Titel: | Verfahren zur mechanischen Verarbeitung der Schießbaumwolle, um die Schnelligkeit und Intensität ihrer Verbrennung zu vermindern und sie dem Schießpulver ähnlich zu machen; von Fr. A. Abel. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XLIV., S. 155 |
Download: | XML |
XLIV.
Verfahren zur mechanischen Verarbeitung der
Schießbaumwolle, um die Schnelligkeit und Intensität ihrer Verbrennung zu vermindern und
sie dem Schießpulver ähnlich zu machen; von Fr. A. Abel.
Aus der Chemical News, vol. XIV p. 250; November
1866.
Abel's Verfahren der Schießbaumwolle dem Pulver ähnlich zu
machen.
Bisher wurde die Schießbaumwolle immer in losem, faserigem oder wolligem Zustande
angewendet; in der neuesten Zeit wurde sie auch zu Lunten, Garn oder Zwirn
gesponnen und in Form von Flechten oder Bändern zu Patronen verarbeitet. Die in Rede
stehende Erfindung (patentirt in England am 20.
April 1865) bezweckt nun, die Schießbaumwolle dem Schießpulver möglichst
ähnlich zu machen, indem sie durch dieselbe auf mechanischem Wege in eine feste,
zusammenhängende Masse verwandelt und als solche zu Körnern oder zu irgend einer
anderen Form verarbeitet wird, welche die zur Erzielung einer gewissen Schnelligkeit
oder Intensität der Verbrennung erforderliche Oberfläche und Dichtigkeit
besitzt.
Das Verfahren zur Behandlung der Schießbaumwolle, welchem der Patentträger zur
Erreichung des angegebenen Zweckes in der Praxis den Vorzug gibt, ist das folgende.
Zunächst wird die Baumwolle mittelst der wohlbekannten Processe in Schießbaumwolle
verwandelt, zu welchem Behufe er vorzugsweise die Form von losen Lunten
(Vorgespinnst) anwendet. Nachdem das Präparat durch Auswaschen in laufendem Wasser
und in einer sehr verdünnten Alkalilösung gereinigt worden ist, wird es mittelst
einer dem Holländer der Papierfabriken ähnlichen Maschine zu einem Brei oder Zeug
zerkleinert, welcher dann durch die gewöhnlichen Processe, mittelst deren man
Papierzeug in verschiedene Formen bringt, zu Blättern (Bogen), Scheiben, Cylindern
oder anderen, durchbrochenen oder massiven Körpern, geformt wird. Dem Zeuge oder
Breie kann man eine geringe Menge von Gummi oder von einem anderen in Wasser
löslichen Bindemittel zusetzen. Um der Masse jeden erforderlichen Grad von
Dichtigkeit und Festigkeit zu ertheilen, unterwirft man sie in noch feuchtem
Zustande dem Drucke hydraulischer oder anderer Pressen.
Zum Körnen der Schießbaumwolle werden die erwähnten Bogen, Scheiben etc. zu Stückchen
von der erforderlichen Größe zerschnitten, oder der noch Wasser und außerdem eine
geringe Menge Bindemittel enthaltende Zeug wird in ein Gefäß gebracht, welchem man
eine schwingende Bewegung ertheilt, wodurch er rasch in Körnchen von verschiedener
Größe verwandelt wird, die dann noch sortirt werden können, falls dieß für nöthig
befunden werden sollte. Bei diesen mechanischen Processen können anstatt Wasser auch
andere Flüssigkeiten, z.B. Holzgeist, Weingeist, Aether, oder Gemische von diesen
Flüssigkeiten, mit oder ohne ein in diesen Flüssigkeiten lösliches Bindemittel zur
Anwendung kommen.
Anstatt die ganze Masse der Schießbaumwolle in Zeug oder Brei zu verwandeln, kann man
auch einen Theil derselben in ihrem ursprünglichen Zustande lassen und mit dem Brei
in solchen Verhältnissen mengen, daß das Gemenge nach dem Pressen eine feste,
zusammenhängende Masse von der erforderlichen Dichtigkeit bildet. Diese solide
Schießbaumwolle kann,
mag sie nun aus Zeug (Brei) allein, oder aus einem Gemenge von diesem mit faserigem
Pyroxylin dargestellt worden seyn, auch noch mit Collodium, also mit löslicher
Schießbaumwolle, in flüssiger oder gelöster Form überzogen oder damit imprägnirt
werden.
Solche feste Schießbaumwolle kann auch aus Gemengen mehrerer Schießbaumwollsorten von
verschiedener Zusammensetzung, deren Eigenschaften bekannt sind, d.h. aus
Schießbaumwolle, welche in Gemischen von Alkohol und Aether, und in reinem oder mit
Alkohol gemischtem Holzgeist löslich ist, und aus Pyroxylin, welches sich in diesen
Flüssigkeiten nicht löst, dargestellt werden; in diesem Falle können entweder beide
oder nur eine von den beiden Schießbaumwollsorten in Zeug oder Brei verwandelt
werden, während die andere ihren faserigen Zustand beibehält; oder es können auch
beide Sorten im faserigen Zustande mit einander gemengl werden. Die Umwandlung
dieser Gemenge in feste Massen kann dann entweder durch Druck allein – sofern
nämlich eine oder beide Varietäten Breiform haben – oder dadurch bewirkt
werden, daß die in dem Gemenge vorhandene lösliche Schießbaumwolle durch Behandlung
mit den oben genannten, als Lösungsmittel wirkenden Flüssigkeiten als Bindemittel
benutzt wird, in welchem Falle die Gemenge mit oder ohne die Anwendung von Druck in
feste Massen verwandelt werden können. –
Der Werth dieser Erfindung dürfte nicht leicht zu überschätzen seyn. Es ist dem
Patentträger mit Hülfe derselben gelungen, die Heftigkeit der Verbrennung des
explosiven Präparates in fast jedem beliebigen Grade zu vermindern, und damit die
hauptsächlichste, wenn nicht einzige Ursache der mit der Verwendung der
Schießbaumwolle zu militärischen und anderen Schießzwecken verbundenen Gefahr zu
beseitigen.In unserer Quelle ist bemerkt, daß die HHrn. Prentice und Comp. zu Stowmarket nach
einer Methode, bei welcher ein ihnen patentirtes Verfahren mit dem Abel'schen verbunden ist, „Patronen von
Sicherheits-Schießbaumwolle“ (safty gun cotton) fabriciren, welche allen Anforderungen
entsprechen sollen, indem sie sehr scharfe Schüsse geben, große Triebkraft
entwickeln, gut Strich halten, keinen Rauch geben, von gleichmäßiger Kraft
sind, nur geringen Rückschlag und wenig Knall verursachen, keinen
schmierigen Rückstand hinterlassen und das Rohr nicht benachtheiligen.