Titel: | Das Faß-Abortsystem der Stadt Graz. |
Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. CXXV CXXVI. , S. 481 |
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CXXV
CXXVI.
Das Faß-Abortsystem der Stadt
Graz.
Das Faß-Abortsystem der Stadt Graz.
Die Stadt Graz lieferte im vergangenen Jahre, zur Zeit der so heftig in ganz
Deutschland auftretenden Cholera-Epidemie, einen glänzenden und überzeugenden
Beweis für die Möglichkeit, der furchtbaren Epidemie durch rationelle Maßregeln
Schranken zu setzen.
Graz liegt auf dem Wege zwischen Wien und Trieft, in welchen Städten die Cholera
heftig wüthete; zahlreiche Cholera-Flüchtlinge aus beiden Städten siedelten
sich in Graz an; Massen von Truppen vom Kriegsschauplatze im Norden und Süden wurden
nach Steyermark und besonders in die Umgebung von Graz verlegt, welche zahlreiche
Cholerakranke mitbrachten und es war daher kein Wunder, daß auch in Graz eine nicht
unbeträchtliche Anzahl heftiger Cholerafälle vorkam. Zahlreiche Krankheitsherde
waren über die ganze Stadt verbreitet; es kamen Häuser vor, wo 10 Erkrankungen
(meist Todesfälle) stattfanden und trotzdem beschränkte sich die Zahl der Opfer auf
circa 60, was bei circa.
70,000 Einwohnern ein ungemein günstiges Verhältniß ist, wenn man bedenkt, daß
darunter viele Personen waren, welche außerhalb Graz den. Krankheitskeim aufgenommen
hatten.
Diese günstigen Ergebnisse wurden durch eine äußerst sorgfältig gehandhabte
Sanitätspolizei erzielt, welche, wenn ein solcher Choleraherd auftauchte, sogleich
mit Energie einschritt, die nöthigen Desinfectionen vornahm, die Brunnen untersuchte
und diejenigen mit unreinem Wasser sofort schloß. Es hat sich zur Evidenz
herausgestellt, daß überall, wo die Cholera sich zeigte, eine Infiltration in den
Brunnen aus den Senkgruben nachzuweisen war, daß das angewendete Reagens,
Uebermangansaures Kali, dann stets im Trinkwasser organische Verunreinigungen
nachwies. – So gelang es, der schrecklichen Geißel frühzeitig Schranken zu
setzen, und auch bei einem später erfolgten sehr heftigen localen Ausbruch auf's
Neue die Verbreitung abzuschneiden.
Wesentlich ermöglicht wurde dieß durch das ausgezeichnete Faß-Abortsystem,
dessen sich Graz schon seit längerer Zeit erfreut. Die Excremente sammeln sich hier,
statt in undichten Senkgruben, in dicht schließenden Fässern an, welche
nöthigenfalls jeden Tag mit leeren Fässern gewechselt werden. Die vollen Fässer
werden, dicht verschlossen, nach dem Entleerungsort transportirt und liefern einen
ausgezeichneten Dünger. Meiner Erfahrung nach entspricht dieses System, wenigstens
für Städte bis zu
150,000 Einwohnern, besser als alle anderen Methoden und verdient schon aus
Sanitätsgründen die wärmste Empfehlung.
Hr. Ingenieur R. Linner, welcher sich bei dem Kampfe gegen
die Cholera hier am Orte die wesentlichsten Verdienste erworben hat, erstattete im
Auftrage des Stadtbauamtes einen eingehenden Bericht über dieses
Faß-Abortsystem, welchen er auf mein Ersuchen zur weiteren Verbreitung der
Redaction dieses Journals übermittelt hat.
Möge das Beispiel von Graz bald Nachahmung finden!
Professor H. Schwarz.
Beschreibung der in Graz bestehenden sogenannten Faßapparate
für Mehrungsunrath, nebst Darstellung der Vortheile derselben; verfaßt von
Rudolph Linner, Stadtbauamts-Ingenieur.
Mit Abbildungen auf Tab.
IX.
