Titel: | Ueber Metalllegirungen; von Dr. Matthiessen. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. L., S. 241 |
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L.
Ueber Metalllegirungen; von Dr. Matthiessen.
Aus der Chemical News vol. XV p. 78; Februar
1867.
Matthiessen, über Metalllegirungen.
In der Sitzung der Londoner chemischen Gesellschaft am 7. Februar d. Is. hielt Dr. Matthiessen einen Vortrag
über Metall-Legirungen. Er begann mit der Feststellung des Begriffes
„Legirung,“ welche er als eine „starrgewordene
Lösung eines Metalles in einem anderen Metalle“ definirte. Die
Metalle lassen sich in zwei Classen eintheilen, je nachdem sie als Bestandtheile von
Legirungen in diesen gewisse physikalische Eigenschaften beibehalten oder nicht. Die
der ersten Classe (A) angehörenden Metalle sind: Blei, Zinn, Zink und Cadmium;
der zweiten Classe (B) gehören sämmtliche übrigen
Metalle an. Werden irgend zwei jener vier Metalle mit einander legirt, so zeigt die
Legirung stets physikalische Charaktere, welche das Mittel derjenigen der beiden
Bestandtheile (dem Gewicht oder Volumen nach) sind. – Zink und Blei vereinigen sich nicht zu wahren
Legirungen, oder das eine Metall löst sich in dem anderen in nur sehr geringen
Mengen, indem Blei von 1,6 Proc. Zink und umgekehrt Zink schon von 1,2 Proc. Blei
gesättigt wird. Schmilzt man gleiche Gewichtsmengen dieser beiden Metalle zusammen
und läßt die Masse in einer von heißem Sande umgebenen cylindrischen Form sehr
langsam erkalten, so trennen sich die Metalle fast vollständig von einander, indem
das schwerere Blei sich am Boden absetzt. – Ein ähnliches Verhalten findet
zwischen Zink und Wismuth
statt; im letzteren lösen sich nur 2 1/2 Procent des ersteren, während dagegen eine
veränderliche, zwischen 8 und 14 Proc. schwankende Menge Wismuth vom Zink
aufgenommen wird. – Nach der Ansicht des Vortragenden sind die Legirungen als wahre chemische Verbindungen nicht anzusehen, sondern
müssen als innige Gemische, welche wie gewöhnliches Glas durch ihre ganze Masse
vollkommen homogen sind, betrachtet werden. Einige wenige Ausnahmen davon mögen
allerdings stattfinden, zu denen z.B. das Natriumamalgam
gehört, bei dessen Entstehung Wärme frei wird, was auch bei Platin oder Gold mit Zinn der Fall ist; der Zusatz von Blei zu
geschmolzenem Zinn dagegen hat eine abkühlende Wirkung, und Kupfer löst sich im Zinn
nur sehr langsam, obgleich die Kupferzinnlegirung neue
und sehr bemerkenswerthe Eigenschaften besitzt.
Darauf gieng der Redner zur experimentellen Nachweisung der Thatsache über, daß die
specifische Wärme der Kupferzinnlegirung das Mittel
aus den Werthen der specifischen Wärme der beiden Bestandtheile ist. Zu diesem
Zwecke nahm er zwei kurze Cylinder, von denen der eine aus der Kupferzinnlegirung
(Kanonenmetall) bestand, während der andere ein aus Kupfer und einem Zehntel Zinn
zusammengesetzter Stab von demselben Gewichte war. Diese Cylinder wurden an einem
Faden in kochendem Wasser aufgehängt, und einige Minuten lang erhitzt, dann
herausgenommen und in zwei ganz gleichen, mit kaltem Wasser gefüllten Gefäßen
abgekühlt. Mittelst eines Mförmig gestalteten
Differentialthermometers wurde nachgewiesen, daß die Zunahme der Temperatur des
Wassers in beiden Fällen genau gleich war. Derselbe, mit gleichen Gewichtsmengen
Blei und Zink angestellte Versuch zeigte sofort, daß beim Zink die specifische Wärme größer ist als
beim Blei. Die Größe der durch die Wärme bewirkten
Ausdehnung wurde mit einer Modification des Daniell'schen Pyrometers bestimmt, indem die beiden gedachten
cylindrischen Stäbe, von einem Glasrohre umgeben, mittelst Dampf erhitzt wurden. In
beiden Fällen ward die Nadel gleich stark abgelenkt.
