| Titel: | Miscellen. | 
| Fundstelle: | Band 183, Jahrgang 1867, Nr. , S. 328 | 
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                        Miscellen.
                        Miscellen.
                        
                     
                        
                           Der neue Telegraph Bonelli-Hipp.
                           Unter diesem Titel bringt die „Beilage zur Allgemeinen Zeitung“
                              (vom 23. Jan. 1867, Nr. 23) einen längeren Artikel über die bedeutenden
                              Verbesserungen, welche von dem Director M. Hipp in
                              Neuenburg (Schweiz) an dem Bonelli'schen
                              Typendruck-Telegraphen vorgenommen worden sind, aus dem das Wesentliche hier
                              hervorzuheben ausreichend seyn mag, da die älteren Copirtelegraphen, sowie
                              namentlich der Caselli'sche Telegraph, von dem dabei die
                              Rede ist, in diesem Journale schon früher ihre ausreichende Erörterung gefunden
                              haben.Polytechn. Journal Bd. CXIX S. 75 und
                                    315, Bd. CXX S. 103, Bd. CXXI S. 234, Bd. CXXII S. 40. – Ueber Caselli's Telegraph sehe man polytechn. Journal
                                    Bd. CLXXVII S. 1.
                              
                           Der neue Hipp'sche Apparat ist, streng genommen, ein
                              elektrochemischer Autographen- oder Copir-Telegraph. Der wesentliche
                              Unterschied von den bis jetzt bekannt gewordenen Apparaten dieser Art besteht darin,
                              daß der Schreibstift, sowohl bei dem gebenden, als auch bei dem empfangenden
                              Apparate über eine Messingplatte – welche bei dem Empfangsapparate mit
                              chemisch-präparirtem Papiere bedeckt, und auf welche bei dem gebenden
                              Apparate entweder die schon vorher vorbereitete und gesetzte Depesche in Lettern
                              oder die auf Papier, das mit dünner Zinnfolie überzogen ist, geschriebene Depesche
                              etc. gebracht wird – eine hin- und hergehende Bewegung annimmt, sobald
                              die Apparate gleichzeitig auf elektromagnetischem Wege ausgelöst werden. Der
                              vollkommen synchronistische Gang der Uhrwerke beider Stationen wurde dadurch
                              erreicht, daß Hipp hierbei dasselbe Echappement anwendet,
                              wie bei seinem ChronoskopePolytechn. Journal Bd. CXIV S.
                                       255.; dieses
                              Echappement, in einer kurzen Uhrfeder bestehend, kann nämlich, wenn man es auf eine
                              bestimmte Tonhöhe stimmt, in vollkommen übereinstimmender Weise beliebig
                              vervielfältigt werden. Die gleichförmige Bewegung des Triebwerkes, der Uhr nämlich,
                              bringt eine Schraube in eine gleichförmige hin- und hergehende Bewegung, und
                              mittelst dieser wird der Schreibstift beim Empfangsapparate über die Depesche, beim
                              gebenden, das Papier stets berührend, hin- und hergeführt, während am Ende
                              einer jeden Zeile oder Gruppe etc. die Schreibplatte bei dem
                              Typendruck-Telegraphen um 1/5 der Buchstabenhöhe, beim Copirtelegraphen um
                              1/4 bis 1/2 Millimeter vorwärts gerückt wird. Uebrigens sind der Zeitersparniß
                              halber zwei Schrauben, nämlich zwei Schreibstifte in Thätigkeit, von welchen der
                              eine seine Function beginnt, während der andere nach vollendetem Gange sich hebt und
                              durch eine zweite Schraube nach seinem Ausgangspunkte zurückgeführt wird. Ist die
                              Depesche in Typen gesetzt, so gleitet die Spitze des gebenden Apparates bloß über
                              die erhöhten Stellen der Lettern, und da hierbei jedesmal die Kette geschlossen
                              wird, so entstehen dabei an dem Empfangsapparate farbige Punkte. Eine getreue Copie
                              der Lettern wird an der Empfangsstation auf diese Weise erhalten, da der
                              Schreibstift über jede Buchstabenreihe fünfmal gleiten muß. Die Apparate arbeiten
                              mit solcher Geschwindigkeit, daß sich in der Stunde 120 Depeschen zu je 20 Worten
                              telegraphiren lassen.
                           Auch bei dem Copirtelegraphen entsteht eine farbige Schrift auf weißem Grunde, da
                              hierbei jedesmal, wenn der Schreibstift an der gebenden Station die Time berührt,
                              der Telegraphirstrom hergestellt, während letzterer unterbrochen wird, wenn der
                              Schreibstift an der gebenden Station mit der Zinnfolie in Contact kommt. Eine
                              Depesche, die bei dem eigentlichen Copirtelegraphen eine Fläche von 30
                              Quadrat-Centimetern einnimmt, wird in 3 Minuten befördert, mag dieselbe in
                              Abbildungen, in gewöhnlicher Schrift, in Musiknoten u.s.w. geschrieben seyn.
                           