Der Faßapparat besteht aus einem Fasse von starkem eichenen Holze mit eisernen
Reifen, mit gewöhnlich rothbraunem Oelfarbanstrich. In dem Fasse ist ein Deckel so
angebracht, daß es mittelst eines Eisenblechringes an demselben, und eines
beweglichen Keiles, endlich mit Lehmverschmierung wasserdicht verschlossen werden
kann. Der Deckel wird durch einen Keil, der durch einen Eisenbügel durchgesteckt
wird, gegen den Faßboden angezogen, worauf dann die Fugen mit Lehm, welcher von den
Faßfuhrleuten in der Apparatenkammer immer im Vorrathe gehalten wird, zu
verschmieren sind. Oberhalb der Oeffnung dieses Faßdeckels befindet sich ein
beweglicher Trichter, welcher den Unrath aus den Abtritten aufnimmt und in das Faß
leitet.
Dieser bewegliche Trichter kann beliebig construirt werden, und ist nur zu beachten,
daß die untere Oeffnung genau in die Faßöffnung passe, die obere Oeffnung aber dem
Querschnitte der Schlauchmündung oder des oberen größeren stabilen Trichters
entspreche, und daß derselbe auch möglichst leicht im Gewichte gehalten werde, um
bequem aufgestellt und abgenommen zu werden. Die übliche Form ist die einer
abgestutzten Pyramide.
Der Apparat ist zweifacher Art, der einfache und der doppelte. Der einfache besteht
aus einem zweieimerigen, und der doppelte aus einem fünfeimerigen Fasse. Jeder
dieser zwei Apparate hat zwei Fässer zum nöthigen Wechsel derselben. Die Anwendung
des einfachen oder des doppelten Apparates richtet sich nach der Größe der Gebäude
und nach der Zahl ihrer Bewohner. Zur größeren Bequemlichkeit kann bei stärkerer Benutzung eines
Apparates bei demselben ein Reservefaß aufgestellt werden. Als Maaßstab der
Beurtheilung, ob die Aufstellung eines einfachen oder eines doppelten Apparates
nothwendig sey, kann nach der Erfahrung angenommen werden, daß bei täglicher Räumung
ein einfacher Apparat für 60 Personen hinreicht, und erst wenn diese Zahl
überschritten ist, die Aufstellung eines doppelten Apparates nothwendig wird.
Es ist keineswegs erforderlich, daß zur Anwendung eines Apparates die Abtritte selbst
umgestaltet werden. Der Apparat kann bei jedem bestehenden Abtritte mit geringen
Kosten angebracht werden. Es ist hierzu nur die Umgestaltung der Senkgrube zu einem
Apparatenkeller, und die Herstellung der zweckmäßigen Verbindung der
Abtrittsschläuche mit dem Apparate erforderlich, welche mit sehr geringen Kosten von
jedem Bauverständigen bewerkstelligt werden kann.
Die Art dieser Verbindung hängt bei alten Abtritten natürlich von der Localität und
Beschaffenheit derselben ab. Für den Apparatenkeller ist bei einem einfachen
Apparate ein Raum von 5 bis 6' Höhe, 4' Breite und 5' Tiefe, und bei einem doppelten
von 6' Höhe, 5–6' Breite und 7' Tiefe hinreichend. Zur besseren
Versinnlichung, wie die Aufstellung dieser Apparate am leichtesten und
zweckmäßigsten zu bewerkstelligen sey, sind in den beigegebenen Zeichnungen
verschiedene Anwendungsarten anschaulich gemacht.
In Fig.
1–6 ist ein Trichter-Abort im Grundrisse,
Längen- und Querschnitte, und ein Schlauch-Abort im Grundrisse und Querschnitte, in Verbindung mit
dem Faßapparate dargestellt. Die einzelnen Bestandtheile derselben sind in diesen
Figuren bezeichnet mit:
a gepflasterter Apparatenkeller,
b Apparat-Faß,
c beweglicher Trichter, d
Unterlaghölzer,
e feste verschalte Trichter,
f an denselben befestigte Stutzen,
g Zwangenhölzer,
h Sitzbret,
i Rutschbret,
k verschalte Sitzwand,
l Luftzüge,
m Luftschlauch,
n Schlauch,
o Stutzen oder Gainzen.
