Titel: | Das Versetzen der eisernen Säulen in der Spinnerei von MacConnel und Comp. in Manchester; von W. Fairbairn. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. L., S. 181 |
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L.
Das Versetzen der eisernen Säulen in der
Spinnerei von MacConnel und
Comp. in Manchester; von W. Fairbairn.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, Mai 1867,
S. 127.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Fairbairn, über das Versetzen der eisernen Säulen in einer
Spinnerei.
In Folge der Verbesserungen in der Construction der Baumwoll-Spinnmaschinen
(bezüglich des Krempelns, Vor- und Feinspinnens) mußten im Verlaufe der
letzten sechzig Jahre die Maschinen dreimal erneuert und daher die für deren
Aufstellung bestimmten Gebäulichkeiten durch neue ersetzt oder so umgeändert werden, daß sie für
die mit größerer Spindelzahl construirten Mulemaschinen den nöthigen Raum
darboten.
Neue Gebäude werden natürlich nach den aufzustellenden Maschinen gebaut, während in
alten Gebäuden neue Maschinen mit mehr als der doppelten Anzahl Spindeln, statt wie
früher in der Breitenrichtung, nun in der Längenrichtung des Saales aufgestellt
werden müssen. Dieß ist in Gebäuden mit hölzernen Fußbodenträgern mit wenig
Schwierigkeiten verbunden, weil man eine Reihe Säulen leicht entfernen kann, um ein
Paar Mulemaschinen in der Mitte des Saales aufzustellen. In feuerfesten Gebäuden
hingegen, welche mit eisernen Trägern und steinernen Gewölben construirt sind, ist
bei Bewerkstelligung einer solchen Veränderung die allergrößte Vorsicht nothwendig.
In dem hier zu besprechenden Falle waren über jedem Bogen des acht Stockwerke hohen
Gebäudes – in welchem die Arbeit während der ganzen Veränderung nicht
unterbrochen werden sollte – an Gewölben und Maschinen 90–100 Tonnen
zu unterstützen. Die Eigenthümer der Spinnerei befürchteten, da man die Säulen nicht
versetzen konnte, ohne sie vorher zu zerschneiden, daß sich die oberen Gewölbe
einsenken möchten, bevor die neuen Säulen in gehöriger Entfernung aufgerichtet
wären; die Auswechselung wurde jedoch durch den Verfasser mit Erfolg und ohne daß
der befürchtete Mißstand eintrat, in nachbeschriebener Weise bewerkstelligt.
Fig. 1 und
2 stellen
den Längen- und Querdurchschnitt des Gebäudes dar, welches acht Stockwerke
hoch, 160 Fuß lang und 45 Fuß breit ist. Dasselbe war ursprünglich in der Breite in
drei gleiche Theile getheilt und wie die punktirten Linien in Fig. 2 andeuten, in der
Mitte mit zwei Reihen Säulen versehen, welche die gußeisernen Träger stützten, auf
denen die Gewölbe ruhen.
Da jede Mulemaschine für das Herauslaufen ihres Wagens etwa 9 Fuß Raum bedarf, so war
die Weite von 15 Fuß zwischen den Pfeilern zu schmal, um in der Längenrichtung des
Gebäudes zwei Mulemaschinen in der Mitte des Saales aufstellen zu können; es war
daher nöthig, die eine Reihe der Säulen mehr zur Seite zu schieben, wie es bei A
Fig. 2
angegeben ist. Die anderen nächst der Wand aufgestellten Mulemaschinen hatten
hinlänglich Raum, so daß noch ein Gang B längs der
ganzen einen Seite frei gelassen werden konnte.
Beim Versetzen der Säulen war in erster Linie zu überlegen, auf welche Art die Enden
der mittleren Gewölbträger bei C, C (Fig. 3), während des
Wegnehmens der Säulen zu unterstützen seyen. Alle Enden derselben im ganzen Raume
gleichzeitig zu unterstützen, würde wegen dem Gewichte von 90 Tonnen, das auf jedem
lastet, große Kosten verursacht haben; auch war es von Wichtigkeit, daß jedesmal nur ein
Paar der alten Mulemaschinen die Arbeit einstellte und zwar nur während dem
Befestigen der neuen Säulen bei D, D und dem Abschneiden
der alten bei C, C.
Es wurden daher zuerst die neuen Säulen mit Tragleisten von genügender Länge
versehen, um die Enden der mittleren Gewölbträger bei C,
C zu unterstützen, nachdem die alten Säulen weggenommen waren. Da es jedoch
unmöglich war, den Theil der Säule, welcher durch die Träger hindurchgeht,
herauszunehmen, so mußten zuerst die neuen Säulen unter den Mauerträgern bei D befestigt und dann die alten herausgeschnitten
werden.
