Titel: | Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. J. C. Lermer, Brau-Techniker. |
Autor: | Johann Karl Lermer [GND] |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. LXXII., S. 352 |
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LXXII.
Zymotechnische Miscellaneen; von Dr. J. C. Lermer,
Brau-Techniker.
(Fortsetzung von S. 160 dieses
Bandes.)
Lermer, über die Zerstörung hölzerner Braugefäße durch
Schimmelpilze.
X. Ueber die Zerstörung hölzerner
Braugefäße durch Schimmelpilze.
Wenn Bierwürzen in hölzernen Bottichen zur Vergährung kommen, welche längere Zeit
außer Gebrauch gestanden sind, wie dieß während des Sommers, der eigentlichen
Ruhezeit des Brauens, der Fall ist, so erlangen die ersten darin vergohrenen Biere
einen meistens bleibend nachtheiligen Geschmack, und es findet auch stets eine
größere Attenuation der Würzen statt. Die genannte Erscheinung, welche auch im
Winter, jedoch in viel geringerem Grade auftritt, wenn die Gährbottiche nur kurze
Zeitintervalle (circa 8 bis 14 Tage) leer gestanden
haben, gab die Veranlassung zu nachstehender Untersuchung.
Einer Anzahl von Bottichen wurden verschiedene (meist schadhafte) Dauben entnommen,
von diesen durch Quer-, Radial- und Tangential-Schnitte feine
Scheibchen losgetrennt, und solche einer genauen Durchsuchung unter dem Mikroskope
und nachheriger Anwendung der bekannten mikrochemischen Reagentien unterworfen.
Die untersuchten Dauben waren zum Theil Gährbottichen aus Eichenholz, zum Theil
solchen aus Lerchenholz entnommen.
a)Dauben von Gährbottichen aus Eichenholz.
Die Innenseite der Bottiche ist mit einer bräunlichen, festen Kruste von
sogenanntem Bierstein überzogen, welche jedoch nicht gleichmäßig über die ganze
innere Fläche verbreitet ist, sondern durch die Gefäße (Poren) des
Frühlingsholzes in unregelmäßigen Längsfurchen unterbrochen wird. Diese Furchen
sind oft 1/2 Millimet. tief und dadurch erhält die ganze Innenfläche der
Bottiche ein unebenes Aussehen. Die Holzmasse der Innenseite ist oft mehrere
Millimet. tief viel dunkler gefärbt und die Cohärenz des Holzes bedeutend
vermindert, so daß dasselbe leicht, besonders bei Bottichen welche mehrere Jahre
im Gebrauch gewesen sind, mittelst eines Messers krustenförmig abgeschürft
werden kann.
Bei schwacher Vergrößerung und auffallendem Lichte (an meinem englischen
Instrumente – Powell und Lealand – mit Lieberkühn'schein Spiegel und
Binocular-Vorrichtungen, die leider bei den Optikern des Continents noch
keine Anwendung gefunden haben) treten an einem opaken Stücke die Gefäße als
tiefe, zum Theil mit Hefen-Klümpchen und Bierstein gefüllte Furchen
hervor, an deren Wandungen oft ganze Bündel von Holzzellen frei liegen oder nur
mehr lose zusammenhängen.
Die bräunliche Kruste von Bierstein, welche
stellenweise einen cementartigen, festen Ueberzug bildet, mittelst eines Messers
abgeschabt, lieferte folgende Resultate.
Die graulich-weiße Masse enthielt Pilzsporen und Hefenzellen; von einer
krystallinischen Structur war nichts wahrzunehmen.
Die qualitative Analyse erwies, daß der Bierstein der Gährbottiche fast nur aus
oxalsaurem Kalk besteht.
