Titel: | Der Wasserdruck-Motor von Ramsbottom und Comp. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XL., S. 213 |
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XL.
Der Wasserdruck-Motor von Ramsbottom und Comp.
Nach dem Engineer bearbeitet von G.
Delabar.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Ramsbottom's Wasserdruck-Motor.
Nachdem wir den Perret'schen Wasserdruck-Motor zur
Kenntniß unserer Leser gebracht haben, wird für dieselben eine kurze Mittheilung
über die Wasserdruck-Maschine von Ramsbottom u.
Comp. ebenfalls nicht ohne Interesse seyn. Dieselbe erstreckt sich zwar nur
auf allgemeine Bemerkungen über die Construction und Anwendung solcher hydraulischen
Kolbenmaschinen und die specielle Beschreibung der fraglichen Ramsbottom'schen Maschine, und enthält keine besonderen Angaben über damit
angestellte Bremsversuche, wie dieß im Artikel über die erwähnte französische
Maschine der Fall war. Dafür aber macht sie uns mit der ganz verschiedenen Anordnung
und Construction der englischen Maschine hinlänglich bekannt, und in dieser
Beziehung verdient namentlich die doppelte Anordnung mit zwei Arbeitscylindern alle Beachtung. Unsere Quelle, der
Engineer vom 4. Mai 1866, spricht sich daher sehr
günstig über den neuen Motor aus, bemerkend, daß solche Maschinen, wenn sie anders
gut ausgeführt sind, einen verhältnißmäßig hohen Nutzeffect gäben und auch in manch'
anderer Hinsicht gegen die übrigen ähnlichen Kraftmaschinen (die Wasserräder und
Turbinen) Vortheile besäßen.
Zugleich wird aber auch auf die dießfallsigen Verdienste des berühmten englischen
Technikers, Sir W. Armstrong, hingewiesen, und bemerkt,
daß er der erste gewesen sey, welcher sich in England mit der Anwendung des
Wasserdruckes als motorische Kraft in solchen und ähnlichen Maschinen mit Erfolg
beschäftigt habe. Die neuesten Verbesserungen an seinen Accumulatoren und
hydraulischen Krahnen,Ueber Armstrong's
Accumulatoren und hydraulische Krahne sehe man Tellkampf's Bericht im polytechn.
Journal Bd. CXLV S. 245. hätten die Aufmerksamkeit der praktischen Ingenieure ganz besonders auf sich
gezogen. Ebenso wird auch seines Wasserdruck-Motors Erwähnung gethan, und die
Hoffnung ausgesprochen, darüber vielleicht bald eine besondere Mittheilung bringen
zu können.
Inzwischen hätten sich auch Andere an die Lösung dieses Problems gemacht, und fange
der Gegenstand überhaupt an, mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, wie er es denn
auch in der That verdiene.
Unter denjenigen Constructeuren, welche Armstrong auf
diesem Gebiete mit besonders gutem Erfolge nachgefolgt, seyen nun eben die genannten
Ingenieure John Ramsbottom u. Comp. in Blackburn in erste Linie zu stellen.
Nach den Zeichnungen und Mittheilungen, wie sie von Ramsbottom, dem Chef der Firma, der Redaction des „Engineer“ vorgelegt worden, würden solche
Maschinen von ihnen in verschiedener Größe – von 2'' Kolbendurchmesser an
aufwärts – und für verschiedenen Wasserdruck, besonders
für das Bedürfniß kleinerer Betriebskräfte in Städten, gebaut. Im Jahr 1865
allein hätten sie nicht weniger denn 23 derartige Maschinen in Bradford, Halifax,
Leeds, Dewsbury etc. zu verschiedenen Anwendungen, wie zum Betriebe von
Druckmaschinen, Kreissägen, Farbmühlen etc. in Ausführung gebracht. Alle diese
Motoren seyen zugleich so eingerichtet, daß sie mit großer Genauigkeit die
Wassermenge selbst messen und aufzeichnen, die sie per
Tag oder Monat während ihres Ganges verbrauchen.
