Titel: | Ueber ein verbessertes Verfahren, die Härte des Wassers zu bestimmen; von Dr. H. Fleck, Professor am Polytechnicum in Dresden. |
Autor: | Hugo Fleck [GND] |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LXV., S. 227 |
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LXV.
Ueber ein verbessertes Verfahren, die Härte des
Wassers zu bestimmen; von Dr. H.
Fleck, Professor am Polytechnicum in
Dresden.
Fleck, Verfahren um die Härte des Wassers zu bestimmen.
Dazu aufgefordert, ein einfaches und möglichst sicheres Mittel anzugeben, nach
welchem die Kesselspeisewässer auf ihren Härtegrad zu prüfen seyen, fand ich Veranlassung,
die bisher zu diesem Zwecke angewendeten Methoden, unter welchen die Clark'sche nach Wilson
mittelst KaliseifenlösungPolytechn. Journal Bd. CLXIII S.
370. als die einfachste erschien, zu prüfen und gelangte dabei zu dem Resultat,
daß der Nichtchemiker und derjenige, welchem es um Erzielung schneller Erfolge zu
thun ist, mit derselben wenig zuverlässige und maßgebende Resultate erlangen könne.
Nur durch Anstellung zahlreicher Versuche und unter Einhaltung ganz bestimmter
Concentrationsgrade in der Seifenlösung ist der Sättigungspunkt, d.h. derjenige
Grad, bei welchem ein wenigstens 5 Minuten bleibender Schaum die Oberfläche des zu
prüfenden Wassers bedeckt, sicher festzustellen. Außerdem bedingt, wie auch Peligot in den Comptes rendus
t. LXI p. 425 nachgewiesen hat, die Anwesenheit
gelöster, organischer Stoffe im Wasser ein früheres Eintreten bleibender
Schaumbildung und macht schon aus diesem Grunde die Methode wenig zuverlässig.
Ich war somit veranlaßt, das Verfahren behufs Beseitigung der hier erwähnten
Uebelstände abzuändern und kann nun in Bezug hierauf Folgendes mittheilen:
Unter den auf der Chemnitzer Industrie-Ausstellung befindlichen Apparaten und
Chemikalien des Hrn. Apothekers Herb in Pulsnitz befinden
sich zwei mit dem Namen „Technischer Gehaltprüfungsapparat“
belegte Kästen, in welchen außer mehreren nothwendigen Apparaten und
Normalflüssigkeiten zu alkalimetrischen und chlorimetrischen Untersuchungen auch
eine Normalseifenlösung zu Wasserprüfungen enthalten ist. Auf der dem Apparate
beigegebenen Gebrauchsauweisung befindet sich u.a. folgendes Verfahren zur
Wasserprüfung:
„Man nimmt die beigegebenen 2 großen Bechergläser, füllt in jedes eine
Bürette mit 100 Kubikcentimetern des zu prüfenden Wassers, dazu 10 Tropfen
Lackmustinctur und kocht das Wasser über der Spirituslampe circa 5 Minuten lang. Hierauf setzt man von der
Normalsalpetersäure tropfenweise so lange zu dem Wasser, bis dasselbe durch den
letzten Tropfen Hellroth gefärbt ist. Man füllt nun in die vorher gereinigte
Bürette 100 Kubikcentimeter Normalseifenlösung und setzt so lange von dieser zum
Wasser des ersten Becherglases, bis dasselbe rein blau geworden ist. Man wendet
hier einen Ueberschuß der Seifenlösung an, um die blaue Farbe deutlich zu
erhalten. Nun stellt man dieses Becherglas auf eine weiße Unterlage neben das
zweite, mit Lackmus und Normalsalpetersäure geröthete Wasser und tropft in
dieses die Seifenlösung bis zum Eintritte der blauen Farbe. – 100
Kubikcentimeter Gypswasser brauchen 20 Kubikcentimeter Normalseifenlösung, haben
also 20 Härtegrade. Ein Brunnenwasser mit 10 Härtegraden (zu dessen Prüfung man
also 10 Kubikcentimeter Seifenlösung brauchte) ist ein hartes Wasser. Flußwasser
hat 2–6 Härtegrade.“
In dieser kurzen Anweisung ist das Verfahren enthalten, welches ich dem
Gehaltprüfungsapparate des Hrn. Herb, von ihm dazu
aufgefordert, beigegeben habe, welches besonders auf Einfachheit und genügende
praktische Verwerthbarkeit Ansprüche zu machen bestimmt seyn dürfte.
