| Titel: | Das patentirte Chassepot-Gewehr. | 
| Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XIII., S. 50 | 
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                        XIII.
                        Das patentirte Chassepot-Gewehr.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									II.
                        Das patentirte Chassepot-Gewehr.
                        
                     
                        
                           Im Anschlusse an die im polytechn. Journal Bd.
                                 										CLXXXIII S. 131 enthaltene Mittheilung über das Chassepot-Gewehr können wir nun eine Beschreibung dieser Waffe nach
                              									beigegebenen Zeichnungen folgen lassen, indem das neuerdings auf dieselbe in England
                              									genommene Patent im Mechanics' Magazine vom 8. März d.
                                 									J. 18 veröffentlicht worden ist.
                           Fig. 1 stellt
                              									die rechte Seitenansicht dieses Gewehres dar, Fig. 2 den
                              									Längendurchschnitt desselben im geschlossenen Zustande, und Fig. 3 die obere Ansicht.
                              									In den Figuren
                                 										4 und 5 sind einzelne Verschlußtheile dieses Gewehres, und in den Figuren 6 und
                              										7 eine
                              									Seitenansicht und ein Längendurchschnitt der Patrone desselben dargestellt.
                           Nach diesen Figuren und dem Text der Patentbeschreibung läßt sich dieses Gewehr,
                              									seiner Verschlußeinrichtung nach, – in Analogie mit der Beschreibung des
                              									preußischen Zündnadelgewehres im polytechn. Journal Bd. CLXXXIII S. 8 – etwa in folgender
                              									Weise zur Anschauung bringen.
                           Der zur Aufnahme aller übrigen Verschlußtheile bestimmte Verschlußrahmen
                              									D dieses Hinterladungs-Gewehres ist wie die große Hülse des preußischen Zündnadelgewehres mit ihrem
                              										sechskantigen Kopfe auf das hintere Rohrende aufgeschraubt, unten vermittelst einer, durch ihren Schweiftheil hindurchgehend, in das Abzugsblech des Gewehres eingreifenden Schraube
                              									mit dessen Schafte verbunden, sowie von einer für den Abzugsstollen
                              									g (Fig. 2) bestimmten vierkantigen Oeffnung durchbrochen, oben und beziehungsweise rechts seitwärts aber
                              									so ausgehauen, daß dadurch ein bequemes Einführen der Patrone in das
                              										hintere Rohrende stattfinden kann und zugleich ein in
                              									die rechte Seitenwand dieser großen Hülse eingreifendes Lager für den mit dem Hebel oder dem Griffe
                              									b² versehenen Ansatzstollen oder
                              										Warzenansatz (Rippe, rib)
                              									des eigentlichen Verschlußstückes oder der Kammer
                              									(Bolzen, bolt) B gebildet
                              									wird, welche letztere, cylindrisch ausgebohrt, in ihrem
                              									vorderen Theile zur Aufnahme des Nadelröhrchens
                              									C dient; die Verbindung des letzteren mit ihr wird durch
                              									eine, den Stollenansatz
                              									b' der Kammer durchbrechende Schraube c' (Fig. 4) in der Weise
                              									hergestellt, daß dadurch dem Nadelröhrchen
                              									C sowohl eine Drehung um seine
                                 										Längenachse gestattet, als auch ein gewisser Spielraum zur Vor- und Rückwärtsbewegung gegeben ist.
                           Zwischen der vorderen Stirnfläche
                              									b der Kammer oder des
                              									Verschlußbolzens B und einem scheibenförmigen Ansatze
                              									c des in diesem Verschlußstücke beweglichen Nadelröhrchens
                              									C liegt eine zur Liderung des
                                 										Verschlusses bestimmte Kautschukfütterung
                              									a, welche beim Schusse durch den vom Pulvergase auf den
                              									Ansatzteller c des Nadelröhrchens C ausgeübten Druck zwischen diesem und der Stirn b des Verschlußbolzens oder der Kammer B eine
                              										Zusammenpressung erfahren und so zum hermetischen Verschlusse der zwischen Rohrmund und
                              									Kammerkopf liegenden Verschlußfuge dienen soll. Als Regel
                              									für die Beschaffenheit dieser Liderung gilt hierbei, daß
                              									sie aus drei innig miteinander verbundenen Platten vulcanisirten Kautschuks bestehen soll, von denen
                              									die beiden äußersten so hart sind, daß sie sich unter keinen Umständen in die Verschlußfuge selbst einpressen lassen und die mittlere
                                 										Kautschuk-Scheibe zwar noch vollkommen elastisch, aber doch härter als der gewöhnliche, im Handel vorkommende vulcanisirte Kautschuk ist.
