Titel: | Einiges über die Fabrication des schmiedbaren Gußeisens. |
Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. CXII., S. 494 |
Download: | XML |
CXII.
Einiges über die Fabrication des schmiedbaren
Gußeisens.
Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
1867, Bd. XI S. 337.
Ueber die Fabrication des schmiedbaren Gußeisens.
Das Material zu dem schmiedbaren Gußeisen bildet in den meisten Gießereien ein
schottisches, schwefel- und phosphorfreies Roheisen; ich sage in den meisten
Gießereien, da außerdem auch Steyermark ein sich dazu eignendes Product liefert, was
jedoch in dem nördlicheren Theile Deutschlands kaum verbraucht werden kann, da es
durch Zoll und hohe Frachten einen solchen Preis erreicht, daß das fertige Fabricat,
dessen Billigkeit eine Hauptbedingung ist, dem Schmiedeeisen gegenüber nicht
concurriren kann, wenigstens nicht so, daß der Fabrikant einen den verschiedenen
Manipulationen entsprechenden Nutzen hat.
Die Marke des Roheisens selbst ist immer Geheimniß der betreffenden Fabrikanten; doch
hat Verfasser gefunden, daß die verschiedenen Etablissements auch verschiedene
Marken verarbeiten.
Das Schmelzen des Roheisens geschieht in Graphittiegeln, circa 60 Pfd. fassend, die man mit einem Deckel aus Chamottemasse
versieht, um Verunreinigung durch Kohks und das nachherige saubere Putzen des
flüssigen Eisens, wobei viel von dem unbedingt hohen Hitzegrade verloren geht, zu
vermeiden. Der aus Chamottesteinen gemauerte Schmelzraum des Ofens ist 2 bis 3 Fuß
(0,63 bis 0,94 Meter) im Quadrat weit, und setzt man zur Ersparung von Brennmaterial 4 Tiegel
zugleich ein. Die Anwendung von Gebläse empfiehlt sich nicht, denn was man an Zeit
erspart, geht durch Mehrverbrauch an Kohks verloren; wenn der Ofen sonst gut
angelegt ist, genügt der natürliche Zug durch den Schornstein. Eine Hauptbedingung
ist, wie schon erwähnt, die möglichst hohe Temperatur, mit der das flüssige Eisen in
die Form gelangen muß; diesen Grad richtig bemessen zu können, erfordert
entsprechende Praxis. Der Gießer erkennt das richtige Maaß, wenn von einem in den
Tiegel getauchten rothwarmen Eisenstabe beim Herausziehen das Metall
sternschnuppenartig abspringt. Man hebt dann den Tiegel mittelst einer denselben
umfassenden Zange aus dem Ofen heraus und beginnt möglichst rasch, nach vorherigem
Putzen, das Gießen. Hierbei sey Einiges über das Formen selbst erwähnt, was bei den
verschiedenen, mitunter sehr kleinen und dabei schwierigen Gußstücken bedeutende
Sorgfalt erfordert. Kleine Stücke, wie Schlüssel, Schloßtheile, Theile zu
Nähmaschinen etc., werden unter einander „angeschnitten,“ so
daß sie also einen gemeinschaftlichen Einguß haben, von dem man sie nach dem
Erkalten abschlägt.
Beim Einformen eines größeren und complicirteren Modelles hat man sich vorher genau
zu überlegen, wo man sogenannte „Sauger“ anzubringen hat; diese
bilden gewissermaßen Reservoire, füllen sich beim Gießen mit Eisen an, und es saugt
das erkaltende Gußstück daraus nach. Verabsäumt man dieß, so entstehen an den
Stellen, wo Sauger nothwendig gewesen wären, Risse, oft so klein, daß man sie nicht
bemerkt, welche aber beim Glühen zum Vorschein kommen. Sauger muß man an den Warzen
von Hebeln, in den Ecken gebogener Stücke etc. anbringen, überhaupt an den Stellen,
wo sich die Dimensionen schnell ändern; man hüte sich aber, sie kurz nach dem Gießen
abzuschlagen, sondern lasse das Stück recht abkühlen, sonst brechen sie leicht aus
und schänden den Guß.
