Titel: | Verdampfungsversuche zum Vergleiche der Leistungsfähigkeit zwischen Eisen- und Gußstahl-Dampfkesseln; von G. Stuckenholz. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XLII., S. 223 |
Download: | XML |
XLII.
Verdampfungsversuche zum Vergleiche der
Leistungsfähigkeit zwischen Eisen- und Gußstahl-Dampfkesseln; von
G.
Stuckenholz.
Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure, Bd.
XI S. 207.
Stuckenholz, über der Verdampfungsfähigkeit von Eisen- und
Stahlkesseln.
Im November vorigen Jahres untersuchte ich im Walzwerke der Herren Funke und Elbers in Hagen die
nachstehend näher bezeichneten Dampfkessel.
Es sind dieß zwei einfach cylindrische Kessel von je 60 Zoll oder 1,57 Met.
Durchmesser bei 34 Fuß oder 11 Met. Länge, zu einem Ueberdrucke von 5 Atmosphären
construirt, und bestand das Material des einen der Kessel aus Schmiedeeisen und des
anderen aus weichem Gußstahle. Die Wandstärken im cylindrischen Theile betragen in
Eisen 0,50 Zoll oder 13,1 Millimet. und im Gußstahl 0,33 Zoll oder 8,65
Millimeter.
Die Einmauerungen an beiden Kesseln sind gleich, und die Kessel nebeneinander derart
getrennt eingemauert, daß das Mauerwerk beider zusammen ein für sich abgeschlossenes
Ganze bildet. Die Verbrennungsgase ziehen in einen einzigen Canal unter dem Kessel
weg zum gleich dahinter liegenden Kamin.
Ein jeder Kessel hat 293 Quadratfuß oder 28,9 Quadratmeter Heizfläche bei 12 Qdrtfß.
oder 1,19 Qdrtmtr. Rostfläche.
Die Kessel, beide neu und bisher noch nicht in Betrieb gewesen, wurden, um ein
Trocknen des Mauerwerkes zu erzielen, vor den Versuchen gleichzeitig angeheizt.
Nachdem hiermit einige Tage gleichmäßig unter beiden verfahren, wurden die Feuer
entfernt, die Kessel geleert und ausgeputzt. Einem jeden der Kessel wurden darauf
712 Kubikfuß (22,00 Kubikmtr.) Speisewasser von 35° C. eingefüllt; die
Messung des Wassers geschah mittelst eines Schäffer und
Budenberg'schen Hochdruckwassermessers.Polytechn. Journal Bd. CLXXX S.
425. Nach geschehener Füllung wurden die Feuer wieder angezündet, und die Temperatur des Wassers
bei geschlossenen Mannlöchern auf 100° C. (Siedehitze) getrieben. Auf diesem
Zeitpunkt angekommen, wurden die Feuer ganz ausgezogen, sämmtliche Kohlen und
Aschenrückstände entfernt. Von jetzt ab wurden die Kessel vermittelst gewogenen
Brennmateriales angefeuert und weiter betrieben, und ebenso wurden die Mannlöcher,
welche vorher zugeschoben waren, geöffnet, um den sich entwickelnden Dämpfen den
Abzug in's Freie zu gestatten.
Die Feuerungen waren mittelst der Schieberstellung derart regulirt, daß die
Geschwindigkeit der abziehenden Gase gleich war. Diese Messung wurde vermittelst des
List'schen ZugmessersPolytechn. Journal Bd. CLXXI S.
43 vorgenommen, und wurde bei diesem ersten Versuche mit 220 Graden der List'schen Scala oder 22 Millimeter Wassersäule
gearbeitet. Vermittelst eines Gauntlett'schen
PyrometersPolytechn. Journal Bd. CLVII S.
279. wurde gleichzeitig hiermit an gleichgelegenen Stellen, ungefähr 6 Fuß (1,88
Met.) vom hinteren Kesselende, die Temperatur der abziehenden Gase gemessen. Diese
variirte zwischen 340 und 380° C. Nachdem auf jedem der Roste 3150 Pfd.
Steinkohle derselben Qualität, deren Asche möglichst wieder durchgefeuert wurde,
verbrannt waren, wurde die Feuerung sistirt und die Mannlöcher wiederum
zugeschoben.