Eine quantitative Bestimmung mit der rohen abgeschabten Masse gab folgende
Zahlenwerthe:
Lufttrockene Substanz
1,724
dieselbe bei 100° C. getrocknet
1,443
Glühverlust
0,560
Glührückstand
0,883
Der Glührückstand enthielt:
Eisenoxyd
0,015
Kalk
0,486
(= 0,868 CaO, CO²)
Kohlensäure (aus der Differenz)
0,382
Eine andere Probe der bei 100° C. getrockneten Substanz von 1,349 Grm.
wurde zur Bestimmung ihres Gehaltes an oxalsaurem Kalk in Salzsäure gelöst,
filtrirt, und mit Ammoniak gefällt; der bei 100° getrocknete
Niederschlag, aus welchem die geringe Eisenoxydmenge nicht zuvor abgeschieden
wurde, betrug 0,959; dieser geglüht, hinterließ 0,660 kohlensauren Kalk = 0,369
CaO, was auch mit der Formel des bei 100° getrockneten oxalsauren Kalkes
(2 CaO, C⁴O⁶), welche 0,657 kohlensauren Kalk verlangt,
hinlänglich übereinstimmt.
Querschnitt durch die der Flüssigkeits-Seite
zugekehrte Partie.
Diese (Fig. 1) enthielt an den Wandungen und
vorzüglich in den Gefäßen eine Menge von Sporen; zuweilen findet man die
Holzzellen-Partie angefüllt mit Sporen verschiedener Größe, ohne, oder
doch mit sehr wenig Mycelium. Die dunklere Färbung
der Holzmasse erstreckt sich, je nach dem Alter der Bottiche, oft auf circa 5 Millimeter und weiter in die Dauben hinein.
Vorzüglich sind es die quer zu Tage gehenden Zellen der Markstrahlen, welche
durch eine extractartige Masse intensiv braun gefärbt sind, und zum Theil Sporen
enthalten.
Man findet Sporen verschiedener Größen, bis zu jener der Hefenzellen, auch
bräunliche Sporen, deren viele auf der Seite der Längsachse durch Austrocknung
eingebaucht sind, wodurch sie ein napfförmiges Aussehen erhalten. Die größeren
Sporen haben meist einen oder mehrere, oft ziemlich groß ausgebildete
Protoplasma-Kerne; die kleineren sind stark lichtbrechend und enthalten
meist nur einen Kern. Außerdem finden sich Leptothrix und kleine Körnchen vor, welche im Wasser in lebhafte
Molecular-Bewegung gerathen. Eine Partie einer solchen conglutinirten Leptothrix-Wucherung (Fäden, dicht radial
stehend auf einer länglichen Basis), mit Zuckerwasser 5 Tage unter dem
Mikroskope zeitweise beobachtet, ließ erkennen, daß einzelne Stäbchen nach circa 4 Tagen bis zum 3 und 5fachen ihrer
ursprünglichen Länge auswuchsen; auch kleine Quadrat-Oktaeder von
oxalsaurem Kalke finden sich hier und da in den Gefäßen vor.
Dieselben Resultate wurden durch Radial- und Tangential-Schnitte
erhalten.
Auch die Außenseite der Bottiche ist mit Schimmelpilzen, vorzüglich Penicill. glauc. überzogen. Dieser Ueberzug ist
schwarzgrün und enthält braune Sporen und braunes Mycelium.
In viel höherem Grade erleidet oft die Außenseite der Lagerfässer in den feuchten
Kellerräumen eine selbst mehrere Millimeter tief gehende Zersetzung durch die
Sporen. In solchem Holze finden sich vielerlei braune Sporen und Hefenzellen,
doch bemerkt man, daß die meisten hiervon abgestorben und theilweise zerstört
sind. Dennoch konnte mit Spänen einer Daube, welche in ziemlich starkem Grade
mit Pilzen überwuchert und zwischen den Holzzellen durchsetzt war, schon nach 2
Tagen eine, wenn auch nicht sehr kräftige Gährung eingeleitet werden. Das durch
solche Gährung in wiederholten Versuchen gewonnene Bier war schon nach
Vollendung der Hauptgährung sauer geworden, und hatte einen eckelhaft
schimmeligen Geschmack. Reine Zuckerlösung, mit dergleichen Spänen versetzt, kam
nicht in Gährung; jedoch hatten sich die kleinen Hefenzellen in den Holzzellen
sehr vermehrt.