                        
                           Die elektrischen Uhren Hipp'scher
                              Construction.
                           Einer Mittheilung des Hrn. Directors M. Hipp in Neuenburg
                              an das königl. sächs. Consulat in der Schweiz (deutsche Industriezeitung, 1866, Nr.
                              46), durch welche die Hauptgruppen von elektrischen Uhren bezüglich ihrer Thätigkeit
                              im Allgemeinen erläutert werden, mag hier Einiges entnommen werden. Die Einrichtung
                              der Hipp'schen elektrischen Uhren, die in jener
                              Mittheilung ihre Erörterung finden, wurde in diesem Journale schon früher näher
                              besprochen.Polytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
                                       426. Bekanntlich bildet die Oxyderzeugung an den Contactstellen der Normaluhr,
                              wie bei den meisten Stromunterbrechern, die zu diesem Zwecke gehörenPolytechn. Journal Bd. CLXXV S.
                                       19., einen der wesentlichsten Uebelstände, welche den Gang der sog. abhängigen elektrischen Uhren, der Zeitindicatoren
                              nämlich, beeinträchtigen. Nach der von Hipp getroffenen
                              Anordnung findet jedoch der Contact je nach 2 Secunden statt, dabei aber 29mal
                              vergeblich, d.h. ohne daß der Strom hierdurch geschlossen wird, während Letzteres
                              erst beim 30stenmale eintreten kann. Sollte sich nun beim Durchgange des Stromes
                              eine sehr kleine Quantität von Oxyd bilden, so kann dasselbe durch das 29malige
                              vergebliche Gleiten des Contactes sicher beseitigt werden.
                           Die Zeitindicatoren, wie sie von Hipp construirt werden,
                              sind zweierlei Art: bei der einen, die wir bereits aus einer früheren Beschreibung
                              kennen, wird das Zeigerwerk auf elektromagnetischem Wege in Bewegung gebracht, und
                              bei diesen ist die Uhrtafel nicht über 2 1/2 bis 3 Fuß groß. Für Uhren von größeren
                              Dimensionen aber ist diese Einrichtung nicht mehr vortheilhaft, weil zur Bewegung
                              des Zeigerwerkes eine bedeutende elektromagnetische Kraft erforderlich wäre; in
                              diesem Falle werden daher die Uhren mit Laufwerk und Gewicht versehen, und dem
                              Elektromagneten ist dabei die Function übertragen, das Laufwerke jede Minute um
                              dieses Zeitintervall vorwärtsschreiten zu lassen und sodann wieder zu hemmen. Die
                              elektromagnetische Wirkung bildet also bei den großen Uhren den eigentlichen
                              Regulator, wie dieß unseres Wissens von Bain in einigermaßen
                              ähnlicher Weise schon vor längerer Zeit vorgeschlagen worden ist; diese
                              Regulirungsmethode erscheint jedenfalls vortheilhafter, als andere, die dem Projecte
                              nach bekannt geworden sind.
                           
                        
                           Internationaler Codex von Marinesignalen.
                           Obwohl nicht von unmittelbarem Interesse für das binnenländische Deutschland, wird
                              doch hier eine kurze Notiz über die Zeichensprache am Platze seyn, über welche
                              England und Frankreich für ihre Marinesignale übereingekommen sind, und welche wohl
                              in Kurzem von allen civilisirten Seevölkern adoptirt werden wird. Man braucht dazu
                              18 Flaggen, entsprechend den Consonanten von B bis W, welche, angeordnet zu 2, 3 oder 4, zusammen 78642
                              verschiedene Combinationen oder eben so viele Signale geben. Mehr als vier
                              Buchstaben werden nie in einem Signale angewendet; jede Mittheilung wird durch ein
                              einziges Aufhissen an demselben Orte gemacht. Zwei Flaggen bedeuten dringende und
                              wichtige Sachen; drei, allgemeine Fragen; vier, Namen von Schiffen, geographische
                              Notizen u. dgl. Besondere Zeichen werden für Compaßstriche, Länge, Breite, Zeit und
                              Ziffern gebraucht. In wenigen Stunden kann man sich die Signale einprägen, welche
                              man im Gedächtniß führen muß, und den Gebrauch der 18 Flaggen für die 18 Buchstaben
                              erlernen; alles übrige sieht man in einem Codex (Lexicon) nach, welcher für die
                              betreffende Sprache die Bedeutung des Signales enthält; in allen Sprachen ist aber
                              eben diese Bedeutung dieselbe. Für gewöhnlich dienen farbige Flaggen zur Bezeichnung
                              der 18 Consonanten; für größere Entfernungen kann man Combinationen von Kugeln,
                              Quadraten und Dreiecken benutzen, bei Nacht Laternen, und bei Nebeln Töne.
                           Allein 50,000 Combinationen dienen für Schiffsnamen, welche natürlich sehr zahlreich
                              sind; jedes französische, englische und amerikanische Schiff hat sein eigenes
                              Signal, so daß man in dem Codex seinen Namen, Tonnengehalt u.s.w. finden kann, auch
                              seine Dampfkraft, wenn es ein Dampfschiff ist. Da man in dem Codex eine große Menge
                              von einzelnen Worten, Satztheilen, Ortsnamen, Zahlen, Buchstaben und Sylben findet,
                              so kann man sich jede beliebige Mittheilung machen und auch Eigennamen buchstabiren,
                              ganz gleichgültig ob die mit einander sprechenden Schiffer dieselbe Sprache reden
                              oder nicht, da die Signale immer dieselbe Bedeutung
                              haben. Zur Erläuterung diene folgendes Beispiel. Ein Schiff begegne im stillen Ocean
                              einem anderen, welches nach Valparaiso segelt, ohne zu wissen, daß seit seinem
                              Absegeln Krieg zwischen Spanien und Chili ausgebrochen ist. Der Capitän des ersten
                              Schiffes kann nun dem zweiten signalisiren: JN
                              – Krieg zwischen – BGVT –
                              Spanien – BNSQ Chili. CLQP – Ihr werdet von den Blokadschiffen
                              angehalten werden. – MBQ – Ihr
                              thätet besser zu segeln nach. BNRM –
                              Callao. NRQ – Gute Fracht zu haben. Sieben
                              Signale geben auf diese Weise sehr wichtige Belehrung und verhindern Zeitverlust und
                              Unannehmlichkeiten durch die Blokade. Ob der erste ein Franzose und der zweite ein
                              Engländer ist, oder umgekehrt, ist ganz gleichgültig, und keiner braucht die Sprache
                              des Anderen zu verstehen. Dr. G. Lunge. (Breslauer Gewerbeblatt, 1867, Nr. 23.)
                           