Am folgenden Tage wurde das in den Kesseln zurückgebliebene Wasser bei einer
Temperatur von 35° durch das am hinteren Ende im tiefsten Punkte des Kessels
befindliche Ablaßrohr mittelst zwischengeschraubten Wassermessers zurückgemessen,
und ergab sich hierbei im Eisenkessel ein Rest von 387 Kbkfß. (12,00 Kbkmtr.) und im
Stahlkessel ein solcher von 331 Kbkfß. (10,2 Kbkmtr.)
Es wurden demnach verdampft im Eisenkessel 712 – 387 = 325 Kbkfß. (10,0
Kbmtr.) oder 20,065 Pfd., und im Stahlkessel 712 – 331 = 381 Kbkfß. (11,7
Kbkmtr) oder 23,523 Pfd. Mithin ergab sich zu Gunsten des letzteren, die
Leistungsfähigkeit des Eisenkessels zu 100 gesetzt, eine solche von 117,26, also
eine Mehrleistung von 17,26 Proc.
1 Pfd. Kohle verdampfte im Eisenkessel demnach 6,35 und im Stahlkessel 7,467 Pfd.
Wasser bei einer Temperatur von 100°.
Bei einem folgenden Versuche wurden 710 Kubikfuß (21,9 Kubikmeter) in jeden der
Kessel eingefüllt und nachher 100 Kbkfß. (3,09 Kbkmtr.) pro Kessel nachgefüllt. Es wurde in derselben Weise wie vorher verfahren
und nur mit einer geringeren Geschwindigkeit der abziehenden Gase, und zwar mit 195
Graden der Scala oder 19,5 Millim. Wassersäule gearbeitet.
An Kohlen wurden hierbei 3330 Pfd. pro Rost verbraucht,
und fand sich beim Ablassen im Eisenkessel ein Rest von 494 Kbkfß. (15,2 Kbkmtr.)
und im Stahlkessel ein solcher von 432 Kbkfß. (13,3 Kbkmtr.). Es waren also
verdampft im Eisenkessel 810 – 494 = 316 Kubikfuß (9,7 Kbkmtr.) oder 19,510
Pfd. und im Stahlkessel 810 – 432 = 387 Kbkfß. (12,00 Kbkmtr.) oder 23,338
Pfd., und ergab sich demnach zu Gunsten des Stahlkessels eine Mehrverdampfung von
19,62 Procent. 1 Pfd. Kohle verdampfte hierbei im Eisenkessel 5,809 und im
Stahlkessel 7,008 Pfd.
Zur Controle obiger Versuche wurde noch Folgendes ausgeführt:
Es wurde eine Salzlösung hergestellt, und zwar derart, daß zu dem in jedem der Kessel
sich befindenden gleichen Wasserquantum ein dem Volumen nach gleiches Quantum einer
starken Salzlösung zugesetzt wurde. Nachdem das ganze Wasserquantum nun einige Zeit
mittelst langer Krücken durchgerührt und darauf bei geschlossenen Mannlöchern
durchgekocht war, wurden Proben zur späteren Analyse genommen. Nach beendetem
Versuche, bei dem natürlich ein gleiches Volumen Brennmaterial und Wasser zur
Anwendung kam, wurden weitere Proben genommen, und ergaben diese Analysen nach
Mittheilungen des Hrn. Dr. List in Hagen folgende Resultate:
„Wenn alles im Wasser gefundene Chlor als Kochsalz vorhanden ist, so
enthielt 1 Liter
im Eisenkessel
vor der Verdampfung
4,627 Gramme,
„ „
nach
„ „
6,985 „
„ Stahlkessel
vor „ „
4,371 „
„ „
nach
„ „
7,385 “
Hiernach sind
verdampft von 100 Litern
im Eisenkessel 33,76 Liter,
im Stahlkessel 40,81 Liter.
Mithin eine Mehrleistung zu Gunsten des Stahlkessels von 20,85 Procent.
Aus obigen drei verschiedenen Versuchen ergab sich mithin zu Gunsten des Stahlkessels
eine Mehrverdampfung von
17,26, 19,62 und 20,85 Procent,
oder im Mittel
19,24 Procent.
Schließlich erlaube ich mir den HHrn. Funke und Elbers, sowie dem Hrn. Dr. List in Hagen meinen besten Dank für ihre freundliche
Hülfe und Entgegenkommen auszusprechen.
Wetter, a. d. Ruhr, den 14. Januar 1867.