Titel: | J. H. E.Becker's elastische Verpackung von Glasflaschen. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. X., S. 45 |
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X.
J. H. E.Becker's elastische Verpackung von Glasflaschen.
Aus Les Mondes, September 1866, S. 143 und Februar
1867, S. 229.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Becker's elastische Verpackung von Flaschen.
Unsere Leser – sagt Abbé Moigno –
werden mit Erstaunen vernehmen, daß es einem unternehmenden Kaufmann in Bordeaux,
Hrn. J. H. E. Becker, gelungen ist, eines der
schwierigsten Probleme auf die einfachste Art zu lösen. Man versendet in Frankreich
in jedem Jahre mehr als 100 Millionen Kisten mit feinen Weinen, Branntwein oder
Liqueur; die bisher angewendete Verpackungsart der Flaschen, mit Cannevaß, Heu oder
Stroh ist mit sehr großen Umständen verbunden und erfordert einen bedeutenden
Zeit- und Geldaufwand. Für ein Haus, welches wie z.B. das von Hennessey, allein gegen ein Million Flaschen expedirt,
kann der hieraus erwachsende Zeit- und Geldverlust auf 100,000 Francs
veranschlagt werden. Hr. Becker, der weder Chemiker, noch
Physiker oder Mechaniker, aber ein sehr intelligenter Mann ist, sagte sich in seiner
deutschen Schlichtheit eines Tages, daß ja der Kautschuk unzusammendrückbar (soll
wohl heißen, beim Zusammendrücken nicht zerbrechlich) und unfähig sey, empfangene
Stöße fortzupflanzen; wenn man daher zwischen den aufeinander folgenden Flaschen der
Kiste einen oder zwei Ringe von Kautschuk in passender Weise einschaltet, so werden
dieselben gegen unmittelbare Berührung, also auch gegen Stoß und Zerbrechen
geschützt. Die hierauf angestellten Versuche führten zu den erfolgreichsten
Erwartungen, und nunmehr ist die Verpackungsart der Glasflaschen durch glückliche
Umwälzungen in eine neue Epoche eingetreten. Alle Handelshäuser von Gironde,
Charante, aus der Champagne beeilen sich, das neue Verfahren anzukaufen, und man
sieht hier eine Quelle von fabelhaftem Ertrage für den Erfinder sich eröffnen. Das
Heu, das Stroh, das Maculaturpapier, der Cannevaß werden ihrer Bestimmung
zurückgegeben; die Hülsen von Kautschuk werden von nun an die Dienste jener
Materialien beim Verpacken übernehmen.
Die neue Verpackungsart von Becker wird nach folgenden
Regeln ausgeführt. Um das explosionsartige Austreten des Stöpsels A zu befördern, und letzteres zu erleichtern, wird
derselbe auf 3/4 Centimeter seiner Länge so zugeschnitten, daß er in die Oeffnung
der Glasflasche paßt (Fig. 8). Hierauf wird
genau über die Achse des Stöpsels A die metallene Kapsel
B (Fig. 9) gesetzt, in welche
ein Ring von vulcanisirtem Kautschuk eingeschoben ist. Mittelst des Druckapparates Logesse d'Ay wird nun die Kapsel so stark als es die Festigkeit der
Flasche gestattet, in der Art angedrückt, daß sie den Hals der Flasche umfaßt. Der
Stöpsel füllt dann die Höhlung der Kapsel aus, durch den starken Druck bildet sich
oberhalb der Flasche eine Art Kappe, und der Kautschuk C,
C klemmt sich zwischen den Rändern der Kapsel und dem Glase so ein, daß er
einen wulstartigen und ausreichenden hermetischen Verschluß bildet. Ist dann die
Kapsel stark genug angedrückt, so werden die halbcylindrischen Hülsen D und E (Fig. 10) über die Ränder
F und F' der Kapsel B gedrückt, so daß sie mit ihrem unteren Ende den Hals
der Flasche bei g und g'
umfassen (Fig.
11). Das genaue Anschließen dieser Hülsen tritt ein, sobald der
Druckapparat nicht mehr functionirt, da dasselbe durch die Spannung, welche der
Stöpsel und der Kautschukring von Innen nach Außen ausüben, begünstigt wird.
Ueberdieß wird, damit ein Abspringen dieser Hülsen sicher nicht eintreten kann, über
dieselben ein conischer Ring H (Fig. 12) gelegt; die
ganze Verpackungsart nimmt dann die elegante Gestalt an, wie sie in Fig. 13 dargestellt
ist.
Eine andere einfachere Anordnung der Kapsel, die an ihrem unteren Ende bloß durch
einen Ring von Eisendraht fest an dem Halse der Flasche angeschlossen wird, und
wobei diese mit einer Art Zaum versehen ist, ist in Fig. 14 und 15 dargestellt
und bedarf keiner näheren Erläuterung.
Nach einem Berichte von Tresca hat sich die
Verpfropfungsart von Becker in der Art bewährt, daß aus
einer eisernen Röhre, welche mit dieser Verpfropfung versehen wurde, die Flüssigkeit
erst durchzusickern begann, als der Druck gegen letztere 31 Atmosphären betrug,
während dieselbe eiserne Röhre mit einer Verpfropfung nach dem Jacquesson'schen Verfahren versehen, wobei ein Korkpfropf der besten
Qualität mit hinreichend breitem Kopfe durch einen doppelten Verband von Spagat und
einen doppelten Verschluß mittelst verzinnten Eisendrahtes angedrückt wurde, bei
einem Drucke von 6,9 Atmosphären, ohne die Elasticität des Pfropfes zu ändern, die
Flüssigkeit durchsickern ließ. Nach Tresca geht daher aus
seinen Versuchen hervor, daß die Verpfropfungsart von Becker dem inneren Drucke in dem Verhältnisse von 30 : 6 größeren
Widerstand leistet als die gewöhnliche Verpfropfungsart.
(Es ist wohl selbstverständlich, daß die Hauptvortheile der neuen Verpfropfung und
Verpackungsart der Glasflaschen, außer der großen
Sicherheit, die sie darzubieten scheint, lediglich in der Ersparniß von Raum und Zeit gesucht werden
müssen; von einer Verringerung der Verpackungskosten wird dabei wohl kaum die Rede
seyn können. Ob die dazu
verwendeten Materialien zu wiederholten Malen benutzt werden können, muß ebenfalls
bezweifelt werden, da bekanntlich der sogenannte vulcanisirte Kautschuk schon nach
kurzer Zeit, mag man aus demselben beliebige Formen bilden, seine moleculare
Beschaffenheit ändert und so die angestrebten Eigenschaften bald wieder
verliert.)