Titel: | Ueber die neuen amerikanischen Gummi-Treibriemen; von Dr. Robert Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. LXXVII., S. 381 |
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LXXVII.
Ueber die neuen amerikanischen
Gummi-Treibriemen; von Dr. Robert
Schmidt, Civilingenieur in Berlin.
Mit einer Abbildung.
Schmidt, über die amerikanischen
Gummi-Treibriemen.
Wenn auch in allen Fällen bei den Lederriemen, welche bis jetzt in Deutschland
hauptsächlich als Treibriemen benutzt werden, der Uebelstand sich zeigt, daß sie
sich leicht recken, also oft nachgespannt werden müssen, so erfüllen sie dennoch
ihren Zweck, sobald sie nur einen mäßigen Druck zu übertragen haben, und in einem
Raume arbeiten, der weder feucht, noch zu trocken ist. Bei Uebertragung von großen
Drucken aber, wo einfache Riemen von 9–10 Zoll Breite nicht mehr zureichen,
und noch breitere oder mehrfach zusammengenähte Riemen angewendet werden müssen,
kann einerseits das Leder nicht mehr in gleicher Stärke erhalten werden, wie es zur
ruhigen Kraftübertragung nothwendig ist, und andererseits wird ein aus mehreren
Streifen zusammengesetzter Treibriemen immer sehr theuer. In feuchten Räumen wird
der Riemenbetrieb stets ein sehr kostspieliger, weil die Lederriemen in solchen nur
geringe Dauer haben, und in trockenen Räumen muß der Riemen oft geschmiert werden,
um die gehörige Geschmeidigkeit zu behalten. Lange Leder-Treibriemen müssen
endlich immer aus mehreren Stücken zusammengenäht werden, was dann zum Theil den
ruhigen Gang der Maschinen beeinträchtigt.
Nachdem man sich, wie bekannt, beinahe vergebens bemüht hat, mittelst der
Gutta-percha vollkommenere Treibriemen zu schaffen, ist es in den letzten
Jahren in Amerika gelungen, Treibriemen herzustellen, welche die erwähnten
Uebelstände der Lederriemen nicht besitzen. Sie recken sich fast gar nicht, brauchen
also nur sehr selten nachgespannt zu werden; sie können, ohne an Dauer und
Spannkraft zu verlieren, in jedem beliebigen Raum arbeiten; sie lassen sich in jeder
beliebigen Dicke, Breite und Länge herstellen und sind, namentlich in den größeren
Dimensionen, auch billiger als Lederriemen.
Der Grundstoff dieser neuen Riemen besteht in einem, aus bester Baumwolle
hergestellten starken Gewebe. Dieses wird auf beiden Seiten gummirt, in mehreren
Lagen und bei geeigneter Temperatur innig zu einem Ganzen vereinigt, und endlich mit vulcanisirtem
Gummi umschlossen.
Textabbildung Bd. 184, S. 382
In welcher Weise die Vereinigung der verschiedenen Lagen
des Gewebes und Gummis erfolgt, läßt nebenstehender Holzschnitt erkennen, in
welchem die stark gezogenen Linien das Gewebe, die schwächer gezogenen dagegen
den vulcanisirt. Gummi darstellen. a zeigt die
Anordnung des Gewebes, wenn die Anzahl der Schichten desselben eine ungerade,
b die, wenn dieselbe eine gerade Zahl ist. Ein
Treibriemen, dessen Querschnitt n Gewebestreifen
zeigt, wird nach Fabrikgebrauch ein nfacher
genannt.
Der 3fache Riemen hat die Stärke eines gewöhnlichen Lederriemens, der 4fache die
eines sehr starken Lederriemens, der 5fache die eines Doppelriemens, der 6fache die
eines sehr starken Doppelriemens, und können in angegebener Weise nach Bedürfniß
Riemen in jeder Stärke hergestellt werden. Man fertigt in Amerika 3fache Riemen in
Breiten von 1 1/2 bis 18 Zoll, 4- und 5fache in Breiten von 2 bis 18 Zoll,
6fache in Breiten von 4 bis 20 Zoll, und bei noch größerer Stärke kann bis zu einer
Breite von 36 Zoll heraufgegangen werden.
Die Verbindung der Enden dieser Treibriemen geschieht bei den schwächeren Riemen
einfach dadurch, daß man dieselben stumpf zusammenstoßt und durch Nähriemen
verbindet; bei stärkeren Riemen legt man über diese Verbindung, und zwar nicht auf
der Laufseite desselben, noch ein gleich breites Riemenstück, und verbindet dieses
ebenfalls an seinen Enden durch Nähriemen mit dem Treibriemen. – Da, wie
bereits oben erwähnt, die in Rede stehenden Riemen sich nur sehr wenig recken, also
sehr lange Spannung halten, so wird es sich empfehlen, auf das Aufbringen und
Spannen derselben mehr Sorgfalt als bisher zu verwenden, um nicht zu große
Zapfenreibungen zu veranlassen, wie solche beim gewöhnlichen Verfahren nur zu oft
vorkommen. In vielen Fabriken wird dazu ein sogenannter Riemenspanner benutzt.
Nach den uns gewordenen Mittheilungen sind die besprochenen Gummiriemen in Amerika
und England schon seit Jahren fast allgemein eingeführt, haben sich also auch in
Bezug auf Dauerhaftigkeit bereits vollständig bewährt. Aber auch in Deutschland
brechen sie sich jetzt mehr und mehr Bahn, und findet man z.B. diese Riemen zur
Uebertragung von großen Kraftstärken (30–40 Pferdekräften) hier (in Berlin)
vielfach in Anwendung. Das Handlungshaus C. Schwanitz und
Comp. in Berlin hält fortwährend Lager der gangbaren
Sorten dieser Riemen. In
zweifelhaften Fällen ertheilt auch mein „Bureau für mechanische
Gewerbe“ (in Berlin) nähere Auskunft über diesen Gegenstand.Bezüglich der wissenschaftlichen Mechanik werden Versuche erwünscht seyn,
welche den Reibungscoefficienten dieser neuen Treibriemen auf Gußeisen,
sowie die absolute Festigkeit derselben feststellen. Nach den in der Praxis
gemachten Erfahrungen scheint jener Reibungscoefficient größer als bei
Lederriemen zu seyn, was für die neuen Riemen einen Vorzug begründen
würde.