In Fig. 7 und
8 ist das
Detail des Apparat-Fasses dargestellt; darin ist
mit a der Deckel, mit b der
Keil und mit c der Blechring bezeichnet.
Der Trichter-Abort wird zunächst bei Casernen, Schulen, Spitälern, Gasthäusern
u. dgl., überhaupt dort ausgeführt, wo die Anlage mehrerer Aborte neben einander
ohne Aufstellung separater Abfallschläuche wünschenswerth ist.
In einen Trichter können bei den gewöhnlichen Geschoßhöhen bis zu vier Aborte resp.
Sitzspiegel münden. In der Regel wird jedoch der Schlauch-Abort angewendet,
der auch namentlich bei älteren Gebäuden fast allerorts besteht.
Bei der Umgestaltung eines Senkgruben- (Latrinen-) Abortes in einen auf
Faßapparate zu richtenden Abort wäre, wie nachfolgend kurz skizzirt wird,
vorzugehen.
Die Senkgrube wird sorgfältig geräumt, gereinigt, die Mauern ausgebessert, das
Pflaster erneuert, und an zweckmäßiger Stelle die Stiege angebracht, endlich vor
derselben ein starker eiserner Ring, mit Kloben im Holzpflocke befestigt, im Boden
eingepflastert. An diesem Ringe befestigen die Faßfuhrleute den Strickhaken beim
Aufziehen der Fässer.
Die Stiegenstufen können in der Breite bis 5 1/2 Zoll reducirt werden und in der Höhe
bis zu 10 Zoll gehen.
Wo die Anbringung einer verticalen oder schiefliegenden Thür nicht ausführbar ist,
und wo selbe nicht in eine Passage zu liegen kommt, kann auch eine horizontale
Fallthür angebracht werden.
Der bestehende Schlauch wird nach Erforderniß entweder verlängert oder abgenommen,
das Faß untergestellt, der Trichter aufgesetzt, endlich das Wechselfaß ebenfalls in
der Kammer untergebracht. Hierdurch ist der Apparat vollendet.
Es erhellt aus Obigem, daß in constructiver Hinsicht die fragliche Umgestaltung kaum
nennenswerthe Schwierigkeiten bereitet, und daß die Kosten geringfügig sind, da
selbe in der Regel nur für die aus wenigen hölzernen Blockstufen bestehende Stiege,
die Apparatenkammerthür und die erforderlichen Mauerwerksausbesserungen, endlich die
Abortfässer aufzuwenden sind.
Ober der Kammer kann entweder eine Wölbung oder ein gewöhnlicher hölzerner Oberboden
angebracht werden. Bei Neubauten ist selbstverständlich die Apparatenherstellung
noch viel einfacher, und kann schon beim Bauprojecte auf die erforderlichen
Anlagebequemlichkeiten Bedacht genommen werden. In öffentlichen Gebäuden und
überhaupt bei jenen Aborten, wo der Fußboden der Verunreinigung durch Urin
ausgesetzt ist, erscheint es zweckmäßig, Trichter-Aborte auszuführen, den Fußboden mit
Asphalt oder Steinplatten mit Fugenverkittung herzustellen, und demselben einen Fall
gegen den Trichter derart zu geben, daß die Steinplatten mit einer Wassernase noch
in den Trichter hineinragen. In diesem Falle wird die Abortrutsche (nicht wie in der
Zeichnung am Fußboden angelegt, sondern) um 3 bis 4 Zoll ober der Steinplatte derart
gehoben, daß der Unrath nicht auf die Wassernase fallen kann, und doch die
Flüssigkeiten vom Fußboden leicht in den Trichter abfließen. Da die sämmtlichen
Constructionstheile durch die oben mitgetheilte Beschreibung der Zeichnungen erklärt
werden, so entfällt die Nothwendigkeit einer bezüglichen weiteren Erörterung.