                        
                           Neue Art, die Blendgläser bei Fernröhren zu ersetzen, von Foucault.
                           In der Sitzung der französischen Akademie der Wissenschaften vom 8. Sept. 1866
                              theilte Foucault ein Verfahren mit, welches den Gebrauch
                              der gefärbten Gläser bei Beobachtung der Sonne vollkommen ersetzen kann, und wegen
                              der Vortheile, welche es darzubieten scheint, eine nicht unbedeutende Tragweite
                              haben kann. Bei Gelegenheit der Anfertigung von versilberten Spiegeln für sein
                              TeleskopPolytechn. Journal, 1857, Bd. CXLVI S. 152. fand nämlich Foucault, daß die mit einer
                              Silberschichte überzogenen Gläser nicht bloß den reinsten Metallglanz, sondern auch
                              eine Klarheit und Durchsichtigkeit annehmen, die nur mit den besten gefärbten Gläsern
                              erlangt werden kann. Bei Anwendung dieses Principes läßt nun Foucault den Ocularapparat ganz unverändert, hingegen wird das Objectiv
                              auf der äußeren Seite mit einer äußerst feinen Silberschichte gleichmäßig versehen.
                              Bei Anwendung eines derartigen Objectives gelangen fast nur die blauen Strahlen in
                              das Fernrohr, während alle übrigen nach außen reflectirt werden, und man erhält so
                              ein vollkommen reines Bild, das man ungestraft mit bloßem Auge mittelst des
                              gewöhnlichen Ocularapparates ansehen un benutzen kann; die Contouren der
                              beobachteten Theile der Sonne werden dabei so scharf, daß das Bild in seiner Mitte
                              mit derselben Reinheit, wie am Rande gegen den dunklen Himmel hervorsticht. –
                              Die Versuche, welche nach diesem Vorschlage unter der Leitung von Le Verrier mit einem großen Fernrohre, dessen Objectiv
                              eine Oeffnung von 9 Zoll hat, ausgeführt worden sind, haben die in Aussicht
                              gestellten Erwartungen vollkommen bestätigt, da auf keine andere Weise bis jetzt die
                              Sonnenflecken, Sonnenfackeln etc. mit so großer Genauigkeit beobachtet und studirt
                              werden konnten, als durch das von Foucault vorgeschlagene
                              Mittel. (Im Auszuge aus Les Mondes, t. XII p. 217; October 1866.)
                           Obgleich ein derartiges Objectiv nur für Beobachtungen der in Rede stehenden Art
                              verwendbar ist, so dürfte dennoch dieses Mittel in vielen Fällen, namentlich für den
                              Spiegelsextanten bedeutende Vortheile den im Gebrauche stehenden Anordnungen
                              gegenüber darbieten. Daß eine derartige Anordnung eine nahezu ganz vollkommene
                              Ausstattung des Objectives gestattet, durch welche dieses für die wirksamen Strahlen
                              vollkommen achromatisch und aplanatisch geschliffen werden kann, darf wohl hier
                              nicht unbemerkt bleiben.
                           
                              C. K.
                              
                           
                        
                           Ueber den Silberverbrauch im Positivproceß der
                              Photographen.
                           Ueber den Silberverbrauch beim Silbern der Papiere hat sicher schon jeder im Großen
                              arbeitende rationelle Photograph Versuche angestellt, jedoch sind nur wenige dieser
                              so gewonnenen Resultate veröffentlicht worden.
                           Die ersten Angaben der Art machte Spiller in England,
                              derselbe gab den Silberverbrauch auf 50 Gran pro Bogen
                              Albuminpapier an. Hardwich dagegen fand als das Resultat
                              der Silberung von 50 Bogen, daß jeder derselben circa 30
                              Gran Silber absorbirt. Wieder andere Angaben machten Davanne und Girard, die die von jedem Bogen
                              verbrauchte Silberquantität auf 2,4 Gramme, das sind ungefähr 40 Gran, bestimmen.
                              Sicher ist es nun, daß der Salzgehalt des Papieres hier von Einfluß ist und daß
                              dieser zum Theil diese sehr verschiedenen Resultate hier veranlaßt hat, dann mag
                              aber auch die Dauer des Schwimmenlassens, die Badstärke, das mehr oder weniger
                              rasche Abheben der Bogen hier von Einfluß seyn. Da nun die Angaben verschiedener
                              Forscher so außerordentlich differiren, so nahm Unterzeichneter die Gelegenheit
                              wahr, um bei der Silberung einer größeren Quantität Albuminbogen der Fabrik Beyrich die von einem Bogen im Durchschnitt absorbirte
                              Silbermasse zu bestimmen. Es wurden 500 Kubikcentimeter Bad 1 : 8, d.h. also mit
                              62,5 Grammen Silbersalz angesetzt, darauf 20 bis 25 Bogen gesilbert, alsdann der
                              Rest des Bades gemessen und sein Procentgehalt an Silbersalz mit dem Vogel'schen Silberprober bestimmt. Alsdann wurde der Rest
                              des Bades abermals auf 500 Kubikcentimeter gebracht und genau dieselbe
                              Silberquantität zugesetzt, die bei der ersten Arbeit verbraucht worden war.
                           So wurde das Bad fünfmal hintereinander geprüft, verstärkt und von Neuem in Arbeit
                              genommen.
                           Die Resultate waren:
                           