                           Dec vor der Ansatzscheibe c
                              									befindliche cylindrische Theil des in der Kammer B
                              									beweglichen und zur Führung der Zündnadel
                              									P dienenden Nadelröhrchens
                              									C ist an der Stirn des letzteren etwas ausgehöhlt, was
                              									zur Schonung der Nadel dienen soll, und steht dabei über jenem Scheibenansatze c noch so weit vor, daß zwischen letzterem und der in's
                              									Gewehrrohr eingesetzten Patrone beim Laden dadurch eine Luftkammer entsteht, die beim Schusse zur Erleichterung des Verbrennens der papierenen
                              										Patronenhülse und der pappenen Patronenböden dienen soll.
                           In dem hinteren Theile der cylindrisch ausgebohrten Kammer
                              									B – welche, damit dem Abzugsstollen
                              									g (Fig. 2) der Eintritt in
                              									dieselbe gestattet werde, auf ihrer dem Stollenansatze
                              									b'
                              									entgegengesetzten Seite der Länge nach aufgeschlitzt ist
                              									– befindet sich, den Nadelschaft
                              									f² umgebend, die Spiralfeder
                              									M (Fig. 2). Letztere ist
                              									einerseits an die den hinteren Verschluß der Kammer B
                              									bildende und in dieselbe
                              									eingeschraubte Scheibe
                              									L (Fig. 2), welche zur
                              									Aufnahme des Nadelschaftes f² central durchbohrt
                              									ist, und andererseits an den Nadelschaft-Kopf
                              									k angelehnt, der an seiner Vorderseite so eingerichtet
                              									ist, daß die unten mit einem Knopfe und oben mit
                              									conischer Spitze versehene cylindrische Stahldraht-Nadel
                              									P einfach nur mit ihrem Knopfe in diesen
                              									Nadelschaft-Kopf eingelegt zu werden braucht, um dann vermittelst eines auf
                              									denselben aufzuschraubenden Deckels darin festgehalten werden zu können.
                           Das dem Kopfe k entgegengesetzte Ende dieses
                              									Nadelschaftes f², welcher außerdem noch den nach
                              									Art eines Schlüsselkammes gebildeten Ansatz
                              									i (Fig. 4) hat, für den in
                              									der Kammer-Verschlußscheibe L sich eine parallel
                              									zur Rohrachse liegende Nuth befindet, steht mit dem Haupt- oder Kappenstücke
                              									F des Gewehres durch die Nuß
                              									f' (Fig. 2) in einer festen Verbindung, welche Nuß auf ihrer unteren Seite mit
                              									einer, zu der scharfkantig abgeschnittenen und senkrecht zur Rohrachse stehenden Spannrast hinführenden,
                              										schiefen Ebene versehen ist. Die Frictionsrolle
                              									f dient zum leichteren Hin- und Herbewegen des Haupt- oder Kappenstückes
                              									F auf dem Schweiftheile der großen
                                 										Hülse nach der Achsenrichtung des Gewehres hin. – Der vordere Theil
                              									f³ dieses Haupt- oder Kappenstückes
                              									F ist zum eventuellen Eintritt in den oberen Längenschlitz der großen
                                 										Hülse bestimmt und trägt die Schraube
                              									f⁴, welche, als Regulator der ganzen Verschlußanordnung dienend, je nach Umständen in die
                              										Schießrast
                              									J oder in die Sicherheitsrast
                              									i (Fig. 1) der Kammer
                              									B eintritt und so nur im ersteren
                                 										Falle dem schlüsselbartartigen Ansatze
                              									i (Fig. 4) des Nadelschaftes
                              										f² den Durchgang
                              									durch die seiner Größe entsprechende Längennuth der
                                 										Kammer-Verschlußscheibe
                              									L (Fig. 2) gestattet, wodurch das Gewehr nur
                                 										dann abgefeuert werden kann, wenn der Stollenansatz
                              									b' der Kammer B
                              									fest auf seinem in der großen Hülse befindlichen Lager aufliegt, die Verschlußvorrichtung der Waffe also vollständig
                                 										geschlossen ist. – In die betreffende Längennuth der Kammerverschlußscheibe
                              									L
                              									eingesetzt, kann der Nadelschaft-Kamm
                              									s dann auch zum Ein-
                              									und Ausschrauben der ersteren benutzt werden.
                           Das Schloß des Chassepot-Gewehres besteht sonach, die Abzugsvorrichtung desselben
                              									abgerechnet, aus vier durch Bolzenverbindung fest miteinander zusammenhängenden Theilen, nämlich dem
                              										Haupt- oder Kappenstück
                              									F, der Frictionsrolle
                              									f, der Nuß
                              									f'
                              									und dem Nadelschaft
                              									f², welchen letzteren die Spiralfeder
                              									M umwindet.