Eine der zweckmäßigsten Vorsichten, um jeden Abort thunlichst geruchlos zu erhalten,
besteht in der verständigen Anbringung von Luftschläuchen und Luftzügen, von denen
einige Beispiele auch in der Zeichnung enthalten sind. Dießfalls gilt im
Wesentlichen folgende Norm:
Bei Schlauch-Aborten ist der Schlauch mittelst eines gewöhnlichen
Fichtenladenaufsatzes bis über das Dach zu verlängern. Bei Neugebäuden mauere man
(nach Art der russischen Rauchfänge) von jedem Abortplafond ausgehende, separate,
3- bis 4 zöllige Zugröhren, endlich dort wo eine Lüftung der Apparatenkammer
im Erdgeschoße nicht belästigend für die Nachbarschaft wirkt, bei abgelegenen Höfen
u. dgl., stelle man nach Art der Zeichnung ebenfalls Luftzüge her. Bei
Schlauch-Aborten kann dort, wo die Abortmauer an's Freie grenzt, nach der in
der Zeichnung dargestellten Construction für Luftschläuche gesorgt werden; im
anderen Falle wird die rückwärtige Mauerverschalung in einer Entfernung von 5 bis 6
Zoll von der Mauer angebracht, wobei dann der zwischenliegende Luftraum die
Ventilation vermittelt. Ober den Trichterkammern sind Aufsätze mit bis über das Dach
reichenden Ableitungsschläuchen nach der Zeichnung auszuführen.
Die Räumung der Apparate geschieht nach Maaßgabe der sich zeigenden Nothwendigkeit.
Von dem hierzu besonders aufgestellten Personale werden die Apparate täglich
ein- auch zweimal untersucht, die vollen Fässer beseitigt und die neuen
gehörig gereinigten Fässer untergestellt, wornach die vollen Fässer sogleich
fortgeschafft werden, so daß niemals eine wie immer geartete Verunreinigung der
Apparatenkeller eintreten kann. Bei der Verführung der Fässer ist namentlich darauf
zu sehen, und den Faßfuhrleuten unter Androhung bedeutender Strafen strenge
einzuschärfen, daß, wie die gefüllten, so auch die geleerten Fässer mit
geschlossenem Deckel transportirt werden, da beim Außerachtlassen der erwähnten
Vorsicht die beschmutzten Innenwände der Fässer durch die Deckelöffnungen penetrante
Gerüche abgeben, welche bei der Verführung durch die Gassen verbreitet werden.
Ferner haben die Fuhrwerksunternehmer auch dafür zu haften, daß die Fässer nur in
von außen nicht beschmutztem Zustande transportirt werden, und daß sowohl volle als
leere Fässer nicht vor den Häusern oder in Höfen und Gängen, sondern lediglich in
den Apparatenkellern aufgestellt bleiben und nur unmittelbar vor der Transportirung
aus selben entnommen werden.
Die Beaufsichtigung der Kammern und der Transport der Fässer wird hierorts durch
eigens hierzu concessionirte Fuhrwerksunternehmer, welche das erforderliche
Dienstpersonal selbst entlohnen, besorgt. Als Entschädigung werden von den
Hauseigenthümern mit selben gewöhnlich Pauschalbeträge (per Quartal postnumerando zahlbar) vereinbart,
und wird derzeit für die einmalige Verführung per Eimer
4 1/2 bis 5 Kreuzer österr. Währg. bei größeren Quantitäten und öfterer Verführung,
bei nur einmaligem Transporte geringerer Mengen 5 1/2 bis 6 Kreuzer und per eine im Hause wohnende Person täglich etwas über
eine Maaß oder jährlich 10 Eimer Unrath berechnet und demnach die Pauschalsumme
ausgemittelt. In Graz wird gegenwärtig per Person und
Jahr die Totalkostensumme hierfür mit 30 bis 50 Kreuzer österr. W. angenommen.
