Titel: | Ueber Taucherarbeiten in der Havel bei Potsdam; von Dr. Rob. Schmidt, Civilingenieur in Berlin. |
Autor: | Robert Schmidt |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XLIX., S. 177 |
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XLIX.
Ueber Taucherarbeiten in der Havel bei Potsdam;
von Dr. Rob. Schmidt,
Civilingenieur in Berlin.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Schmidt, über Taucherarbeiten in der Havel bei Potsdam.
In den letztverflossenen Wintermonaten hatten die Schiffer auf der Havel eine
Fahrstraße hergerichtet, welche sich in der Gegend des, in der Nähe von Potsdam
liegenden Wannensees nahe dem rechtsseitigen Ufer der Havel befand. An dieser Stelle
war es, wo am Morgen des 23. März d. J. ein von Breslau nach Hamburg gehender Kahn
passirte und untergieng. Es hatte sich nämlich an diesem Morgen ein starker
Süd-Ostwind erhoben, welcher das Eis des Wannensees und der hier sehr breiten
Havel nach dem rechtsseitigen Ufer derselben trieb und dabei den Bord des Kahnes
zerstörte, so daß Eis und Wasser in denselben drang. Die Mannschaft wurde nur durch
einen glücklichen Zufall gerettet. Die Ladung des versunkenen Kahns war eine sehr
kostbare, sie bestand aus circa 2500 Ctr. Zink à Ctr. 7 Thaler, repräsentirte also die Summe von
17500 Thalern und circa 400 Ctr. der Ladung waren nur
versichert. Die Besitzer der Ladung, Gebr. Desarts u. Comp. in Hamburg, beschlossen deßhalb dieselbe durch
Taucher wieder zu Tage fördern und nachdem auch den Kahn selbst durch Winden wieder
flott machen zu lassen. Das Unternehmen erschien besonders deßhalb als kein
leichtes, da die Havel hier einen sehr moorigen Grund hat, und der Kahn, wegen
seiner schweren Ladung, soweit in diesen gesunken war, daß der Bord desselben noch
etwa 1 bis 1 1/4 Fuß davon bedeckt wurde. Der Bord befand sich etwa 30 Fuß unter der
Wasserfläche. Mit der Arbeit wurden die Hamburger Taucher Helms und Hoffheiser betraut, welche dieselbe
aber nicht mit der Taucherglocke, sondern mittelst Taucherhelm verrichteten. Die
Utensilien, wie Kähne und Prahme u.s.w., lieferte ein Schiffbauer.
Die getroffenen Anordnungen um die Taucherarbeiten in bequemer Weise zu ermöglichen,
waren nach Fig.
21 folgende: Senkrecht über den Bordseiten des versunkenen Kahnes U wurden große Kähne A und
A' der Art aufgestellt, daß die Unglücksstätte
dadurch genau begrenzt wurde, der Taucher auch eine Führung an den Seitenflächen
jener Kähne fand. Der Fund wurde immer in einen großen, mit eisernem Bügel
versehenen Korb a gethan; dieser hing mittelst Seil an
einer festen Rolle, während dasselbe mit einer Winde d
in Verbindung gebracht war. Die Rolle hing an einem Bock b, der
seine Stützpunkte in den zwei Kähnen A, A' fand, während
die Winde auf Bohlen F aufgestellt war, welche über den
Kähnen gelegt waren. Der kleine Prahm C diente zum
letzten und ersten Aufenthalt des Tauchers resp. vor und nach der Arbeit, und die
Leiter c bot den Eingang zum Wasser dar. Auch diente der
Prahm C zur ersten Aufnahme des gehobenen Gutes. Während
der Prahm auf dem Wasser beweglich ist, war der Bock b
immer über der Mitte der Stelle aufzusetzen, die bearbeitet werden sollte, auch war
hiernach die Lage der Leiter und Winde entsprechend zu verändern. In dem Kahne A' bei f befand sich die
Compressionspumpe, welche von zwei Mann mittelst Kurbeln bewegt wurde; D war ein dritter Kahn, in welchem das gehobene Gut
gelagert wurde. h bezeichnet die Stelle, an welcher der
Mann (immer der College des Tauchenden) Platz hatte, der die Signalvisirleine hielt,
und K diejenige für den Mann, welcher den Luftschlauch
leitete.