Was ihre Anordnung betreffe, so seyen, des häufigen Stillstandes und der großen
Geschwindigkeitsänderungen wegen, wie sie viele technische Processe mit sich
bringen, Maschinen mit nur einem Arbeitscylinder,
wenigstens in jenen Fällen, wo die geradlinig hin- und hergehende Bewegung
des Arbeitskolbens in eine continuirlich rotirende oder drehende umzuwandeln ist,
aus bekannten Gründen nicht zweckmäßig, und deßhalb seyen die genannten Ingenieure,
wie gesagt, auf die doppelte Anordnung, d.h. auf zwei oscillirende Arbeitscylinder mit geeigneter Steuerung geführt worden. Dadurch werde
aber nicht nur die Construction an und für sich zusammengesetzter, sondern auch ihre
Ausführung schwieriger, und erheische daher von Seite des Constructeurs alle
mögliche Sorgfalt, um die nachtheiligen Stöße und Gegenwirkungen des Wassers vor und
hinter dem Kolben zu vermeiden. Aus diesem Grunde sey es absolut nöthig, daß die
Mittelpunkte und Drehungsachsen beider Cylinder in Bezug auf die Kurbelachse genau
richtig centrirt seyen, so daß die Schwingungsbogen, welche die Cylinderachsen oder
vielmehr einzelne Punkte derselben bei der oscillirenden Bewegung der Cylinder
beschreiben, einander vollkommen entsprechen. Aus demselben Grunde seyen auch alle
Nebenmechanismen zwischen den Ventilen oder Schiebern und der Treibachse, wie die
Schieberstangen und Excentrics etc., beseitigt worden. Dieß sey namentlich auch
deßwegen geschehen, weil das Auslaufen und Lockerwerden der Achsenzapfen und die
damit zusammenhängenden Erschütterungen der Steuerungsstangen gerade in solchen
Maschinen mit oscillirenden Cylindern, welche keine so stabile Unterstützung haben,
besonders nachtheilig einwirken müßten.
Uebrigens können solche Maschinen, wie gesagt, auf mannichfache Art, je nach dem
Gebrauch wofür sie bestimmt sind, also nicht bloß in verticaler, sondern ebenso auch
in horizontaler Anordnung ausgeführt werden. Die Steuerungsschieber seyen aber
hierbei nicht immer, wie im vorliegenden Fall die Ventilscheiben, flach, sondern
häufig auch conisch geformt und, wie diese, mit den Cylindern um ihre Achsen
schwingend. Von welcher Form diese Vertheilungsmechanismen aber auch seyn mögen,
immerhin hänge der praktische Werth solcher Maschinen vorzugsweise von der
zweckmäßigen Einrichtung und der genauen Ausführung derselben ab. Diese Organe seyen
es daher auch ganz besonders, auf welche der Maschinenbauer seine
Hauptaufmerksamkeit zu richten habe.
Nach diesen allgemeinen Bemerkungen soll nun der in den Figuren 1–7 abgebildete
Wasserdruck-Motor von Ramsbottom und Comp. näher beschrieben
werden.
Von diesen Figuren zeigt Fig. 1 den Grundriß, Fig. 2 den
verticalen Längenschnitt (nach XX der Fig. 1), Fig. 3 den
verticalen Querschnitt (nach YY der Fig. 1 und 2), Fig. 4 den horizontalen
Schnitt durch die Drehachsen (nach ZZ der Fig. 2), Fig. 5 den
Aufriß eines Cylinders von der Seite mit der drehbaren Ventil- oder
Vertheilungsscheibe, Fig. 6 den gleichen Aufriß des Mittelträgers mit der entsprechenden
festen Ventil- oder Vertheilungsscheibe, und endlich Fig. 7 den horizontalen
Schnitt durch eine Kolbenstange (nach WW der Fig. 1).
Dieselben Theile sind in allen Figuren mit denselben Buchstaben bezeichnet. Darin
bedeutet: A die unter rechtem Winkel gekröpfte
Treibwelle mit den Doppelkurbeln a, a und a', a': B, B die beiden Arbeitscylinder mit den Kolben
b, b und den Kolbenstangen b', b', welche bei β, β
Verstärkungswarzen zur Aufnahme der Achsenzapfen und bei β', β' Verstärkungswände mit den Drehscheiben und
Vertheilungscanälen haben, und bei der Umdrehung der Treibwelle A um die Zapfen c, c und c', c' der festen Achsen C
und C', C', welch letztere bei, mit Schraubengewinden und bei E, E und E', E' mit Schraubenmuttern versehen sind, oscilliren;
D, D die festen Ventilscheiben aus gehärtetem Stahl,
bestimmt zwischen den Drehschiebern und den Vertheilungskammern eine möglichst
wasserdichte Verbindung herzustellen; F, F das feste
Gestell, wodurch sowohl die Treibwelle A als die
Drehachsen C', C' ihre Unterstützung finden, und G den Mittelträger für die mittlere Drehachse C: H, H' die Oeffnungen für den Eintritt und K, K' diejenigen für den Austritt des Wassers in und aus
den Cylindern durch die damit in Verbindung stehenden Vertheilungscanäle N, N; J', J² die in dem Mittelträger angebrachte
Vertheilungskammer, welche durch die Mittelrippen M, M
und die Achsenhülse m, m in die beiden Fächer abgetheilt
wird, von denen das eine J¹ mit der
Zuleitungsröhre α und das andere J² mit der Abflußröhre w in Verbindung steht. Beim Schwingen der Cylinder um ihre horizontalen
Achsen kommen die Mündungen der Canäle N, N abwechselnd
über die Oeffnungen H u. K,
resp. H' u. K' der
Vertheilungskammern J¹, J² zu liegen und leiten so das Wasser bei jeder Umdrehung der
Kurbelwelle A nacheinander über und unter die
Cylinderkolben b, b, wodurch diese hin- und
herbewegt werden und durch die Kolbenstangen b', b' auch
die Kurbelwelle A in continuirlich drehende Bewegung
versetzen.