                           Die Abzugsvorrichtung des Gewehres wird durch den bei h pivotirenden Doppelhebel
                              									H gebildet, dessen kürzerer
                                 										Arm an seinem Ende durch ein Scharnier mit dem,
                              									vorn etwas abgeschrägten, hinten aber scharfkantigen Abzugsstollen g verbunden ist und so denselben
                              									niederzieht, sobald der durch den Druck einer Feder niedergehaltene längere Hebelarm desselben vermöge
                                 										des Abzuges
                              									d
                              									emporgehoben wird.
                           Zum Laden und überhaupt zum Fertigmachen dieses Gewehres für den Schuß hat man, dieser Zusammensetzung
                              									seines Verschlusses entsprechend, folgende Handgriffe anzuwenden:
                           Zunächst spannt man das Gewehr, indem, den Zeigefinger
                              									hinter den Abzugsbügel und den Daumen auf die zu diesem Zwecke rauh gefeilte obere
                              									Nasenfläche des Haupt- oder Kappenstückes F
                              									desselben gelegt, letzterer Theil soweit zurückgezogen wird, bis die Regulatorschraube
                              									f⁴ aus der Schießrast
                              									J der Kammer B
                              									herausgetreten und somit auch der Abzugsstollen
                              									g in die Spannrast der Nuß
                              									f'
                              									eingetreten ist. – Dann wird der Hebel
                              									b der Kammer B zuerst
                              									aufwärts von rechts nach links geschlagen und hiernach zurückgezogen, so daß die Patrone durch das Stollenlager der großen Hülse hindurch in das Gewehrrohr eingeschoben werden kann. –
                              									Nachdem Letzteres geschehen ist, wird endlich die Kammer
                              									vermittelst ihres Hebels b' wieder vorgestoßen und dieser dann bis zum Aufliegen des Stollenansatzes b' der Kammer auf seinem in der großen Hülse
                              									ausgehauenen Lager nach rechts niedergeschlagen, wodurch
                              									das Gewehr zum Abfeuern fertig ist.
                           Weiter besteht die Manipulation zum Inruhesetzen des
                              									gespannten Gewehres darin, den Hebel
                              									b' der Kammer B so weit nach aufwärts zu drehen, daß die Regulator-Schraube
                              									f⁴ hinter die
                                 										Sicherheitsrast
                              									i (Fig. 1) der Kammer B tritt und hiernach
                              									die Spannung der Spiralfeder soweit
                                 										aufzuheben, daß jene Schraube in diese Rast
                                 										hineintreten kann.
                           Endlich ist um das bereits geladene, aber in Ruhe gesetzte
                              									Gewehr wieder zum Abfeuern fertig zu machen, zuerst, wie beim Laden, das Schloß
                                 										zu spannen, die Regulatorschraube
                              									f⁴ also aus der Sicherheitsrast
                              									i der Kammer B
                              									herauszuziehen und hiernach der Hebel
                              									b² der letzteren wieder bis
                                 										zum Aufliegen des Stollens
                              									b' auf seinem Lager nach
                                 										rechts zu schlagen, wodurch die Regulatorschraube
                              									f⁴ vor die Schießrast
                              									J der Kammer B tritt, in welche sie beim
                              									Losdrücken des Gewehres durch die Kraft der Spiralfeder M hineingerissen werden muß.
                           Die Patrone betreffend, stellt in Fig. 7
                              									P deren mit Explosionssatz versehenes Zündhütchen dar,
                              									welches, unten in seinem offenen Theile durch einen Pfropf von Zeug oder Wachs
                              									geschlossen, in den Pappe-Spiegel e der Patrone
                              									eingesetzt und dann noch von einer auf diesen Spiegel aufgeklebten
                              									Patronenboden-Scheibe, die aus dünnem Messingblech oder einem sonstigen dazu
                              									geeigneten Material verfertigt wird, überdeckt ist. Ferner stellt u die Papierhülse der mit dem Pulver V gefüllten Patrone dar, auf welchem ersteren ein
                              									Pappedeckel w liegt, der in seiner Mitte eine zur
                              									Aufnahme des umgebogenen und zusammengedrehten Hülsenpapieres dienende Oeffnung hat.
                              									– Endlich wird durch y der conisch aus Papier
                              									zusammengerollte Mantel der Kugel Z dargestellt, welcher
                              									bei z mit der Patronenhülse u zusammengewürgt ist.
                           Berlin, im März 1867.
                           Darapsky.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