Daß es Sache der Hausbesitzer oder Administratoren ist, durch geeignete Verfügungen
und Anbringung von Spülwasser-Ausgüssen das Entleeren von Nutz- und
Spülwasser, sowie das Hineinwerfen anderer als Nahrungsunrathstoffe hintanzuhalten,
ist selbstverständlich, da hierbei eine fortwährende Verunreinigung der
Apparatenkammer durch nicht vorherzusehendes Uebergehen der Fässer, oder mindestens
die Nothwendigkeit einer öfteren Fässertransportirung eintreten würde.
In Ortschaften, wo sich Tuchfabriken u. dgl. Färbereien befinden, ist es angezeigt,
bei den Apparaten besondere Fässer für Pissoirs (namentlich in Casernen,
Gasthäusern, Schulen) aufzustellen, da die Urinfässer von solchen Fabrik- und
Färbereibesitzern gewöhnlich kostenfrei transportirt oder selbst bezahlt werden.
Was nun zunächst die vergleichsweisen Kosten der Senkgrubenräumung und der
Fässerverführung betrifft, wird vorerst bemerkt, daß dort, wo eine vorschriftsmäßige
Senkgrube – d. i. eine solche mit wasserdichtem Mauerwerke – sich
befindet, die Quantität der eingelagerten Excremente mit der Zeit nur geringfügig
und zwar durch Verdunstung der flüssigen Bestandtheile sich vermindert, daß daher
bei der Räumung nahezu die gleiche Anzahl von Eimern auszuschöpfen und zu verführen
ist, als dieß bei der mittlerweile etwa gepflogenen Transportirung mit
Apparatfässern der Fall gewesen wäre. Da nun selbstverständlich der Preis für die Ausschöpfung
alter Senkgruben und Verführung des Unrathes höher ist, als bei dem einfachen
Verschließen, Ausrollen und Transportiren des Unrathes in den Fässern, so wird
hierdurch selbst der Vortheil der Quantitätsverminderung durch Verdunstung
compensirt.
Um in dieser Richtung den erforderlichen Beurtheilungsmaaßstab zu geben, wird
angeführt, daß die bezüglichen Preise in loco für die
Apparatfässer-Manipulation auf 4 1/2 bis 5 kr. öst. W. per Eimer, bei den Senkgruben aber auf 5 bis 6 kr. öst. W. für die gleiche
Quantität sich belaufen, wodurch nachgewiesen seyn dürfte, daß auch die laufenden
Kosten der vorerwähnten Einrichtung zu Gunsten der fraglichen Umgestaltung
sprechen.
Es ist allerdings und leider nur zu wahr, daß wenige Senkgruben der Bedingung einer
wasserdichten Ummauerung und Pflasterung entsprechen, daß die meisten derselben
vielmehr die flüssigen Unrathsbestandtheile mehr oder weniger schnell – doch
mit der Zeit oft vollständig – versinken lassen, wodurch eine bedeutende
Quantitäts-Verminderung eintritt und die Räumungskosten wesentlich verringert
werden.
(Gegen den Bestand und die Benutzung derartiger Senkgruben muß aber vom sanitätlichen Standpunkte mit äußerster Energie
eingeschritten werden, und dieß sollte von den berufenen Behörden namentlich in
solchen Städten geschehen, wo der Schotterboden in der Tiefe der gewöhnlichen
Senkgrubenummauerungen vorherrscht.)
Obschon bei ordnungsmäßiger Ausführung der Apparate der bei Senkgruben gewöhnlich so
üble und gesundheitsschädliche Geruch der Aborte fast gänzlich vermieden wird, so
kann doch dießfalls eine weitere Vorsicht in Anwendung gebracht werden (was
besonders bei Epidemiegefahren angezeigt ist), nämlich daß man in jede Abortöffnung
täglich eine Lösung von circa 6 Loth Eisenvitriol in 1/2
Maaß reinen Wassers zugießt. Die Kosten hierfür belaufen sich bei derzeitigem Preise
des. Eisenvitrioles (mit 6 fl. öst. W. per Ctr.) für
eine Person auf täglich 1/4 Kreuzer ö. W.
