Titel: | Dr. Frankland über die Natur der Leuchtgasflamme. |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. LXXX., S. 280 |
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LXXX.
Dr. Frankland über die Natur der
Leuchtgasflamme.
Aus dem Journal für Gasbeleuchtung, Juli 1867; S.
291.
Frankland, über die Natur der Leuchtgasflamme.
Bei Gelegenheit einer Reihe von Vorlesungen, welche Dr. Frankland in der Royal Institution of Great
Britain über Steinkohlengas gehalten, hat dieser ausgezeichnete Chemiker
Ansichten über die Natur der Leuchtgasflamme entwickelt, welche von den bisherigen
vollständig abweichen, indem sie die Ausscheidung des festen Kohlenstoffes und
dessen Bedeutung für die Leuchtkraft läugnen. Dr. Frankland sagt etwa Folgendes:
Eine reine Wasserstoffgasflamme, wenn sie in der atmosphärischen Luft brennt, besitzt
eine Temperatur von 3776 Grad Fahrenheit. Wendet man statt atmosphärischer Luft
Sauerstoff an, so steigt die Temperatur auf 7364° Fahr. Die Leuchtkraft der Flamme wird
dadurch kaum merklich erhöht. Läßt man beide Gase zusammen in Seifenwasser streichen
und zündet die entstehenden Blasen an, so erhält man lebhafte Explosionen, aber kein
Licht. Bei der plötzlichen Vereinigung in der Temperatur von 7364° nehmen die
Gase momentan etwa den zehnfachen Raum ein, und diese Ausdehnung ist die Ursache der
Explosion. Es bilden sich aber bei Verbrennung von 1 Volum der Gase nur 2/3 Volum
Dampf. Denkt man sich die Explosion stattfindend in einem Rohr von 10 Zoll Höhe und
1 Quadratzoll Querschnitt, so füllt die Explosion von 1 Kubikzoll Gasgemisch durch
die Ausdehnung dieses Rohr vollständig aus, d.h. es werden 15 Pfd. atmosphärische
Luft auf die Höhe von 9 Zoll gehoben. Zu dieser mechanischen Arbeit ist eben so viel
Wärme erforderlich als man gebraucht, um 2/3 Kubikzoll Wasser um 592° Fahr.
zu erwärmen. Die Wärme wirkt jedoch nicht auf Wasser, sondern auf Dampf, und 2/3
Kubikzoll Dampf werden dadurch um 2121° Fahr, erwärmt; es ist also klar, daß,
wenn man die Gase entzünden würde, ohne ihnen zu gestatten sich auszudehnen, man
dadurch die Temperatur um 2121° F. erhöhen würde, so daß also dann die
Temperatur nicht 7364°, sondern 9485° Fahr, betragen würde. Führt man
aber den Versuch wirklich aus, d.h. entzündet man das Gasgemisch in einem
geschlossenen Gefäß, so daß keine Raumvergrößerung stattfinden kann, so entsteht
wirklich keine Detonation, dagegen aber eine intensive Lichtentwickelung. Ist nun
diese Lichtentwickelung der erhöhten Temperatur zuzuschreiben? Warum macht es denn
keinen Unterschied in der Lichtentwickelung, ob man das Gas frei in der
atmosphärischen Luft oder in einem Strom von Sauerstoff verbrennt, wo doch der
Unterschied der Temperatur 3588° Fahr. beträgt? Nicht die erhöhte Temperatur
ist der Grund, daß die Flamme leuchtend wird, sondern der Umstand, daß keine
Ausdehnung der Gase mehr stattfinden kann. – Man nehme statt Sauerstoff
Chlorgas, und brenne Wasserstoff in Chlorgas, man wird wenig mehr Leuchtkraft
erhalten, als wenn man es in atmosphärischer Luft verbrennt. Man nehme ferner
Kohlenoxydgas und Sauerstoff. Brennt man Kohlenoxydgas in atmosphärischer Luft, so
erhält man eine Temperatur von 5122°, mit Sauerstoff eine solche von
12794°, also um 7672° mehr; trotzdem ist die Leuchtkraft in letzterem
Falle nur unbedeutend größer als im ersten. Und beide Gasgemische, wenn man sie so
verbrennt, daß sie ihr Volumen nicht vergrößern können, geben einen brillanten
Lichteffect, obgleich kein Partikel eines festen Körpers in den Flammen vorhanden
ist. Verbrennt man metallisches Arsenik in einem Strom von Sauerstoff, so erhält man
ein Licht, welches man unter dem Namen „indisches Feuer“ zu
trigonometrischen Signalen benutzt. Und doch hat man keine festen Körper in der
Flamme, Arsenik ist flüchtig, und das Product der Verbrennung, arsenige Säure,
gleichfalls. Nimmt man Schwefelkohlenstoff, so gibt er, an der Luft verbrannt, eine
nur schwach leuchtende Flamme, dabei scheidet sich auch kein Kohlenstoff aus, wie
man sich durch Einbringen von einem Stück Porzellan in die Flamme überzeugen kann.