Zweckmäßig wendet man zur Unterscheidung von Pilzfäden oder Holzfasern
Chlorjodzink-Lösung, oder Jod und Schwefelsäure an, indem man den zu
untersuchenden Schnitt erst mit Kalilauge oder Chromsäure behandelt, wodurch der
Holzstoff entfernt und mit Anwendung von Chlorjodzink die Holzfaser blau, die
Pilzfäden dagegen gelb gefärbt werden. Bei hinlänglicher Einwirkung von
Chromsäure bleibt oft nur mehr die spiralig verdickte tertiäre Membrane der
Holzzellen übrig, welche übrigens in den Holzfasern, deren Zersetzung bereits weit
fortgeschritten, oft schon für sich sichtbar ist.
Ich gebe hier noch die Resultate einer chemischen Untersuchung von
Bottich-Spänen an, welche durch Abhobeln der inneren Wandungen
(Flüssigkeitsseite) erhalten waren und successive mit reinem, kalihaltigem und
salzsäurehaltigem Wasser behandelt wurden.
Der wässerige Auszug nach dem Filtriren (der auf dem
Filter gebliebene Rückstand enthielt außer kleinen Holzpartikelchen:
Hefenzellen, meist zerstört, Pilzmycelien und eine Menge sehr kleiner,
länglicher, in lebhafter Molecular-Bewegung begriffener Stäbchen) für
sich eingeengt, stellte eine hellbräunliche, beim Austrocknen spröde Masse dar,
ohne jede Neigung zur Krystallisation.
Ein Niederschlag mit essigsaurem Blei enthielt: Gerbsäure, ferner Huminkörper, von denen Quellsäure und Quellsatzsäure durch die
bekannten Fällungen mit essigsaurem Kupferoxyd und resp. Ammonzusatz
nachgewiesen wurden; dann Ulm in säure, die beim
Einengen des Filtrats sich abschied und durch Salpetersäure Hellroth gefärbt
wurde. Ferner fanden sich in dem essigsauren Bleiniederschlage Ameisensäure (durch Reduction von salpetersaurem
Quecksilberoxydul und salpetersaurem Silberoxyd erkannt), Aepfelsäure und viel Milchsäure, letztere
als Zinksalz und mikroskopisch bestimmt.
Von unorganischen Säuren war besonders Phosphorsäure
in größerer Menge vorhanden, dann Spuren von Schwefelsäure; von indifferenten Stoffen waren Dextrin und Zucker nachweisbar.
Die vom essigsauren Bleiniederschlage abfiltrirte Flüssigkeit gab mit
basisch-essigsaurem Bleioxyd eine voluminöse Fällung, welche
hauptsächlich aus Dextrin bestand. – Die vom
basisch-essigsauren Bleioxyd abfiltrirte und durch Schwefelwasserstoff
vom überschüssigen Blei befreite Flüssigkeit enthielt Zucker und eine
salpetersaures Silberoxyd, aber nicht salpetersaures Quecksilberoxyd reducirende
Substanz. Die Extraction des Abdampfungsrückstandes dieser Flüssigkeit mit
Aether gab nach der Verdunstung des letzteren einige sternförmig gruppirte
Krystalle in Gestalt gekrümmter Nadeln, welche wegen der geringen Menge nicht
weiter untersucht werden konnten.
Der durch kalihaltiges Wasser erhaltene tiefbraun
gefärbte Auszug gab, mit Schwefelsäure übersättigt, einen sehr voluminösen
röthlichbraunen Niederschlag, welcher wieder aus Huminkörpern bestand, von denen
nur besonders Quellsatzsäure nachgewiesen wurde.
Ammoniak brachte eine dunkle, olivengrüne Färbung hervor.
Im salzsauren, hellbräunlich gefärbten Auszug wurden
von organischen
Substanzen vornehmlich Oxalsäure und Gerbsäure
nachgewiesen; von unorganischen Substanzen eine große Menge Chlorcalcium.
b) Dauben von Gährbottichen aus Lerchenholz.