Was die Bewaffnung eines Tauchers für seine Arbeit betrifft, so besteht dieselbe
zunächst aus einer Art Brustharnisch, welcher etwa bei der Mitte des Halses mit
einem Cylinder abschließt, an dessen äußerer Begrenzung ein kurzes Schraubengewinde
sich befindet, und der sich nach unten bis zur halben Brust und den Schultern
erstreckt. Mit diesen Grenzen des Harnisches wird der Gummianzug, der von den Füßen
bis hierher reicht, wasserdicht verbunden. Dieser endigt nämlich hier in einem etwa
1/2 Zoll starken und 1 1/2 Zoll breiten Gummiring, welcher mit Löchern versehen ist;
durch diese werden die an dem Harnisch befestigten Schrauben gesteckt, während
starke metallene Vorlegstreifen über die Schrauben geschoben, und so mittelst
Flügelmuttern der Gummiring allseitig gegen den Harnisch gepreßt wird. Auf dem
Ansatz der Schraube des Harnisches ruht ein starker Gummiring und gegen diesen wird
der sogenannte Taucherhelm geschraubt und außerdem durch eine Stellschraube fixirt.
Der aus weißem Metall bestehende Helm ist kugelförmig gestaltet, von etwa 10 Zoll
Durchmesser. Er hat im Ganzen vier runde Oeffnungen, nämlich zwei zur Seite von circa 3 Zoll Durchmesser, in welchen Gläser fest
eingesetzt sind; eine größere von circa 4 Zoll
Durchmesser im vorderen Theile, welche beim Tauchen ebenfalls mit einem Glase
luftdicht geschlossen wird, und endlich im hinteren Theile eine kleinere Oeffnung,
welche mit dem Gummischlauch der Luftpumpe in Verbindung steht. Die letztere
Oeffnung geht innerhalb des Helms in drei Canäle aus, welche die Luft im Helme
entsprechend vertheilen. Zum Tauchen bewaffnet sich der Taucher noch mit festen
Lederhandschuhen, während die Arme des Gummigewandes an den Pulsstellen mit
Gummiriemen zum festen Anschluß gebracht worden; ferner mit eben solchen
Lederschuhen, welche mit
Bleisohlen versehen sind, und außerdem wird er noch im Rücken und auf der Brust mit
einem Bleistück belastet. Von letzteren wiegt jedes Stück 50 Pfd., ebenso wiegt
jeder Schuh 50 Pfd., und Helm und Harnisch zusammen auch etwa 50 Pfd., so daß die
ganze Bewaffnung des Tauchers zusammen ein Gewicht von 250 Pfd. hat. Erwähnenswerth
ist endlich noch ein, auf dem vorderen Theil des Harnisches befindliches, mit vielen
kleinen Oeffnungen versehenes Ventil, dessen Oeffnungen von dem Taucher mehr oder
weniger geschlossen werden können, je nachdem er weniger oder mehr Luft aus seinem
Athmungsraume ablassen will.
