigen Resultaten, da die begleitenden Ganggesteine sehr
                              häufig kalk- und magnesiahaltig sind, zugleich aber auch Thonerde, Eisen etc.
                              hier in wechselnden Mengen auftreten, auf welche die zum Auslaugen des Kupfers
                              verwendete Säure ebenfalls mehr oder weniger energisch einwirkt. – Es ist
                              deßhalb leicht einzusehen, daß oft große Mengen Säure verloren gehen, welche zur
                              Sättigung des Kalkes, Eisens und der übrigen Erden erforderlich sind.
                           Dann sind auch die beim Niederschlagen des Kupfers mit Eisen erhaltenen
                              Eisenchlorürlaugen ein viel zu werthloses Nebenproduct, als daß dieselben eine
                              besondere Berücksichtigung verdienten. Oft sogar sind diese Abgangslaugen die Quelle
                              vielfacher und gerechter Klagen, da die mit denselben vergifteten Bäche nicht allein
                              zum Tränken des Viehes zeitweise nicht geeignet, sondern auch der größte Theil der
                              unter derartigen Anstalten gelegenen Gewerbe, welche ein reines Wasser benöthigen,
                              in ihrer Existenz
                              durch den Eisengehalt des Wassers sehr bedroht werden. – In der letzten Zeit
                              wurden Versuche gemacht, diese Eisenlaugen als Desinfectionsmittel in den Handel zu
                              bringen, und behalte ich mir vor, in einer späteren Mittheilung den Werth dieser
                              Laugen im Vergleiche zum Eisenvitriol und anderen Desinfectionsmitteln
                              festzustellen.
                           Da wo Kupfererze in Kalk oder dolomitischen Gesteinen vorkommen, oder der
                              Kalk- und Magnesiagehalt der Gesteinsmassen mindestens 20 Proc. betragen,
                              fand ich es immer vortheilhaft, die Erze in Kalkschachtöfen oder geeigneten
                              Flammöfen so lange zu rösten, bis der kohlensaure Kalk vollständig in Aetzkalk
                              verwandelt war. Die Erze wurden noch warm mit überschüssigem Wasser in Berührung
                              gebracht, wo der Aetzkalk unter Zerfallen sich in Calciumoxydhydrat verwandelt,
                              welches zum Theile sich in Wasser löst; hauptsächlich aber vermöge seiner feinen
                              Vertheilung und seines geringen specifischen Gewichtes hinreichend lange in Schwebe
                              bleibt.
                           Da nun die vorhandenen Kupfererze durch diesen Proceß in Kupferoxyd verwandelt
                              wurden, welches ein sehr hohes specifisches Gewicht im Vergleiche zum
                              Calciumoxydhydrat besitzt, so hielt es nicht schwer das Kupferoxyd durch einen
                              einfachen Wasserproceß zu scheiden und je nach Umständen seine weitere Gewinnung zu
                              betreiben.
                           Vor einiger Zeit hatte ich Gelegenheit, auf Grund eines Preisausschreibens, das
                              Vorkommen und Verhalten armer Kupfererze genau zu studiren, und galt es bei der
                              Verhüttung derselben ein Verfahren einzuführen, welches die bei der Cementation mit
                              Eisen erhaltenen Eisenchlorürlaugen entweder beseitigte, oder aber in ein
                              werthvolles Nebenproduct verwandelte. Obgleich nun meiner Arbeit auf Grund eines von
                              competenter Seite abgegebenen Urtheiles der Preis zuerkannt wurde, beliebte man
                              nachträglich derartige Bedingungen zu stellen, daß ich es lieber vorzog auf den
                              Preis zu verzichten.
                           Bei dem von mir gemachten Vorschlage soll das Fällen des Kupfers mit Eisen ganz
                              umgangen, die zur Lösung der Kupfererze erforderliche Menge Salzsäure aber, nachdem
                              sie diesen Zweck erfüllt und das Kupfer aus derselben ausgeschieden, wiederum in den
                              Kreislauf des Betriebes gebracht werden, so zwar, daß sie von Neuem lösend wirkt und
                              nach Abzug des mechanischen Verlustes immer wieder zur Lösung neuer Erzmengen
                              verwendet wird.
