Titel: Ueber die Darstellung von chemisch reinem destillirtem Wasser; von Prof. J. Stas in Brüssel.
Fundstelle: Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LXIV., S. 225
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LXIV. Ueber die Darstellung von chemisch reinem destillirtem Wasser; von Prof. J. Stas in Brüssel. Aus der Chemical News, vol. XV p. 204; April 1867. Stas, über Darstellung von chemisch reinem destillirtem Wasser. In meinen Untersuchungen über die gegenseitigen Beziehungen der Atomgewichte gab ich die von mir angewendeten Mittel zur Darstellung von reinem destillirtem Wasser für meine Versuche an. Das beste Verfahren zur Zerstörung flüchtiger organischer Substanz, welche von selbst oder durch Vermittelung von Mineralsäuren fixirt werden kann, besteht darin, den Wasserdampf langsam durch ein langes, zickzackförmig gebogenes, mit gerösteten oder durch Hitze oxydirten und dann in einem Ofen zur hellen Rothgluth erhitzten Kupferdrehspänen gefülltes, selbst rothglühendes Kupferrohr zu leiten und das durch Condensirung dieses Dampfes erhaltene Wasser noch einmal, und zwar mit Anwendung eines aus Platin bestehenden Kühlapparates umzudestilliren. Dieses Verfahren, welches hinsichtlich der Qualität des Productes ganz befriedigende Resultate gibt, ist indessen nicht genügend, sobald große Quantitäten von reinem Wasser dargestellt werden müssen; denn das Hindurchströmen des Wasserdampfes durch das rothglühende Kupferrohr veranlaßt eine solche Temperaturerniedrigung, daß das Kupferoxyd auf die organische Substanz nicht mehr einzuwirken vermag, sobald der Dampfstrom etwas zu rasch ist; man ist deßhalb genöthigt ganz langsam zu destilliren, – ein Uebelstand, welcher mich veranlaßte, ein anderes, rascher zum Ziele führendes Verfahren aufzusuchen. Dieß gelang mir auch, und zwar mittelst Anwendung eines Gemisches von mangansaurem und übermangansaurem Kali zur Zerstörung der organischen Substanz. Der Weg, auf welchem ich mittelst dieses Verfahrens die zu meinen Untersuchungen nothwendigen, sehr bedeutenden Mengen von reinem Wasser gewann, ist der folgende. Zunächst stellte ich mir durch Glühen von Manganoxyd mit Kalihydrat und chlorsaurem Kali mangansaures Kali dar, versetzte die fein gepulverte Salzmasse mit der kleinsten, zur vollständigen Lösung des Mangansäuresalzes erforderlichen Wassermenge und überließ das Ganze in einem verschlossenen Gefäße sich selbst. Von der klar gewordenen, tief grün gefärbten Löfung setzte ich dem zu destillirenden Wasser 4 bis 5 Proc. zu und ließ das Gemisch 24 Stunden ruhig stehen. Auch in die Blase brachte ich 1 bis 2 Liter einer concentrirten Lösung von mangansaurem Kali, nebst einem gleichen Volum einer Aetzkalilösung, welche so concentrirt war, daß das Mangansäuresalz in verdünnter Lösung längere Zeit der Einwirkung der Wärme ohne Zersetzung zu widerstehen im Stande war. Dann füllte ich die Blase oder Retorte zu etwa acht Zehntheilen ihres Rauminhaltes mit dem vorher mit mangansaurem Kali behandelten Wasser und führte nun in der gewöhnlichen Weise die Destillation selbst aus. Nachdem das Wasser in's Kochen gerathen ist, wird das Feuer gemäßigt, um das Uebertreten der kurze Zeit ziemlich stark schäumenden Flüssigkeit zu verhüten. Ist das Schäumen vorüber, so darf das Wasser ohne jeden Nachtheil stark fortkochen. Nachdem ungefähr der zwanzigste Theil des Wassers in Form von Dampf übergegangen, ist nachher der Dampf ganz frei von organischen und selbst von unorganischen Substanzen, wenn das Kühlrohr mit Diaphragmen oder Scheidern versehen war, durch welche die bei scharfem Sieden stets mit übergerissenen kleinen Tropfen zurückgehalten werden. Auf diese Weise ist ein mit dieser Art von Destillation vertrauter Arbeiter im Stande, mit einer einzigen Operation ein Wasser darzustellen, in welchem die Nachweisung auch nur der geringsten Spur von organischer oder von der in der Retorte oder Blase enthaltenen, gebundenen Substanz unmöglich ist. Zu aller Sicherheit destillirte ich gewöhnlich das auf die angegebene Weise erhaltene Wasser nochmals um, indem ich die Vorsicht gebrauchte, als Kühlapparat ein langes, mit Gold gelöthetes Platinrohr vorzulegen. Ich muß noch bemerken, daß, wenn ich anstatt Brunnenwasser Regenwasser zur Darstellung von chemisch-reinem destillirtem Wasser mittelst mangansauren Kalis benutzte, das Destillat einen merklichen Ammoniak gehalt zeigte – ein Beweis, daß diese Vase durch das Mangansäuresalz nicht zersetzt wird. In diesem Falle ist es unumgänglich nothwendig, das Wasser unter Zusatz einiger Tausendtheile von einfach-schwefelsaurem Natron oder Kali einer nochmaligen Destillation zu unterwerfen.