Dasselbe ging aus der Beobachtung hervor, daß eine spirituöse Auflösung von reiner
Baumölseife (Marseiller Seife) zu Gypswasser gesetzt, welches vorher mit gerötheter
Lackmustinctur gefärbt war, zu stets gleichen Quantitäten verbraucht, eine blaue
Färbung der gerötheten Flüssigkeit bedingt. Der Grund zu dieser Erscheinung ist in
dem Umstande zu suchen, daß sich in Alkohol gelöste Natronseife mit gelösten
Kalksalzen in unlöslichen fettsauren Kalk und in neutrales Natronsalz umsetzt, aber,
nach Beendigung dieser Reaction, neutralisirend auf die freie Säure der zugesetzten
Lackmustinctur wirkt und hierdurch deren Bläuung herbeiführt. Als Hauptbedingung für
das Gelingen dieses Versuches und zur Erzielung gleichlautender Gehaltswerthe ist
aber die Abwesenheit von kohlensaurem Natron oder Aetznatron in der Seife zu
betrachten. Wird durch einige Tropfen der Seifenlösung eine Auflösung von
salpetersaurem Quecksilberoxydul geschwärzt, so ist Aetznatron oder Soda in der
Seife enthalten und diese dann zur Wasserprüfung untauglich. Unter allen zu den
Versuchen verwendeten Seifensorten hat sich die Marseiller Baumölseife als die
geeignetste gezeigt.
Fügt man von einer alkoholischen Lösung derselben zu einer gerötheten Auflösung von
schwefelsaurer Magnesia, so tritt die Bläuung der Flüssigkeit sofort ein; aber die
auf der Oberfläche der Flüssigkeit sich abscheidende fettsaure Magnesia bleibt so
lange schwach geröthet, bis eine dem schwefelsauren Kalk im Gypswasser äquivalente
Menge Seifenlösung verbraucht ist.
Letztere Erscheinung tritt aber nicht auf, sobald man Gemische von Kalk- und
Magnesialösungen anwendet; diese lassen sich dann wie reines Gypswasser durch den
rechtzeitigen Eintritt der blauen Farbe in der Flüssigkeit bestimmen.
Eine Ungenauigkeit scheint der Methode nur insofern
anzuhaften, als man bis zum Eintritt der blauen Färbung im Ganzen eigentlich mehr
Seifenlösung braucht als zur Fällung des Kalkes nothwendig ist, und als dadurch
unter Anwendung gleicher Mengen saurer Lackmustinctur ein stets gleicher Ueberschuß
an Härtegraden erwächst, der sich um so mehr geltend macht, je weicher das Wasser ist, d.h.
je weniger Seifenlösung man sonst zur Abscheidung des Kalkes im Wasser gebraucht
hätte. Aber gerade dieser Umstand ist es, der, entsprechend ausgenutzt, die Methode
insoferne zu einer sehr sicheren macht, als man dadurch gleichzeitig in den Stand
gesetzt wird, außer der vorübergehenden auch die permanente Härte des Wassers zu
bestimmen.
Aus der oben citirten Gebrauchsanweisung ersieht man nämlich, daß das mit
Lackmustinctur gefärbte Brunnen-, Quell- oder Flußwasser zunächst 5
Minuten lang gekocht werden soll. Die Veranlassung hierzu gibt der Umstand, daß,
soferne das Wasser doppelt-kohlensauren Kalk in Lösung enthält, dieser die
Lackmustinctur röthet, und erst beim Kochen durch Verluste an Kohlensäure als
unlöslicher kohlensaurer Kalk unter Bläuung der Flüssigkeit sich abscheidet. Fügt
man nun zu dem gekochten Wasser tropfenweise Normalsalpetersäure aus einer Bürette,
so tritt eine bleibende Röthung des Wassers erst dann ein, wenn sämmtlicher
kohlensaurer Kalk zu salpetersaurem Kalk umgewandelt ist, und man gewinnt aus der
hierzu verbrauchten Menge der Salpetersäure einen Schluß auf die Quantität des
kohlensauren Kalkes, welcher die vorübergehende Härte des Wassers bedingt.