                           Nehmen wir zur Extraction der Erze Salzsäure (wie dieß gewöhnlich der Fall ist) und
                              verwenden zum Fällen des Kupfers Schwefelwasserstoff, den wir aus Schwefelbaryum
                              vermittelst Salzsäure darstellen, dann erhalten wir:
                           1) In den sauren Kupferlaugen alles Kupfer als Schwefelkupfer, welches, nach
                              sorgfältigem Auswaschen, chemisch rein ist; während die darüber stehenden Laugen nun
                              wieder so viele freie Salzsäure enthalten, als zur Lösung des Kupfers erforderlich
                              war und ist dieselbe zum Einlaugen neuer Erzmengen wieder vollständig geeignet.
                           Da nun zur Lösung von 1 Ctnr. metallischem Kupfer 5–6 Ctnr. käufliche
                              Salzsäure erforderlich, ist der hier erzielte Vortheil leicht ersichtlich.
                           2) Aus den auf der anderen Seite bei der Darstellung des Schwefelwasserstoffes
                              erhaltenen neutralen Chlorbaryumlaugen wird nun mit der entsprechenden Menge
                              Schwefelsäure das Baryum als schwefelsaurer Baryt gefällt, welcher, nachdem er
                              ausgewaschen, unter dem Namen Blancfix als Handelsproduct bekannt ist, während die
                              darüber stehenden Laugen ebenfalls in demselben Maaße freie Salzsäure enthalten, als
                              vorher Chlorbaryum in Lösung war. – Es werden hier für jeden Ctnr.
                              metallisches Kupfer nahezu 3 Ctnr. Salzsäure wiedergewonnen.
                           War in dem rohen Schwerspath, welcher zur Darstellung des Schwefelbaryums verwendet
                              wurde (wie dieß manchmal der Fall ist), irgend ein nutzbares Metall – wie
                              Kupfer, Blei etc. – enthalten, dann findet es sich als unlösliches
                              Schwefelmetall in den Chlorbaryumlaugen, wenn in denselben ein kleiner Ueberschuß
                              von Schwefelbaryum vorhanden war und kann leicht durch Absetzen getrennt werden.
                           3) Muß noch das bei anderen Verfahren erforderliche Cementireisen in Rechnung gezogen
                              werden, welches hier ganz gespart wird.
                           Selbstredend kann bei diesem Verfahren nur von der Wiedergewinnung derjenigen Säure
                              die Rede seyn, welche wirklich Kupfer gelöst hatte, während die Säure, welche zur
                              Lösung der Gangarten (als Eisen, Kalk, Magnesia, Thonerde etc.) erforderlich war,
                              hier nicht in Betracht kommt. Wenn es daher der Preis des Brennmaterials und die
                              vermehrten Arbeitslöhne erlauben, dann rathe ich bei kalk- und
                              magnesiahaltigen Erzen, das im Eingang von mir vorgeschlagene Verfahren anzuwenden
                              und die Erze vor dem Einlangen zu rösten, um so mehr als auch alle
                              Eisenoxydulverbindungen in die weit schwerer löslichen Oxyde verwandelt werden.
                           Waren Schwefelkupferverbindungen vorhanden, dann sind sie ebenfalls in eine in Säuren
                              lösliche Form übergeführt.
                           Aber auch bei den Erzen, bei welchen dieser Weg nicht eingeschlagen werden kann, ist
                              man im Stande, die zur Lösung des Eisens und der Erden verwendete Säure wieder theilweise nutzbar zu
                              machen, wenn die entkupferten und ganz neutralen Laugen von Zeit zu Zeit in großen
                              flachen Behältern, unter häufigem Umrühren, mit der Luft in Berührung gebracht
                              werden, da in demselben Maaße, als sich hier basische Salze (hauptsächlich
                              Eisensalze) ausscheiden, auch wieder Salzsäure frei wird. Hat man Rückstände von der
                              Darstellung des Schwefelbaryums, dann ist es rathsam, dieselben vor dieser Arbeit
                              den Laugen zuzusetzen. Ja ich glaube, daß wenn man diese Laugen über Dornenwände
                              (wie in den Salinen) leiten würde, diese Ausscheidung auf der einen Seite viel
                              sicherer und rascher erfolgte; auf der anderen Seite aber auch die Laugen leicht auf
                              dem erforderlichen Grade der Concentration erhalten werden könnten.