Da ein Taucher gewöhnlich mehrere Fahrten hinter einander macht, so sieht man ihn
während dieser Zeit im Gummianzuge und Harnisch. Soll getaucht werden, so nimmt er
auf dem Prahme C dicht neben der Leiter Platz, um sich
von seinem Collegen zur Arbeit fertig machen zu lassen. Derselbe bringt ihn zunächst
mit zwei Leinen in Verbindung, zieht ihm die Schuhe an, setzt ihm den jetzt nach
vorne geöffneten Helm auf, und belastet ihn mit den zwei Bleistücken. Im letzten
Augenblicke wird die vordere Oeffnung des Helms geschlossen und damit zugleich das
Zeichen zum Pumpen gegeben. – Der Taucher wird zur Leiter geleitet und steigt
in's Wasser; der College begibt sich nach seinem Platz bei h, die Signalisirleine mitnehmend (die zweite Leine, welche der Taucher
unter seiner Direction hat, ist mit dem Korbe a
verbunden), während auch ein zweiter Mann zur Führung des Gummischlauches bei k Platz genommen hat. Es wird der Korb hinabgelassen und
man kann jetzt jeden Augenblick bemerken, wo der Taucher sich befindet, insofern
unausgesetzt über seinem Kopfe nicht nur eine große Menge von Luftblasen nach der
Oberfläche des Wassers steigt, sondern auch die Richtung zu ihm hin durch die
Bewegung des Korbes angegeben wird. Man nimmt dadurch wahr, daß der Taucher in dem
Moore doch einen ganz anständigen Spaziergang macht, weil er nicht nur die ganze
Breite des versunkenen Kahnes, sondern auch eine Länge von 8 bis 9 Fuß
durchschreitet.
Wird mittelst der Signalisirleine, – die beiläufig immer in ziemlich straffem
Zustande erhalten wird, damit der Taucher eine Führung hat, – dem Collegen
das Zeichen gegeben, daß der Taucher zu Tage treten will, so zieht der erstere die
Leine mehr und mehr an sich; der Taucher begibt sich nach dem Ort der Leiter hin,
und wird an dieser Stelle heraufgezogen, bis er sie selbst erfaßt hat, und weiter
von dem Collegen nach dem Prahme geführt, um hier Platz zu nehmen. Sofort wird das
Glas von dem Helm entfernt, die Gummibänder an den Pulsstellen werden gelöst und
auch alle sonstigen schweren Theile wie Helm, Blei und Schuhe von dem Taucher entfernt, worauf er sich
nach dem Kahn A' begibt, um bis zur nächsten Fahrt
auszuruhen. Der Korb wird jetzt aufgewunden, der Prahm unter denselben geschoben,
und das ausgebrachte Gut in diesen geworfen. Dann wird der Korb wieder aufgezogen,
der Prahm gegen die Winde dirigirt, und sein Inhalt durch Mannschaften nach dem
Kahne D gefördert.
Jeder Taucher erhält per Tag einen Lohn von 3 Thalern.
Dafür sind aber die Leistungen derselben per Tag
keineswegs constant, sondern sehr veränderlich. Erstens nämlich können sie nicht bei
jedem Wetter arbeiten, zweitens haben diese Männer keine Concurrenz und arbeiten
deßhalb mehr als jeder andere Arbeiter nach ihrer Laune, endlich hängt die nutzbare
Arbeit auch sehr viel von den Umständen ab, welche sich bei jedesmaliger Tauchung im
Grunde vorfinden. Bei schönem Wetter wird gewöhnlich per
Tag 7 bis 8 mal getaucht und jede Tauchung beträgt durchschnittlich 1/2 Stunde. Die
Menge des Gutes, welches bei jeder Tauchung zu Tage gefördert wird, ist aber
außerordentlich verschieden.
Bei den in Rede stehenden Arbeiten besteht das Gut in Zinkplatten, wovon jede 1/4
Ctr. schwer ist. Als Minimum einer Taucherförderung haben sich ergeben sieben Platten, als Maximum dagegen 100 Platten der
erwähnten Art. Bei meiner kürzlichen Anwesenheit an Ort und Stelle wurde in den
Nachmittagsstunden von 2 bis 4 1/2 Uhr dreimal getaucht, und auch hierbei war das
Ergebniß von einer Tauchung 100 Platten; die jedesmalige Tauchzeit betrug
durchschnittlich 1/2 Stunde.
Nach vollständiger Entleerung des Kahnes soll auch derselbe mittelst Winden gehoben
werden, was wahrscheinlich ohne große Schwierigkeit von Statten gehen wird.