                              
                                 1)
                                 16
                                 Bogen
                                 verbrauchten
                                 42,83
                                 Gramme
                                 Silbersalz,
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 „
                                 „
                                   2,615
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           (Das Volumen des Bades betrug am Schluß 275 Kubikcentimeter à 7,15 Proc.)
                           
                              
                                 2)
                                 20
                                 Bogen
                                 verbrauchten
                                 49,2
                                 Gramme
                                 Silbersalz,
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 „
                                 „
                                   2,46
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           (Das Volumen des Bades betrug 243 Kubikcentimeter à 5,5 Proc.)
                           
                              
                                 3)
                                 18 1/2
                                 Bogen
                                 verbrauchten
                                 44
                                 Gramme
                                 Silbersalz,
                                 
                              
                                 
                                   1
                                 „
                                 „
                                   2,38
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           (Das Volumen des Bades betrug 294 Kubikcentimeter à 6,3 Proc.
                           
                           
                              
                                 4)
                                 20
                                 Bogen
                                 verbrauchten
                                 40,1
                                 Gramme
                                 Silbersalz,
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 „
                                 „
                                   2,005
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           (Das Volumen des Bades betrug 280 Kubikcentimeter à 8 Proc.
                           
                              
                                 5)
                                 20
                                 Bogen
                                 verbrauchten
                                 43,5
                                 Gramme
                                 Silbersalz,
                                 
                              
                                 
                                 1
                                 „
                                 „
                                   2,175
                                 „
                                 „
                                 
                              
                           (Das Volumen des Bades betrug 268 Kubikcentimeter à, 7,1 Proc.
                           Es ergibt sich hieraus das gewiß nicht uninteressante Resultat, daß die Bogen beim
                              Schwimmenlassen auf einem alten und verstärkten Bade weniger Silber absorbiren als
                              auf einem frischen, und daß, je öfter das Verstärken wiederholt wird, desto mehr der
                              Verbrauch an Silber sinkt. Die Ursache dieser seltsamen Erscheinung mag darin
                              liegen, daß bei der Wechselzersetzung des Chlorammoniums im Papiere mit dem
                              salpetersauren Silber sich salpetersaures Ammonium im Bade ansammelt, dessen
                              Quantität mit jedem Bogen steigt und welches, wie es scheint, die Silberabsorption
                              in eigenthümlicher Weise beeinflußt. Bekanntlich ist schon früher constatirt worden,
                              daß bei einem Gehalt des Bades an salpetersaurem Natron die Anwendung eines viel
                              geringeren Procentgehalts an Silber zulässig ist, als man sonst für nöthig erachtet.
                              F. Meicke. (Berliner photographische Mittheilungen,
                              Februar 1867, S. 285.)
                           
                        
                           Verbesserung im Glühen der Messingbleche und Drähte.
                           Das Glühen der Messingbleche und Drähte für Messing- und Packfongbleche und
                              Drähte mit einem auf Rädern und Schienen ruhenden Herdboden, der nach jeder Charge
                              mit dem darauf ausgeglühten Fabricat aus dem Ofen gezogen und durch einen zweiten
                              mit auszuglühenden Gegenständen beladenen Wagen ersetzt wird, hat den Uebelstand,
                              daß durch den für die Bewegung des Wagens und die Ausdehnung des Bodens nöthigen
                              bedeutenden Zwischenraum sehr viel kalte Luft zwischen Herdboden und Ofen in den
                              Glühraum strömt und den Ofen abkühlt, wodurch die Glühzeit verlängert und der
                              Brennmaterialverbrauch vergrößert wird. Diesen Uebelstand hat Ed. Schwarz in Wöllersdorf bei Wien bei einem Ofen, den er
                              kürzlich in der Messingfabrik von M. Hainisch in
                              Nadelburg bei Wiener-Neustadt ausführte, durch eine Art Dichtung mittelst
                              Sand einfach und zweckmäßig beseitigt. Auf beiden weiten des Ofens laufen auf dessen
                              ganze Länge unter dem Herdboden gußeiserne Herdplatten, deren Winkel nach unten
                              gekehrt sind. Entsprechend dazu sind mit gehörigem Spielraum an beiden Seiten des
                              Wagens nach oben gekehrte Winkelschienen so angebracht, daß an dem Wagenrade eine
                              Art Rinne gebildet wird, welche mit feinem Sand ausgefüllt wird. Wird der Wagen in
                              den Ofen geschoben, so senken sich die Winkelschienen des Ofens in den Sand und
                              bilden einen ganz guten Luftverschluß bei jeder Ausdehnung oder Zusammenziehung. In
                              Folge dieser einfachen Verbesserung braucht der erwähnte Ofen um ein Drittel weniger
                              Brennmaterial als andere. (Zeitschrift des österreichischen Ingenieurvereines.)
                           