Die dem Herb'schen Gehaltprüfungsapparat beigegebene
Normalsalpetersäure ist so gestellt, daß 1/10 Kubikcentimeter derselben fast genau 1
Kubikcentimeter Seifenlösung entspricht. Hat man also z.B. zur Untersuchung eines
Brunnenwassers 8 Kubikcentimeter der letzteren gebraucht, vorher aber zur Lösung des
kohlensauren Kalkes 2/10 Kubikcentimeter Normalsalpetersäure verwendet, so folgt
hieraus, daß 2 Kubikcentimeter Seifenlösung auf den kohlensauren Kalk im Wasser, und
6 Kubikcentimeter, also 6 Grade, für die Permanenthärte in Rechnung zu bringen
sind.
Indem aber zur Herstellung der rothen Farbe ein Tropfen, ungefähr 1/20
Kubikcentimeter Salpetersäure im Ueberschuß angewendet werden mußte, so kann man
stillschweigend 1/2 Härtegrad in Abrechnung bringen, der durch 1/2 Kubikcentimeter
Seifenlösung behufs Neutralisation des letzten überschüssigen Säuretropfens in
Anwendung kam.
Um sich die Normalseifenlösung herzustellen, schneidet man ungefähr 50 Gramme reine
und nach dem oben angegebenen Verfahren geprüfte Marseiller Seife in dünne Scheiben
und erwärmt sie schwach mit 500 Kubikcentimetern Alkohol von 80° Tralles bis
zur Lösung, filtrirt letztere und prüft sie mittelst abgemessener Gypswassermengen
auf ihren Sättigungsgrad. Hat man bei dieser Prüfung auf 100 Kubikcentimeter
Gypswasser z.B. 15 Kubikcentimeter Seifenlösung gebraucht (statt (20 Kubikcentimeter), so müssen
(20 × 500)/15 – 500 = 166,6 Kubikcentimeter Alkohol hinzugefügt
werden, um eine Seifenlösung zu erhalten, von welcher 20 Kubikcentimeter durch 100
Kubikcentimeter Gypswasser zersetzt werden, welche also mit Gypswasser 20 Härtegrade
anzeigt.
Jeder Härtegrad entspricht dann in 100 Kubikcentimetern Wasser 12 Milligrammen Gyps
oder 5 Milligrm. reinem Kalk (Calciumoxyd), so daß sich für die einzelnen Härtegrade
dann folgende Werthe herausstellen, die einen ungefähren Schluß auf die im Betriebe
auftretenden Kesselsteinmengen gestatten:
Textabbildung Bd. 185, S. 230
Härtegrad; In 1000 Pfd. Wasser;
Kalk; Gyps; Pfd.
Die mit dem hier beschriebenen Wasserprüfungsverfahren gebotene Möglichkeit, in einer Arbeit sowohl die vorübergehende als auch die
permanente Härte zugleich bestimmen zu können, macht dasselbe für den Praktiker um
so werthvoller, als die mit demselben erzielten Resultate einen solchen Grad von
Genauigkeit besitzen, wie sie von einer technischen Prüfungsmethode überhaupt
beansprucht werden kann.
Für den Nichtchemiker und für diejenigen, welchen die Beschaffung der
Normalseifenlösung und der zur Wasseruntersuchung nöthigen Apparate Schwierigkeiten
bietet, wird es von Interesse seyn zu erfahren, daß Hr. Apotheker Herb in Pulsnitz (Sachsen) die ersteren in
zuverlässigster Weise besorgt, und daß die Normalseifenlösung, welche er abgibt, von
mir selbst vorher normirt worden ist.