Die Mündungen H u. k, sowie
H' u. K' bilden, wie
besonders in Fig.
3 und 6 zu sehen, in den gehärteten Stahlscheiben radiale Kreissectoren, deren
Mittelpunkte mit dem Centrum der Achse C zusammenfallen
und deren mittlere Radien, gehörig verlängert, den Kurbelkreis berühren.
Von gleicher Form sind auch die Mündungen N, N in den
Drehscheiden der
Cylinder (s. Fig.
5), und da dieselben in der aufrechten Stellung der Cylinder über die sie
deckenden gleichgeformten Mittelrippen der Stahlscheiben D,
D zu liegen kommen, so sind sie in dieser, den todten Punkten
entsprechenden Stellung der Cylinder stets geschlossen, in jeder anderen geneigten
Lage dagegen geöffnet und communiciren dieselben, wie gesagt, abwechselnd mit den
Mündungen H u. K oder H' u. K' der
Vertheilungskammern. Die stärkste Oeffnung derselben entspricht daher, wie man
sieht, der mittleren Kolbenstellung, in welcher sowohl Kolben als Kurbel die größte
Geschwindigkeit besitzt.
Aus dieser Einrichtung des Vertheilungs- oder Steuerungsapparates erkennt man
sofort, daß bei der vorliegenden Wasserdruck-Maschine, wie es auch seyn soll,
die ein- und austretende Wassermenge in genauer Beziehung zu den
Geschwindigkeiten der Kolben- oder Kurbelbewegung steht, so zwar, daß, wenn
der eine Kolben in der Mitte seines Hubes die schnellste Bewegung besitzt, die mit
ihm communicirenden Canäle am meisten gefüllt sind, während dieselben, wenn derselbe
Kolben seinen Enden sich nähert, entsprechend weniger gefüllt seyn werden, und daß
bei dem anderen Kolben diese Verhältnisse gerade in umgekehrter Weise, nämlich so
erfolgen, daß dessen größte Geschwindigkeit, resp. die stärkste Füllung der Canäle,
dem todten Punkte der Kurbelbewegung des ersten Kolbens, resp. der schwächsten
Füllung, d.h. dem gänzlichen Abgeschlossenseyn der zugehörigen Vertheilungscanäle
entspricht.
Auf diese Weise wird die Bewegung der Kurbelwelle am besten regulirt und gleichförmig
erhalten, und zugleich werden dadurch die etwaigen Ventilstörungen und die sie
begleitenden Gegenwirkungen und Erschütterungen am sichersten ausgeglichen, wo nicht
ganz vermieden.
Was die Einrichtung der Arbeitskolben betrifft, so ist deren Liderung, wie aus dem
Durchschnitt Fig.
2 zu ersehen ist, die gewöhnliche, aus umgekehrten Lederkappen
gebildet.
Bezüglich der Centrirung und Adjustirung der Arbeitscylinder mag noch bemerkt werden,
daß die beiden äußeren Drehachsen C', C' bei, mit Schraubengewinden und bei E, E mit entsprechender Schraubenmutter versehen sind, womit erstere
angetrieben und damit auch die Cylinder mit ihren Drehungsscheiben dicht auf die
entsprechenden Stahlscheiben angepreßt werden können, und daß endlich, wenn dieß
geschehen, die Stellschraubenmuttern E, E' dazu dienen,
die Achsen C', C' und damit auch die Cylinder in der
richtigen Lage fest zu erhalten.
Der Apparat zur Aufzeichnung und Messung des von der Maschine in einer gewissen Zeit
verbrauchten Wassers ist eine ähnliche Vorrichtung wie die zur Messung des Gases
gewöhnlich gebrauchte Gasuhr. Dieselbe ist an irgend einem passenden Orte der Maschine angebracht
und durch einen mit den oscillirenden Cylindern oder der drehenden Welle in
Verbindung stehenden Mechanismus in Thätigkeit gesetzt. Da der Hub der Kolben immer
gleich lang ist und durch die doppelte Kurbellänge bestimmt wird, so ist auf diese
Weise auch die per Hub verbrauchte oder versetzte
Wassermenge bestimmt und kann auf die angedeutete Art mit aller nur wünschbaren
Genauigkeit gemessen und berechnet werden.
Es bleibt nur noch zu bemerken übrig, daß der ganze Apparat außerordentlich leicht
transportabel ist. An Ort und Stelle angelangt, kann er ebenso leicht niedergesetzt
und in wenigen Stunden in Gang gesetzt werden, während er überdieß im Preise billig
ist und bei der Aufstellung nicht viel Raum einnimmt.