Der Redner gieng dann zu den Krystallformen und den Schmelzpunkten der Legirungen über. Auf diese
Eigenschaften wird gewöhnlich die chemische Anschauungsweise basirt, aber alle
Gemische besitzen einen niedrigeren Schmelzpunkt als ihre Gemengtheile. So ist die
Legirung von Kalium und Natrium immer flüssig wie Quecksilber; ein Gemenge ihrer Chlorverbindungen
oder überhaupt zweier Metallchloride schmilzt bei einer niedrigeren Temperatur als
bei dem mittleren Schmelzpunkte beider Salze, einzeln genommen. Ebenso verhalten
sich die bei hüttenmännischen Processen angewendeten, aus Gemengen verschiedener
Substanzen bestehenden Flüsse. – Nach Crookes' Untersuchungen krystallisiren Antimonzinklegirungen mit einem Zinkgehalte von 43 bis 64
Proc. in einer anderen Form als alle übrigen. Dasselbe gilt für die Legirung aus Gold und Zinn mit 27 bis 43
Proc. des ersteren Metalles. Die Kupferzinklegirungen
haben sämmtlich dieselbe Krystallform, somit können, wie der Verf. zu zeigen suchte,
bestimmte Formen erhalten werden, wenn die Bestandtheile auch nicht in
stöchiometrischen Verhältnissen zugegen sind.
Matthiessen stellte einen vergleichenden Versuch in der
Versammlung an, mittelst dessen er nachwies, wie rasch das Wärmeleitungsvermögen des Kupfers durch Zusatz eines der Classe A angehörenden Metalles, z.B. von Zinn, aufgehoben wird,
wogegen die Bleizinnlegirung in dieser Beziehung ein dem Mittel aus dem
Leitungsvermögen der Bestandtheile entsprechendes Resultat gibt. Er gelangte zu
folgenden Resultaten:
Wärmeleitungsvermögen
des Kupfers
100
„
der Kupferzinnlegirung
8
„
des Zinns
12
„
der Bleizinnlegirung
11
„
des Bleies
8
Ueber die Leitungsfähigkeit der Legirungen für die Elektricität machte der Redner mehrere sehr interessante Mittheilungen.
Die der Classe A angehörenden Metalle sind sämmtlich
schlechte Leiter und in Legirung mit einander leiten sie die Elektricität im
Verhältnisse ihrer respectiven Volumina. Bei den Metallen, welche zu der Classe B gehören, wie z.B. Gold und Silber, findet, wenn sie mit einander
legirt werden, diese Erscheinung nicht statt, denn ihre Leitungsfähigkeit ist stets
geringer als das berechnete Mittel.
Legirungen von einem Metalle aus der Classe A mit einem
der Classe B angehörenden, z.B. Kupferzinnlegirungen,
verhalten sich wie die letzteren; sie zeigen aber eine rasche Abnahme der
Leitungsfähigkeit auf der Seite des zur Classe B
gehörenden Metalles. So findet zwischen der Leitungsfähigkeit des Kanonenmetalles
und derjenigen des reinen Zinnes nur ein sehr geringer Unterschied statt, obgleich
das Kupfer an sich ein achtmal stärkeres Leitungsvermögen als das Zinn besitzt.
In Bezug auf den Klang der in Rede stehenden Metalle und
Legirungen ist hervorzuheben, daß Stäbe von Kupfer, von Zinn und von einer
Zinnkupferlegirung beim Daranschlagen alle einen dumpfen, matten Ton von sich geben,
daß dagegen Kanonenmetall klar und glockenartig klingt. Auch Messing klingt sonor,
Zink aber dumpf. Stahl hat ein bei weitem besseres Klangvermögen als
Schmiedeeisen.