                        
                           Unterscheidung von Antimon- und Arsenwasserstoff; von
                              Professor Dr. Dragendorff.
                           Der Genannte machte die Erfahrung, daß Antimonwasserstoff durch festes Kalihydrat
                              unter Abscheidung seines ganzen Antimongehaltes zersetzt wird, so zwar, daß
                              Antimonwasserstoff enthaltendes Wasserstoffgas durch eine Kalihydrat enthaltende
                              Röhre geleitet ganz antimonfrei wurde, wenn die Kalischicht keine zu geringe
                              Ausdehnung hatte und die Aetzkalistücke nicht allzu groß waren. Das Kalihydrat
                              überzieht sich hierbei mit einer metallglänzenden Schicht. Arsenwasserstoff dagegen
                              wird durch Kalihydrat nicht zerlegt. Leitet man daher Wasserstoffgas, welches etwas
                              Arsen- und etwas Antimonwasserstoff beigemischt enthält, durch eine 3 bis 4
                              Zoll lange Kalihydrat-Schicht, so tritt mit dem Wasserstoff nur der
                              Arsenwasserstoff aus, während alles Antimon vom Kalihydrat zurückgehalten wird.
                              – Kalilauge von 1,25 spec. Gewicht ist auf Antimonwasserstoff zwar nicht ganz
                              ohne zersetzenden Einfluß, doch ist die Zersetzung keine vollständige.
                           
                           Setzt man die Kalihydratstücke, welche zur Zerlegung des Antimonwasserstoffes gedient
                              haben, der Einwirkung der atmosphärischen Luft von gewöhnlichem Feuchtigkeitsgehalte
                              aus, so verschwindet der metallglänzende Ueberzug bald und die Stücke zeigen wieder
                              ihre ursprüngliche Weiße. Bringt man die mit dem metallischen Ueberzug versehenen
                              Stücke in Wasser, so scheiden sich, indem das Kalihydrat in Lösung übergeht,
                              metallglänzende Flocken ab. Versucht man letztere auf einem Filter zu sammeln, so
                              verschwinden sie meist, noch ehe die Flüssigkeit durchgelaufen, vollständig. Im
                              farblosen Filtrate findet sich Antimon gelöst. Der Verfasser betrachtet den
                              metallglänzenden Ueberzug vorläufig als Antimonkalium und erklärt die Lösung
                              desselben unter der Einwirkung von Luft und Feuchtigkeit durch die Oxydation zu
                              antimonsaurem Kali. (Aus des Verfassers: „Materialien zur
                                 gerichtlich-chemischen Analyse,“ durch die Zeitschrift für
                              analytische Chemie, Jahrg. V, S. 200.)
                           
                        
                           Ueber die Reduction aromatischer Verbindungen mittelst
                              Zinkstaub; von Prof. Baeyer.
                           Der Sauerstoff ist den aromatischen Verbindungen in der Regel schwieriger zu
                              entziehen wie den fetten, weil er in jenen oft mit viel größerer Hartnäckigkeit
                              festgehalten wird. So wirken z.B. die bekannten Reductionsmittel nicht auf die
                              Phenylsäure, und es bedarf des Umweges durch das Brombenzol um Benzol daraus
                              darzustellen. Diese Substanz wird indessen direct und mit Leichtigkeit reducirt,
                              wenn man die Dämpfe derselben über erhitzten Zinkstaub leitet. Man erhält eine
                              reichliche Ausbeute an Benzol, welches von einem Nebenproducte, vielleicht dem
                              Phenyläther Limprichts, einen angenehmen Geruch nach
                              Geranium besitzt. Zu gleicher Zeit bilden sich noch andere flüssige und feste
                              Nebenproducte von höherem Siedepunkte, aber nur in geringer Menge. Das Wasser der
                              Säuregruppe wird ebenfalls durch Zinkstaub reducirt: Benzoësäure und
                              Phthalsäure liefern auf die beschriebene Weise behandelt Bittermandelöl.
                           Bei einer Untersuchung über den Indigo, welche der Verfasser in Gemeinschaft mit Hrn.
                              Knop unternommen hat, war die Reduction des Isatins
                              bis zum Oxindol geführt worden, konnte aber auf den bekannten Wegen nicht weiter
                              fortgesetzt werden. Durch Erhitzen mit Zinkstaub gelang es nun leicht diesem Körper,
                              der der Phenylsäure entspricht, auch den letzten Sauerstoff zu entziehen und so das
                              Indol darzustellen, welches die Muttersubstanz der
                              Indigogruppe ist. Wie nämlich die Kohlenwasserstoffe den Ausgangspunkt bilden für
                              die entsprechenden Alkohole, Aldehyde und Säuren, so ist das Indol der Ausgangspunkt
                              für die ganze Indigogruppe.
                           In seinen Eigenschaften steht das Indol dem Naphtylamin nahe; es riecht genau ebenso,
                              destillirt bei hoher Temperatur unzersetzt und verdichtet sich zu einem
                              krystallinisch erstarrenden Oele. Sehr charakteristisch ist die kirschrothe Färbung,
                              welche es einem mit Salzsäure befeuchteten Fichtenspane ertheilt. (Monatsberichte
                              der königl. preußischen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Juliheft 1866, S.
                              527.)
                           