Um in Städten, wo die erwähnten Apparate eingeführt werden sollen, alle Details der
für die verschiedenartigsten Fälle anzuwendenden Constructionsarten, und die durch
die langjährig hierorts gemachten Erfahrungen als zweckmäßigst erkannten
Transportirungsmodalitäten sofort in Anwendung bringen zu können, wäre es
vortheilhaft, einen bei den bezüglichen Bauten hierorts praktisch geübten Maurer,
einen Zimmermann, und einen durch längere Zeit bei der Fässerverführung verwendeten
Arbeiter zeitweilig anzuwerben, wofür (bei Aussicht auf einen durch einen bestimmten Zeitraum
ununterbrochenen Verdienst) sich zur Genüge geeignete Individuen bereit finden
würden.
Die wesentlichsten Vortheile der besprochenen Apparate werden
nachfolgend skizzirt:
1) Die Herstellung des Apparates selbst ist mit sehr geringen Kosten verbunden. Bei
Erbauung eines neuen Hauses kostet der ganze Apparat weniger als eine Senkgrube, und
die geringen Kosten der ersten Einrichtung werden außerdem durch die Ersparung der
bei gewöhnlichen Abtritten sehr bedeutenden Auslagen für Reparaturen des von dem
Salpeterfraße beschädigten Mauerwerkes reichlich ersetzt.
2) Die Hinwegführung des Unrathes mittelst der wasserdicht geschlossenen Fässer kann
mit einer Reinlichkeit und Zweckmäßigkeit bewerkstelligt werden, daß nicht einmal
dem Zunächststehenden sich der Inhalt des Transportes durch den Geruch bemerkbar
machen wird. Es ist deßhalb auch erlaubt, den Unrath bei Tage wegzuführen. Durch
diese Räumungsmethode werden nicht nur die Bewohner des betreffenden Hauses, sondern
auch die in der Nachbarschaft befindlichen vor dem so belästigend, ja schädlich
wirkenden Gestanke der Senkgruben- und Canalräumungs-Arbeiten
bewahrt.
3) Da der Unrath in dem Senkapparate durch Desinfectionsmittel von den
ammoniakalischen Dünsten befreit werden kann, und da sowohl der Senkapparat und
Apparatenkeller, als auch die Abtrittsschläuche oder Trichter nach Erforderniß öfter
mit frischem Wasser und Säuren zu reinigen sind, so werden nicht nur neue Abtritte
mit dem Apparate völlig geruchlos, sondern auch bei schon bestehenden Abtritten, in
welche nur der Apparat hineingerichtet ist, verliert sich der üble Geruch in dem
Grade, als das von jeder ferneren Verunreinigung freigestellte Mauerwerk gelüftet
und ausgetrocknet wird.
4) Das Gemach, in welchem der Apparat aufgestellt wird, ist so rein und trocken, daß
weder das Mauerwerk, noch die Schläuche vom Dunste beschädigt werden können, und
diese Reinlichkeit wird noch auf den höchst möglichen Grad durch das Waschen des
Podiums, der Abtrittscabinette, der Urinbecken oder Rinnen, dann der Trichter,
Schläuche etc. mit Eisenvitriollösung gesteigert.
5) Durch die Reinhaltung und Trockenheit der Gemächer, in welchen der Apparat
aufgestellt ist, sowie durch die Constructionsart desselben wird alles Ungeziefer,
welches in Senkgruben und Cloaken heimisch ist, beseitigt und dadurch eine große
Hausplage gehoben.
6) Ebenso werden durch diesen Apparat gewisse, in den gewöhnlichen Abtritten nicht selten versuchte
Verheimlichungen leicht entdeckt, indem jedes Faß die gleiche Nummer des
betreffenden Hauses hat.
7) Durch die Anbringung des Apparates ohne Senkgrube wird auch jeder durch letztere
so oft stattfindenden Verunreinigung des Brunnenwassers vorgebeugt, was wohl als einer der wichtigsten Vorzüge dieser Constructionsart
zu bezeichnen ist.