Die Formkästen stellt man entweder ganz vertical oder stark geneigt. Die erstere
Stellung wendet man bei kleinen Flaschen durchweg an; es werden deren 4 bis 6
mittelst Zwingen zusammengeschraubt und auf die hohe Kante so gestellt, daß
sämmtliche Eingüsse nach oben stehen.
Das Formen muß sehr sauber geschehen, damit das Fabricat ein glattes Ansehen erhält
und ein Putzen nach dem Glühen möglichst umgangen werden kann.
Der letzte Proceß ist das Glühen, wodurch der Guß die
Eigenschaften des Schmiedeeisens erlangt; vordem verhält er sich analog dem
Stahle.
Das Verfahren besteht darin, daß man die Gußstücke, eingepackt in
Rotheisensteinpulver, in gußeisernen Kästen, Muffeln genannt, längere Zeit glüht. Früher war man der
Ansicht, daß nur runde Muffeln dazu vortheilhaft wären; doch wendet man jetzt
einfache, viereckige gegossene Kästen von circa 1 Zoll
(26 Millimet.) Wandstärke an, oben mit Deckel verschließbar, so daß der Inhalt von
der Atmosphäre abgeschlossen bleibt.
Beim Einpacken wechseln Schichten von Rotheisensteinpulver und Gußstücken mit
einander ab, und bildet das erstere die erste und letzte Schicht.
Der Glühofen ist einfach construirt; vorn befindet sich die Rostfläche, und zieht die
heiße Feuerluft um die im hinteren Raume des Ofens stehenden Kästen; ein Schieber an
der Seite gestattet das Glühen im Inneren zu beobachten.
Das Feuern muß mit großer Sorgfalt geschehen, im Anfange etwas scharf, um bald einen
gewissen Grad von Hitze zu erreichen; dann aber muß in regelmäßigen Zwischenräumen
nachgeschürt werden. Das Glühen währt 3, auch 4 und 5 Tage, je nach den Stücken,
welche man eingesetzt hat, und faßt ein Ofen immer 7 bis 9 Ctr. Guß.
Beim Einpacken der Kästen muß man beobachten, daß schwache und starke Stücke nicht
zusammenkommen, und im Ofen selbst müssen die Muffeln mit den starken Gußstücken dem
Feuer am nächsten, die schwachen mehr im Hintergrunde eingesetzt werden, denn sonst
verbrennt entweder das eine, oder das andere wird nur halb geglüht und bildet dann
ein Zwischending von Stahl und Schmiedeeisen.
Glaubt man lange genug geglüht zu haben, so hört man mit Feuern auf, läßt die Kästen
allmählich abkühlen, packt sie dann aus und putzt nach Bedarf die Stücke ab. Bei dem
Proceß des Glühens spielt die Praxis auch eine große Hauptrolle, und kann der
richtige Grad der Glühhitze nur durch die Ausführung selbst erlernt werden.
Das Kostspieligste sind die gußeisernen Kästen, welche oft schon nach einmaligem
Gebrauche zur weiteren Verwendung sich nicht mehr eignen. Das Rotheisensteinpulver
kann, jedesmal mit frischem vermischt, öfter benutzt werden.
Obwohl die vorzüglichen Eigenschaften des schmiedbaren Gusses, welcher doch dem
Schmiedeeisen gleichgestellt werden kann, schon oft erwähnt wurden, hat er noch
immer nicht die gebührende Anerkennung und Verwendung gefunden. Noch eine Menge
Stücke werden in den verschiedenen mechanischen Werkstätten mit viel Mühe und Kosten
aus Schmiedeeisen gefertigt, welche, aus schmiedbarem Gusse hergestellt, ebenso
haltbar und dabei billiger wären. Natürlich bezieht sich das auf solche Theile,
welche oft ausgeführt werden und so die Kosten für gute Modelle (die aber stets nach
doppeltem Schwindmaaß auszuführen sind) bezahlen. Einfache Stücke calculiren sich
aus schmiedbarem Gusse theurer als wenn man sie schmieden läßt.
Schließlich einige mittlere Preise:
für Stücke von
2 „ „
„
1 „ „
„
1/2 „ „
„ 1/4
Pfd. und
darüber „ bis 2
Pfd. „
„ 1
„ „ und darunter
4 1/2 bis 5
Sgr.5
„ 5 1/2 „5
1/2 „
6
„6
„ 6 1/2 „
pro Zollpfd.
X.