Titel: | Ueber die Einwirkung von Cyankalium auf Binitronaphtalin; von Albert Mühlhäuser. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XXXV., S. 143 |
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XXXV.
Ueber die Einwirkung von Cyankalium auf
Binitronaphtalin; von Albert
Mühlhäuser.
Mühlhäuser, über die Einwirkung von Cyankalium auf
Binitronaphtalin.
Gelegentlich ihrer Untersuchung über die Einwirkung des Cyankaliums auf die
Dinitrophenylsäure, führen Pfaundler und Oppenheim an, daß sie auch auf Binitrobenzol und
Binitronaphtalin Cyankalium einwirken ließen, wobei ersteres in eine rothe,
letzteres in eine grüne Substanz verwandelt wurde, beide Körper sich indessen durch
ihre leichte Zersetzbarkeit der Untersuchung entzögen. Schon einige Zeit vor dem
Erscheinen erwähnter Arbeit hatte ich Binitronaphtalin in alkoholischer Lösung mit
Cyankalium behandelt und hierbei ebenfalls eine grüne Lösung erhalten, die nach dem
Verdampfen auf dem Wasserbade eine dunkle, amorphe, harzartige Masse hinterließ.
Dieselbe löste sich in Alkohol mit sehr schöner grüner Farbe, so daß ich damals auf
den Gedanken kam, mit derselben Färbeversuche an Seide und Wolle anzustellen. Diese
Versuche fielen jedoch nicht nach Wunsch aus; es waren die erhaltenen Nuancen nicht
rein grün, sondern außerordentlich ungleich, sich bald mehr dem gelblichen und
bräunlichen Ton, bald mehr entschieden dem bläulichen hinneigend. Ich vermuthete
deßhalb, daß der erhaltene Farbstoff keine reine Verbindung, sondern das Gemisch
einer blauen mit einer gelben oder bräunlichen Substanz sey, eine Vermuthung, die
sich bald als richtig erwies.
Nach mehrfachen Versuchen fand ich folgendes Verfahren zur Reindarstellung der blauen
Verbindung am geeignetsten. Man übergießt in einem kleinen Kolben 3 Grm.
feingepulvertes Binitronaphtalin mit 38 Grm. Weingeist, schüttelt gut um und fügt
dann eine Lösung von 6 Grm. Liebig'schen Cyankaliums in
57 Grm. Wasser zu, wobei sofort eine lebhafte rothe, aber schon in der Kälte bald in
Braunroth übergehende Färbung eintritt. Nun erhitzt man die Flüssigkeit auf einem
Sandbade bis zum Kochen, wobei sie allmählich unter Ammoniakentwickelung eine
braune, bräunlichgrüne und schließlich sehr schöne blaugrüne Färbung annimmt. Sobald
letztere Farbenerscheinung eingetreten ist, nimmt man den Kolben vom Sandbade, läßt
ihn wenige Minuten ruhig stehen, damit etwas unzersetztes Binotronaphtalin sich gut
absetzen kann und gießt hierauf die noch heiße Flüssigkeit in ein Becherglas. Nach
etwa 12stündigem Stehen hat sich am Boden desselben eine kupferglänzende Masse
abgesetzt, während die überstehende Flüssigkeit gelblichbraun gefärbt ist. Letztere
gießt man ab und behandelt den Bodensatz so oft mit kaltem Wasser, bis dieses rein
blau abläuft. Behufs weiterer Reinigung löst man in heißem Wasser, filtrirt durch
ein genäßtes Filter, läßt erkalten und versetzt die blaue Flüssigkeit mit einer
concentrirten Lösung von kohlensaurem Kali, wodurch die Verbindung unverändert als
ein blauer voluminöser Niederschlag gefällt wird. Diesen löst man in heißem Wasser
und versetzt nach dem Erkalten abermals mit einer Lösung von kohlensaurem Kali; der
nun entstehende Niederschlag wird mit kaltem Wasser gewaschen, auf einem Filter
gesammelt und dann getrocknet. Um die letzten Spuren von noch unzersetztem
Binitronaphtalin und einer hartnäckig noch anhängenden bräunlichen theerartigen
Masse fortzuschaffen, muß man das Product noch einigemale mit heißem Aether
behandeln. Schließlich über Schwefelsäure getrocknet, stellt die Verbindung eine
dunkle Masse von starkem kupferartigem Metallglanze dar, die sich leicht in heißem
Wasser, sowie in Alkohol mit prachtvoll blauer Farbe löst, in Aether dagegen völlig
unlöslich ist. Diese Verbindung ist das Kalisalz einer neuen Säure, für welche ich,
ihrer Bildung gemäß, die Benennung Naphtocyaninsäure in
Vorschlag bringen möchte.
Aus der wässerigen Lösung wird das Kalisalz durch eine concentrirte Lösung von
kohlensaurem Kali unverändert gefällt, eine Eigenschaft, von der man bei der
Reindarstellung desselben Gebrauch macht. Eine concentrirte heiße wässerige Lösung
erstarrt oft beim Erkalten zu einer steifen Gallerte. In einer Probirröhre erhitzt,
verpufft das Salz plötzlich mit röthlichem Licht unter Verbreitung eines
eigenthümlichen aromatischen, zugleich etwas an Blausäure erinnernden Geruches und
unter Zurücklassung einer äußerst voluminösen Kohle. Mit concentrirter Kalilauge
erwärmt, zersetzt es sich mit tiefbraunrother Färbung unter Ammoniakentwickelung.
Mit concentrirter Schwefelsäure wird es ebenfalls unter Zersetzung rothbraun
gefärbt, und auf Zusatz von Wasser fallen braune Flocken nieder.
Das entsprechende Ammoniaksalz erhält man durch Zusatz einer concentrirten
Salmiaklösung zu einer Lösung des Kalisalzes als einen voluminösen dunkelblauen, in
heißem Wasser, sowie in Alkohol löslichen Niederschlag. –
Das Kalisalz ist äußerst empfindlich gegen freie Säuren; eine Spur Säure ist schon
hinreichend, die rein blaue Färbung dessen Lösung grünstichig zu machen. Bei Zusatz
einer genügenden Menge einer verdünnten Säure, z. N. verdünnter Salzsäure, zu einer
wässerigen Lösung des Kalisalzes färbt sich dieselbe sofort bräunlich gelb unter
gleichzeitiger Abscheidung eines tiefbraunen Niederschlages, bestehend aus der
freien Naphtocyaninsäure. In trockenem Zustande stellt diese Säure eine schwarze glänzende Masse dar. Sie
ist unlöslich in Aether, äußerst wenig löslich in Wasser, etwas leichter löslich in
Weingeist, sowie in einer Mischung von Weingeist und Wasser, diesen Flüssigkeiten
eine Hellbräunlichgelbe Färbung ertheilend. Leicht löslich ist sie in Amylalkohol,
und zwar mit dunkelrothbrauner Farbe. Die Lösung ist außerordentlich empfindlich
gegen Basen; die Anwesenheit schon sehr geringer Mengen letzterer färbt sie grün bis
blau. Die bereits erwähnte große Empfindlichkeit des Kalisalzes gegen Säuren läßt,
trotz der schönen Farbe seiner Lösung, eine Verwendung desselben in der Färberei
nicht zu. Aber gerade wegen dieser Eigenschaft lassen sich das Kalisalz einerseits,
sowie die freie Säure andererseits als sehr empfindliche Reagentien auf Säuren und
Vasen benutzen. (Zeitschrift für Chemie, Jahrgang IX, S. 728.)