Titel: | Ueber den chemischen Proceß bei der Regeneration der Laming'schen Reinigungsmasse für Steinkohlengas; von A. Wagner, Assistent am chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts in München. |
Autor: | A. Wagner |
Fundstelle: | Band 185, Jahrgang 1867, Nr. XCII., S. 315 |
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XCII.
Ueber den chemischen Proceß bei der Regeneration
der Laming'schen Reinigungsmasse für Steinkohlengas; von
A. Wagner, Assistent am
chemischen Laboratorium des physiologischen Instituts in München.
Wagner, über den Proceß bei der Regeneration der Laming'schen
Reinigungsmasse.
Allgemein gilt die Annahme, daß das Eisenoxyd der Laming'schen Masse durch den Schwefelwasserstoffgehalt des Rohgases in
Anderthalb-Schwefeleisen (Fe²S³) verwandelt werde, und daß
hierauf das Anderthalb-Schwefeleisen der Luft ausgesetzt, durch den
Sauerstoffgehalt derselben in schwefelsaures Eisenoxydul unter Ausscheidung des
dritten Theiles seines Schwefelgehaltes übergehe. Diese Annahme scheint indessen
eine rein theoretische Speculation zu seyn, indem angestellte directe Versuche
ergaben, daß das Anderthalb-Schwefeleisen unter Ausscheidung seines ganzen Schwefelgehaltes durch den Sauerstoff der Luft
direct in Eisenoxyd übergeht nach der Gleichung Fe²S³ + O³ =
Fe²O³ + S³.
Den Beweis hiefür mögen folgende Versuche liefern. Zu allen diesen Versuchen wurde
dieselbe frische Reinigungsmasse von 7,44 Proc. Eisenoxydgehalt verwendet.
Mit dieser Masse wurden in der Münchner-Gasfabrik die Reinigungskästen
gefüllt, und dieselbe das erstemal im frischen Zustande und hierauf sechsmal
regenerirt gebraucht, im Ganzen also siebenmal angewendet. Diese gebrauchte Masse
wurde mir im October 1866 zur chemischen Untersuchung übergeben; die Analyse ergab
auf 7,3 Proc. Eisenoxyd 30,6 Proc. freien Schwefel; also auf je 1 Eisenoxyd 4,19
Schwefel. Da nach der bisher angenommenen Erklärung des Regenerationsprocesses bei
einmaligem Gebrauch auf 1 Eisenoxyd nur 0,2 Gewichtstheile Schwefel sich ausscheiden
können, so sollten bei siebenmaligem Gebrauch der Masse auf 1 Eisenoxyd 1,4
Gewichtstheile freien Schwefels treffen. Die Analyse ergab aber gerade die dreifache
Schwefelmenge, nämlich 4,19. Dieser Umstand führte mich schon damals zu der Annahme,
daß der Gesammtschwefelgehalt des Anderthalb-Schwefeleisens als freier
Schwefel ausgeschieden werde.
Um jedoch vor Zufälligkeiten, welche in einer Fabrik möglich sind, sicher zu seyn,
habe ich noch folgende zwei Versuche im Laboratorium ausgeführt:
1) Ueber frische Reinigungsmasse wurde Schwefelwasserstoff geleitet, die Masse
hierauf mit einer Lösung von kohlensaurem Ammoniak befeuchtet, und eine Woche lang
der Luft ausgesetzt. Dieser Proceß wurde im Ganzen siebenmal mit dieser Masse
durchgeführt, so daß also dieselbe einer siebenmal gebrauchten Reinigungsmasse
entsprach. Die Analyse ergab alsdann auf 1 Eisenoxyd 4,23 Schwefel; also dieselbe
Zahl, wie bei den analogen in der Gasfabrik ausgeführten Versuchen.
2) Ueber frische Reinigungsmasse wurde Schwefelwasserstoff geleitet und die Masse
hierauf unter öfterem Befeuchten mit Wasser eine Woche lang der Luft ausgesetzt.
Nachdem mit dieser Masse der Proceß siebenmal durchgeführt war, wurde sie zur
Analyse verwendet. Dieselbe zeigte sich schlechter als die vorige, welche einen
Zusatz von kohlensaurem Ammoniak erhalten hatte, regenerirt, und entwickelte bei
Zusatz von Salzsäure Spuren von Schwefelwasserstoff. Die Analyse ergab auf 1
Eisenoxyd 3,69 Schwefel, eine Zahl, welche sehr nahe mit den oben erhaltenen
übereinstimmt.
Diese drei Versuche scheinen mir sicher zu beweisen, daß bei dem Regenerationsproceß
der Laming'schen Masse nicht bloß, wie gewöhnlich
angenommen wird, der dritte Theil, sondern die Gesammtmenge des Schwefelgehaltes als
freier Schwefel ohne Bildung von Schwefelsäure ausgeschieden wird.
Auch der Umstand spricht dafür, daß der Gehalt an schwefelsauren Verbindungen in
einer lang gebrauchten Masse nicht größer ist, als er ursprünglich durch die
Anwendung von Eisenvitriol in die Masse kam.