Der cementartige Ueberzug von Bierstein ist bei diesem Holze in meist etwas
dünnerer Schichte über die Dauben verbreitet und bildet hier gewissermaßen einen
schützenden, glatten Ueberzug mit seltener Unterbrechung, wobei man aber die
Jahresringe schwach durchscheinen sieht. Das Holz war auf mehrere Millimet. tief
an der Flüssigkeitsseite sehr weich, so daß es schon mit den Fingernägeln leicht
Eindrücke annahm, während gesundes Lerchenholz mehr Widerstand leistet. Unter
dem Bierstein tritt gewöhnlich eine bräunliche, dann eine röthliche Holzmasse
auf, die oft mehrere Millimet. tief in die Holzmasse hinein ragt. Die innere
Holzmasse ist hier auffallend reich mit Pilz Mycelium durchsetzt (Fig. 3), während
Sporen seltener sind. Die Pilzfäden ziehen sich zwischen den Holzzellen entlang
(in der Intercellularsubstanz), durchbrechen auch häufig die
Zellen-Wände, besonders an den dünnen Stellen, und verbreiten sich so
durch die ganze Holzmasse hinein.
Die der Bierwürze zunächst liegenden Holz-Zellen sind oft ausschließlich
mit Sporen gefüllt (Fig. 2 und Fig. 4); die mehr gegen das Innere des Holzes
liegenden aber fast nur von Mycelium durchsetzt.
c) Dauben von einem Abläuter-Bottiche.
Die Innenseiten von Holzgeschirren, welche mit heißer Bierwürze in Berührung
stehen, als: Maischbottiche, Abläuterbottiche, hölzerne Kühlschiffe u.s.w.
überziehen sich nach längerem Gebrauche mit einer braunen, bis glänzend
schwarzen, fest anhaftenden dünnen Kruste. Natronlauge löste die braune Masse;
Schwefelsäure erzeugte sehr viel sternförmig gruppirte Nadeln von schwefelsaurem
Kalke. Beim Einäschern entwickelten sich viel hornartig riechende Dämpfe, und
dasselbe schritt sehr langsam voran; die erhaltene Asche war röthlich
gefärbt.
Das lufttrockene Material, welches seit 3 Monaten an einem trockenen Orte
aufbewahrt gewesen war, enthielt 10,77 Proc. Wasser (bei 100° getrocknet)
und hinterließ beim Einäschern 3,24 Proc. Asche. Die procentische
Zusammensetzung der Asche war folgende:
Alkalien
Spur
Kalk
22,24
Magnesia
14,21
Thonerde
1,00
Eisenoxyd
10,59
Chlor
Spur
Schwefelsäure
2,03
Phosphorsäure
29,20
Kohlensäure
Spur
Kieselsäure und Sand
20,00
–––––
Summa:
99,24
Eine Stickstoff-Bestimmung nach Will und Varrentrapp lieferte im Mittel zweier Verbrennungen
9,31 Proc. Stickstoff. Feine Schnitte nach den drei verschiedenen, oben
angegebenen Richtungen ließen keine so auffallende Zersetzung in den Zellpartien
erkennen, wie bei den Gährbottichen, sondern es fanden sich nur sehr wenige
Sporen vor; am meisten waren hier wieder, wie in den vorhergehenden Fällen, die
Markstrahlen von einer tief dunkelbraunen Extractmasse angefüllt.
Holzgeschirre, durch welche Bierwürzen passiren oder darin längere Zeit
verweilen, namentlich Gährgefäße, halten in ihren Zellen und Poren Würze und
Hefenzellen zurück, welche letztere dann unter Umständen zu Pilzen auswachsen,
die im Holzkörper sich durch die Intercellularsubstanz verbreiten, die
Holzzellen aus ihrem Verbande lösen, auch die Zellen-Wände, besonders an
den dünneren Stellen, durchbrechen, und sich meist spiralförmig den Wandungen
der Zellen entlang ziehen, indem sie diese zum Theil resorbiren, so daß oft nur
mehr ein schwaches Gerippe der Zellen-Wand übrig bleibt, und allmählich
eine gänzliche Zersetzung des Holzes unter Bräunung und Entstehung humusartiger
Körper in den Zellen-Membranen veranlaßt wird.