                        
                           Greiner's hallymetrische Senkwaage.
                           Die hallymetrische Bierprobe hat sich in Bayern noch immer einen guten Credit zu
                              erhalten vermocht und gibt noch häufig Veranlassung ihres um die Technik in
                              vielfacher Beziehung verdienstvollen Autors Fuchs in
                              dankbarer Anerkenung zu gedenken. Wir dürfen wohl voraussetzen, daß das Wesen
                              derselben fast allen unseren Lesern und der Mehrzahl derselben auch die Details
                              dieser Untersuchungsmethode durch die praktische Ausführung bekannt sind.
                           Der schöne Gedanke Fuchs's, die von der Temperatur
                              unabhängige Löslichkeit des Chlornatriums im Wasser zur Bestimmung der Menge
                              desselben in Flüssigkeiten, und somit derjenigen der darin gelösten Substanzen aus
                              der Differenz zu benutzen, der sich auch wirklich für manche indifferente Körper
                              bewährt hat, bedurfte indeß in seiner speciellen Anwendung auf die Untersuchung des
                              Bieres noch einer gewissen Läuterung, indem bei diesem die Lösungsfähigkeit des darin
                              enthaltenen Wassers für das Kochsalz durch die wasseranziehende Eigenschaft des
                              Alkoholgehaltes eine Beeinträchtigung erleidet, und man also zunächst aus der
                              gelösten Kochsalzmenge nur auf das für die Lösung des Salzes disponibel bleibende
                              – freie – Wasser schließen konnte, das im Biere demnach als
                              gegenüberstehend einem Weingeiste – wässerigen Alkohol – resultirend
                              aus der Vereinigung des Wasserrestes mit dem Alkoholgehalte, aufzufassen ist.
                           Durch Schafhäutl's verdienstvolle Arbeit, der eine Tabelle
                              entwarf, nach welcher man diesen in der hallymetrischen Angabe dem Wasser
                              gegenüberstehenden Weingeist, von wechselnder Zusammensetzung, nun weiters in
                              wasserfreiem Alkohol und reinem Wasser auszudrücken im Stande ist, trat daher die
                              hallymetrische Bierprobe zugleich in ein zweites Entwickelungsstadium ein.
                           Die so vervollkommte Methode litt jedoch noch namentlich an einem, freilich rein
                              materiellen Uebelstande, der sich ihrer allgemeinen Einführung in die Praxis
                              gegenüberstellte; es war dieses das Erforderniß einer feineren Waage und Gewichte
                              für ihre Ausführung, deren Anschaffung eine immerhin unwillkommene Geldausgabe
                              beansprucht.
                           Der vor einigen Jahren leider verstorbene Mechaniker A. Greiner in München hat diesem Mangel nun dadurch entgegen zu treten
                              versucht, daß er die Anwendung der Waage in ähnlicher Weise umgieng, wie es bei der
                              specifischen Gewichtsbestimmung mit dem Aräometer, gegenüber der mit dem Pyknometer
                              (Tausendgranfläschchen) geschieht, indem er nämlich ein eigenthümliches Aräometer
                              construirte, das die directe Abwägung des zu untersuchenden Bieres und des dafür
                              erforderlichen Kochsalzes gestattet, wie man derartige für allgemeinere Zwecke
                              bestimmte hydrostatische Waagen bereits mehrfach verwendete.
                           Leider wurde Greiner inzwischen durch den Tod abgerufen,
                              und ist demselben die eigentliche Einführung seines Instrumentes, das die
                              hallymetrische Bierprobe abermals in ein neues Stadium hinüberzuführen versprach,
                              nicht gegönnt gewesen.
                           Eine detaillirte Beschreibung des Instrumentes und der Art damit zu arbeiten, wurde
                              bereits von Knobloch (in der Zeitschrift des
                              landwirthschaftlichen Vereines in Bayern, Bd. XCVII des Centralblattes) mitgetheilt;
                              das Instrument selbst war jedoch nicht eigentlich im Handel zu haben, und bei
                              Separatbestellung mußte der Preis desselben immer noch ziemlich hoch ausfallen.
                           Mancher Anhänger der hallymetrischen Probe wird daher mit Vergnügen erfahren, daß der
                              Bruder und Nachfolger des Hrn A. Grein er im Geschäfte
                              (J. Greiner, München, Eisenmannsgasse Nr. 2) sich weiter
                              diese Vervollkommnung und zwar mit dem besten Erfolge angelegen seyn ließ, und es
                              dessen Bestrebungen nun auch gelungen ist, das Instrument, von musterhafter
                              Zuverlässigkeit, um einen verhältnißmäßig sehr geringen Preis (11 fl.) herzustellen,
                              womit nun auch der vom praktischen Gesichtspunkte aus immer Gewicht habende Vorwurf
                              der Kostspieligkeit dieses Apparates glücklich beseitigt ist, und wir daher den
                              Anhängern der Fuchs'schen Bierprobe denselben bestens
                              empfehlen können. (Aus dem von Dr. Lintner redigirten „bayerischen Bierbrauer,“ 1867,
                              Nr. 1.)
                           