Die Tragleisten der neuen Säulen stehen auf beiden Seiten gleichweit vor, wurden aber
auf der Seite nach der alten Säule hin, anfangs nur 12 Zoll lang gemacht, um den für
den Schneidapparat erforderlichen Raum zu gewinnen. Das fehlende Stück (E
Fig. 3) wurde
erst nach dem Abschneiden der alten Säule mit starken Bolzen befestigt.
Bevor die alten Säulen weggenommen werden konnten, mußten alle neuen Säulen so
befestigt werden, daß die Gewölbe, welche auf denselben ruhten, beim Entfernen der
alten Säulen ihre Lage nicht ändern konnten. Dieß würde verhältnißmäßig leicht
gewesen seyn, wenn die neuen Säulen auch in den untersten Räumen anzubringen gewesen
wären, was aber deßhalb nicht anging, weil die zwei untersten Stockwerte, in welchen
die Vorbereitungsmaschinen aufgestellt waren, ungestört bleiben mußten. Es konnte
daher die Veränderung nur in den sechs oberen Stockwerken vorgenommen werden,
weßhalb die Fundamente der neuen Säulen im Raume F,
Fig. 2, über
dem Boden angebracht werden mußten, damit die in diesem Raume befindlichen Maschinen
in keiner Weise in ihren Functionen gestört würden. Es wurden daher gerade unter den
gußeisernen Mauerträgern starke hohle Träger G aus
Eisenblech befestigt, welche die neuen Säulenreihen der sechs oberen Räume tragen
sollten. Das eine Ende dieser Träger G wurde in der
Mauer aufgelagert, während das andere Ende auf einem bei H (Fig.
3) die Säule umfassenden Wulste aufgelegt wurde.
Nachdem die neuen Säulen so auf ihren Plätzen befestigt und solid fundamentirt waren,
mußte zunächst eine provisorische Stütze unter die mittleren Gewölbträger gebracht
werden (sowohl um das darüber befindliche Gewölbe zu stützen, als auch um Raum zum
Abschneiden der alten Säulen zu gewinnen), bevor das lose Endstück E, welches nach Wegnahme der alten Säule die einzige
Unterstützung des mittleren Trägers bildet, befestigt werden konnte. Diese Arbeit
wurde im obersten Stockwerke angefangen und nach unten in der Weise fortgesetzt, wie
aus Fig. 3
ersichtlich ist.
Um Zeit und Arbeit zu ersparen, construirte Hr. A. Ker,
welcher die Ausführung dieser Arbeit leitete, den in Fig. 4 und 5 abgebildeten Apparat zum Abschneiden der alten Säulen.
Er besteht aus einer in der Mitte durchschnittenen gußeisernen Hülse K, welche mittelst Schrauben P an der Säule befestigt wird. Diese Hülse dient dem Rade L als Träger, welches ebenfalls aus zwei Theilen
besteht, die um einen Ansatz an der Hülse K gelegt und
mittelst der Lappen O, O zusammengehalten werden.
Auf diesem Rade ist das Messer J angebracht. Der Schaft
dieses Messers ist mit einem Gewinde versehen und trägt eine Mutter P, welche an ihrem äußeren Rande mit Zähnen versehen
ist. In diese Zähne greift bei jeder Umdrehung des Rades L der feststehende Stift Q, welcher während
der Fortbewegung des Rades L der Mutter eine kleine
Bewegung mittheilt, durch die das Messer um eine kleine Strecke vorwärts bewegt
wird.
Um das Messer in der gewünschten Stellung zu erhalten, ist der Schaft desselben an
dem hinteren mit Gewinde versehenen Ende nach oben und unten abgeplattet und paßt
mit diesem Ende in den hinteren Theil des mit dem Rade L
fest verbundenen Supportes P, welcher eine Oeffnung hat,
deren Querschnitt dem des Schaftes gleich ist.
Die in jedem Raume befindliche Transmission wird benutzt, um mittelst eines auf
derselben verstellbaren Rades N (Fig. 3) das an der
Schraube ohne Ende befestigte Rad M und mit diesem das
Rad L in Bewegung und das Messer J in Thätigkeit zu setzen.
Auf diese Art wurden die Säulen oben rasch und ohne jede Erschütterung
durchschnitten, während der Schnitt selbst Raum genug gab, um die Säule bequem
wegzunehmen. Darauf wurde das lose Ende E der
Tragleisten mit zwei starken Bolzen befestigt und nun war der mittlere Träger so
unterstützt, als ob die alte Säule an ihrem Platze geblieben wäre. Anfangs schien
diese Arbeit gefährlich, weil während derselben 300 Personen in dem Gebäude
beschäftigt waren, da aber mit aller erdenklichen Vorsicht gearbeitet wurde, so
gieng Alles ohne Unfall von Statten.