Am ehesten greift die Zerstörung in den Zerklüftungen des Eichenholzes um sich,
ferner in dem Gefüge der Dauben und dann an jenen Stellen, wo selbe durch die
sogenannten Düpnägel verbunden sind. Bemerkenswerth ist ferner, daß im
Eichenholz vornehmlich Sporen, im Lerchenholz dagegen neben jenen auch viel Mycelium angetroffen wird, besonders wenn man die
Dauben mehr gegen die Mitte des Holzkörpers zu untersucht.
Bei den zu meiner Kenntniß gelangten UntersuchungenWiesner, Zerstörung der Hölzer an der
Atmosphäre. Sitzungsberichte der k. k. Akademie der Wissenschaften, Bd.
XL, IX.Willkomm, die mikroskopischen Feinde des
Waldes. Dresden, bei Schönfeld.Schacht, Veränderung durch Pilze in
abgestorbenen Pflanzen-Zellen; Jahrbücher, Bd. III. von der Zerstörung durch Atmosphärilien unterlegenen Holzarten wurde in
keiner derselben eine ähnliche ausgedehnte Pilzwucherung gefunden, wie im Holze
der Gährgefäße.
Besonders begünstigt wird die Zerstörung des Holzes in Kellerräumen, welche
beständig feucht sind und des Luftzuges entbehren, in welchem Falle die
Geschirre weit geringere Dauerhaftigkeit besitzen.
Von wesentlichem Vortheile wäre es, wenn man beim Schneiden des Stammes darauf
Rücksicht nähme, daß nur die Tangential-Schnitte zum Zweck der Gährgefäße
verwendet würden, denn schon ein mikroskopischer Vergleich von in Verwendung
gestandenen Bottichen lehrt, daß die senkrecht oder etwas schief zu Tage
gehenden Frühjahrsholzschichten auf der Innen- (der Flüssigkeit
zugekehrten) Seite viel eher alterirt werden, als die Tangentialschnitte.
Gährgefäße aus Lerchenholz erweisen sich in Bezug auf Dauerhaftigkeit und
Reinhaltung vortheilhafter als jene aus Eichenholz, wahrscheinlich in Folge
ihres höheren Harzgehaltes, und dann auch, weil beim Nadelholze die sogenannten
Gefäße (weite Zellräume, worin sich leicht Hefe ansammeln kann) gänzlich fehlen.
Deßgleichen erweist sich das Splintholz dauerhafter als das Kernholz, was wohl
von der poröseren Beschaffenheit des letzteren abhängt.
Die meiste Verunreinigung durch Hefe findet immer in den Zerklüftungen und den
Gefäßen des Eichenholzes statt; deßgleichen in den mangelhaft verdichteten
Furchen der Wandungen und des Bodens der Bottiche, aus denen die Hefe durch noch
so sorgfältiges Waschen und Dämpfen nicht vollständig entfernt werden kann.
Bleibt ein Gährbottich in sehr feuchter Atmosphäre in geschlossenen Räumen
einige Tage außer Gebrauch, so sieht man bei genauer Beobachtung, selbst nach
vorhergegangener sorgfältigster Reinigung, über dessen ganze innere Oberfläche,
so weit sie mit Würze überdeckt war, einen weißen Anflug sich verbreiten, der
mit jedem Tage stärker und deutlicher wird. Dieser weiße Anflug besteht aus den
Keimschläuchen (und Mycelium) der in den Gefäßen des
Holzes zurückgebliebenen Hefesporen, welche auf dem nahrhaften Substrate und in
der feuchten Atmosphäre nun kräftig vegetiren. Nach einigen Monaten findet man
oft die ganze innere Oberfläche mit einen ziemlich hohen Rasen bildendem Mucor mucedo überzogen. Ich beobachtete, daß diese
Rasen während des Sommers eine Höhe von l'' und
darüber erreicht hatten, und an solchen Stellen wucherten, wo das übliche
Einkalken, welches besonders bei feuchter Witterung und feuchten Localen fleißig
gehandhabt werden sollte, mangelhaft vorgenommen worden war.