                        
                           Verfahren, um Kautschukgegenstände von ihrem unangenehmen
                              Geruche zu befreien.
                           Um Kautschukgegenstände von ihrem unangenehmen Geruche zu befreien, den sie auch auf
                              andere Gegenstände, Flüssigkeiten etc. übertragen, so daß sie sich für verschiedene
                              Zwecke nicht verwenden lassen, für die sie sonst sehr geeignet wären, verwendet der
                              Engländer S. Bourne mit gutem Erfolg Thierkohle auf die
                              Art, daß er die Gegenstände auf Breter oder dgl. aufstellt, darunter und darüber
                              eine dünne Kohlenschicht ausbreitet und die Temperatur 3–6 Stunden lang auf
                              50–80° C. erhält. Der Kautschuk hat dann seinen Geruch verloren, ohne
                              sonst irgend eine Veränderung erlitten zu haben, und es können auch die feinsten
                              Gegenstände bei gehöriger Vorsicht auf diese Weise behandelt werden. Die passendste
                              Weise der Erwärmung besteht darin, daß heißes Wasser oder Dampf um das Gefäß oder
                              die Kammer geleitet wird, in der sich die Gegenstände befinden. Das Verfahren läßt
                              sich leicht mit dem Erwärmen verbinden, welchem Kautschukgegenstände beim
                              Vulcanisiren unterliegen müssen. Auf diese Weise stellt Bourne seine „elastischen Scheidewände“ (flexible diaphragmas) dar, die in Wein-,
                              Bier- etc. Fässer eingelegt werden, um den schädlichen Einfluß der Luft auf
                              die Flüssigkeiten abzuhalten, dabei aber den Luftdruck vollständig zur Geltung
                              kommen lassen. Es können so beliebig oft Theile der Flüssigkeit aus dem Fasse
                              abgelassen werden, ohne daß die Luft zu dem übrigen Theile zutreten kann, und es
                              sind auf diese Weise Wein- und Bierfässer 5–12 Monate in fortwährendem
                              Gebrauch gewesen, ohne daß die rückständige Flüssigkeit im Geringsten verdorben
                              wäre. Auf der Dubliner Ausstellung erhielten diese
                              „Diaphragmas“ eine Preismedaille.
                           
                        
                           Die Entkalkung der Knochenkohle in Westindien; von R. Frühling.
                           Der mündlichen Mittheilung eines Dirigenten von Zuckerfabriken auf den westindischen
                              Inseln, welcher sich zum Zwecke der Information über verschiedene Zweige der
                              Fabrication vor einiger Zeit in Deutschland aufhielt, verdanken wir die folgende
                              interessante Nachricht über ein in Westindien häufig angewendetes Verfahren zur
                              Entkalkung der Knochenkohle, welches namentlich in Etablissements zur Anwendung
                              gelangt, die zugleich die Gewinnung von Rum und Spiritus mit der des Zuckers
                              verbinden.
                           Nachdem man die von den Zuckersiedereien abgegebene Melasse, welcher noch
                              verschiedene zuckerhaltige Fabricationsrückstände zugesetzt werden können, durch
                              Hefe behufs Umwandlung des Zuckers zu Alkohol in Gährung versetzt und die vergohrene
                              Flüssigkeit abdestillirt hat, zieht man die resultirende Schlempe in größere
                              Behältnisse ab und läßt hier die in derselben suspendirten Verunreinigungen sich
                              möglichst absetzen. Sobald die Flüssigkeit sich hinlänglich geklärt hat, wird sie
                              noch heiß auf flache Bassins gepumpt, in welchen sich die gebrauchte, zu entkalkende
                              Knochenkohle befindet, welche zuvor gehörig gewaschen und ausgedämpft ist, um die
                              aufgenommenen Schleim- und Farbsubstanzen möglichst zu entfernen und den Kalk
                              bloß zu legen.
                           Unter fleißigem Umrühren und kräftigem Durcharbeiten bleibt die Kohle 24 Stunden mit
                              der warmen Schlempe in Berührung; die Flüssigkeit wird alsdann abgezapft und die
                              zurückbleibende Kohle sorgfältig mit heißem Wasser wiederholt nachgewaschen. Es
                              entsteht nämlich unter diesem heißen Klima schon bei der Gährung der zuckerhaltigen
                              Maische eine bedeutende Menge Essigsäure aus dem Alkohol, welche die Schlempe stark
                              tauer macht und bei der beschriebenen Manipulation den von der Knochenkohle bei der
                              Filtration der Zuckersäfte aufgenommenen Kalk mit der größten Leichtigkeit und von
                              der Wärme begünstigt, als essigsauren Kalk in Lösung bringt, welcher leicht
                              ausgewaschen wird.
                           Bei der verhältnißmäßig großen Verdünnung der Essigsäure ist wohl anzunehmen, daß der
                              phosphorsaure Kalk der Knochenkohle nicht in
                              nennenswerther Weise angegriffen werde. Es wird auf diese Art ein sonst
                              unbrauchbares, aber bei der so hohen Temperatur unvermeidliches Zersetzungsproduct
                              verwerthet, wodurch die geringere Ausdeute an Alkohol einigermaßen gedeckt wird, und
                              es stellt sich diese Anwendung um so vortheilhafter, da es fast unmöglich ist, sich
                              die anderwärts zu diesem Zwecke dienende Salzsäure zu verschaffen. (Zeitschrift des
                              Vereines für die Rübenzucker-Industrie im Zollverein, 1866 S. 562.)
                           