Wenn sich aber an der Luft kein Kohlenstoff ausscheidet, so kann er sich doch gewiß
eben so wenig ausscheiden, wenn man statt der Luft Sauerstoff anwendet, und doch
gibt Schwefelkohlenstoff in Sauerstoff verbrannt ein so intensives Licht, daß es die
Photographen zu ihren Aufnahmen verwenden. Verdampft man Schwefelkohlenstoff, und
leitet in die Dämpfe Stickstoffoxyd, so erhält man beim Anzünden eine hell
leuchtende Flamme. Aus allen diesen Experimenten geht hervor, daß keineswegs die
Anwesenheit fester Bestandtheile in einer Flamme nothwendig ist, um Licht zu
erzeugen. Der Grund aber, warum dieselben Gasgemische mitunter hell leuchtende und
mitunter nicht leuchtende Flammen geben, liegt in der verschiedenen Dichtigkeit, und
der Grad der Leuchtkraft hängt mit der Dichtigkeit der Dämpfe auf's Innigste
zusammen.
Bei der Gasflamme hat man seither angenommen, daß es die in derselben momentan
ausgeschiedenen glühenden Kohlenpartikeln seyen, welche das Licht geben, es dürften
aber auch hier die dichten Dämpfe der höheren Kohlenwasserstoffverbindungen seyn,
und nicht der feste Kohlenstoff. Wir haben im Gase Verbindungen von sehr hoher
Dichtigkeit, die als Dämpfe ebenso wie z.B. der Arsenikdampf im Stande sind, die
Flamme leuchtend zu machen, es gehören dahin die Dämpfe des Benzols, Naphtalins und
sicher vieler anderer Bestandtheile, die wir auch im Gastheer finden; diese Dämpfe
halten sich in der Flamme unzersetzt bis sie den äußeren Mantel derselben erreichen,
und dann in Berührung mit dem Sauerstoff der atmosphärischen Luft verbrennen. Man
pflegt als Beweis für die bisherige Ansicht, daß es der glühende feste Kohlenstoff
sey, der in der Flamme leuchte, gewöhnlich den Umstand anzuführen, daß sich der
Kohlenstoff auf einem Stück Porzellan, welches man in die Flamme bringt, auffangen
läßt. Es ist aber nicht nachgewiesen, daß das reiner Kohlenstoff ist. Im Gegentheil,
wenn man den Niederschlag untersucht, so findet man, daß er immer Wasserstoff
enthält, und der Chemiker weiß recht gut, daß, wenn er reinen Kohlenstoff haben
will, er den Ruß noch lange glühen muß, um den Wasserstoff zu entfernen. Ja, er
wendet sogar Chlor zu diesem Zwecke an, indem er Chlorgas über die Masse leitet,
während sie in einer Röhre sich im weißglühenden Zustand befindet. Der Ruß ist
wahrscheinlich weiter
nichts, als ein Conglomerat der dichtesten lichtgebenden
Kohlenwasserstoffverbindungen, deren Dämpfe sich an der kalten Fläche des
eingebrachten Porzellankörpers condensiren. Wie könnte auch eine Flamme so
durchsichtig seyn als sie wirklich ist, wenn sie mit festen Kohlenstoffpartikeln
angefüllt wäre? Oder wie könnte es für die photometrische Lichtmessung gleichgültig
seyn, ob man eine Flamme auf die flache oder auf die schmale Seite einstellt, wenn
es die festen Kohlenpartikeln wären, welche das Licht geben? Es mag seyn, daß in
geringem Grade auch eine Zersetzung der Kohlenwasserstoffe und eine Ausscheidung
festen Kohlenstoffes in der Flamme stattfindet, in der Hauptsache aber sind es die
sehr dichten brennenden Kohlenwasserstoffdämpfe selbst, welchen die Gasflamme ihre
Leuchtkraft verdankt. Daß natürlich die Temperatur der Flamme auf die Leuchtkraft
derselben zugleich einen gewissen Einfluß übt, versteht sich von selbst.