Titel: | Skizze einer Dampfziegelei mit Drahtseil-Transmission; beschrieben von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. LIV., S. 285 |
Download: | XML |
LIV.
Skizze einer Dampfziegelei mit
Drahtseil-Transmission; beschrieben von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Schmidt, über eine Dampfziegelei mit
Drahtseil-Transmission.
Nordwestlich und etwa drei Meilen von Berlin, in der Nähe von Oranienburg, liegt das
Dorf Birkenwerder, dessen Ziegeleien die wohlbekannten
sogenannten „Birkenwerder Klinker“ liefern. Bei der günstigen
Lage des Ortes am schiffbaren Strom, der ihn direct mit Berlin verbindet,
einerseits, und bei der Güte des Fabricats andererseits wird man erwarten, daß hier
die Maschinenziegelei bereits lange in Anwendung gekommen ist und Früchte trägt. Dem
ist jedoch keineswegs so, vielmehr wird hier in den fünf großen Ziegeleien die
Handziegelei noch fast ausschließlich betrieben, was freilich zu der Vermuthung
berechtigt, daß bei aller Vollkommenheit, welche unsere Ziegelmaschinen zur Zeit
besitzen, die Ansichten der Ziegeleibesitzer noch ziemlich weit auseinander gehen
müssen, und daß zur Zeit sehr wohl noch Handziegeleien neben Maschinenziegeleien
bestehen können. Was nun die Anwendung der Dampfkraft betrifft, so ist auch diese
erst im verflossenen Jahre in einem der größeren daselbst gelegenen Etablissements
eingeführt worden, welches dem Maurermeister Hrn. Lindner gehört, während die anderen Ziegeleien
ihre Schlämmmaschinen und Thonschneider noch mit Pferden betreiben. Wenn wir hier
nun die Anlage des Hrn. Lindner im Allgemeinen skizziren wollen, so glauben wir dieß dadurch
rechtfertigen zu können, daß bei derselben ein noch immer neues Transmissionsmittel,
das Drahtseil nämlich, in sehr ausgedehnter Weise zur Anwendung gekommen ist, und
die Anlage dadurch sowohl für den Techniker wie Industriellen nicht ohne Interesse
seyn möchte. Der Entwurf und die Ausführung der Anlage in ihrer jetzigen Gestalt
rührt von der hiesigen Eckert'schen Maschinenfabrik her,
welche bekanntlich Drahtseil-Transmissionen bereits in sehr großer Zahl und
mit bestem Erfolge ausgeführt hat.
Figur 8 zeigt
einen Grundriß der ganzen Ziegelei in 1/1200 wirklicher Größe. A ist das Kessel- und Maschinengebäude; in
demselben ist die zum
Betriebe erforderliche 25pferdige Dampfmaschine a
aufgestellt. B sind Trockenscheunen, deren Anzahl durch
den freigelassenen Raum B' nach Erforderniß vermehrt
werden kann. C, C' und C''
sind drei jetzt im Betriebe befindliche Thonschneider, deren neben dem Raume B' noch einige angelegt werden können. D sind Brennöfen. Da die Beschaffenheit des Birkenwerder
Thones ein Schlämmen desselben nothwendig macht, so sind für die ganze Anlage zwei
Schlämmmaschinen F in Thätigkeit, welchen das nöthige
Wasser aus dem Brunnen G zugeführt wird. H sind die in erforderlicher Anzahl vorhandenen
Schlämmkästen. Die mit J bezeichneten Räume endlich
nehmen die Wohn- und Wirthschaftsgebäude des Besitzers ein. Was nun den
Betrieb der Anlage anlangt, so geschieht solcher, wie bereits erwähnt, für größere
Entfernungen durchgängig mittelst Drahtseil-Transmission. Zum größten Theile
befindet sich diese in einer Höhe von 20 Fuß über dem Fußboden. Nur in dem Theil von
X bis Z ist dieselbe
unterirdisch angeordnet, um für die in dieser Gegend beabsichtigte Anlage eines
Parkes nicht behindert zu seyn.
Von der Dampfmaschinenwelle wird zunächst mittelst Zahnrad die Welle b getrieben, und diese treibt mittelst Riemen die in 20
Fuß Höhe befindliche Welle c, welche drei Seilscheiben
enthält.
Die eine dieser Scheiben vermittelt die Umdrehung der Welle des Thonschneiders C. Bei K ist nämlich ein
Winkelthurm aufgestellt, der zwei durch Winkelräder verbundene Wellen trägt. Durch
einen ähnlichen Winkelthurm L wird die Bewegung einer
zweiten Scheibe der Welle c auch an die Thonscheider C' und C'' übertragen. Die
angeordnete Uebertragungsweise der Bewegung eines Drahtseiles auf die verticale
Welle eines Thonschneiders zeigt Fig. 9, worin d die eben erwähnte Welle des Thonschneiders, f eine Vorgelegewelle und g
die Getriebwelle des Drahtseils ist. Die Scheiben h, h
wirken hier also als Leitscheiben des Seiles.
Die hier in Betracht kommenden Achsen-Entfernungen sind folgende: Entfernung
der Achse c von der mit ihr parallelen Achse des Thurmes
K: 60 Fuß; Entfernung der zweiten Achse im Thurme
K von dem Thonscheider C: 300 Fuß; Entfernung der Welle c von der mit ihr
parallelen Welle des Thurmes L: 250 Fuß; Entfernung der
zweiten Welle in diesem Thurm bis zum Thonschneider C':
95 Fuß; Entfernung derselben Welle im Thurme L von dem
Thonschneider C'': 270 Fuß.
Die dritte Seilscheibe der Welle c treibt, mittelst der
Leitscheiben k (Fig. 10, ein verticaler
und horizontaler Durchschnitt in 1/120 wirklicher Größe) die Welle l, welche bereits unterirdisch gelagert ist. Die
erwähnte Figur läßt die Uebertragungsweise an die Schlämmmaschinen und die Pumpen näher erkennen
und zeigt auch bei M den Querschnitt des Canals, in
welchem die Drahtseil-Transmission sich befindet. Von der schon erwähnten
Welle l wird mittelst der Zwischenwelle l' die Welle m in Umdrehung
gesetzt. Diese treibt zunächst die Welle n, von welcher
aus mittelst Kurbelscheibe, Kumpfkreuzen und Kunstgestänge die in dem Brunnen G befindlichen Pumpen in Bewegung gesetzt werden. Durch
die Welle n wird endlich noch die Welle p getrieben, welche mittelst der an ihren Enden
befindlichen Winkelräder die verticalen Wellen der Schlämmmaschinen in Umdrehung
setzt. Von den hier in Betracht kommenden Entfernungen der zusammenarbeitenden
Drahtseil-Scheiben bleibt noch zu erwähnen, daß die horizontale Entfernung
der Welle c (Fig. 8) bis zu der Welle
l 250 Fuß, die der Welle l bis m aber 240 Fuß beträgt.
Erwähnenswerth ist noch, daß der Besitzer der Anlage im Laufe dieses Jahres noch
mehrere Ziegelmaschinen aufzustellen beabsichtigt, welche in der Nähe des
Dampfmaschinenraumes ihren Platz finden dürften.