                        
                           Ueber das Vorkommen von Insecten im Rohzucker.
                           Rob. Niccol hat zu London, wo mehr als an anderen Orten
                              der gemeine Mann viel Rohzucker (Farin) verbraucht, ein Werk über den Zucker
                              herausgegeben, und darin auch die von Prof. Cameron in
                              Dublin damit angestellten mikroskopischen Untersuchungen aufgenommen. Cameron erhielt von der Polizeibehörde Dublins den
                              Auftrag, die gebräuchlichsten Nahrungsmittel der Einwohner in sanitätlicher
                              Beziehung zu prüfen, nahm daher auch den daselbst in den Specereiläden feil
                              gebotenen Rohzucker vor und entdeckte darin Millionen von Insecten zweierlei Art,
                              von denen die eine zu den Scarabäen, die andere zu den Acaroiden oder Milben
                              gehört.
                           
                           Die Scarabäen scheinen in ihrer Eigenschaft als Fleischfresser sich lediglich der
                              Jagd auf die Acaroiden hinzugeben und daher nur auf Kosten der letzteren zu leben.
                              Untersucht man aufmerksam eine Handvoll Rohzucker, so bemerkt man hier und da
                              röthlichen Staubkörnern ähnliche Punkte, welche sich bewegen. Vermittelst einer
                              Loupe oder besser eines Mikroskops beobachtet man an ihnen scharfe Kiefer, einen
                              schuppigen Kopf mit zwei fortwährend sich bewegenden, federbuschähnlichen
                              Fühlhörnern, bronzefarbige Körperdecke und Füße mit spitzen Krallen. Durch weiteres
                              Suchen gelingt es auch, im Inneren einiger Rohzuckerklumpen, in eine rauhe Hülse
                              eingeschlossen, die Larven und Puppen dieser Thiere aufzufinden.
                           Was die Acaroiden betrifft, so wimmeln sie buchstäblich in dem Zucker, und man ist
                              erstaunt über ihre unzählige Menge in einer Prise desselben, welche man unter
                              starker Vergrößerung sieht. Man kann sich kaum etwas Häßlicheres vorstellen als
                              diese Thiere; beim ersten Anblick gleichen sie der Krätzmilbe, sind aber länger,
                              rauhhaariger und haben größere Krallen. Ihre achtnervigen, festen, von harten
                              glänzenden Schienen umgebenen Beine verlaufen in wahre gekrümmte und scharfe Dolche.
                              Ihr Kopf besteht aus einem Apparate von gegeneinander gerichteten Zangen, und diese
                              scheinen Röhren zu seyn, gleichzeitig dazu bestimmt, die Nahrung einzusaugen. Sie
                              bewegen sich nicht und scheinen halberstarrt zu seyn; kaum daß sie ihre Beine und
                              ihre Saugrüssel ein wenig rühren.
                           Ihrer scheinbaren Schwerfälligkeit darf man jedoch nicht immer trauen. Hat man sie
                              nämlich auf einer Glasplatte unter das Mikroskop gebracht, so begeben sie sich so
                              rasch auf die Flucht, daß man zu ihrer Beobachtung ihnen kaum rasch genug folgen
                              kann; auch besitzen sie ein so zähes Leben, daß sie zwischen Glasplatten
                              eingeschlossen erst nach 1 bis 2 Stunden sterben. Die Vermehrung dieser Acarus
                              geschieht ohne Zweifel ebenso wie die der übrigen Arten dieser Gattung, nämlich ohne
                              daß das Weibchen von einem anderen Individuum befruchtet zu werden braucht, daß
                              vielmehr seine Mutter ihm diese Fähigkeit schon mit der Geburt ertheilt.
                           Es ist kaum anzunehmen, daß die Einführung dieser Unzahl lebender und lebenszäher
                              Insecten in dem menschlichen Organismus keine üblen Folgen für die Gesundheit der
                              Consumenten nach sich ziehen sollte. Zudem sind die Acarus begierig nach
                              Menschenfleisch, verlassen den Zucker und gehen auf die Haut der Kaufleute, welche
                              damit handeln, und der Personen, welche ihn anwenden, über. Die Handlungsdiener,
                              welche oft genöthigt sind, die Hände mit dem Rohzucker in Berührung zu bringen,
                              bekommen eine Art Krätze, die ihre Hände und Handgelenke befällt, die übrigen
                              Körpertheile aber verschont. Sie ist unbezweifelt Folge des Vorkommens jenes Thieres
                              im Zucker, und unter den mit Rohzucker Handelnden so bekannt, daß sie sogar einen
                              eigenen Namen (Zuckerkrätze) bekommen hat.
                           Der Acarus fehlt niemals im Rohzucker, und Dr. Hassall, der im Jahre 1863 mit der Prüfung von 72 Proben
                              Rohzucker beauftragt war, fand in einem halben Kilogramm 100,000 dieser Thiere. Cameron zählte in einer Probe von 1/2 Grm. Gewicht 500
                              Thiere, in 1/2 Kilogrm. einer zweiten Probe 42,000 und in 1/2 Kilogrm. einer dritten
                              268,000. Der weiße raffinirte Zucker enthält übrigens niemals
                                 lebende Acarus, und kaum trifft man hie und da einige Reste von ihrer
                              Häutung darin an; es fehlt ihnen hier an der stickstoffhaltigen Nahrung, ohne welche
                              sie nicht bestehen können. (Aus dem Journal de Chimie
                                    médicale, durch Wittstein's
                                    Vierteljahresschrift für praktische Pharmacie, Bd. XV S. 591.)