8) Da zur Aufstellung des einfachen Apparates ein Raum von 5 bis 6 Schuh Höhe, 4
Schuh Breite und 5 Schuh Tiefe genügt, so kann derselbe in jedem Gebäude leicht
angebracht werden, und es wird durch das geringe Raumerforderniß noch Platz zu
anderen Zwecken gewonnen.
9) Nebst dieser Raumersparniß stellt sich als ein sehr wichtiger Vortheil für jeden
Hauseigenthümer die Conservation des Mauerwerkes dar, da mit Anwendung des Apparates
die Mauern immer trocken und von dem Salpeterfraße frei bleiben, wodurch die frühe
Zerstörung und nothwendige Reparatur derselben, welche bei den gewöhnlichen
Abtritten nach wenigen Jahren schon eintritt, beseitigt wird, und hierdurch das Haus
selbst am Capitalswerthe gewinnt.
10) Wie bereits oben erörtert wurde, stellen sich die Kosten der Fässerapparaten
Manipulation vergleichsweise mindestens nicht höher als die der Senkgruben-
(Latrinen-) Räumung, was gewiß auch für solche Abortunrathscanäle (Cloaken)
gilt, welche nicht mit stets fließendem Wasser bespült werden, bei welchen also zur
Säuberung auch die Handarbeit benöthigt wird.
11) In volkswirtschaftlicher Hinsicht kann der Vortheil, den Mehrungsdünger kurz nach
der Production in Fässern zur directen Verwendung oder zur weiteren Verarbeitung als
Kunstdünger bereit zu haben, nicht hoch genug
angeschlagen werden. Statt daß nämlich bei den Senkgruben die flüssigen Stoffe, die
besten Düngebestandtheile fortwährend ausgewaschen werden und versickern, wird hier
die Quantität und Qualität vollständig erhalten, und ist beispielsweise der
Landwirth in der Lage, den Unrath im Winter direct auf die Schneedecke entleeren zu
lassen, oder im Sommer, mit Wasser gehörig verdünnt (wobei zu einem Dritttheil mit
Unrath gefüllte Fässer mit Wasser völlig gefüllt und transportirt werden) zur
Aecker- und Wiesendüngung unmittelbar durch Entleeren der Fässer zu
verwenden. In Städten, wo diese Manipulation aus Sanitätsrücksichten nicht zulässig
wäre, können eigene Düngerstätten außerhalb der Stadt an geeigneten Orten angelegt
werden, wo der Unrath mit Straßenkoth, Kehricht u. dgl. Abfallstoffen gesättigt
wird, und dann einen Dünger von ausgezeichneter Kraft gibt. Auch kann bei
sorgfältigerer Behandlung (Werfen der Abfallstoffe vor der Vermischung durch Sandgitter, längere
Einbettung, Umstechen und Abfaulen in Gruben, endlich Trocknen und neuerliches
Werfen des nunmehr pulverförmigen und ganz geruchlosen Düngers) ein auch in die
gebirgigsten Gegenden leicht transportables Mittel zur namhaften Erhöhung der
Ertragsfähigkeit des Bodens erzeugt werden.
Der besprochene Apparat ist in Graz nunmehr mit Ausnahme von 1500 älteren Häusern,
bei welchen diese Umgestaltung aber auch im Laufe weniger Jahre durchgeführt seyn
wird, bei 2000 Gebäuden bereits eingeführt, und hat sich während des langjährigen
Bestandes in jeder Hinsicht derart bewährt, daß man wohl behaupten kann, die hiesige
Stadt verdanke einen wesentlichen Theil ihrer so günstigen
Salubritäts-Verhältnisse besagter Anlage, welche sonach um so mehr auf das
Wärmste empfohlen werden kann, als, wie aus dem Vorstehenden zur Genüge erhellen
dürfte, dieselbe weder in constructiver Hinsicht schwierig zu nennen ist, noch in
finanzieller Richtung nennenswerthe Anforderungen macht, welches Letztere auch in
Betreff der Kosten des Fässertransportes gilt.