Zur Verhütung der Schimmelbildung und zur besseren Reinigung der Bottiche wurde
in letzterer Zeit vielfach eine sogenannte Faßglasur (weingeistige Harzlösung)
zum Ausstreichen der Bottiche angewendet; dieser Lack besitzt aber leider nicht die
erforderliche Haltbarkeit, um nur eine Sudperiode zu überdauern.
Einer unserer intelligentesten Brauer, Hr. Gabriel Sedlmayr in München, hat vor einigen
Jahren versuchsweise einen aus 5 großen Glasplatten zusammengesetzten
Gährbottich aufgestellt und hinsichtlich des Verlaufes der darin beobachteten
Gährung viel Vortheilhaftes im „bayerischen Bierbrauer“
(1866 Nr. 3, S. 41) mitgetheilt.
Auch in hiesiger Brauerei (in Schwechat bei Wien) ist seit zwei Jahren ein
Glasbottich von 50 Eimern Inhalt, aus 5 großen Glasplatten von 1/2 Zoll
Wandstärke eingeführt. Die Resultate sowohl hinsichtlich des
Gährungs-Verlaufes als auch der Reinheit des Geschmackes der darin
vergohrenen Würze fallen stets so entschieden günstig aus, daß der Gedanke nicht
mehr ferne liegt, sowohl sämmtliche hölzerne Gährbottiche als auch Lagerfässer
durch gläserne oder durch Geschirre aus einer schmelzbaren glasartigen Masse zu
ersetzen.
Noch möchte ich zu einem Versuche von Bottichen aus emaillirtem Eisenblech (Email
der Kochgeschirre) rathen, welche, wenn das Email gut hergestellt ist, bei
großer Dauerhaftigkeit auch eine leichte Abkühlung der darin vergährenden Würze
ermöglichen.
Erklärung der Figuren.
Die hier folgenden Figuren und nach von mir gefertigten Photographien in Holz
geschnitten worden.
Fig. 1., Bd. 184, S. 359
Fig. 2., Bd. 184, S. 359
Fig. 1. Querschnitt einer Gährbottich-Daube
aus Eichenholz, von der Innen- (Flüssigkeits-) Seite. Zwei
halbdurchschnittene Gefäße, mit Bierstein und Hefe inkrustirt.
Vergrößerung 70/1.
Fig. 2. Querschnitt einer Gährbottich-Daube
aus Lerchenholz, durch die Frühlingsholzschichte. Die obere unebene Seite ist
diejenige, mit welcher die Flüssigkeit in Berührung stand. Die Holzzellen sind
vollgepropft von Pilzsporen und Pilzmycelien. Die Streifen an den Wandungen der
Zellen rühren vom Messer her; dieselben waren am Objecte kaum bemerkbar, während sie
die Photographie sehr deutlich wiedergab.
Vergrößerung 330/1.
Fig. 3., Bd. 184, S. 360
Fig. 4., Bd. 184, S. 360
Fig. 3. Radialschnitt einer Gährbottich Daube aus
Lerchenholz. Zwei Holzzellen mit Pilzsporen und Mycelium, welches letztere häufig die dünneren Stellen durchbricht.
Vergrößerung 330/1.
Fig. 4. Tangentialabschnitt einer
Gährbottich-Daube aus Lerchenholz. Beide Holzzellen, von denen die eine beim
Schneiden entzwei gebrochen, sind aus einer Zellenpartie jener Wandung entnommen,
welche mit der gährenden Flüssigkeit zunächst in Berührung stand. Die Holzzellen,
theilweise schon im Zerfall, sind mit Sporen angefüllt.
Vergrößerung 330/1.