Die Elasticität der Metalle und Legirungen wurde durch
Belasten einer Reihe von spiralig aufgerollten Drähten mit daran gehängten Gewichten
erprobt. Kupferdraht wurde durch ein Gewicht von 500 Grm., Zinn durch ein solches
von 50 Grm. gestreckt oder gerade gezogen; die Kupferzinnlegirung dagegen hielt die
Belastung von 500 Grm. aus, ohne die spiralige Form zu verlieren. Der Unterschied
zwischen der Elasticität des Drahtes von reinem und von kupferlegirtem Golde ist
sehr auffallend; ebenso zeigt der Draht von Silberplatinlegirung eine viel größere
Elasticität als sie den beiden einzelnen Metallen eigen ist. Spiralen von
hartgezogenem Stabeisen und von Stahl zeigten selbstverständlich die Extreme bei
gleichzeitig der geringsten Aenderung in der chemischen Constitution.
Die Tenacität oder Zähigkeit
der Metalle und Legirungen wurde mit Hülfe einer Schleppzangen-Ziehbank und
einer mit dieser verbundenen Federwaage bestimmt. Es war zu diesen Untersuchungen
nur wenig Zeit gegeben und in Folge davon sind die Resultate als nur innerhalb
ziemlich weiter Grenzen richtig anzusehen. Die Zerreißungs-Belastungen waren
bei den verschiedenen Drähten, welche sämmtlich denselben Durchmesser (von Nr. 23
der Birminghamer Drahtlehre) hatten, die folgenden:
Kupferdraht, hart gezogen
ungefähr
30 Pfd.
Zinn
unter
7 „
Kupferzinnlegirung, hart gezogen
80 oder
90 „
Zinnkupferlegirung
ungefähr
7 „
Blei
unter
7 „
Bleizinnlegirung
ungefähr
7 „
Gold, hart gezogen
25 bis
30 „
Goldkupferlegirung
80 „
Silber
etwa
50 „
Platin
etwa
50 „
Silberplatinlegirung
„
80 „
Eisen
ungefähr
80 bis
90 „
Stahl
über
200 „
Während die der Classe A angehörenden Metalle Legirungen
geben, welche normale physikalische Eigenschaften zeigen, werden die Eigenschaften
der zur Classe B gehörenden durch den Zusatz selbst nur
geringer Mengen von anderen Metallen so gänzlich verändert, daß die daraus
resultirenden Legirungen nur als starr gewordene Lösungen
allotropischer Modificationen der Metalle in einander betrachtet werden
können.
Der Redner schloß mit Bezugnahme auf die Entdeckung eines neuen Factors, welcher,
wenn er mit der Zahl multiplicirt wird, die das elektrische Leitungsvermögen eines
Metalles in einer Legirung ausdrückt, den elektrischen Werth dieses Metalles in der
Legirung gibt, was aus dem Nachstehenden deutlicher werden wird.
Leitungsfähigkeit, ausgedrückt in
Einheiten derBritish Association, von Drähten
von 1 Meter Länge und 1 Millimeter Durchmesser.
Metalle.
Kupfer
47,50
Zink
13,80
Zinn
5,88
Blei
3,96
Wismuth
0,60
Legirungen.
Kupferzinn-Legirung
4,190,
enthaltend
0,851
Kupfer und
0,149 Zinn.
Kupferzink-Legirung
10,330,
„
0,706
„ „
0,294 Zink.
Wismuthzinn-Legirung
0,117,
„
0,991
Wismuth „
0,009 Zinn.
Wismuthblei-Legirung
0,122,
„
0,982
„ „
0,018 Blei.
Werthe, welche erhalten werden für die
Leitungsfähigkeit
des Kupfers in der ersten Legirung
3,89
„ „
„ „ zweiten
„
8,89
„ Wismuths „
„ dritten
„
0,0677
„
„ „
„ vierten „
0,052
0,149 × 5,88 = 0,884,19 – 0,88 =
3,31 3,31/0,851 = 3,89
3,89/5,88 =
0,662
0,0677/5,88 = 0,0115
8,89/13,08 = 0,664
0,052/3,96 = 0,0130
Leitungsfähigkeit des
Kupfers
= 0,650 × Leitungsvermögen des mit ihm legirten Metalles,
Wismuths
= 0,012
×
„ „ „ „ „ „